Wacken Open Air
Der große Festivalbericht 2002
Konzertbericht
Fleshcrawl
Angekündigt waren die schwedischsten deutschen Deather von FLESHCRAWL für 15:45 Uhr. Doch irgendwie ist das Programm der WET Stage an diesem Freitag komplett durcheinander geworfen und von Verspätungen geplagt worden, so dass um diese Uhrzeit alles, nur nicht FLESHCRAWL, auf der Bühne stand. Etwas verärgert in dem Glauben, eine meiner Lieblingsbands verpasst zu haben, verließ ich also wieder das Zelt. Draußen stellte sich aber relativ schnell heraus, dass die Süddeutschen noch nicht gespielt hatten. So fand ich mich also dementsprechend gut gelaunt einige Zeit später wieder im Zelt ein, als Sänger Sven gerade den Opener „As Blood Rains From The Sky“ intonierte. Vom ersten Ton an gab es kein Halten mehr. Im recht gut gefüllten Raum wurde gebangt und gemosht, was das Zeug hielt, was auch gewisse Auswirkungen auf die Temperatur in der Location hatte. Aber zum Glück gab es ja am Rand immer ein frisches Bierchen, das einem diesen äußerst gelungenen Gig noch zusätzlich versüßte. Band und Publikum standen sich in punkto Enthusiasmus in nichts nach und schaukelten sich gegenseitig zur Höchstleistung auf. Todesbleigranaten wie „Under The Banner Of Death“, „Soulskinner“ oder „Rotten“ taten bei gutem Sound ihr übriges, den Nacken vieler Besucher aufs Härteste zu strapazieren. Auch der Ersatz für den kürzlich ausgestiegenen Stefan Hanus an den sechs Saiten, Oliver Gbravac, fügte sich bei seinem allerersten Gig mit der Band überhaupt prächtig ins Gesamtbild ein und rundete diese erstklassige Death Metal-Party bestens ab. Diese wurde übrigens später am Abend im Backstagebereich noch feucht-fröhlich weitergeführt. Frontmann Sven wurde nämlich um 12 Uhr nachts ein Jahr älter. Das Erstaunliche war nur, dass er den Alkoholpegel dieser Nacht den Rest des Festivals über nicht mehr ablegte. Naja, aber ging es uns da anders?! (metalgreg)
Alabama Thunderpussy
„Unverhofft kommt oft“ könnte ich als Überschrift über diesen Livebericht setzen. Oder vielleicht auch „Wie sehr man sich doch in Namen täuschen kann“! Von Fleshcrawl etwas ausgepowert, verschnaufte man erstmal etwas vor dem Zelt, um sich dann ca. 25 Minuten später noch einmal dort hinein zu begeben und sich ein Bierchen zu holen. Gerade in diesem Moment legten ALABAMA THUNDERPUSSY los, die ich aufgrund ihres Namens vorher immer in eine Schublade mit Nashville Pussy oder den Impotent Sea Snakes (ich erinnere mit Grausen an letztes Jahr) gesteckt hatte. Aber weit gefehlt! Was mir hier entgegenschallte, war äußerst fetter, dreckiger, erdiger Stoner Rock in der Schnittmenge von den SPIRITUAL BEGGARS, KYUSS, BLACK SABBATH und ENTOMBED. Schnörkellos gingen die groovigen Riffs von den Beinen direkt in den Schädel und ließen vergessen, dass dieser kurz vorher bei FLESHCRAWL noch überaus heftig beansprucht worden war. Sänger Johnny Throckmorton war mit seiner rauhen Reibeisenstimme jederzeit Herr der Lage und trieb sowohl seine Mitmusiker als auch das Publikum immer wieder an. Dass die Donnerfo…ähm…-katzen wirlich gut waren, merkte man auch daran, dass kaum einer, der seinen Kopf neugierig in das Zelt steckte, selbiges wieder verließ. Wenn Stoner Rock so tight rübergebracht wird wie in diesem Falle, kann man sich ihm wirklich kaum entziehen, da er eine unheimliche Kraft, Rohheit und vor allem ein großes Gefühl von Freiheit und guter Laune mit sich bringt. Wenn man zusätzlich noch bedenkt, dass das W:O:A sicher nicht die beste Location ist, um Wüstenrock an den Mann zu bringen, muss man vor ALABAMA THUNDERPUSSY wirklich den Hut ziehen, weil sie allen Anwesenden verdammt geile 45 Minuten geboten haben. Ach ja, hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass zu einer solchen Partymusik Bier noch viel besser schmeckt? (metalgreg)
Destruction
Zur frühen Abendstunde war es dann endlich Zeit, den Metzger und seine Wurstthekenverkäuferinnen auf die Menge loszulassen und ein paar Hartwurststückchen an die bettelnde Meute zu verteilen. In gewohnt routinierter Manier enterten Schmier, Mike und Marc die Bühne, um Wacken in Schutt und Asche zu legen. Hätten sie diesesmal besser nicht zu laut gesagt, aber dazu später mehr. Was soll man zu „Deutschlands meist tourender Band“ eigentlich noch sagen, was nicht eh schon jeder weiß? Oder hat es irgendjemand geschafft, sie in den letzten Jahren nicht live zu sehen? Nein, Spaß beiseite. Wenn Destruction spielen, ist eins sicher: Die Jungs geben immer 150%, man kann seinen Nacken einfach nicht stillhalten und muss mitbangen. Dargeboten wurde eine Auswahl feinster Wurstwaren aus dem Hause Destruction wie „Tears of Blood“, „Thrash till Death“ oder „The Butcher Strikes Back“. Destruction hatten es ja angekündigt, Wacken in Schutt und Asche zu legen, nur hätten sie dabei mit dem Equipment anfangen sollen, denn bei „The Butcher Strikes Back“ streikte erstmal Schmiers Bass. Bei „Bestial Invasion“ gab dann Mikes Amp gleich ganz den Geist auf, und die Jungs mussten nochmal neu anfangen. Als nächstes machten sich Destruction dann auch noch über die Stromzufuhr her. Manch andere Band oder ihre Fans hätten wahrscheinlich schon lang das Weite gesucht, aber die Stimmung im Publikum war trotz aller technischen Probleme Wahnsinn. Schmier und Co. wurden gefeiert wie Helden. Da konnte selbst ein verständlicherweise genervter Schmier nicht mehr anders als sich vor den Fans zu verneigen, während langsam der Strom wiederkam. Auch wenn Destruction sich das „in Schutt und Asche legen“ wohl etwas anders vorgestellt hatten, haben sie es geschafft, einen beeindruckenden Gig in Wacken abzuliefern. (Metal Inc.)
Pungent Stench
Der wohl kultigste musikalische Export, den Österreich je zu bieten hatte, kehrte vergangenes Jahr nach 8 Jahren Totenstille mit „MASTERS OF MORAL – SERVANTS OF SIN“ zurück und befand sich damit im Zuge des Reunion-Trends in guter Gesellschaft. Für das diesjährige Wacken-Open-Air wurde das Trio dann auch erwartungsgemäß gebucht, um Freitag abends die Party Stage unsicher zu machen und Erinnerungen an längst vergessene Zeiten zu wecken. Nachdem die Protagonisten Reverend Mausna und Don Cochino sich rasch ihrer Priestergewänder entledigt hatten, konnte das Best-of-Programm, bestehend aus längst als Klassiker zu bezeichnenden Songs wie „Shrunken and mummified bitch“, „Splatterday Night Fever“ und „Viva la muerte“, beginnen. Die Stimmung stand von Anfang an dem Gig in nichts nach, und so verging die Spielzeit von 45 Minuten leider wie im Fluge. Pungent taten gut daran, den Fokus auf alte Perlen zu setzen und das letztjährige Werk nur am Rande einzubeziehen – lediglich meinen persönlichen Favoriten „Why can the bodies fly“ von der 93er EP DIRTY RHYMES AND PSYCHOTRONIC BEATS hätte ich zu gerne noch gehört, aber wie heisst es so schön: Man kann im Leben nicht immer alles haben… (Azazel)
Bruce Dickinson
Nun stand eines meiner Highlights des diesjährigen W:O:As auf dem Programm. Bruce Dickinson, hauptberuflich Frontmann der NWOBHM-Götter IRON MAIDEN, gab sich mit seinem Soloprojekt zur besten Sendezeit auf der True Metal Stage die Ehre. Letztes Jahr erschien sein „Best Of“-Album, das alle Perlen seiner Solokarriere vereinte, was auf einen Set in selbiger Güteklasse hoffen ließ. Wer Mr. Air Raid Sirene schon einmal, mit welcher Band auch immer, live gesehen hat, weiß, dass ihm in punkto Stageacting so schnell keiner etwas vormacht. Zusammengenommen mit seinem erstklassigen Songmaterial rechtfertigten diese Fakten ihn dann auch als Headliner des ersten richtigen Wackentages. Das dachten sich auch sehr, sehr viele andere Metalheads, und so war es angenehm voll, egal in welchem Winkel man vor der Bühne stand. Bei voller Lichtshow, die bei einsetzender Dunkelheit aber nur langsam zur Geltung kam, preschte das kleine Konditionswunder pünktlich mit seinen Mitstreitern auf die Bühne und begann, sich routiniert, aber nie lustlos oder gelangweilt, mit einem angenehmen Sound durch den Best Of-Set zu wühlen. „Tattooed Millionaire“, „Laughing In The Hiding Bush“, „Darkside Of Aquarius“ oder ein phänomenales „Tears Of The Dragon“ durften da nicht fehlen. Natürlich kam auch das obligatorische „Scrrream for me, Wackeeen!“ zum Einsatz. Die Distanz zum Publikum wurde mit häufigen, die Stimmung immer wieder anheizenden Ansagen schnell gebrochen, und so machte sich auch bis in die hinteren Reihen eine ungemein fröhliche Partystimmung breit. Egal ob man eine verwaschene Uralt-Maiden-Kutte, ein Klamauk-J.B.O.-Shirt oder ein Cannibal Corpse-Longsleeve anhatte, hier zählte nur die Musik, deren Texte von fast allen Kehlen lauthals mitgegröhlt wurden. Doch die Stimmung schwappte drei Mal mehr als über, nämlich genau dann, wenn Bruce alte Sahnestücke von IRON MAIDEN ansagte. Nichts gegen sein Solomaterial, aber er wird wohl immer DER Sänger der eisernen Jungfrauen bleiben. So waren „Revelations“, „The Prisoner“ (live ungleich besser als auf Platte) und natürlich die für kollektive Euphorie und geschlossenes Headbangen sorgende, finale Zugabe „Powerslave“ die absoluten Highlights dieses sowieso schon überaus gelungenen Konzertes und wiesen „Man On The Edge“ von BLAZE ganz klar in seine Schranken. Tja, und jetzt nahm mein persönliches Unheil seinen Lauf. Als nämlich um 22:15 Uhr die letzten Dickinson-Klänge verklungen waren und sich die Menge langsam lichtete, drang von der Party Stage das Eingangsriff von CANDLEMASS´ „Solitude“ an mein Ohr. Ein kurzer Blick ins Programmheft sagte mir aber, dass sie erst in ca. 2 1/2 Stunden spielen sollten. Als dann aber auch noch Messiah Marcolins unverwechselbarer Gesang einsetzte, war klar, dass es mal wieder Verschiebungen im Zeitplan gegeben hatte. Wie von der Tarantel gestochen versuchte ich, mir einen möglichst schnellen Weg durch die Menschenmassen zu bahnen, waren doch die Doom-Götter der Hauptgrund, weswegen es mich dieses Jahr nach Norddeutschland verschlagen hat. Etwa bei der Hälfte des Liedes war ich endlich vor der Bühne angekommen, um zu erfahren, dass CANDLEMASS schon ca. eine Stunde gespielt hatten. Somit wurde ich gerade noch Zeuge des letzten Songs. Verdammt, war der geil. Tja, und dann war es auch schon aus, und meine Freude über den guten Dickinson-Gig wie weggeblasen. CANDLEMASS haben sich dann ein paar Tage später für diese Unannehmlichkeiten bei ihren Fans entschuldigt. Also war ich wohl nicht der einzige, der diesen laut FLESHCRAWLs Sven „denkwürdigen, nicht zu toppenden Gig“ verpasst hat. Trotzdem habe ich in diesem Moment einfach nur ganz laut SCHEEEIIIISSE geschrien.(Metalgreg)
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