Wacken Open Air
Der große Festivalbericht 2001
Konzertbericht
Irgendwann am Tage waren Naglfar dann im Wacken Evolution Tent am Start – eine Schande sowas. Location pfui – Gig hui. Zwar hatte ich mir Naglfar voller Begeisterung angesehen, doch wollte DanDevil einige Worte darüber verlieren: „Vorweg muss gesagt werden, dass die vier Jungs von Naglfar keinen leichten Start hatten, da sie nicht – wie zuerst geplant – um 21.15 auf der Party Stage, sondern bereits um 18.45 im stickigen Wet-Stage-Zelt aufspielen mussten, weil das Programm umgeschmissen wurde. Trotzdem fanden doch wohl einige Fans den Weg ins Zelt, um die Buben gehörig abzufeiern, was nicht zuletzt durch exstatische Sprechchöre zum Ausdruck kam. Sänger Jens war von soviel Lob offensichtlich angetan und somit belohnte die Band ihre Jünger mit Krachern der ersten beiden Alben „Vittra“ und „Diabolical“. Als Highlights seien hier unter anderem die Songs „Emerging from her Weepings“ und „The Brimstone Gate“ genannt. Mit „Of Gorgons Spawned Through Witchcraft“ war auch ein völlig neuer Song am Start, der seinen Vorgängern aber ohne Probleme das Wasser reichen konnte. Somit lieferten Naglfar ein astreines Konzert ab, das trotz einiger soundtechnischer Schwächen den Hexenkessel gehörig zum Brodeln brachte und aus meiner Sicht zu einem der hochklassigeren Auftritte des Festivals zählte.“ Gegen kurz nach 20:00 waren In Flames für die Mega Stage geplant. Es war recht deutlich, daß die Schweden eine der Hauptattraktionen des diesjährigen Wacken Festivals für viele Fans waren, was sich unter anderem durch die riesige Menschentraube vor der entsprechenden Mega Stage vermuten liess. Ich persönlich wollte das Konzert nicht unbedingt sehen, da In Flames beileibe nicht das erste Mal live zu sehen waren und ausserdem in etwas kleineren Locations weitaus mehr Potential besitzen. Zusätzlich verunsichert hat mich der Kleidungsstil der Band, der mich penetrant an Gruppen wie Rage against the machine erinnert hat und der Atmosphäre nochmal abträglich war. Die Leute direkt vor der Bühne hat das alles überhaupt nicht gestört. Kaum waren die ersten Töne erklungen ging es ziemlich zur Sache – die Security hatte alle Hände voll damit zu tun die Leute aus dem Moshpit zu ziehen, nur damit sie umgehen wieder dorthin zurückstürmten. Auch wenn ich von den älteren Songs (und auch von einigen neueren) recht viel halte, wollte der Auftritt keine besondere Freude aufkommen lassen – zu dünn war der Sound, zu nervig die tiefstehende Sonne, zu austauschbar die Darbietung und so machte ich mich überpünktlich auf den Weg zu der verschobenen Night in Gales Vorstellung im verhassten Wacken Evolution Tent, da ich mit einem Ansturm des In Flames Publikum rechnete, sobald diese ihren Gig abgeschlossen haben… doch weit gefehlt ! Die tollen Metalheadz waren mitnichten daran interessiert eine der deutschen Spitzenbands in diesem Bereich zu unterstützen oder anzusehen – für mich absolut unverständlich. Aber hey, macht was ihr wollt – ihr habt eines der besten Konzerte auf dem diesjährigen Festival verpasst. Auch wenn ich mit dem neuen Material nicht 100%ig warm werde, sind für mich die Night in Gales Shows immer etwas besonderes. Immer wieder scheint ihnen irgendetwas die Shows zu verderben, sei es das desaströse WGT 2000, oder eben die Möchtegern Bühne des Wacken Evolution Tent, und trotzdem verstehen es die Jungs das beste daraus zu machen – so auch dieses mal. Selbst wenn nicht, wie ich eigentlich erwartete, großer Andrang herrschte, legten NiG ein energiegeladenes und mitreissendes Konzert hin, das den mäßig guten Sound schon fast vergessen liess. Die beiden Energiebündel Tobias und Björn konnten das anwesende Publikum soweit mit ihrer guten Laune anstecken, daß beide Seiten wohl ihren Spaß an der Sache hatten. Auch musikalisch bot die Band das erhoffte – eingängige ältere Sachen, wobei mir jetzt nur ein Song von der „Thunderbeast“ aufgefallen ist, und natürlich die neueren, live etwas schwerer nachvollziehbaren Songs. Es herrschte einfach eine Klasse Stimmung, die im letzten Song, einer Slayer Coverversion, ihren krönenden und moshenden Abschluss fand.
Während ich mich also den thrashigen Klängen im WET hingab, waren DanDevil und HIM auf dem Gelände anwesend, um Jag Panzer und Opeth anzusehen. DanDevil zu Jag Panzer „Zwar gebührt einem Kult-Act wie Jag Panzer eigentlich ein Auftritt auf deiner der Hauptbühnen, doch durch die Wahl der Location (Party-Stage) wurde wenigstens eine packende Atmosphäre gesichert. So wurde der Metal-Genießer mit Schmankerln wie „License to Kill“ vom legendären Ample-Destruction-Album, sowie einigen neueren Highlights der Marke „Chain of Command“ verwöhnt. Auch das neue Material vom jüngst erschienen Longplayer „Mechanized Warfare“ bestand seine Feuerstaufe auf dem heiligen Rasen von Wacken, so dass man von einem kleinen aber sehr feinen Auftritt der Veteranen sprechen muss. Die Band spielte hochmotiviert und aufgeweckt vor sich hin, geizte nur leider ein wenig mit Titeln von besagter ersten Hammerplatte.“ Gespannt machte sich HIM auf zum Opeth Konzert, daß ebenfalls auf der Party Stage statt fand – nur eben etwas später. Ich war übrigends nicht auf Opeth gespannt, sondern auf das was HIM drüber schreiben würde 🙂 – und hier sind seine Eindrücke: „Für gewöhnlich ist es ja vor einem Konzert eher unvorteilhaft, die Vorfreude mit enormen Erwartungen zu verknüpfen, da die Enttäuschung hernach bekanntlich um so größer sein kann. Aber was sollte ich tun? Kann sich jemand vorstellen, dass eine Band wie Opeth, deren 5 Veröffentlichungen sich ausnahmslos getrost in die Rubrik „Meisterwerke“ einordnen lassen dürfen, einen schlechten Gig abliefert? Für mich zumindest nahezu unvorstellbar. Und so kam es, dass wir uns noch während des Vorgängers Culprit (welche übrigens mit ihrem Heavy Rock der älteren Schule erst zum Ende ihres Auftritts zu einer mitreißenden Energie fanden) bis nach vorne durchschlugen und uns somit zu Opeth pflichtgemäß in der Pole Position befanden. Kaum hatten dann Culprit die Bühne verlassen, begannen ungewöhnlicherweise schon die Fanchöre nach Opeth zu fordern – ihre Ungeduld wurde allerdings erst 25 zähe Minuten später befriedigt: Opeth betraten unter einem Getöse, dass der doppelten Anzahl von Fans alle Ehre gemacht hätte, die Party Stage. „Hello. We are Opeth.“ Eine kurze trockene Ansage Mikael Åkerfeldts im Tonfall, mit dem man gewöhnlich einen Cheeseburger bestellt, und dann legten sich auch schon ohne viel Umschweife die ersten Töne von „White Cluster“ über die Fans und vereinnahmten mich voll und ganz für die nächsten 10 Minuten. Vertieft in ihr Spiel und eine für ein Livekonzert ungewohnt introvertiert verbreiteten Opeth eine Spähre, die keinerlei illustrativer Bühnenshow bedurfte und die selbst den Trockennebel irgendwie überflüssig erschienen ließ. Auch im Verlauf der weiteren 4 Songs („The Drapery Falls“, „Advent“, Demon Of The Fall“, „???“) bestachen Opeth schlicht und ergreifend durch ihre Musik. Zwar starrte ich unverwandt auf die Bühne, das schlichte Auftreten der Musiker jedoch lenkte die Aufmerksamkeit zwangsläufig auf das eigentlich Bedeutsame: Die Musik. Die Gabe, einer ausserordentlich leidenschaftlichen Fangemeinde eben jene Emotion Ton für Ton zu schenken, sie darin fast noch inbrünstiger als auf den Alben versinken zu lassen, ist ein mir bisher sonst nirgendwo begegnetes Phänomen. Konträr zu dieser bewegten Stimmung wirkte das gespielt gelassene, burgerbestellende „Thank you so much.“ von Åkerfeldt nach jedem Song wie Ironie. Die Playlist, die bis auf „Orchid“ jedes Album anschnitt, dürfte auch Fans der Frühwerke Opeths befriedigt haben, zumal man wieder einmal hautnah erleben durfte, was man ohnehin nie zu bezweifeln wagte: Opeth machen Musik mit Hand und Herz, mit zwei Gitarren, Bass und Drums, und mit einer hier zauberhaften, dort mörderischen Stimme. Nicht mehr, nicht weniger. Dadurch gelang es der Band, jedem Song die tief emotionale Intensität der Aufnahmen angedeihen zu lassen und diese darüber hinaus durch die Eigenart einer Live-Atmosphäre zur Vollendung zu bringen. Einzig störend war dann und wann, in einigen stillen Momenten Opeths, das gerade herzlich unpassende Heulen einer entmannten Stimme, die von der überlauten Hauptbühne herüber jaulte. Dennoch tat dies der vorherrschenden Versunkenheit in die Klangwelt Opeths keinerlei Abbruch. Nach blitzartig verflogenen nicht einmal 40 Minuten traf schließlich das ein, was wohl jeder der Umstehenden seit Beginn an fürchtete: Das Ende. Die angesetzte Spielzeit von 45 min schien irgendwie beschnitten worden zu sein, was so ein Mega-Festival aber nunmal so mit sich bringen kann. Und somit blieben etliche Unersättliche mit ihren wiederum fordernden Zugabe-Chören und mit Tränen der Überwältigung in den Augen (!) ungehört. Die Frage nach der Erfüllung hoher Erwartungen stellte sich nun wohl kaum einer mehr.“
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