Wacken Open Air 2024
Der große Festivalbericht
Konzertbericht
Die letztlich doch sehr warmen Temperaturen der letzten Tage sind Geschichte. Programm sind SONATA ARCTICA am frühen Freitagmittag zwecks ihres Namens zwar dennoch nicht, sie eröffnen die Hauptbühnen aber mit ihrem kraftvollen Power Metal. Während sich das Infield von Minute zu Minute immer weiter füllt und die Finnen mit dem Auftaktstück ihres neuen Albums „Clear Cold Beyond“ beginnen, ist die Band direkt auf Betriebstemperatur. Der Gesang von Tony Kakko sitzt und das fortlaufend treibende Drumming von Tommy Portimo wird stets durch ein sympathisches Lächeln des Schlagzeugers begleitet. Auch die vielen Soloeinlagen von Elias Viljanen sorgen für gut gelauntes Mitnicken in der Menge und bei der Ballade „Tallulah“ deuten gleich mehrere Zuhörer auf ihre ausgestreckten Unterarme. Gänsehautmoment.
Fast genauso leicht hat es an diesem Nachmittag die multinationale Kapelle BEAST IN BLACK, die wohl zu dieser Zeit für die größte Furore vor den Hauptbühnen sorgt. Gereckte Fäuste, tanzende Körper und ausufernde Singalongs sind zentraler Gegenstand dieser 60 Minuten Querschnitt aus Heavy- und Power Metal. Dazu geht der Preis für die vielleicht coolste Gitarre dieses Wochenendes an Kasperi Heikkinen. Egal wie man zu Bombast-Metal dieser Stilrichtung stehen mag: Das Quartett erfüllt mit seinem Auftritt nicht nur alle Klischees, sondern inszeniert daraus auch eine absolute Metalparty zum Abgehen.
Auf der Suche nach dem Funken
An anderer Stelle startet der Freitag mit durchwachsenem Wetter und gemischten Gefühlen bei TEXTURES auf der W.E.T.-Stage. Die progressiven Metaler geben am Nachmittag alles, aber man bemerkt die aufkommende Müdigkeit der Besucher oder vielleicht liegt es auch an der komplexen Spielweise der Truppe, die dazu führt, dass sich nur wenige kopfnickend vor der Bühne versammeln.
Wir wechseln hinüber ins Infield zu SPIRITBOX. Aber auch hier wird gekämpft: Der bekannte Funke springt beim Set von SPIRITBOX nicht über. Da hilft noch nicht einmal die silberglänzende Jacke von Sängerin Courtney, die von der Harder-Stage strahlt. Mit „Jaded“ kommt zumindest ein bisschen Schwung in die Hütte, aber die Band wirkt an diesem Tag fast verloren und überfordert mit der großen Bühne und der Menge an Besuchern. Mit einem mittelmäßigem Sound dümpelt die Setlist eher lieblos vor sich hin. Schade, denn eigentlich können die Modern Metaller das besser. Vielleicht nicht ihr bester Tag, denn in kleineren Venues konnte die Band in der Vergangenheit immer überzeugen.
Wieder zurück zur W.E.T.-Stage gewechselt finden wir nicht John Coffey vor, sondern Singer/Songwriter Mutz der den Slot spontan übernimmt. Anstatt Coffey gibt es somit eine Portion Schnaps, Schweineblut, nackte Ärsche (Oh ja! Fragt nicht!) und vor allem und das Wichtigste: handgemachte Musik, die trotz ruhigerer Nuancen, das Publikum dazu bringt in guter Laune in einem kleinen Circle Pit herumzutollen.
Das Wacken Open Air ist doch etwas ganz Besonderes, auch für Künstler. In diesem Fall führt das zu absoluter Überwältigung bei den Hessen APRIL ART und deren Frontfrau Lisa-Marie Watz, die immer wieder verdeutlicht, dass es sich hierbei um etwas ganz Besonderes handelt. Auch wenn die stets in rot gekleideten Alternative Metaller „nur“ auf der Wasteland-Stage antreten, kocht diese aber vor Überfüllung fast über. Im Laufe der Spielzeit gelingt es der Band diese Energie in Spielfreude umzuwandeln und das Publikum ordentlich zum Mitgehen zu bewegen. Darüber hinaus kann man mit einem „Master Of Puppets“-Cover zum Abschluss wohl gar nichts verkehrt machen.
„We won’t go!“
Auf den Hauptbühnen markiert derweil GENE SIMMONS eine solide Rockshow, deren Setlist sich natürlich hauptsächlich aus KISS-Klassikern zusammensetzt. Als wir uns zu unserem Platz hindurchgekämpft haben, soll der geborene Israeli mit einem Tribut an die Band MOTÖRHEAD „Ace Of Spades“ eigentlich den letzten Song spielen, doch mit dem straffen Festival-Zeitmanagement will sich der 74-Jährige offenbar nicht identifizieren. „They want us to end the Show, but we won’t go“, lautet die Aussage von Simmons, der noch einmal mit „Rock And Roll All Nite“ nachlegt.
Die Pause zum Durchschnaufen fällt demzufolge praktisch komplett weg und die Krefelder Power Metaller von BLIND GUARDIAN machen sich ans Geschäft. Wie gewohnt fegen die Mannen um Fronter Hansi Kürsch absolut routiniert über die Faster-Stage, wirken aber stellenweise fast ein bisschen zu durchkonjugiert. Das mag daran liegen, dass die Setlist seit der God Machine Tour im letzten Jahr kaum angerührt wurde oder das Barden-Feeling in Hallen besser von den Decken tropft. Die Nordrhein-Westfalen machen an diesem Abend jedenfalls wenig falsch, könnten aber den Nerv rein subjektiv stärker treffen.
Genau das Gegenteil spielt sich zur gleichen Zeit auf der Louder-Stage ab. PAIN um Hauptmusiker Peter Tägtgren machen objektiv betrachtet ziemlich viel falsch und treffen den zuvor erwähnten Nerv eben doch. Wie so etwas geht? Keine Ahnung. Augenscheinlich ist der Gute Zentraldarsteller noch ordentlich angeschlagen und die Stimme spielt wahlweise wenig bis überhaupt nicht mit. Gleichsam funktionieren Hits wie „Party In My Head“ oder die typischen Tägtgren-Witze a la „Do you like Blues? Yes? Then Fuck You!“ trotz alledem.
Hatten PAIN zu viel KORN?
Wie findet man am Freitagabend einen „fließenden“ Übergang zu KORN? Der Band natürlich, nicht dem Getränk. Bevor sich die Massen im Infield drängeln um Jonathan Davis und Co. zusehen hört man den Tag über immer wieder in Gesprächen, wie sehr man sich über die Band freue und das „KORN-Gucken“ heute Abend ein absolutes Must-Have ist! Die Nu Metal Band war schließlich schon eine Weile nicht mehr in Deutschland und man hoffe natürlich auf eine bunte Setlist. Als KORN dann schließlich um 22:30 auf der Bühne stehen, gibt es keinen Zweifel mehr, dass das hier eine fette Nu Metal-Sause wird. Jonathan Davis ist hier heute in Bestform unterwegs. Der Fronter wirkt ausgeruht und energiegeladen und wirft immer wieder schelmisch grinsend einen langen Blick in das Auf-und Abspringende Meer an Menschen vor der Bühne. Mit „Freak On A Leash“, „Make Me Bad“ oder auch „Start The Healing“ ziehen KORN eine Schneise durch alle Tracks, die das Nu Metal-Herz verlangt und die Menge sichtlich glücklich macht. Der Freitags-Headliner bietet alles und lässt den Acker ordentlich beben. Sound top, Band in hervorragender Konstitution und eine Show, die von Anfang bis Ende mitreißt, besser kann man den Tag hier nicht ausklingen lassen.
Feuer und Eis
Der wahrlich brachiale Headlinersound von KORN dröhnt bis tief in die vorderen Bereiche des Infields, sodass sogar vor der weit vorstehenden Wackinger-Stage noch Ausläufer dessen zu vernehmen sind. Zwischenzeitlich haben VREID zu ihrer „30 Years Of Sognametal“ geladen und dazu standesgemäß ein WINDIR-Banner aufgehängt. Gemeinsam feiern Ursprungsprojekt, das nach dem Tod von Bandkopf Valfar im Jahr 2004 auf Eis gelegt wurde, und Nachfolgeband dieses Jahr ein Jubiläum, sodass auch einige Songs aus den alten Federn anklingen. Die kühlen Riffs aus Norwegens ungezügelter Natur haben es jedenfalls ohne an Wirkung zu verlieren nach Norddeutschland geschafft.
Dieses Eis bringen zuletzt erst die Schweden von WATAIN zum Schmelzen. Und das mit einem mächtigen Feuersturm. Wie gehabt, dürfte es für das imposante Bühnenbild der Band einen ganzen LKW an Requisiten benötigt haben, doch der glasklare Sound, die überall züngelnden Feuer und das spezielle Set mit der vollständigen Höllengott-Platte „Lawless Darkness“ sorgen für eine einzigartige Atmosphäre. Auch Frontmann und Mastermind Erik Danielsson scheint in fremdartiger Energie aufzugehen, zündet immer wieder neue Fackeln oder beschmiert sich mit Blut. Eine WATAIN-Show ist eben auch immer ein bisschen höllisches Kino.
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