Wacken Open Air 2024
Der große Festivalbericht
Konzertbericht
Der frühe Donnerstagmittag des diesjährigen Wacken Open Airs ist geprägt von vielen Eindrücken auf den unterschiedlichen Bühnen. Die Eröffnung macht die chinesische Band FIVE PENALTIES, die bei der diesjährigen W:O:A-Metal-Battle antreten. Zusätzlich zur klassischen Besetzung gibt es hier noch Percussions und eine gelegentlich eingesetzte Sängerin zu sehen, die, in traditionelle Gewänder gehüllt, ein teilweise recht abgefahrenes Gesamtbild vervollständigt. Die wüste Mixtur aus Death-, Thrash- und Black Metal mit teilweise groovenden Passagen ist ein ziemlicher Aufwecker – mehr leider nicht.
In eine ähnliche, vielleicht noch etwas modernere Kerbe schlagen AMALGAM aus Hamburg, die sich als inklusive Metalband für Kunst- und Kulturproduktionen von Künstlern mit und ohne Behinderung einsetzt. In jedem Fall ein unterstützenswertes Projekt. Eine ganz andere Richtung bespielen derweil die DIO DISCIPLES, die sich im Wesentlichen als Coverband der gesamten musikalischen Hinterlassenschaft von Ronnie James Dio betrachten. Die US-Amerikaner sind dafür bekannt, immer mal wieder einen neuen Frontmann zu ihren Auftritten mitzubringen. So ist es nicht verwunderlich, dass zum Opener „Holy Diver“ Joey Belladonna auf die Louder-Stage kommt, der danach noch ein weiteres Stück performt. Die Band wirkt musikalisch routiniert, der eigentliche ANTHRAX-Sänger ebenso. Als dieser aber zum BLACK SABBATH-Song „Children Of The Sea“ abgelöst wird, erscheint klar, dass Oni Logan vielleicht nicht der bessere Sänger sein mag, aber etwas besser zu den DIO-Songs passt. Mit „Stargazer“ oder „Heaven And Hell“ zaubert die Band im Anschluss tatsächlich auch die passende Retromagie hervor.
Reste kloppen im Wasteland
Wo die Briten von HELLRIPPER am vergangenen Abend Schutt und Asche hinterlassen haben, erscheinen die jungen Dänen von SWARTZHEIM am frühen Mittwochnachmittag zum Reste zerkloppen. Mit erst einem Album auf der Agenda, versprühen die Skandinavier mit ihrem angeschwärzten Thrash Metal eine furiose Energie, die sich unmittelbar auf das Publikum überträgt. Mit Songs wie „Front Teeth Kicked In“ besteht keinerlei Notwendigkeit, eine weitere Beschreibung der musikalischen Brachialgewalt des Quintetts vorzunehmen. Die Jungs machen in jedem Fall so viel Spaß, dass im Anschluss erstmal eine kurze Pause notwendig wird.
Es folgen die Ruhrgebiet-Urgesteine von RAGE, die mit einem speziellen Set ihren 40sten Geburtstag nachfeiern wollen. „Cold Desire“ und „Under A Black Crown“, mit denen die Band aus Herne eröffnet, sind allerdings beide aus dem aktuellen Doppelalbum „Afterlifelines“, bevor ein Querschnitt durch die Bandhistorie folgt. Peavy Wagner und seine Mitstreiter wirken von Beginn gut aufgelegt und dürfen sich über einen mächtig druckvollen Sound freuen, der das schwergewichtige Riffing der Band bestens unterstreicht.
Dass der Kapuzen-Black-Metal der US-Amerikaner von UADA in abgedunkelten Hallen bei fahlem Licht funktioniert, ist bereits etliche Male stichhaltig unter Beweis gestellt worden, doch ob sich das hypnotische Gefühl der langen, teils repetitiven Songs bei später Nachmittagssonne reproduzieren lässt, dass soll sich auf der W:E:T-Stage zeigen. Musikalisch ist das Quartett, welches mit dem perfekt in die oben beschriebene Struktur passenden „Snakes & Vultures“ beginnt, ohne jeden Zweifel erhaben, doch die statische Präsentation in kompletter Verhüllung trifft den Nerv fraglos in düsterer Atmosphäre wirkungsvoller.
Schwarzmetall in düster und brachial
Trotz im weitesten Sinne ähnlicher Spielart, haben es ENDSTILLE diesbezüglich einfacher. Die Nordlichter gehen deutlich rabiater zu Werke und schaffen es mit hasserfüllter Brutalität dafür zu sorgen, dass es einfach egal ist, als sich die Sonne gerade recht freundlich hinter der Bühne verabschiedet. Mit „Dominanz“, dem Titeltrack des mittlerweile schon zwanzig Jahre alten gleichnamigen Albums läutet der Vierer ein. Fronter Zingultus, der blutbeschmiert ins Mikro keift, macht einen kompromisslosen Eindruck und drückt sich über das komplette Set die Seele aus dem Leib. Der Einzige, dem ab und zu ein Lächeln übers Gesicht huscht, ist Schlagwerker Mayhemic Destructor. Die schwer gebeutelten Drums haben nach dem Gig jedenfalls nichts mehr zu lachen.
Zur gleichen Zeit stehen in einem durch traditionellen Heavy Metal und Hard Rock geprägten Abend auf den Hauptbühnen Quasi-Gründungsmitglied Wolf Hoffmann und seine ACCEPT auf der Faster-Stage und beeindrucken durch eine zeitlose Rockshow mit vielen Klassikern. Auch der bereits 70-jährige Mark Tornillo am Mikrophon hat keinerlei Durchschlagskraft in seinem Reibeisen eingebüßt und singt sich ohne Beanstandungen durch 90 Minuten Elitestahl. Insbesondere bei dem als „Riff Orgy“ betitelten Medley aus vier unverkennbaren Highlights der Bandgeschichte duellieren sich Hoffmann und Hoekstra immer wieder sympathisch an den Gitarren. Zum Abschluss gibt es schließlich „Balls To The Wall“ gemeinsam mit Ripper Owens, der zuvor mit KK’s PRIEST aufgetreten ist, auf die Ohren. Genau genommen sind es natürlich tausende Kehlen, die den wohl bekanntesten Bandhit lautstark mitsingen.
Manchmal heißt es aber auch beim Wacken „Leaving The Comfortzone“ oder besser: „Leaving the Gelände“ und ab zum Landgasthof in Wacken-Dorf aufgrund eines Geheimtipps. KRASHKARMA crashen heute die kleinste Bühne Wackens, allerdings mit Headliner-Qualitäten. Das Duo aus Los Angeles bestehend aus Ralf Dietel (Ex-WIZO) und Niki Skistimas sind nämlich ziemlich on fire und geben ordentlich Gas. Kleine Bühne? Egal. Die intime Atmosphäre verstärkt das Ganze zusehends und binnen Sekunden ziehen die „White Stripes Of Metal“ alle Anwesenden in ihren Bann. Das Besondere: Die Band besteht tatsächlich nur aus zwei Personen. Niki übernimmt die Drums, während Ralf mit einer Instrument-Kombo aus Bass und Gitarre arbeitet. Die Energie, die die US-Amerikaner hier auftischen, hat heute Abend definitiv Qualität für größere Wacken-Bühnen. „Leaving The Gelände“ hat sich hier sowas von gelohnt.
Abendprogramm mit Diskussionsbedarf
An anderer Stelle des Festivals wird es allerdings ziemlich voll: ALLGATOAH war im Herzen schon immer Metal, nur wirklich gezeigt hat er es nie. Bis zur Veröffentlichung seines Crossover-Metal-Albums vor einigen Wochen, die ihm somit auch einen erneuten Auftritt beim Wacken möglich macht. Nicht für alle möglich: die Show sehen können, denn der Bereich rund um die Louder-Stage muss wegen Überfüllung vorzeitig gesperrt werden. Metalheads wollen das Krokodil unbedingt sehen. Für uns okay. Aber trotzdem bleibt ein Fragezeichen im Gesicht, inwieweit das der Anfang von Veränderungen dieses Festivals sein kann oder sein wird. Wacken ist Metal, und das sollte so bleiben. Auch wenn der Auftritt von ALLIGATOAH vielen gefällt, das Fragezeichen bleibt.
Doch auch an den Urgesteinen scheiden sich an diesem Abend die Geister. In diesem Fall an den SCORPIONS. Während sich die Instrumentalfraktion in bester Verfassung befindet und besonders Drummer Mikkey Dee durch sein tolles Drumming und die feinen Fills auffällt, wirkt Sänger Klaus Meine nicht wirklich fit. Womöglich noch zusammenhängend mit seiner schweren Rückenoperation Anfang dieses Kalenderjahres scheinen ihm Bewegungen noch immer schwerzufallen und auch die Stimme macht nicht so mit, wie man es womöglich gewohnt ist. Auf der anderen Seite stehen dann wieder hervorragendes Riffing von Rudolf Schenker und Matthias Jabs, sowie der erwähnte ehemalige MOTÖRHEAD-Schlagzeuger Dee. Dazu eine tolle Setlist, die viele Klassiker berücksichtigt und bei „Big City Nights“ auch Doro für einen Einsatz vorsieht. Trotzdem bleibt am Ende ein gewisses Geschmäckle.
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