Wacken Open Air 2018
Der große Festivalbericht
Konzertbericht
All jene, die Schatten suchen und trotzdem auf die Mütze wollen, sind indes bei DESTRUCTION auf der Wet Stage genau richtig. Der Andrang ist gewaltig. Schon am Eingang werden die Scharen an weitere Schlupflöcher rund ums Zelt verwiesen. Drinnen angekommen steppt der Bär. DESTRUCTION geben den Takt dazu vor – Thrash Metal zum Mitgrölen mit einer Prise Heavy Metal, der vor allem im Gesang durchblitzt. Die Stimmung ist ausgelassen; überall bilden sich kleine Mosh und Circle Pits. Eines steht fest: Die herbeigesehnte Abkühlung wird bis nach der Show warten müssen.
Doch alles Hoffen hilft nichts! Dass Lemmy mit seiner glänzenden Stahl-Statue, deren Funkeln das Infield schwinbar erst zum Holy Ground segnet, einmal zum Dauer-Selfie-Hintergrund werden würde, wird der Legende einige Jahre nach seinem Aufstieg in den Rock-Olymp wohl egal sein. Nicht aber der Auftritt von DORO. Denn die darf im passenden MOTÖRHEAD-Shirt ein zweites Mal ran. Diesmal natürlich verzerrt und als ob sie sich von ihrem Mentor beobachtet fühlt (oder vielleicht von ihrer eigenen Metal-Queen-Statue, die ebenfalls in der Ferne glänzt).
Die blonde Königin gibt vor allem die Hits zum Besten, die sie mit ihrer alten Band WARLOCK berühmt gemacht haben. Prominente Verstärkung auf der Bühne gibt es auch: Mit ihren Jugendhelden Andy Scott und Peter Lincoln von THE SWEET covert sie “The Ballroom Blitz”. Oberwikinger Johan Hegg von AMON AMARTH wird heftiger begrüßt – mit ihm gibt sie gleich zwei Midtempo-Songs zum Besten. Klar, beide sind auf ihre Art hundert Prozent true und verkörpern so die etwas theatralische Beauty-Beast-Thematik perfekt. Ob sie damit Lemmy das Wasser reichen können?
Weinende, gestandene Männer feiern inzwischen den epischsten Symphonic Metal-Song aller Zeiten: „Ghost Love Score“. Jeder um sie herum staunt, welch perfekten TARJA-Ersatz man nun bei NIGHTWISH mit Floor Jansen (Ex-AFTER FOREVER) gefunden hat. Floor verkörpert die opernhaften Stimmen anscheinend gar besser als ihre Vorgängerin.
Von wegen „End Of All Hope“ im Sinne des Wortes – heute hat man im Gegensatz zu manch vorangegangenen Wacken-Auftritten das Gefühl, dass die glorreichen „Once“-Zeiten nochmal zurückgeholt werden könnten. Mancher früher abwertende Disney-Metal-Kommentar wird mit einer Show gelöscht. Wow. Nicht nur die Ausstrahlung der Sängerin macht das aus, sondern auch die theatralisch perfekte Inszenierung und Musikalität der Finnen. Crowdsurfer bei NIGHTWISH? Das hat ungelogen niemand erwartet!
Mehr noch als auf ALESTORM, die mit ihrem Piraten-Schunkel-Metal „We Are Here to Drink Your Beer“ und massenhaft auf dem Boden sitzenden Fans das Piratenboot auch über den heiligen Acker rudern, warten in diesem Jahr viele Augenklappen-Freaks aus aller Welt (Chile-, Schweden- und Brasilienflaggen gesichtet) nur auf einen: Er nennt sich Rock ’n’ Rolf und gehört zu RUNNING WILD. Eine deutsche Kultband, die so gut wie keine Touren spielt und seit Jahren in der Heimat nicht zu sehen war. Dafür entern sie Wacken im Sturm und feiern tatsächlich mit brillantem Sound das schon 30jährige Jubiläum ihres bekanntesten Albums „Port Royal“. Wie zeitlos solche Störtebeker-Hymnen wie „Bad To The Bone“ oder „Under Jolly Roger“ doch sind.
Aprospos “Bad To The Bone“ – Zeugen berichten: „Neulich ist bei einer Schlägerei ein MANTAR-Konzert ausgebrochen!“ Ein reiner Klassiker, der von tiefer Wahrheit zeugt. Die beiden Bremer Störenfriede zerhacken auch Wacken nach bewährtem Dritte-Halbzeit-Rezept: Eins, zwei, drei – Oberkörper frei! Und dann böse gucken und ab dafür. Dazu bedarf es der entsprechenden Dosis destruktiver, eigentlich krimineller Energie und selbstredend zuverlässig tödlicher Song-Monster. Alles ist bei MANTAR vorhanden, das hier ist „Death über alles“. Erinc schlägt hart und Hanno ist Schlangenmensch und berstende Halsschlagader in einem.
Das Intro in Verbindung mit den Bösen Blicken zum Start ist Gold wert, „Era Borealis“, der am lautesten zurückgebrüllte Song und neue Stücke des kommenden Albums gibt es auch. Hanno stellt fest, dass MANTAR für „schön direkt inne Fresse“ zuständig sind. Er hat Recht und ihr angezündeter Black-Doom-Punk wie immer alle im Griff.
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