Wacken Open Air 2018
Der große Festivalbericht
Konzertbericht
Wenn Zocker-Träume wahr werden: Vom staubigen Moshpit zur schattigen E-Sports-Arena
„Push! Push! Push!“ Gebannt verfolgen ein paar hundert Metalheads in einem klimatisierten, bläulich beleuchteten Zelt die letzten Züge eines “League of Legends“-Turniers. Konzentriert sitzen jeweils fünf Gamer zweier Teams auf einer großen Bühne. Ein Meer aus rot-gelben NicNac-Sitzsäcken säumt die Szenerie. Von den Rufen aus dem Publikum lassen sich die Zocker nicht ablenken. Dann ist es vorbei – GGWP (Good Game Well Played). Die Spiele sind hier mittelmäßig spannend und von Spielfehlern gezeichnet. Was jedoch angesichts der Tatsache zu verzeihen ist, dass die meisten dieser Spieler wohl noch nie vor einem richtigen Publikum gespielt haben.
In erster Linie geht es in der 1800 Quadratmeter großen ESL Arena nämlich um den Spaß am Zocken. Von Mittwoch bis Samstag bietet das große Zelt von 11°°-22°° nicht nur ein schattiges Plätzchen, sondern auch die eine oder andere Challenge in Spielen wie “Streetfighter“, “Counter Strike“ oder “Starcraft“. Zu gewinnen gibt’s neben Anerkennung auch Goodies von Sponsoren wie Razor, Hummel und NicNacs. Die Games kommen übrigens nicht nur beim Fußvolk gut an; auch Bands und Pro-Gamer kommen hier auf ihre Kosten.
Die eingangs erwähnte Kritik daran, dass beim Wacken mittlerweile viel zu viel Drumherum abgeht, kann also bei der erstmalig angebotenen E-Sports-Arena auch nicht bestätigt werden. Viele Fans und auch Musiker empfinden die sogar als spannende Abwechslung. Das kann natürlich taktisch vonseiten der Veranstalter auch ganz andere Beweggründe haben, das Festival stetig zu erweitern. Denn was wird passieren, wenn all die großen, langsam doch betagten Headliner-Namen peu á peu wegfallen? Die Welt ist nun mal nicht voll von MAIDENs oder RAMMSTEINs. Das Wacken wird also zum zukunftssicheren Rundum-Erlebnis, bei dem wir uns wahrscheinlich mit vielen guten, aber nicht ganz großen Headlinern anfreunden müssen. Da muss dann mehr Abwechslung her. Raus aus der virtuellen Realität – zurück in die sengende Glut vor der Mainstage:
Wenn das Keyboard mit dem Tempo der Flying-V-Gitarre mithält und ein gefühltes Drittel des Publikums von den letzten Rängen vor die Bühne surft, ist eines klar: Die Hatecrew steht wieder auf dem Plan! Seit ’98 beehren CHILDREN OF BODOM das Wacken Open Air nun schon zum achten Mal und haben die Massen immer noch voll im Griff. Die Wacken-Wüste feiert Gitarrengott Alexi Laiho, der mit Evergreens wie “Needled 24/7“, “Are You Dead Yet?“ und “In Your Face“ routiniert durch die staubige Luft prescht.
Wer den Auftakt des Festivals noch nicht ganz verdaut hat, ist spätestens bei Sonnenuntergang fit. Zugrunde gehen wird diese Welt an der Trägheit der Masse. Talk – Action = Gar nix. Deshalb gilt zu unchristlicher Stunde: Recken, Strecken, Schlaf aus den Augen reiben und der Unterhopfung trotzend gen Bühne pilgern. Was DOOL von der Mehrheit der übrigen Bands unterscheidet, ist die Art und Weise, wie sie ihre ausschweifenden und packenden, doch im Kern klassischen Rocksongs auf der Bühne zelebrieren: enthusiastisch, charismatisch, beinahe hypnotisierend.
Mrs. van Dorst ist der Mittelpunkt des Geschehens. Aber auch um sie herum wird derart allumfassend gerifft und der eigene Körper mit einer Intensität gebogen, die viele seit dem Ende von DOOLs Landsleuten THE DEVIL’S BLOOD vermisst haben. Und das, obwohl DOOL ihr Konzert nicht zum Ritual überhöhen, sich selbst als „hot and horny“ bezeichnen und final die Aufforderung zum Geschlechtsverkehr hinterlassen.
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