Uriah Heep
Outsider Tour 2014
Konzertbericht
Man kann über die alten Recken sagen, was man will. Sie haben ihren (kommerziellen) Zenit überschritten? Sicher. Ihre Musik klingt altbacken? Vielleicht. Die Herren können nicht mehr richtig rocken? Niemals! Bands wie STATUS QUO, MAGNUM oder URIAH HEEP sind in Sachen Spielfreude und Konzertlänge den meisten jungen Bands noch ganz weit voraus. Gerade letztgenannte URIAH HEEP machen an diesem Dienstagabend in Bochum Halt und rocken vor einer fast ausverkauften Zeche beinahe zwei Stunden die heiligen Hallen. Im Gepäck haben sie mit Alex Beyrodt’s VOODOO CIRCLE quasi eine All-Star-Truppe und in Form von 21 OCTAYNE einen ambitionierten Newcomer.
Ärgerlich nur, dass eben jene 21 OCTAYNE schon weit vor offiziellen Beginn auf die Bühne müssen und so vor nicht einmal einer halbvollen Zeche spielen müssen. Man ist es ja mittlerweile gewöhnt, dass Bands ein paar Minuten eher anfangen müssen, aber über eine halbe Stunde vor der angesetzten Zeit ist dann eigentlich zu viel des Guten. Glücklicherweise haben wir den Braten gerochen und waren frühzeitig vor Ort, so dass wir eine sehr gute Performance der Band zu sehen bekommen. 21 OCTAYNE spielen ihr letztes Konzert im Rahmen dieser Tour und sind entsprechend aufeinander eingespielt. Sänger Hagen verkündet, dass sie die Tour nur ungerne verlassen, da sie viel Spaß auf der Bühne und mit den anderen Bands hatten. Das noch bei den ersten Stücken reservierte Publikum erkämpft sich die Band durch massig Spielfreude und einer gelungenen Mischung aus AOR und klassischem Hard Rock. Bei für einen Opener sehr gutem Sound gehen 21 OCTAYNE definitiv als Sieger vom Platz. Well done!
Nach etwas längerer Umbaupause starten VOODOO CIRCLE mit “Heart Of Babylon” souverän in den Set und haben das Publikum von der ersten Minute an gut im Griff. Das wiederum ist kein Wunder, denn neben Namensgeber Alex Beyrodt (u.a. PRIMAL FEAR) stehen hier mit Mat Sinner (SINNER, PRIMAL FEAR) und David Readman (u.a. PINK CREAM 69) noch zwei weitere Vollprofis auf der Bühne. Der gefällige Hard Rock der Band kommt beim Publikum zwar gut an, kann aber auch durch das Können der beteiligten Musiker nicht über ein paar Schwächen hinwegtäuschen. Herrn Beyrodts Vorliebe für Ritchie Blackmore lebt er ausdrucksstark in “Blind Man” aus, was er sichtlich genießt, bei Teilen des Publikums aber auf wenig Gegenliebe stößt. Hier bekommt die Show einen klaren Hänger und VOODOO CIRCLE schaffen es nicht mehr an die gute Stimmung zu Beginn des Sets anzuknüpfen. Da kann auch die zuletzt gespielte (und beinahe punkig vorgetragene) LED ZEPPELIN-Coverversion “Rock And Roll” nichts ändern. Somit bleibt die Erkenntnis, dass VOODOO CIRCLE einen soliden, aber keinen außergewöhnlichen Gig auf die Bretter gelegt haben.
Was hat man von URIAH HEEP zu erwarten, wenn man die Band noch nie auf der Bühne erlebt hat, und wie viele Stücke des neuen, sehr starken Albums “Outsider” finden sich im Set wieder? Die Band scheint sich der Stärke des Albums bewusst zu sein und hievt gleich fünf neue Songs in die Setlist. So muss das sein, wenn man vor Selbstbewusstsein strotzt, und entsprechend legen die Herren um Ur-Mitglied Mick Box mit “Speed Of Sound” los. Der Ton ist super, die Lichtshow absolut passend und die Musiker sind tierisch gut bei Laune. Mick Box rockt auf seiner Bühnenseite als hätte er nie etwas anderes gemacht (was er vermutlich auch nicht hat) und sein kongenialer Partner Bernie Shaw (immerhin schon seit 1986 in der Band) macht nicht nur optisch mit seinem Pistolen-/Mikrohalfter eine Menge her. Der Mann hat die fünfzig schon weit hinter sich gelassen, singt aber wie ein Zwanzigjähriger und ist heute Abend top motiviert. Neben der superben Gesangsleistung hat Shaw das Publikum schon nach der ersten Nummer mit seiner sympathischen Art im Sack, und es frisst ihm aus der Hand. Man nimmt dem Mann die Ehrlichkeit einfach ab, wenn er zum Beispiel anmerkt, dass er am liebsten im Winter durch Deutschland tourt, weil es dann überall köstlichen Glühwein gibt. Aber auch auf seine Hintermannschaft kann sich der Kanadier verlassen. URIAH HEEP sind super eingespielt und mit Songs wie den knackigen “Too Scared To Run” oder “Outsider” heute auch gepflegt heavy unterwegs. Die neuen Nummern harmonieren mit Klassikern wie “Sunrise” oder dem wunderbaren “The Magician’s Birthday” (Shaw: ‚Jetzt wird’s etwas proggig. Dafür seid ihr doch hier, oder?‘) und fühlen sich an, als ob sie schon immer dazu gehört hätten. Das Publikum ist in Partylaune, nimmt die neuen Stücke super auf, wartet aber natürlich auf Songs wie “July Morning” oder die ‘Happy Hippie’ (O-Ton Mick Box)-Nummer “Lady In Black”. Hierbei beweist der Fan hinter mir, nachdem er jeden anderen Song mit Worten wie ‚geil‘, ‚fett‘ oder ‚Wahnsinn die Nummer‘ kommentiert hat, wenig Fingerspitzengefühl, als er seinen wohl besten Kumpel genau bei dem Song anruft und ihm erzählt wie geil das Konzert doch ist. Geht’s noch?
HEEP haben von diesem Fauxpas glücklicherweise nichts mitbekommen und verschwinden nach der Dame in Schwarz kurz von der Bühne. Die lautstarken Forderungen nach mehr Hard Rock kann die Band nicht ignorieren und so lassen sich URIAH HEEP nicht lange bitten und kredenzen der hungrigen Meute mit “Gypsy” und “Easy Livin’” noch zwei absolute Rockklassiker. Dass die Fans danach noch mehr Songs hören wollen, liegt in der Natur der Sache. Leider geht da aber ziemlich schnell das Licht an und man nimmt mit einem lachenden und einem weinenden Auge zur Kenntnis, dass ein superber Konzertabend zu Ende ist. URIAH HEEP haben knappe zwei Stunden alles gegeben und müssen in dieser bestechenden Form ganz schnell wieder kommen.
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