Up From The Ground 2007
Up From The Ground 2007
Konzertbericht
ONSLAUGHT – 18:40 – 19:25 Uhr
Dass eine zwischenzeitliche Auszeit von 14 Jahren nicht schaden muss, zeigen die britischen Thrasher von ONSLAUGHT. 1985 erschien deren erstes Album „Power From Hell“, gute zwei Dekaden später springen sie mit „Killing Peace“ auf den Retro-Zug auf. Das aber mit Überzeugung und jeder Menge Enthusiasmus. Locken Bands der Sorte SONIC EQUILIDICATE zumeist ein sehr junges Publikum vor die Bühne, so versammeln sich bei ONSLAUGHT vorwiegend attraktive Männer über 30 und welche, die es bald werden sollten, vor der Bühne. Der Altersdurchschnitt erreicht zwar nicht den auf der Bühne, tendiert aber deutlich in dessen Richtung.
Dem Fünfer um Sänger Sy Keeler gefällt dieser Umstand sichtlich; man sieht ihm die Freude an und dementsprechend geben die Briten Gas. Musikalisch geht die Reise zurück in die 80er, in Regionen der Bay Area, obwohl ONSLAUGHT aus England kommen. Songs des Comeback-Albums und alte Songs halten sich die Waage, „Burn“, „Killing Peace“, „Seeds Of Hate“ oder Klassiker wie „Power From Hell“ und „The Force“ sind Stationen eines kurzweiligen Gigs. Dennoch wirken die Songs nach einer Weile sehr vorhersehbar und, äääh, altbacken. Gut, man kann von Ü-Vierzigern nicht unbedingt neue Impulse erwarten, deswegen: guter Gig der alten Männer! (Raphi)
GRAVEWORM – 19:45 – 20:30 Uhr
GRAVEWORM haben das Glück, an diesem Wochenende als eine der wenigen Bands mit einem relativ akzeptablen Sound gesegnet zu sein. So wohnt der recht gut gefüllte Platz vor der Bühne bei GRAVEWORM einem Auftritt bei, dem nicht nur optisch eine hohe Qualität attestiert werden kann. Highlight neben „Legions Unleashed“ und „Touch Of Hate“ ist definitiv das Groove-Monster „I, The Machine“, das ordentlich die Wellen in der Menge zum Wogen bringt. Die große Akzeptanz, die GRAVEWORM entgegenschlägt, ist auch auf das auf hohem Energielevel gefahrene Stage-Acting der sechs Jungs und Mädel zurückzuführen; Sänger Stefan Fiori tut, macht und springt wie ein hyperaktives Stehaufmännchen, während Gitarrist Eric Righi auf der Linken Bühnenseite seine Matte kaum still halten kann. Gelungener Auftritt als perfekte musikalische Untermalung für das einsetzende Abendrot. (Imperium)
BENEDICTION – 20:50 – 21:40 Uhr
Was eine Old-School-Freude am heutigen Abend! Part 2: Die Briten von BENEDICTION. Leicht verspätet treffe ich ein und die Briten brauchen nicht lange, um mich auf ihre Seite zu ziehen. Mit knochentrockenen Killerriffs, groovenden Todesbeats und schmutzigen Vocals wissen BENEDICTION zu überzeugen. Sie haben schon einige Trends kommen und gehen sehen – und sie alle überlebt. BENEDICTION sind Koryphäen des europäischen Death Metal und haben ihn auf ihre ganz eigene Art und Weise geprägt. Es kommen sowohl Nummern der Frühwerke „Subconscious Terror“ und „The Grand Leveller“ zum Zuge, als auch neuere Stücke, die mehr Punk- und Hardcore-Spirit atmen. „Agonised“ beispielsweise vom exzellenten „Grind Bastard“-Album und auch ein Stück des bald erscheinenden Albums „Killing Music“ (endlich!!!). Mein Eindruck nach einmaligen Genuss: geiler Song, führt den Stil von „Organised Chaos“ gut weiter, geht aber auch eine kleinen Schritt zurück. Ein Killer auf jeden Fall!
Die Ansagen von Fronter Dave Hunt kommen in gutem Deutsch daher, sehr sympathisch und weniger geistiger Dünnschiss als von einem gewissen Bo Summer. Und so preschen BENEDICTION durch eine knappe Stunde feinen Death Metal der alten Schule, erfrischend und vitalisierend! Unwürdig ist dann der Abgang der Briten: Als sie gerade die Zugabe anstimmen wollen, wird ihnen der Saft abgedreht. Unverständlich, gerade in Anbetracht der bald folgenden, langen Umbaupausen. Unwürdiges Ende eines geilen Gigs. (Raphi)
ENTOMBED – 22:05 – 23:05 Uhr
Auf ENTOMBED habe ich mich im Vorfeld ganz besonders gefreut und soll auch nicht enttäuscht werden. Diese Band, welche um kurz nach 22:00 Uhr die Gladiatorenarena, die in dunkles Licht getauchte Bühne, entert, ist ein Garant für energiegeladene und unterhaltende Shows. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass mit Gitarrist Alex Hellid und Ozzy-Lookalike L.G. Petrov lediglich nur zwei Ur-Mitglieder mit von der Partie sind. Auch als Quartett und mit einem von Death’n’Roll gesäumten Killer-Set, sensen die Schweden mit ihrem Kettensägen-Sound alles nieder, springen dem überraschten Publikum regelrecht an die Gurgel. Zunächst soll ein Stromausfall zu Beginn des Sets, die „Serpent Saints“ sind gerade erst im Begriff an Fahrt zu gewinnen, für eine unfreiwillige Ruhepause sorgen. Das Publikum lässt sich durch einen solchen Zwischenfall aber nicht aus der Ruhe bringen und fiebert mit heiter angestimmten Chorälen der Fortsetzung entgegen.
Diese grausliche Power, diese vom Punk gesättigten Hiebe, die Verbindung von gellendem Knurren und grantigen Gewaltausbrüchen sind die Essenz eines jeden ENTOMBED-Konzerts. So auch an diesem Abend. Songs älteren Datums verwandeln den Pit vor der Bühne glorreich in eine von tierischen Trieben beherrschte Gewaltorgie. Die Setlist besteht hauptsächlich aus solch älteren, nur vermeintlich angerosteten Songs von „Clandestine“, „Left Hand Path“ und „Wolverine Blues“, mit „Masters Of Death“ und „When In Sodom“ werden auch noch zwei weitere Songs vom aktuellen Album „Serpent Saints“ berücksichtigt. Wer diese Band bereits abgeschrieben hat, sollte sich einige hieb- und stichfeste Argumente zurechtlegen, denn diese morbide Maschinerie ist auch noch nach Jahren gut in Schuss und in vollem Gang nicht zu stoppen. (Conni)
TESTAMENT – 23:35 – 00:50 Uhr
Lange, sehr lange ist die Wartezeit auf den Headliner TESTAMENT. Denn nach ENTOMBED ist endlich die Zeit für den heimlichen Headliner gekommen: CHANGEOVER! Und die sind sogar so gut, dass sie eine Stunde überziehen dürfen. Wahnsinn!
Mit klaren Worten: TESTAMENT bzw. deren Roadies benötigen statt 30 eingeplanten Minuten satte 90 Minuten und vergraulen so nicht wenige Zuhörer. Über die Gründe dieser Verzögerung kann ich nur spekulieren, man munkelt über arrogantes Auftreten der Crew, über die sich sogar der TESTAMENT-Basser echauffiert. Auch der Veranstalter beteuert seine Unschuld. Sei’s drum, TESTAMENT tun sich damit keinen Gefallen, viele gehen vor dem Gig, ein Gros des Rests wirkt während des Gigs angepisst. Panne ist, dass während der gesamten Wartezeit kein einziger Hinweis auf das „Wie?“, „Warum?“ oder „Wann geht’s weiter?“ kommt.
Mir persönlich kommt die verlängerte Pause sehr gelegen. Da außer „Am Zelt die letzten Vorräte wegtrinken“ nichts weiter auf meinem Tagesprogramm steht, nutze ich die Zeit zur ausgedehnten Nahrungsaufnahme. Gesättigt durch Burger und reichlich Bier stolpere ich dann rechtzeitig zu Beginn vor die Bühne. Und wenigstens hat sich die Wartezeit hinsichtlich des Sounds gelohnt: Weiter hinten (wie bei fast allen Bands) dumpf und basslastig, ist er direkt vor der Bühne glasklar und astrein.
Und auch wenn die lange Wartezeit unnötig und nicht fanfreundlich ist: TESTAMENT liefern einen absolut geilen Gig ab und sind (musikalisch) ein würdiger Headliner des Up From The Ground 2007. Die, die dageblieben sind, können sich an einer Stunde feinstem Bay-Area-Thrash der Extraklasse ergötzen, dargeboten von exzellenten Musikern. Zwar nicht wie angekündigt im Original-Line-Up, aber nahe dran: Das Kit verprügelt ein gewisser Nick Barker (Ex-C.O.F., Ex-DIMMU BORGIR, etc.) gewohnt gekonnt und rutscht bei Thrash-Parts gelegentlich (unbeabsichtigt?) in Blast-Gefilde ab, Barker ist die gewohnt zuverlässige Rhythmusmaschine. Basser Greg Christian steht dem Taktgeber in nichts nach und post agil über die Bühne und wirkt dabei sehr sympathisch. Neben Alex Skolnick verkommt Eric Peterson zum Rhythmusgitarristen par excellence. Zum Gitarristen, der eben auch auf der Bühne stehen darf und eben die Riffs zockt. Ich will seine Leistung nicht herunterspielen, aber für Show, Soli und sonstiges ist Gitarrenguru Alex Skolnick zuständig. Meine Fresse, was ein Gitarrist! Mit welcher Hingabe und technischer Perfektion Skolnick hier Soli in Hülle und Fülle vom Stapel lässt, nötigt einem den größten Respekt ab. Chapeau!
Fehlt noch Chuck Billy. Der ist auch da und erledigt den musikalisch unspektakulärsten Teil des Gigs: er singt, schreit, brüllt und spielt mit einer halben Portion Mikroständer. Stimmgewaltig und gewichtig wie eh und je, turnt der Frontmann auf den Bühnenbrettern mit seinem Mikroständer herum, ständig schleudernd oder als Luftgitarre verwendend. Dem langen Umbau fallen zwar die Ansagen zum Opfer, aber nicht die gute Laune der Musiker. Billy murmelt zwar etwas von „…the show is fucked up anyway“ ins Mikro, ansonsten lässt sich die Band die Verspätung aber nicht anmerken. Die dagebliebenen Fans feiern auf jeden Fall zu Thrash-Perlen wie „Down For Life“, „Over The Wall“ oder „First Strike Is Deadly“ ordentlich ab. Nach einer knappen Stunde Spielzeit verneigen sich TESTAMENT vor dem Publikum im Wissen, dass hier, ohne die lästigen Umbausperenzchen, ein richtiger Triumphzug möglich gewesen wäre. So gibt es nur Applaus, aber auch einige gen Bühne gereckte Mittelfinger. Wem es nicht gefallen hat, der hätte gehen können… anyway, für mich persönlich ein geiler Abschluss eines genialen Festivals! (Raphi)
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