Up From The Ground 2007
Up From The Ground 2007
Konzertbericht
EQUILIBRIUM – 17:40-18:20 Uhr
Unsere Vorzeige-Heiden EQUILIBRIUM haben dem wartenden Volk auch schon vor längerer Zeit eine neue Scheiblette versprochen. Wo bleibt die, hä? Wenn man damit nicht langsam um die Ecke kommt, wird die Setlist dadurch auch nicht spannender. Denn die greift quasi ausschließlich auf das Debüt zurück und kaut damit x-mal Gehörtes wider. Ein neuer Song scheint immerhin dabei zu sein – der schmierige Sound, der an diesem Tag so mancher Band übel zusetzt, lässt den aber nicht gerade wie ein Jahrhundertwerk klingen. Der Rest ist weithin bekannt: gutgelaunter Hupfdolen-Wikingerschunkel mit ordentlich Melodie… die in Ermangelung eines Tastenmanns aber zum größten Teil aus der Konserve kommt. Zur Trinkerhymne „Met“ gibt es beschwichtigende, fliegende Met-Flaschen (selbstverständlich in wenig heidnischem PET) für die trotz brütender Hitze gut mitgehende Gefolgschaft. Wundert mich eigentlich, dass hier auf der Bühne kein Drachenboot am Start ist. Das ist doch diese Saison sonst so hip. (Thomas)
SABBAT – 18:40 – 19:25 Uhr
Man spricht deutsh. Und das auch noch ziemlich gut! Neben BENEDICTIONs Dave Hunt spricht auch SABBAT-Frontmann Martin Walkyier ein überraschend sicheres Deutsch (kein Vergleich zum ILLDISPOSED’schen Gestammel) und verblüfft damit die Anwesenden. Bei ihm scheint das mehr als pure Geste zu sein –Fremdenhass und Faschismus sagt er öffentlich den Kampf an. Von wegen „Don’t mention the war!” Sehr tight und spielfreudig zeigen sich die Herren und beweisen so, dass ihnen selbst einige Jahre Auszeit nichts anhaben können. So werden Songs wie „Behind The Crooked Cross“, „For Those Who Died“ oder „The Church Bizarre“ zu frischen Abgehsongs, die im Publikum genau das auslösen, was sie sollen: Alarm. Vielleicht gibt es ja mal wieder eine SABBAT-Reunion. Bis dahin wird einem dieser Gig in guter Erinnerung bleiben. (Thomas)
SONIC SYNDICATE – 19:45 – 20:30 Uhr
Diese Band ist derzeit doch wirklich nirgends mehr wegzudenken. Möchte mal wissen, wie viel das Management gelöhnt hat, um die schwedischen Newcomer auf Wacken, die MEGADETH-Tour, in den Rockpalast und jetzt auch noch aufs Up From The Ground einzukaufen. Die Stagetime kann sich jedenfalls sehen lassen! Damit hat man einige ältere Kollegen hinter sich gelassen. Und man macht was draus. SONIC SYNDICATE wissen trotz ihres jungen Alters schon sehr gut, wie man sich auf größeren Bühnen zu bewegen hat. Zwar sehen sie mit ihren stylishen Frisuren aus, als hätten sie sich irgendwie hierher verlaufen, ihr Sound in der Schnittmenge aus SOILWORK, IN FLAMES und BULLSHIT FOR MY VALENTINE belegt allerdings das Gegenteil. Die Leute mögen, was die Jungs und das Mädel am Bass machen und feiern die Songs des Erfolgsalbums „Only Inhuman“ ganz schön ab. Damit ist die Band zwar mit Abstand die melodischste Band des gesamten Festivals, passt aber vielleicht genau deshalb doch ins Billing. Respektable Leistung eines schwer gehypten Marketingprodukts, die ihm ein gutes Stück Credibility beschert. (Thomas)
KRISIUN – 20:50 – 21:40 Uhr
KRISIUN sind der heimliche Freitags-Headliner, darüber sind sich die meisten heute Abend einig. Mit affenartiger Geschwindigkeit züngeln rasiermesserscharfe Riff-Kanonaden, dem Höllenfeuer gleich, über die Köpfe der gierig dreinblickenden Schar vor der Bühne hinweg. Begierig nach Geschwindigkeitsräuschen, dürstend nach lustvoller Raserei und vom Willen beseelt, sich dieser alles vertilgenden Macht nicht zu widersetzen, liegt das Publikum dem brasilianischen Trio zu Füßen. Dieses Powerhouse serviert Death Metal, unglaublich tight und sauber; extravagant und mit unverhohlener Spielfreude zum Besten gegeben.
Der langen Rede kurzer Sinn, KRISIUNs Wahn, der Perfektion nahe, macht sich breit und weiß in sämtlichen Belangen zu begeistern. Man mag dem Material mit Zwiespalt begegnen, sich über die Unzugänglichkeit beschweren oder den Vorwurf erheben, dass jeder Song dem anderen gleicht. Doch live arten die Songs zu einer mächtigen Raserei aus und offenbaren Facetten, die auf CD nicht eingefangen werden können. Das, dieser besondere Reiz, der von der Bühne strahlt, zeichnet KRISIUN letzten Endes aus! Ein Highlight des diesjährigen Festival-Sommers! (Conni)
ILLDISPOSED – 22:05 – 23:05 Uhr
Langsam zur Stammbelegschaft des Up From The Ground zählen die dänischen Tunichtgute ILLDISPOSED. Wenn eine Band ausfällt (wie in diesem Fall traurigerweise DYING FETUS) scheinen die Dänen schon sabbernd Gewehr bei Fuß zu stehen, um zum bereits dritten Mal in fünf Jahren auf dem Up From The Ground zu spielen. Als ich sie 2003 das erste Mal überhaupt in Gemünden gesehen habe, war ich total von den Socken, waren die (damals noch lustigen) „swulen Nutten“ damals doch eine Seltenheit auf deutschen Bühnen. Zumindest im
Vergleich zu heute, da die Rüpel mit dem gebrochenen Deutsch jedes Wochenende in einem anderen Jugendhaus spielen.
Was einst einmal witzig und neu war, wird heute aber zusehends gewöhnlicher und nutzt sich zunehmend ab. Die Mucke rockt zwar immer noch wie Sau. Die schweren Grooves, das kellertiefe Grunzen von Bo Summer und die gar nicht so dänischen Melodien sitzen noch immer. Aber wenn ich noch einmal „eierlosen Nutten aus dem swulen Norden“ höre, gibt’s Krawall. Wie in letzter Zeit üblich, würzen ILLDISPOSED ihr Set aus neuerem Material wie „Dark“ oder „Throw Your Bolts“ mit einigen Tracks älteren Datums („Near The Gates“ – noch immer eine königliche Verneigung!). Wirklich vom Hocker reißen sie mich damit allerdings nicht. Zu tief sind die Furchen der Abnutzung derzeit. Eine Auszeit täte gut. (Thomas)
ARCH ENEMY – 23:35 – 00:50 Uhr
Dunkel ist es geworden, als ich mich auf dem Wege der Ernüchterung befinde. Mir fällt auf, dass es schon eine ganze Weile dunkel ist; nahrhafte Getränke vernebeln mein Gehirn, zudem verlängern homosexuelle Prostituierte aus Dänemark die Wartezeit auf den Headliner des ersten Tages unnötig. Doch dann ist die Zeit für ARCH ENEMY gekommen! Ja, an alle, die es noch nicht mitbekommen haben: das Brüder- und Gitarrenpaar Amott ist wieder vereint. Auch wenn Rückkehrer Christopher in seiner Auszeit viel an Haupthaar gelassen hat, merkt man (nicht nur) dem Duo die wieder gewonnene Spielfreude sichtlich an, in punkto Gitarrenarbeit und Melodieführung findet man im melodischen Death Metal kaum Bessere. Das Gros der Soli übernimmt Michael, der in des Bruders Abwesenheit, laut eigener Aussage, zu einem besseren Gitarristen gereift ist.
Doch ARCH ENEMY bestehen ja (leider?) nicht aus Gitarren allein. Bass-Tier Sharlee D’Angelo und Drummer Daniel Erlandsson sorgen für ein präzises rhythmisches Grundgerüst und Frontlady Angela hat sich durch exzessives Touren eine gute Bühnenpräsenz erarbeitet. Zwar sind es immer wieder sich ständig wiederholende Posen, dennoch schafft sie es, durch Bewegungsfreude die Bühne auszufüllen. Gott sei Dank verzichtet sie heute auf die sonst recht holprigen englischen Ansagen und besinnt sich auf die Muttersprache. Stimmlich ist „Angie“ Gossow voll auf der Höhe und führt das Publikum nach anfänglichen Soundproblemen souverän durch den Gig, der meist Songs neueren Datums beinhaltet. Zu Krachern wie „Nemesis“, „My Apocalypse“ oder „Dead Eyes See No Future“ gesellen sich auch zwei Songs des bald erscheinenden „Rise Of The Tyrant“. Richtig glücklich werde ich mit den neueren Songs aber dennoch nicht. Qualität kann man denen nicht absprechen, ich bevorzuge die Tracks der (fantastischen) ersten drei Alben.
Zwar war Liiva stimmlich limitiert, doch passten seine Vocals besser zur Musik. Umso mehr freue ich mich, als Angie ankündigt, vermehrt auf Fanwünsche einzugehen und mehr alte Songs zu spielen. Außer den Lichtblicken „Dark Insanity“ oder „Let The Killing Begin“ lässt man den Worten wenig Taten folgen. Sei’s drum. ARCH ENEMY haben den enormen Popularitätsschub den neueren Songs zu verdanken, nur logisch, dass sie sich auf diese konzentrieren. So bin ich Zeuge eines der Headliner würdigen Gigs, der bei der Masse entsprechenden Anklang findet. Ein gewisser Schmollmund stellt sich bei mir wegen fehlender Klassiker der Sorte „Beast Of Man“ dennoch ein. Doch ich denke, ARCH ENEMY können mit einem beleidigten metal.de-Schreiberling gut leben und legen einen gelungen Gig hin. (Raphi)
Dass ich ARCH ENEMY spätestens seit „Anthems Of Rebellion“ nichts mehr abgewinnen kann, ist kein Geheimnis. Aber das, was die Schweden in Gemünden abliefern, ist die langweiligste, überflüssigste Zeitverschwendung seit langem. Dieser Gig ist ein Musterbeispiel dafür, wie sich eine einst grandiose Band mit austauschbaren neuen Songs und einer der uncharismatischsten Keifstimmen selbst obsolet macht. Gut, Johan war auch kein Chorknabe, aber gegen Frau Gossows nerviges Organ eine wahre Wohltat. Die wiedervereinten Gebrüder Amott haben die Melodien schon mit der Muttermilch aufgesogen – entsprechend wieselflink gehen sie ihnen auch live von der Hand. Dennoch hinken die neuen Songs ihren – zugegeben übermächtigen – Vorgängern hinterher. Trotzdem ist und bleibt die stimmliche Fehlleistung das schwächste Glied in der Kette. (Thomas, der alte Grantler)
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