Up From The Ground 2006
Konzertbericht
Freitag, 25. August 2006
TOURETTES SYNDROME
Eröffnen durfte das diesjährige UFTG die Band mit dem sicher längsten Anreiseweg: TOURETTES SYNDROME aus Australien. Da die Formation gerade zu Promotionzwecken in Deutschland weilte, ließ sie es nicht nehmen, in Gemünden eine Stippvisite ihres Könnens abzugeben. Doch, wie es schien, war das den meisten Festivalgängern ziemlich egal, denn die Mannen um Frontfrau und Rastazopf Michele spielten vor einem noch so gut wie leeren Gelände. Verpasst haben die dem Geschehen fern gebliebenen dabei allerdings nicht viel. Schnöder, schon zigfach gehörter und mittlerweile gänzlich toter Crossover zwischen Nu Metal und Metalcore lockt 2006 wirklich niemanden mehr hinter dem Ofen hervor. Einziger Hingucker bzw. –hörer: die unglaublich maskuline Stimme Micheles. (metalgreg)
OBSCURA
Wesentlich besser ließ sich da schon die Darbietung der Münchner Undergroundler OBSCURA an. Ein verfrickeltes, technisches Todesbleimassaker zwischen DEATH und ATHEIST ließ die ersten Matten kreisen. So machten sich die auch mir bis dato völlig unbekannten Bayern während ihrer halbstündigen Spielzeit einige neue Freunde. Der deutsche Underground geizt zwar nicht mit guten Kapellen, aber diese Jungs gehörten, zumindest am heutigen Tage, zu seiner absoluten Speerspitze. Schade, dass es auf dem Gelände immer noch nicht richtig voll war. (metalgreg)
DRYROT
Die auf dem UFTG quasi ein fränkisches Heimspiel genießenden DRYROT sind immer ein Garant für fetteste Grooves auf die Fresse und eine schön assige Prollperformance. So auch an diesem Tage. Die massiven Riffs zwischen PRO-PAIN, HATEBREED und MACHINE HEAD fanden bei bestem Sound sofort den Weg in ihr angestammtes Ziel: die Magengrube. Und auch vom Stageacting her, passten die Jungs perfekt zu ihrem stumpfen (nicht abwertend gemeint!) Thrashcore. Bassist Make möchte ich zumindest nachts nicht alleine begegnen, wenn er seine wuchtigen Moves vollführt. Garantiert nichts für filigrane Feingeister, sondern mehr für die Bollo-Fraktion geeignet, die dementsprechend auch vollkommen zufrieden gestellt wurde. (metalgreg)
HIDDEN IN THE FOG
Als letzte Band rutschten die Progressiv-Blackies von HIDDEN IN THE FOG ins diesjährige Billing. Vor allem deren letzter Output „Damokles“ hinterließ positive Spuren bei mir, dementsprechend war ich gespannt. Aber live entfachen die vom Aufbau teilweise an EMPEROR erinnernden Songs nicht ihre volle Wirkung. Zu verschachtelt sind die Songstrukturen, um vor Publikum bestehen zu können, Nicht-Kenner der Materie wandten sich reihenweise ab, und selbst wenn man die Songs kannte: leicht wurde es einem nicht gemacht. Das lag zum einen daran, dass der Sound nicht klar genug war, um die Einzelheiten herauszufiltern und zum anderen, dass die Songs live nicht wirklich zünden wollten. Perlen schwarzer Tonkunst wie „The Ignoramus’ Elegy“ oder „And Harvest Has Come“ vermögen im stillen Kämmerlein oder bei kleinen Clubgigs zu begeistern. Auf einem Festival hingegen, Freitag nachmittags, in bierseliger Laune wirkte die Mucke leider fehl am Platz. Schade, denn hier waren vier brillante Musiker mit genialen Songs zu Werke. (Raphi)
HARMONY DIES
Die fünf Brutal Death Metaller aus Berlin dürften mittlerweile auch keine Unbekannten mehr sein. Shouter Christoph erschien stilecht in Kutte und man gab walzenden Death Metal zum Besten, der stimmgewaltig und satt das Publikum animierte. Ungewolltes Highlight war allerdings, dass Frontsau Christoph das Bühnengerüst erklomm, um von dort aus den Zuschauern den Rest zu geben und dann mit dem Fuß zwischen den Verstrebungen stecken bliebt. Erst nach ca. 10 Minuten konnte ein Roadie ihn aus der unangenehmen Lage befreien und wurde dafür mit kräftigem Beifall belohnt. (Shub)
CRIMINAL
Gastspiele der chilenisch-englischen Thrash-Koop CRIMINAL sind leider recht selten geworden. Umso schöner, dass die Jungs auf den Steinwiesen aufrocken und ihr leider völlig verkanntes, kleines Meisterwerk „Sicario“ (heißt soviel wie Auftragskiller) endlich mal in adäquatem Rahmen vorstellen durften. So ließ sich Frontassassin Anton Reisenegger samt seiner Mannen nicht lumpen und bot eine astreine Vollbedienung mordernen Groove-Thrashs zwischen MACHINE HEAD und SEPULTURA auf der einen und gelegentlichen Death- und Grindeinflüsse auf der anderen Seite. Der Sound war perfekt und man merkte dem Quartett an, dass es sichtlich Spaß hatte, Abrissbirnen wie „Rise And Fall“, „Deconstruction“ oder „Walking Dead“ (Highlight!) in die Menge zu pusten! Killer! Übrigens: Wer beim UFTG auf den Geschmack gekommen ist oder die Jungs mit dem neuen Album sowieso endlich mal sehen wollte, ist herzlich auf unser 10-Jahres-Festival am 27.10. ins Stuttgarter LKA eingeladen, wo die Red Hot Chile Thrashers ebenfalls die Axt schwingen werden. (Thomas)
HEARSE
Seit dem Rauswurf Johan Liivas bei ARCH ENEMY ist die Kapelle trotz Amott’scher Saitenhexerei nur noch die Hälfte wert. Keine Diskussion. Nur gut, dass Johan mit HEARSE an den Stil früher ARCH ENEMY anknüpft und so allen verwaisten Fans der Frühwerke ein verloren geglaubtes Gefühl zurückgibt. Allerdings blieb HEARSE aufgrund der unglücklichen Labelwahl bislang größere Aufmerksamkeit verwehrt. Auf dem UFTG lieferten Johan und seine Mannen nun ihr Live-Debüt auf deutschen Bühnen ab. Leider konnte die Band – und vor allem Johan selbst – meine Erwartungen nicht erfüllen. Zwar zockte die Band mit „The Crops Of Waste“ und „Turncoat“ u.a. ihre zwei stärksten Kaliber ihres Hammeralbums „Armageddon, Mon Amour“, von Bühnenpräsenz kann aber kaum die Rede sein. Ich frage mich, wie lange Johan die Bretter gemieden hat; denn so verloren und verkrampft habe ich lange niemanden mehr rumstaksen sehen. In der Hinsicht haben die Erzfeinde zugegebenermaßen eindeutig die Nase vorn. Hoffen wir, dass es HEARSE in naher Zukunft schaffen, live zur Qualität ihrer Konserven aufzuschließen. (Thomas)
GOD DETHRONED
Der melodiöse Death Metal der Holländer sorgte für ein Stimmungshoch. Crowdsurfer ohne Ende machten sich auf den Weg und es wurde gemosht was das Zeug hielt. Die Band selber befand sich in feinster Laune und knallte einen „Hit“ nach dem anderen ins Publikum. Songs von „The Lair Of The White Worm“ und dem aktuellen Album „The Toxic Touch“ waren ebenso Programm wie älteres Material und so war vermutlich am Ende des Sets jeder Fan zufrieden mit dem Gig – zumal der Sound sauber und klar aus den Boxen trällerte. Mit „Hating Life“ wurde dann schlussendlich sogar der zweite Song des im Oktober erscheinenden Albums „The Toxic Touch“ präsentiert und man machte überzeugend klar, dass man in Sachen Energie und eingängigem Songwriting immer noch die Nase vorne hat. (Shub)
LEGION OF THE DAMNED
Zugegeben: Anfangs hielt ich das ganze Geschrei und Getue um den OCCULT-Nachfolger LEGION OF THE DAMNED einzig und allein für heiße Luft und den nächsten großen Hype. Doch nachdem ich mich endlich mal dazu durchgerungen hatte, dem „Debüt“ „Malevolent Rapture“ ein Ohr zu schenken, und nachdem ich die Jungs nun ein paar Mal live gesehen habe, muss ich neidlos anerkennen, dass sämtliche Lorbeeren, mit denen Maurice und Co. überschüttet wurden und werden, gerechtfertigt sind. Songs wie „Legion Of The Damned“, „Bleed For Me“ oder der Titeltrack ballern von vorne bis hinten, sind Death/Thrash-Perlen allererster Kajüte und laden vortrefflich zum breiten Abschädeln ein. Das sahen auf dem UFTG eine Menge Menschen genauso, weswegen die Holländer im Durchschnitt die größte Bangerdichte des Freitags auf sich vereinen konnten, wodurch auch der anfangs überraschende Slot nach den schon viel länger im Geschäft befindlichen GOD DETHRONED gerechtfertigt schien. (metalgreg)
KORPIKLAANI
Während der Regen nachlässt, erschallen „Korpiklaani! Korpiklaani“-Fanchöre. Zum lustigen Geigen-Intro erscheint dann der Gitarrist mit einer Finnland-Flagge, während die Sänger mit der Hand fuchtelnd das Publikum anfeuert. Die Stimmung steigt sofort, der Geiger und der Schifferorgelspieler hüpfen neben dem Frontmann auf und ab. Nur mit den Songansagen tut man sich als Finnisch-Unkundiger etwas schwer. Dafür kommt die Bühnenbeleuchtung immer besser in Schwung, und auf welchem Festival kann man schon halbrechts auf dem Gelände stehend rechts die Bühne beobachten, während links ein Zug vorbeirauscht? Derweil recken sich vor der Bühne trotz des womöglich kurz bevorstehenden Finnen-Metal-Overflow zahlreiche klatschenden Hände empor. Dennoch sollen die ruhig ohne mich weiterfeiern, das Gedudel wird mir zu eintönig und ich hol mir jetzt erstmal ein Wikingerblut. Unterdessen erinnert der angestiegene Matsch schwer an die hiesigen Regengüsse von 2004, und die Sanis transportieren die erste eingesaute Alkoholleiche von dannen. (Carsten Praeg – powermetal.de)
SUFFOCATION
SUFFOCATION tischten auf als gäbe es kein Morgen. Saftiger Sound und sauber gespielte Songs brachten genau das rüber, was man von einem SUFFOCATION-Gig erwartet: Rohe Energie, brutale Moshparts, vertracktes Zusammenspiel und dunkle Atmosphäre. Klar, dass auch vom brandneuen selbstbetitelten Album Stücke gespielt wurden, welche sich nahtlos ins Set einfügten. Tonnenschwer bliesen schleppende Midtempo-Parts die Menge vor der Bühne durcheinander. Blastbeats und das üble Geröchel von Frontkiller Frank Mullen ergossen sich mächtig über das Land und hinterließen nichts als Schutt und Asche. Ein tonnenschwerer Gig, über den man nicht viel mehr sagen kann als: Genial! (Shub)
OBITUARY
Die Death Metal-Granate aus Florida hat sich seit ihren Anfangstagen 1988 nicht wirklich erheblich verändert – und das ist auch gut so. John Tardy klingt live immer noch sehr räudig und brutal und der Rest der Truppe hat lediglich in Sachen Präzision zugelegt, ansonsten hat man den ureigenen Stil beibehalten. Natürlich bekamen wir neben Stücken des aktuellen Albums „Frozen In Time“ etliche alte Perlen um die Ohren geballert und man konnte sich größtenteils eines erträglichen Sounds erfreuen, auch wenn er streckenweise etwas zu matschig war. Die Band hatte sichtlich Lust auf den Gig und brachte die Menge mit Songs wie „Insane“, „Turned Inside Out“, „Slowly We Rot“ oder „Threatening Skies“ zum Kochen. Trotz einiger Jahre auf dem Buckel immer noch eine Macht! (Shub)
Auf den ICE namens „SUFFOCATION“ folgte nun der sehnlichst erwartete Headliner des ersten Tages: eine mächtige Dampflok mit dem klangvollen Namen OBITUARY. Groovig, brutal, aber im Vergleich zu den Vorgängern fast schon lahm, setzten die Amis zum finalen Todesstoß des Freitags an. Während den folgenden anderthalb Stunden groovten und bangten sich alle Anwesenden ins Nirwana und dann in den Schlaf (bei manchen andersrum?). Ich wurde Zeuge einer überzeugenden, aber manchmal seltsam routiniert wirkenden Show. Mit dem mittlerweile obligatorischen „Redneck Stomp“ rollte die Lok los, es folgten Klassiker wie „Dying“ oder „Threatening Skies“. Selbst wenn sich bei diesen Songs Routine einschleicht – sie killen live vorzüglich! „Stand Alone“ oder „Til Death“ sind Florida-Death Metal-Klassiker in Reinkultur, bei denen man eigentlich nicht viel falsch machen kann. Dazu kommt mit John Tardy ein Fronter mit einer unvergleichbaren Stimme und einer unverkennbaren Haarpracht. Die Instrumentenfraktion sorgte für das Groovegerüst und ballerte ein Killerriff nach dem anderen gen Mainufer. Über den Sinn und Zweck von Drumsoli lässt sich ja streiten, über das von Donald Tardy allerdings nicht: Es war schlicht und ergreifend überflüssig! Völlig in die Länge gezogenes, unmotiviertes Gekloppe, das seinen Höhepunkt hatte, als der Bruder auch mal auf die Toms hauen durfte (wow…). Und das bei so einem Songportfolio! Nee, aber was soll’s. Bier holen, Rohr durchpusten [wie bitte?! – Thomas], zurücklehnen und das finale „Slowly We Rot“ genießen! Der Refrain hallte durch hunderte Kehlen in die kalte, aber trockene Augustnacht und bescherte OBITUARY einen würdigen Abgang. Guter Gig, dem ein bisschen Überraschendes gut getan hätte, denn wer die Amis in den letzten zwei Jahren gesehen hat, hat diesen Gig praktisch auch gesehen. Trotzdem: Ein würdiger Headliner des ersten Tages! (Raphi)
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