Up From the Ground 2005
Konzertbericht
Um eins vorwegzunehmen: Das schlechteste am Gig der Iren war das Wetter: Es schien die Sonne! Dieser Umstand ist eigentlich wünschenswert für ein Open-Air, aber zur Musik hätte besser peitschender Regen begleitet von Blitz und Donner gepasst. Egal, PRIMORDIAL entfachten ihr eigenes musikalisches Gewitter, das hinsichtlich der Intensität und Emotionalität auf den diesjährigen Festivals seinesgleichen suchte. Sänger Alan Nemtheanga wütete wie gewohnt über die Bühnenbretter, optisch untermalt durch sein theatralisches, fast schon übertriebenes Stageacting. Ich kenne kaum einen Sänger, dessen Mimik und Theatralik so ausgeprägt und emotional sind. Dezent mit Blut und Dreck besudelt zeigte Alan die ganze Bandbreite seiner Mimik – psychopathisches Augenrollen, wütendes Anstacheln des Publikums, verzweifelte Blicke gen Himmel – kaum einer lebt seine Musik auf der Bühne so aus wie dieser irre Ire. Der Rest der Band bot optisch das komplette Gegenteil: regungslos und introvertiert widmeten sie sich der Musik. Und die hat es in sich! Vielen Zuschauern war der atmosphärische Mix aus Black Metal, irischer Folklore und Doom doch zu sperrig und sie widmeten sich anderen Vergnügungsmöglichkeiten. Den Übriggebliebenen wurden mit metallischen Rohdiamanten wie „The Coffinship“ und „The Gathering Wilderness“ vom aktuellen Album verwöhnt. Ebenfalls zu bestaunen gab es „Sons Of The Morrigan“ und das gottgleiche „Gods To The Godless“ als krönenden Abschluss eines grandiosen Gigs. Neben MISERY INDEX ganz klar DAS musikalische Highlight des Wochenendes! (Raphi)
BELPHEGOR
Am Freitag hieß es zur besten Sendezeit „Knüppel aus dem Sack“. Und mit dem gab’s voll auf selbigen. BELPHEGOR ist nix für Muschis, das ist bekannt. Aber was die Österreicher in Gemünden angerichtet haben, dürfte noch viel mehr Leute zur Kapitulation gezwungen haben. Die Szenerie muss man sich so vorstellen: es wurde langsam Nacht und Hellmuth und seine Mitstreiter wurden von hinten her angestrahlt, sodass sie die meiste Zeit nur schemenhaft zu erkennen waren. Eigentlich die perfekte Atmosphäre für jedes Black Metal Konzert. Es hätte alles so schön sein können, wenn nicht der Sound unter aller Sau gewesen wäre. Nämlich extrem basslastig, sodass einen nur undefinierbarer Lärm erreichte. Die Gitarren waren zwar stellenweise zu hören, die Melodien aber schlicht und ergreifend nicht zu erkennen. Ein Hochgeschwindigkeitskracher nach dem anderen ging so im Soundmatsch unter. Die Ansagen, auf die ich mich mindestens genauso gefreut hatte wie auf den Gig an sich, blieben leider auch größtenteils aus. Mit den langsamen Stampfern vom neuen Album kann Helmuth jetzt wenigstens sein Versprechen halb wahr machen, wenn er ins Mikro bellt „Ond jeetzt! Einä Balladä!“ und dem „Sepulture Of Hypocrisy“ folgen lässt. Eine Gaudi! Die meiste Zeit wurde jedoch ein Song nach dem anderen mit Mach 2 durch die PA geblasen. Erkennbar war lediglich, dass es sich dabei wohl allesamt um Songs neueren Datums gehandelt haben muss: „Cruzifixus – Anus Dei“, „Bleeding Salvation“, „The Goatchrist“, „Festum Asinorum“, „Fukk The Blood Of Christ“, das erwähnte „Sepulture Of Hypocrisy“, „Swarm Of Rats“ und „Lucifer Incestus“ müssten dabei gewesen sein. Wann kapieren die Soundmenschen endlich, dass Brutalität nicht nur einen überlauten Bass bedeutet? (Thomas)
EKTOMORF
Im Nachhinein fallen mir zu diesem Gig nur zwei Worte ein: irgendwie komisch! Erstens habe ich noch kein Konzert erlebt, bei dem der Sound rechts schräg vor der Bühne besser war als mitten im Pulk vor ihr. Zweitens verstehe ich nicht, warum alle Soundmischer den Hang zum Bassfetischisten haben, denn mal ehrlich: Was knallt live mehr und bringt mehr Leute in Bewegung? Ein fettes, krachendes Riff oder tiefes, allgegenwärtiges, alle anderen Instrumente übertönendes Bassgewummer? Drittens verstand ich das Publikum nicht so ganz, das trotz fiesem Tieftonalarms abging wie Schmidts Katze und die Ungarn nach Strich und Faden und sogar mit „Ektomorf“-Sprechchören abfeierte, obwohl bestimmt 75% ihrer Gigs besser waren als der am heutigen Abend. Anyway, Frontenergiebündel Zoltan und seine Mitstreiter waren auch an diesem Abend in körperlicher Hochform und konnten so einige der oben beschriebenen Minuspunkte wieder wettmachen, auch dank einer treffsicheren Hitsetlist mit Kalibern der Marke „Fuck You All“, „You Get What You Give“, „Gypsy“ oder „I Know Them“. Die Diverrate war somit die höchste des Festivals und die Grabensecurity hatte alle Hände voll zu tun. (metalgreg)
NAPALM DEATH
Zum Abschluss des ersten Festivaltages war es allerhöchste Zeit für eine zerschmetternde Portion Grindcore der alten Schule: NAPALM DEATH aus Birmingham, England, heizten den zahlreich erschienenen Grindjüngern am kalten und späten Freitagabend kräftig ein. Wie man der aufkommenden Kälte das Handwerk legt, machte Frontmann Mark „Barney“ Greenway vor. Wie ein von einer Tarantel gestochenes Tier beackerte Barney seine persönliche Stierkampfarena – die Bühne des UFTG 2005. Die vier Briten brannten ein wahres Feuerwerk an Grind-Granaten ab und wurden ihrem Headlinerstatus zu jeder Zeit gerecht. Der Sound war anfangs etwas matschig, nach und nach entfalteten die Abrissbirnen auch soundtechnisch ihre uneingeschränkte Zerstörungskraft. Viele Songs vom aktuellen Album wie z.B. „The Great And The Good“ oder „Silence Is Deafening“ standen alten Klassikern der Marke „Suffer The Children“, „Scum“, „You Suffer“ oder dem obligatorischen „Nazi Punks Fuck Off“ in nichts nach. Einfach nur gepflegt ausrasten, sonst nichts! Auch ohne eine zweite Gitarre entwickelten NAPALM DEATH live einen Orkan der Verwüstung. Die Screams von Gitarrist Mitch Harris gingen einem durch Mark und Bein, die Drums von Danny Herrera preschten präzise und schnell durch die Botanik. So schlitterten die Briten über eine Stunde lang auf dem schmalen Grat zwischen Grindgeböller und Chaos, ohne ins ungeordnete Geschepper abzurutschen. Vor allem live gilt mein größter Respekt für diese Leistung! Nach und nach merkte man dem Publikum durchaus Ermüdungserscheinungen eines kräftezehrenden ersten Festivaltages an, doch Barney & Co feuerten unermüdlich einen Zerstörer nach dem nächsten in Richtung Mainufer. Nach 75 Minuten erhielten NAPALM DEATH dann ihren verdienten Schlussapplaus und entließen die erschöpften Fans in eine kalte, alkoholreiche und erholsame Nacht. Fazit: More Grindcore before bedtime! (Raphi)
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