Rock im Park
Unser Bericht vom Festival 2016

Konzertbericht

Billing: Red Hot Chili Peppers, Black Sabbath, Amon Amarth, Billy Talent, Korn, Volbeat, Deftones, Disturbed, Tenacious D, Bring Me The Horizon, Heaven Shall Burn, Killswitch Engage, Avatar, Uncle Acid & The Deadbeats, Graveyard, Biffy Clyro, Caliban, Of Mice & Men, Black Temple, Puscifer, While She Sleeps, August Burns Red, Halestorm, The Amity Affliction, Bullet For My Valentine und The BossHoss
Konzert vom 03.06.2016 | Volkspark Dutzendteich, Nürnberg

SONNTAG, 5. JUNI

Was, schon wieder der letzte Tag? Ging mal wieder verdammt schnell. Wir bekommen noch ein bisschen was von HALESTORM und dem außergewöhnlichen Organ von Lizzy Hale mit, der eigentliche musikalische Einstieg folgt aber erst mit ihren Nachfolgern auf der Park-Stage, THE AMITY AFFLICTION. Die Australier haben abwechslungsreiche Songs im Repertoire, die hardcore-lastig, melodisch und mit viel Power dargeboten werden, darunter ihre bekannten Hits wie „The Weigh Down“ und „Don’t Lean On Me“. Zu hören gibt es aber auch die beiden Singles „I Bring The Weather With Me“ und „Shine On“ vom bald erscheinenden neuen Album „This Could Be Heartbreak“. Unterm Strich ein durchaus mitreißender Gig, zu dem erneut trotz der frühen Stunde, zumindest vorne im Publikum, schon wieder alles rausgehauen wird, während man weiter hinten noch gechillt herumflözt, in die Sonne blinzelt und die Band als Hintergrundrauschen genießt.

Die Highlight-Dichte ist auch heute wieder sehr hoch. Sehr gespannt sind wir etwa auf das Konzert der DEFTONES, die kurz darauf die große Zeppelin-Stage bespielen. Das letzte Mal persönlich live gesehen irgendwann Anfang der Neunziger. Heißt im Umkehrschluss: Der Fünfer aus dem kalifornischen Sacramento hat auch schon einige Jahre auf dem Buckel (gegründet im Jahr 1988). Aber als sie mit „Rocket Skates“ und „My Own Summer (Shove It)“ einsteigen, merkt man ihnen das fortgeschrittene Alter in keiner Sekunde an. Sänger Chino ist gut bei Stimme und agil, die vielschichtigen, sphärischen, häufig die Dynamik wechselnden Songs sind auf den Punkt gespielt. Auf der Leinwand im Bühnenhintergrund sind dazu fliegende rosa Flamingos zu sehen: Das Cover des aktuellen Albums „Gore“, von dem sie gegen Ende das Stück „Rubicon“ spielen. Dazwischen gibt es ein gut gemischtes Potpourri aus verschiedenen Schaffensphasen, darunter „Around The Fur“ vom gleichnamigen Album, „Engine No. 9“ vom ersten Werk „Adrenaline“, „Digital Bath“ oder „Change (In The House Of Flies)“ aus der glorreichen „White Pony“-Phase und „Swerve City“ vom 2012-er-Longplayer „Koi No Yokan“.

Deftones - Rock im Park 2016

Deftones – Rock im Park 2016

Und sie haben eine Menge eingefleischter Fans am Start, die mit T-Shirts der Band lange im vorderen Bereich der Bühne für diesen Auftritt ausgeharrt haben. Sie feiern jedes dieser Stücke ab, saugen die sphärischen Passagen in sich auf und toben in den metallisch rockenden Schreipassagen wie die Mini-Tornados umher. Bisweilen gesellt sich Chino zu ihnen in die vorderen Reihen und singt einen Part inmitten der Crowd. Die DEFTONES machen intensive Musik, und sie transportieren sie in einem intensiven Konzert. Schön, diese Truppe nach langer Zeit mal weider live erlebt zu haben.

Killswitch Engage - Rock im Park 2016

Killswitch Engage – Rock im Park 2016

Wir begeben uns auf Wanderschaft zur Park-Stage, wo KILLSWITCH ENGAGE gerade ihr Set mit „Strength Of The Mind“ vom neuen Album „Incarnate“ beginnen, gefolgt von „A Bid Farewell“ und „Numbered Days“. Vor allem Sänger Jesse Leach und Gitarrero Adam Dutkiewicz, beide anno 2002 Gründungsmitglieder (letzterer zunächst noch als Drummer) geben reichlich Kette, flitzen von einer Seite auf die andere, bangen, posen und ziehen Grimassen. Aber auch die anderen drei sind mit viel Leidenschaft und Agilität am Werk. Der Funke springt auch rasch auf das Publikum über, und zum melodischen Metalcore der Jungs aus Westfield, Massachusetts wird allseits wild umhergezappelt. Zwar sind reichlich Fans vor Ort, aber es hätten sicher nochmal doppelt soviel auf das Areal vor der Park-Stage gepasst – parallel zu ihnen bespielen jedoch BILLY TALENT die Zeppelin-Stage, und die ziehen natürlich den Großteil des Publikums, darunter auch uns.

Wir sind noch auf dem langen Weg, da hören wir schon „Big Red Gun“ vom kommenden, offiziell nun Ende Juli erscheinenden Album „Afraid Of Heights“. Es dauert zwei weitere Songs, bis wir uns durch die Menschenmassen in den vorderen Bereich gezwängt haben, aber wir schaffen es punktgenau zu ihrem vielleicht besten Hit „This Is How It Goes“, der ein wahres Inferno vor der Bühne auslöst. Ohnehin sind die Songs der ersten beiden Alben (und hier nochmal speziell die von „Billy Talent I“) jene, welche die Besucher besonders elektrisieren – aber auch die aktuelleren Stücke aus „Billy Talent III“ und „Dead Silence“ machen richtig Laune. Die Kanadier liefern eine mitreißende Show und haben dazu einen Spitzen-Sound, der extrem druckvoll und klar von der Bühne schallt.

Billy Talent - Rock im Park 2016

Billy Talent – Rock im Park 2016

Drei kleine Besonderheiten während ihres Auftritts seien hier erwähnt. Die eher skurrile: Sänger Benjamin Kowalewicz erblickt während des Sets eine adipöse Gummipuppe, die durchs Publikum getragen wird, und holt sie kurzerhand auf die Bühne. Die fette „Elke“ (aufgemalter Name) wird zunächst von ihm bestaunt und kommentiert („You Germans are well known in the world for bizarre porn“), dann, teils unter seinen Arm geklemmt, teils zwischen den Musikern liegend, wird sie für eine Weile zum fünften Bandmitglied, bis sie ein Roadie schließlich hinfort schleudert.

Dann die politische: „Raise your middlefingers in the air for the most dangerous man in the world … Donald Trump!“ brüllt Kowalewicz, und Zehntausende strecken Arm und Mittelfinger in die Höhe.
Nachdenklich wird die Stimmung hingegen für kurze Zeit, als Kowalewicz auf das Schwesterfestival Rock am Ring zu sprechen kommt (wo sie als eine der letzten Bands noch auftreten konnten) und darum bittet, an die vielen Verletzten dort zu denken und ihnen alles Gute zu wünschen.

Gegen Ende des Sets fetzen sie, neben weiteren ganz neuen Stücken vom kommenden Album, noch ein paar Klassiker in Folge, darunter „Try Honesty“ und „Fallen Leaves“, und dementsprechend gelingt der Abgang mit einem großen stimmungstechnischen Ausrufezeichen und erschöpften Besuchern.

Danach spielt auf der Park-Stage eine Band, die man als Veranstalter immer dem Metalcore-affinen Publikum vorsetzen kann, wenn man den totalen Abriss gerieren will beziehungsweise namensgemäß der „Himmel brennen“ soll: HEAVEN SHALL BURN aus Thüringen, deren Sänger Marcus Bischoff selbst im Laufe des Konzerts selbst den Eindruck erhält, sie würden nur eingeladen, um die Besucher an die Grenze der Erschöpfung zu bringen. Natürlich gelingt ihnen genau das auch dieses Mal. Inmitten eines Bühnenbilds agierend, das der Endzeitstimmung in einem Kriegskessel gleicht, zwischen aufgetürmten Sandsäcken und zerbombten Ruinen, starten sie gleich ganz stark mit „Hunters Will Be Hunted“. Dieses Meisterstück ihres letzten Albums „Veto“ erzeugt dann auch ad hoc den ersten monströsen Moshpit in der Mitte des Zuschauerpulks.

Heaven Shall Burn - Rock im Park 2016

Heaven Shall Burn – Rock im Park 2016

Sie verfügen längst über ein prall gefülltes Arsenal an großartigen Abgeh-Nummern und sind live eine Macht, was  an diesem Abend mit Stücken wie „Godiva“, „Voice Of The Voiceless“ oder „Endzeit“ eindrucksvoll unter Beweis gestellt wird. Zwischen zwei Liedern verkündet Bischoff, dass es einen Grund gäbe, warum die Band sich lange nicht hat sehen lassen. Sie hätten ihre Zeit im Studio verbracht, um ein neues Album aufzunehmen, das im Herbst erscheinen soll. Einen neuen Song haben sie aber leider noch nicht mitgebracht und setzen auf Bekanntes. Den Abschluss einer genialen Show bilden „The Weapon They Fear“ und „Of No Avail“, bei dessen Höhepunkt rotes Konfetti über die Zuschauer abgefeuert wird. Bleibt anzumerken, dass trotz der wie üblich brachialen Stimmung und elektrisierenden Energie auch sie, ähnlich wie vorher KILLSWITCH ENGAGE, noch deutlich mehr Publikum gezogen hätten als ohnehin vor Ort war. Aber während ihres Sets spielt auf der Zeppelin-Stage eine Band, die sich das Gros der Parkrocker nicht entgehen lassen möchte:

RED HOT CHILI PEPPERS ist deren Name, und die amerikanischen Crossover-Rocker mit dem gewissen Funk waren lange nicht mehr live zu sehen in hiesigen Gefilden. Bereits beim Soundcheck bricht frenetischer Jubel aus, und nach einem gejammten Intro starten sie mit dem Smash-Hit „Can’t Stop“. Sänger Anthony Kiedis scheint offenbar von seiner Virus-Infektion, die er sich nach einer Gallenoperation einfing und die zur Absage einiger jüngerer Konzerte führte, vollauf genesen zu sein. Er ist jedenfalls stimmlich voll auf der Höhe und tänzelt munter und beschwingt mit pornomäßigem Freddy-Mercury-Gedächtnis-Schnauzbart und bunten Bermudashorts über die Bühne. Flankiert vom ebenso bunt gedressten Paradiesvogel Flea, der sicher einer der besten Bassisten weltweit ist und den Songs viel Groove mitgibt, und Josh Klinghoffer an der Gitarre.

Red Hot Chili Peppers - Rock im Park 2016

Red Hot Chili Peppers – Rock im Park 2016

Sie zelebrieren einen perfekt gespielten Reigen an bekannten Hits verschiedener Epochen ihres Schaffens wie „Dani California“, „Sir Psycho Sexy“, „Scar Tissue“, „Californication“ oder „Higher Ground“, lassen Raum für kleine Jams, Duelle zwischen Bass und Gitarre oder ein Solo von Schlagzeuger Chad Smith. Viele ihrer Stücke werden in gefühlter Orkanstärke mitgesungen, beim „Heeeey ooooooh!“ von „Snow“ hört man Kiedis kaum noch und stattdessen nur noch die Besucher. Dazu flimmern die Protagonisten für jene, die nur einen Platz in hundert Metern Entfernung ergattert haben, über runde Videoscreens. Mit dem alten Klassiker „Give It Away“ und einem letzten Jam endet das zweistündige Konzert.

Naturgemäß haben andere Bands das Nachsehen, wenn solch ein Rock-Gigant eine nahezu magnetische Massenwanderung zu sich auslöst. In dem Fall trifft es BULLET FOR MY VALENTINE, die aber dennoch ein paar tausend eingefleischte Fans für ihren parallelen Gig auf der Park-Stage abzwacken können. Die bekommen eine energetische Show mitsamt Granaten wie „4 Words (To Choke Upon)“, „You Want a Battle? (Here’s A War)“ oder „Scream Aim Fire“ geboten. Gegen Ende ihres Sets, als bei den RHCP der Schlussakkord ertönt ist und Zehntausenden zu ihnen vor die Bühne strömen, geht dann im großen Rahmen nochmal zu „Tears Don’t Fall“ und „Waking The Demon“ richtig die Post ab.

Für uns die letzte Band des diesjährigen Rock im Park sind die Cowboys von THE BOSS HOSS aus Berlin-Mississippi, die immer für eine ausgelassene, charmante Party gut sind und sie auch an diesem Abend liefern. Unter anderem spielen sie einige Lieder ihres Ende 2015 erschienenen Nummer-eins-Albums „Dos Bros“, kombinieren sie mit Hits a la “ Don’t Gimme That“ und ihren eigenwilligen Cover-Versionen wie „Jolene“ von DOLLY PARTON oder „Word Up!“ von CAMEO. Für Letztere holen sie sich Unterstützung in Form mehrerer „Tänzerinnen“ vom Publikum auf die Bühne und jene helfen dabei, die Mitglieder einzeln vorzustellen, etwa indem sie bei einem Trommelsolo Bier auf die Drums kippen, das in alle Richtungen spritzt. Es wird eifrig mitgesungen, getanzt und crowdgesurft, wobei THE BOSS HOSS es sich nicht nehmen lassen, auch selbst hin und wieder auf Surftour zu gehen.

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15.06.2016

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1 Kommentar zu Rock im Park - Unser Bericht vom Festival 2016

  1. Thomas sagt:

    Ihr habt Architects verpasst 😮 die waren viel besser als Volbeat 😉