Under the Black Sun
Der große Festivalbericht 2015
Konzertbericht
Der Bericht ist wieder in freundlicher Zusammenarbeit mit den Kollegen vom Legacy entstanden.
Text: Alex Czech, Endrew Stepan, Jan Wischkowski
Fotos: Endrew Stepan
Herzlich Willkommen im Backofen Helenenau. Oder anders, herzlich Willkommen auf dem Under The Black Sun 2015. In diesem Jahr lockt die fantastische Mischung aus Black-, Death- und Doom Metal Bands knapp über 1000 Besucher auf den beschaulichen Reiterhof am Rande von Berlin. Inzwischen ist die Hitze am ersten Juliwochenende beinahe Gewohnheit, doch in diesem Jahr übertreffen die hohen Temperaturen die der Vorjahre noch um einiges. Trotzdem ist die Stimmung bereits am Warm-Up-Abend gut als um 19 Uhr SODOMIZER die Campbühne betreten.
Donnerstag
SODOMIZER
Die Meute ist aufgeheizt und hat Lust auf brasilianischen Black/Speed Metal. Das Trio ist bestens aufgelegt und strotzt vor Spielfreude. „Katalepsy“, „Night Of The Witch“ und „Let Satan Take Your Soul“ regen zu ersten kreisenden Kopfbewegungen an. „Lucio Fulci“ wird schlussendlich ebenso verdient abgefeiert wie der Schlusspunkt „Seasons Of Carnage“. Verausgabt, aber höchst zufrieden verlassen SODOMIZER die Bühne und machen Platz für THORYBOS.
THORYBOS
Zeit für eine Lehrstunde in Sachen War Metal. Das Auftreten von THORYBOS ist martialisch, stählerne Ketten, Knochen und Nieten bestimmen die optischen Eindrücke. Musikalisch ist der Fünfer, der im vergangenen Jahr die „Approaching Conflict“-Split nicht ganz zufällig mit TRUPPENSTURM teilte, angriffslustig und kompromisslos. Das Schlagzeug donnert, die Gitarren sägen in finsterer Monotonie und Fronter V. Tyrant of Necrocracy and Clandestine Blood Cult Inaugurations (auch bei SHORES OF LADON) verpasst dem Gesamtsound dank seiner grollenden Stimme den letzten Schliff. Rotierende Haare und zünftiges Gemoshe vor der Bühne zeugen von der Überzeugungskraft der Mecklenburger. Auch dank des guten Sounds wird der THORYBOS-Gig als bestialisches Schlachtgetümmel in Erinnerung bleiben – da ist es kein Wunder, dass nach der auf dem UNDER THE BLACK SUN veröffentlichten Compilation „Raging Boars and Temple Whores“ rege Nachfrage herrscht.
DROWNED
Etwas „entspannter“ gehen DROWNED zu Werke. Die Berliner, die im vergangenen Jahr nach über zwanzig Jahren Bandhistorie zum ersten Mal ein vollwertiges Album („Idola Specus“) servierten, sind auch heute bestens aufgelegt. Inzwischen bricht auch die Dunkelheit herein, was dem okkulten Death Metal DROWNEDs in die Karten spielt. Das Trio offenbart ihre Qualität vor allem darin, ihre Songs nicht nur atmosphärisch dicht zu zelebrieren, sondern dank mitreißendem Midtempo auch live das Publikum auf ihre Seite zu ziehen. Wären DROWNED in der Vergangenheit noch Exoten auf dem UNDER THE BLACK SUN gewesen, zeugt die Menge vor der Bühne davon, dass die Öffnung hin zu passenden todesmetallischen Klängen dem Festival gut getan hat.
ISVIND´
Die Zeit für klassisch norwegischen Black Metal ist gekommen. ISVIND, diemit „Gud“ pünktlich zum Festival ein neues Album veröffentlicht haben, legen den Fokus überraschend auf altbewährtes. „Pisslunka Kjet“ und Kast Loss“ finden sich ebenso im Set wie „En Gjennområtnet Hytte. Vom neuen, vierten Album gibt’s dagegen nur „Ordet“ und „Dåren“. Auch ISVIND sind richtig gut aufgelegt und Frontmann Goblin unterhält mit dem ein oder anderen Scherz das Publikum zwischen den Songs. Richtig aufregend wird es dann noch einmal zum Schluss, als ISVIND mit „Ulv! „Ulv!“ von „Dark Waters Stir“ ihr Set beschließen. Die Norweger genißen den Puplikumszuspruch zu recht.
VADER
Es ist spät geworden und eigentlich sollte längst Schluss sein. Trotz der späten Stunde ist es an der Camp Stage brechend voll, bei dem Wetter kann eh niemand schlafen. Gut gelaunt legen VADER los und lassen sich auch von kleineren Schwierigkeiten (wie Stromausfällen) nicht davon abhalten, mit Volldampf durch ihr Set zu walzen. Zwar wirkt der Tross auf der kleinen Camp-Stage in seinem Bewegungsdrang etwas eingeschränkt, dafür scheint VADER die ungewohnte Nähe zum Publikum zu liegen. Lächelnd animiert Peter immer wieder das Publikum ,und ob nun „Reborn In Flames“ oder „Wings“, es wird dankend angenommen. Müdigkeit hin, technische Problemchen her, VADER zeigen, dass sie auf der kleinen Bühne ein Death-Metal-Brett mit Gütesiegel abliefern können. Professionell sind die Polen sowieso, doch die Durchschlagskraft, welche die vier Mannen auf die Bretter bringen, gibt es eben auch nicht für 1,99 an der Tanke – starker Headliner!
Freitag
MOGH
Der Festival-Freitag wird von der mit Abstand exotischsten Band in diesem Jahr eröffnet – MOGH. Schnell zeigt sich, dass das ursprünglich aus dem Iran stammende Trio das Publikum in zwei Lager spaltet. Von Gerede über „abslouten Scheißdreck“ bis hin zu wahrer Faszination gibt es wenig Mischformen. MOGH versuchen ihren relativ soliden Black Metal durch Keyboards und Handtrommel um eine orientalische Note zu bereichern und bieten den Exotensammlern somit sicher den gewissen Reiz. Richtig aufeinander abgestimmt wirken die drei allerdings nicht. Zwar bietet der eigenwillige Auftritt eine Menge Theatralik, doch von der Musik bleibt, abgesehen vom eindrucksvoll hohem Geschrei der Keyboarderin, wenig im Kopf hängen. Trotzdem ernten MOGH am Ende von der bereits stattlichen Anzahl an Schaulustigen Applaus und diverse Jubelrufe – aus Bandsicht ein erfolgreicher Tag.
HALLIG
Stand im Vorfeld die Optik im Vordergrund, wird es plötzlich sehr schlicht. Kein Corpsepaint und einheitlich schwarze Hemden zeigen, bei HALLIG steht nicht die „Show“ an erster Stelle. Das Ergebnis ist erstaunlich: Trotz bester Saunatemparaturen und brutzelnder Sonne gelingt es, das innerliche Thermometer Richtung Gefrierpunkt zu drücken. „If I’m The Storm“ legt den ersten Stein für den Weg aus Dunkelheit, Kälte, Verzweiflung und Wut hinab in die Welt HALLIGs. „Am Firmament“ oder das finale „Unter Menschen“ untermauern die erdrückend kühle Stimmung, die um HALLIG herum schwebt. Als Inbegriff dieser verzweifelten Wut präsentiert sich der Frontmann, der sich immer wieder gegen das tackernde Schlagzeug und die klirrenden Gitarren durchsetzt. HALLIG überzeugen und sollten schleunigst einen Nachfolger zu ihrem 2012er Debütalbum „13 Keys To Lunacy“ liefern.
DEATHROW
Eigentlich sind jetzt BLODARV dran – auffindbar sind die Dänen nicht. Etwas schade, aber dann übernehmen eben DEATHROW. Die Italiener sind garstig aufgelegt, sorgen für eine Whiskey-Dusche. Musikalisch wie Show-Technisch absolut Old-School sind DEATHROW aggressiv und finster wie immer. Bandkopf und Frontmann THORNS schaffts gar sich eine kleine Platzwunde mit dem Mikro zu verpassen, wohlgemerkt absichtlich – spannungsgeladener Auftritt.
THE COMMITTEE
Zeit für die Hauptbühne, Zeit für einen Auftritt, dem wohl viele Besucher entgegenfiebern – THE COMMIITTEE. Im letzten Jahr schon auf der kleinen Bühnen, wurde der Auftritt aufgrund von einer spontanen Running-Order-Änderung verpasst, ist jetzt Wiedergutmachung angesagt. Das internationale Projekt verfinstert mit seiner wuchtigen Mischung aus Doom und Black Metal die Waldlihtung. „Man Of Steel“, „Genocide“ und natürlich das bisherige Highlght der Bandgeschichte „Katherine’s Chant“ werden völlig zurecht abgefeiert. Eine atemberaubende Band, sowohl aus der Konserve als auch live auf der Bühne!
HEKEL
Finsternis – das ist es, was HEKELverkörpern. Lange schwarze Roben und eine mit Schädeln und anderen rituellen Requisiten verziehrte Bühne unterstreichen diesen Anspruch. Der Auftritt sorgt allerdings für zwiespältige Gefühle. Während älteres, schnelleres Material beklatscht wird, scheint die Stimmung in den langsameren Momenten des Sets zu kippen. Insgesamt durchwachsen.
THE STONE
Das wird pünktlich zu THE STONE anders. Die Serben verfügen über jahrelange Live-Erfahrung und sind auf der Bühne eine absolute Macht. Hinzu kommt, dass das neue Album „Nekroza“ zu den stärksten der Bandgeschichte gehört. Logisch, das „Dani Cmi“, „Pesimizam“, „Kamenolom“ sowie der Titeltrack vom aktuellen Werk nicht fehlen dürfen. Selbiges gilt natürlich für die Klassiker, der heute bestens aufgelegten Mannen: So gibt es mit „Sekao Duboko, Zakopao Plitko“ von „Golet, der Titeltrack von „Neke Rane Krvare Ve?no“ oder „U Kamenu“ vom Debütalbum die Vollbedienung. Bestens versorgt geht das Publikum enthusiastisch mit und lässt keine Zweifel aufkommen, dass THE STONE zu den gern gesehenen Gästen auf dem UNDER THE BLACK SUN gehören.
CRAFT
Räudig und tight oder einfach CRAFT! Im Gegensatz zum, freundlich ausgedrückt „mäßigem“ Auftritt auf dem diesjährigen Kings Of Black Metal haben die Schweden die Balance aus spielerischer Klasse und eigener Fuck-Off-Haltung gefunden. Wer CRAFT im Vorfeld entgegengefiebert hat, kommt heute Abend auf seine Kosten .Und das obwohl der ein oder andere Klassiker fehlt. Trotzdem, „Come Resonance Of Doom“, „Raktor 4“, „Xeonophica“, „Ablaze“ und selbstverständlich das Highlight „Fuck The Universe“ sorgen sofort für einen Bewgegungsdran in der Nackenmuskulatur. Die Stimmung ist entsprechend gut und CRAFT werden nach dem abschließenden Titeltrack ihres letzten Albums „Void“ verdient mit Applaus verabschiedet.
ENTHRONED
Mit deutlicher Verspätung betreten ENTHRONED die Bühne und starten nach einem Intro direkt mit einem Doppel frischen Materials („Of Shrines And Sovereign“ und „Baal Al-Maut“ ). Angeführt vom charismatischen Frontmann Nomagest geht es munter durch die Bandgeschichte: Die Energie von Songs wie „Through The Cortex“, „Behemiron“, „Horns Aflame“, „Rion Riorrim“, „Tellvm Scorpionis“ wird vom Puklikum aufgesogen und anschließend in frenetischem Headbanging entladen. Ein letztes Mal der Schweiß von der Stirn gewischt geht es mit „The Ultimate Horde Fights“ in die letzte Runde eines fantastischen Auftritts.
CARONTE
Es ist spät, leider zu spät. CARONTE haben heute Abend das Glück nicht gepachtet. Sollten die Italiener für einen okkulten Stoner/Doom-Abschluss sorgen, sitzt der Frust am Ende tief. Bereits nach drei Songs, in denen sich zeigt, dass CARONTE perfekt in die hitzige Sommernacht passen, ist Schluss. Anscheinend gab es Beschwerden und die Info, dass die Ordnungshüter bereits auf dem Weg seien – schade.
SAMSTAG
MURDER
Lange schlafen ist bei dem Wetter nicht. Ein Glück legen MURDER bereits am frühen Nachmittag los und lassen ein dunkles, trashiges Gewitter über das Gelände vor der Camp-Stage wüten. Souverän und grimmig zeigt die internationale Truppe, dass mit ihr auch in Zukunft zu rechnen ist.
THYRGRIM
Rotierende Haarmähnen und klirrend kalte Riffs, genau das bleibt heute von THYRGRIM in Erinnerung. Die Thüringer sorgen in der sängenden Wüstenhitze mit nordisch kaltem Black Metal für eine bitter nötige Abkühlung – dankend angenommen von zahlreichen Anwesenden. Überzeugend!
AVENGER
Nach kurzen Abkühlung, wirken die Temperaturen noch gnadenloser als AVENGER die kleine Bühne betreten. Wer die Tschechen genießen möchte, ist hart im nehmen. Beiirren lassen sich AVENGER allerdings nicht und zimmern ein anständiges Black-Death-Metal-Brett.
DECAYED
DECYED fackeln anschließen nicht lang, sondern wüten sich u.a. mit „Ancient Abgal“, „Spikes Leather Bullets“ oder „Blood Of The Altar“ quer durch die eigene Bandgeschichte. Aber auch die Portugiesen müssen der Hitze Tribut zollen und wirken nicht so energiegeladen wie bei manch vergangenem Auftritt. Zum Abschluss knallt es mit dem SODOM-Cover „Blasphemer“ mit A.Krieg (DARKMOON WARRIOR) noch einmal zünftig – dann ist Schluss auf der kleinen Bühne.
MAVETH
Der Special-Tag kann seinen Anfang nehmen. In diesem Jahr auf der Landkarte – Finnland! MAVETH machen den Anfang und überzeugen mit schweren, kraftvollen Riffs und einer intensiven Atmospähre. Songs der Sorte „The Adversary“ und „Dragon Of The Continuum“ sorgen in Kombination mit dem in der Hitze vom Kopf tropfenden Blut für eine diabolische Stimmung – orderntlicher Auftakt.
KORGONTHURUS
Es ist Überraschungszeit, denn KORGONTHURUS sind live eine Rarität und auch an der Full-Length-Alben-Front ist bei den Finnen weniger scheinbar mehr. Dafür vereint das Quintett alle finnischen Tugenden in ihrem Sound und setzt mit hasserfüllter Finsternis, packenden Leads und erstaunlich hohem Gekeife das Publikum gekonnt in Bewegung. Rasant rotierende Haare und immer wieder in die Luft gereckte Fäuste sind der Lohn für einen engagierten Auftritt.
BAPTISM
Es geht am heutigen Finnentag aber noch mehr. BAPTISM sind als Livemacht bekannt und untermauern diesen Status heuer erneut. Das mit Gastmusikern livetauglich gemachte Projekt von Lord Sargofagian huldigt dem Gehörten in majestätischer Manier. Das unheilvolle Kribbeln, das die kraftvollen wie temporeichen BAPTISM-Songs unter der Haut entfachen, ist dem emotionalen Auftritt und nicht etwa einem sich anbahnenden Sonnenbrand geschuldet. Trotz strahlender Sonne verpassen BAPTISM der Lichtung einen unvergleichlich dunklen Anstrich – beeindruckend
HORNA
HORNA gehören zu den den Publikumsliebling. Bereits vor Beginn des Auftritts herrscht eine erwartungsvolle Spannung, die dann von den fünf Finnen gekonnt aufgegriffen wird. Das fantastische Zusammenspiel, die imposante Bühnenpräsenz und die erstklassige Songauswahl lassen das Publikum tosen. Ob Songs vom neuen Album „Hengen Tulet“ oder Klassiker wie ´“Kuoleva Lupaus“, „Kun Synkkä Ikuisuus Avautuu“ oder „Noidanloitsu“ werden überragend dargeboten. Einen letzten Begeisterungssturm erntet „Örkkivuorilt“, das von einem Gastauftritt von Corvus (KORGONTHURUS) veredelt wird. Eine Lehrstunde in Sachen Black Metal made in Finland – überragend!
IMPALED NAZARENE
Über 20 Jahre dabei und lange nicht genug. IMPALED NAZARENE sind an diesem Abend bestens gelaunt, scherzen zwischen donnernden Blastbeats, frenetischem Geschredder und der bissigen Vocals von Slutti666 immer wieder mit dem Publikum. Weder Sound noch Setlist lassen Luft, um betrübt zu sein, das fantastisch druckvolle Soundgewand steht neuem Material ebenso gut wie Klassikern der Sorte „Total War – Winter War“, „Sadhu Satana“ oder „Ghettoblaster“: Wenig überraschend, dass das Publikum auf der gut gefüllten Lichtung beim verdienten Headliner noch mal alles gibt. IMPALED NAZARENE sind klarer Festivalheadliner!
TOTALSELFHATRED
TOTALSELFHATRED liefern einen unerwartet stimmungsvollen und emotionalen Auftritt, der überraschenderweise sehr zum Abschluss des diesjährigen UTBS passt. Nicht nur „Enlightment“ und 2 neue Songs ziehen die Anwesenden in ihren Bann, es ist vorallem das sehr gefühlsbetonte Stageacting von C. und A. Die lauwarme Sommernacht, der Vollmond, die Wälder erzeugen in diesem Moment eine einzigartige, sentimentale Atmosphäre: ein wunderbarer Ausklang für ein gelungenes UNDER THE BLACK SUN 2015.
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