Under the Black Sun
Der große Festivalbericht 2014
Konzertbericht
FREITAG
THE COMMITTEE
Die größte Enttäuschung! Und das, obwohl sie (vermutlich) den besten Auftritt des gesamten Festivals abgeliefert haben – na gut, mit MG?A zusammen. Viel ist nicht bekannt über THE COMMITTEE und das ist dann auch schon alles, was man weiß. Was viele auch nicht wussten: Die Combo, die mit ihrem Erstling „Power Through Unity“ ein sagenhaft gutes Debütalbum in der Schnittmenge aus Black und Doom Metal abgeliefert hat, wurde um etwa eine Stunde vorgezogen. Die fixe Idee: So kann man ja ein Zeitloch schaffen, um in Ruhe das WM-Viertelfinale der deutschen Elf zu zeigen. Erstens: dann bitte auch kommunizieren. Zweitens: hat im Endeffekt nicht mal funktioniert. Also verpassen etliche Festivalgänger eine der spannendsten Bands, und auch ich werde erst auf den Irrsinn aufmerksam, als sich „Katherine’s Chant“ dem Songende und damit dem Höhepunkt nähert. So viel kann ich sagen: Der Sound war erstklassig, die Live-Umsetzung auf den Punkt. Wie erwartet sind THE COMMITTEE vollkommen verhüllt aufgetreten, und als abschließende Requisite kam noch eine mächtige Sense hinzu. Die Glücklichen, die sich zu dem Zeitpunkt in der Camp-Stage tummelten, waren hellauf begeistert – bis hin zu einem ordentlich feiernden Bandmitglied von KULT, die erst später an der Reihe waren. Schade, dass aus der Überlegung, die Jungs am Folgetag noch mal auf die Mainstage (!) zu holen, nichts geworden ist.
(André Gabriel)
MORTE INCANDESCENTE
„More vocals“, heißt es immer wieder. Die Portugiesen nehmen ihren Soundcheck richtig ernst – gut so. Und dennoch zeigen sich Klangprobleme. Leider ein roter Faden auf dem diesjährigen UTBS. Songtechnisch können MORTE INCANDESCENTE aber punkten, ohne Bäume auszureißen. Tempo und Riffing (ein paar eingestreute tiefe Riffs) variieren fröhlich, das Schlagzeugspiel erreicht auch mal Humppa-Gefilde – da wackelt der Kopf ganz automatisch. Um der musikalischen Abwechslung noch mehr entgegenzukommen, schafft man auch atmosphärischen Parts durch cleane Gitarren etwas Platz und versucht sich an einem Solo (das misslingt aber eher). Insgesamt ist der Sound ein wenig zu leise und so fallen auch die Reaktionen gemäßigt aus.
(André Gabriel)
SO MUCH FOR NOTHING
SO MUCH FOR NOTHING entsprechen wirklich nicht dem gängigen Black-Metal-Dresscode – sogar ein Deutschland-Trikot findet sich auf der Bühne. Der Depri Rock mit Black-Metal- und Punk-Schlagseite benötigt optisch ohnehin keinerlei Unterstützung. Frontmann Erik Unsgaard (SARKOM) hat gut einem im Tee, kein Wunder bei der bereits halb geleerten Flasche Jack Daniels in seiner Hand. Ergebnis: Eine authentische Darbietung des hoch emotionalen, von teils sarkastischer Eingängigkeit durchzogenen Materials. Songs wie „One Last Night“, „Perfect“ und „My Precious“ sorgen bei den Besuchern teils für wehendes Haupthaar, teils für ungläubiges Kopschütteln – neben Material der aktuellen Scheibe „Livsgnist“ findet sich im Übrigen auch ein bislang unveröffentlichtes Stück in der Setlist.
Im Übrigen sehenswert: Erik entdeckt das Lama in sich, sobald er einen bestimmten Fotografen vor seiner Nase sieht.
(Jan Wischkowski)
KULT
Voll ist es vor der Camp Stage – die Italiener KULT scheinen mit ihrem tollen letzten Album „Unleashed From Dismal Light“ nicht nur bei mir Eindruck geschunden zu haben. Da lässt sich der Vierer selbstverständlich nicht lumpen und präsentiert einige schicke Sachen von eben diesem Album: „Malicious Metamorphosis“, „Raging Curse Upon Man“, beide kommen auch live prächtig an. Ergänzt von drei Songs vom ersten Album „Winds Of War“ zaubern KULT eine Setlist hin, die kaum schöner sein könnte und auch das Publikum erfreut: Es gibt viel Bewegung im Publikum und noch während des Gigs kommen die ersten mit eingetüteten CDs und LPs vom Merchstand neben der Bühne zurück zum Geschehen. Da stört es kaum, dass der Gesang etwas lauter abgemischt sein könnte und es generell ein bisschen leise ist. Das ist schade, macht aber nichts, denn wer Überhits wie den „Unleashed From Dismal Light“-Opener „Specter’s Recurrence“ (fungiert heute als Rausschmeißer) im Gepäck hat, der kann nur gewinnen.
(Stephan Möller)
NORTHERN PLAGUE
NORTHERN PLAGUE eröffnen nicht nur den offiziellen polnischen Tag auf der Main Stage, sondern dürfen in diesem Jahr die große Bühne insgesamt entjungfern. Allerdings kämpfen die noch recht jungen Hüpfer zunächst mit dem ausbleibenden Publikum: Vor zwei Handvoll Leuten beginnen NORTHERN PLAGUE ihren Gig mit einem knackigen Sound und einer Menge BEHEMOTH-Erinnerungen. Den großen Vorbildern und Landsleuten wird mächtig nachgeeifert, zum Beispiel durch Synchron-Headbanging auf der Bühne und generell in Posen und Darbietung – aber die Intensität von BEHEMOTH erreichen NORTHERN PLAGUE zu keiner Sekunde. Trotzdem kommen nach und nach mehr Leute, viele setzen sich jedoch ins Gras und an den Baum um die Füße zu entspannen. Ergo: wenig Action vor der BÜhne, dafür aber bedächtiges Lauschen und immer wieder Applaus. Nach Aufforderung kommen zum letzten Song – dem Titelsong des aktuellen Albums „Manifesto“ – sogar drei, vier Headbanger vor die Bühne. Alles in allem gilt für den Auftritt dasselbe wie für das Album: okay, aber nicht grandios.
(Stephan Möller)
THAW
Im Anschluss an NORTHERN PLAGUE entern die von tiefen Kapuzen verhüllten THAW zu Synthesizer-Klängen die Bühne. Schon beim Intro ist klar: Das hier wird keine Schön-Wetter-Musik, sondern fucking LÄRM! Die Musik ist hässlich im allerbesten Sinne, Disharmonie reiht sich an Disharmonie, die Riffs sind schräg und die Synthesizer produzieren Ambient- und Noise-Parts, die klar machen: Mit Spaß hat das hier nichts zu tun! Aber dafür gelingt es THAW, den Reiterhof Helenenau ein ganzes Stück weit zu verfinstern, was von den meisten Leuten wohlwollend aufgenommen wird. Ganz sicher, ob ich mir das oft anhören würde, bin ich mir nicht, aber es ist auf jeden Fall interessant und tiefschwarz, was die Herren auf der Bühne veranstalten.
(Stephan Möller)
DEUS MORTEM
Im Hintergrund wabert grünes Licht, die Bühne ist in Blutrot getaucht. Dass es allmählich dämmert, tut der Stimmung ebenso gut. Atmosphärisch passt das also schon mal. DEUS MORTEM aus Polen gibt es erst seit 2012, und im letzten Jahr kam das Debüt „Emanations Of The Black Light“ auf den Markt. Das scheint einigen gut zu gefallen, denn die Reihen werden zunehmend dichter (wohl im doppelten Wortsinn). Die größte Überraschung ist zunächst einmal der gute Sound. Und der springt vor allem auf einen Typen in der ersten Reihe über, der sich immer wieder zum Publikum dreht, um die Menge zu animieren. Das klappt mehr oder weniger gut, ist dem fanatischen Anhänger aber vermutlich eh schnuppe. Viel wichtiger: DEUS MORTEM räumen ordentlich ab – mit überwiegend straightem Black Metal, der durch klassische Soli, vereinzelte schwere Riffs und ein wenig Groove aufgepeppt wird.
(André Gabriel)
VOIDHANGER
Nachdem DEUS MORTEM bereits die Dunkelheit eingeläutet haben, entzünden VOIDHANGER ein Black-/Thrash-Inferno. Die Truppe, die wie alle anderen heutigen Acts auf der Mainstage aus Polen kommt, hat Biss. Temporeich, mit flinken Gitarren und prügelndem Schlagzeug wird der Bewegungsdrang der Besucher entfacht – bei der Hitze keine Selbstverständlichkeit. Der Sound ist überdies druckvoll und klar.
(Jan Wischkowski)
PLAGA
Als PLAGA sich zum Soundcheck auf die Bühne bewegen, ist die Organisation des Festivals terminlich bereits massiv im Rückstand (VOIDHANGER haben zehn Minuten nach dem eigentlichen Beginn von PLAGA angefangen). Trotzdem lassen sich die Herren Zeit und lassen ihr Intro – das Hauptthema aus Werner Herzogs „Nosferatu“-Remake – gleich dreimal vom Band laufen. Hat das Make-up noch nicht gesessen, oder wie?
Als die Band dann endlich auf die Bühne kommt, ist schnell klar: PLAGA sind die große Enttäuschung des Festivals. Zwar tummeln sich so einige Leutchen vor der Main Stage, und es gibt auch eine ganze Menge Bewegung, aber wirklich überzeugen kann die Band ihr Publikum nicht: Die Darbietung gestaltet sich wahnsinnig untight, ständig hört man kleinere und größere Verspieler raus. Vor allem bei der Leadgitarre – und das will schon was heißen, denn die bei PLAGA eigentlich essenzielle Leadgitarre ist zu leise abgemischt und – zumindest im ersten Teil des Sets – in den schnelleren Parts kaum zu hören. Auch der Ersatz- bzw. Livesänger, den die Band dabei hat, kommt nicht an den Herrn heran, der die Platten einsingt: stimm- und emotionsloses Gebrülle, weder die klagenden Depri-Screams noch der Klargesang der Konservenversionen werden live gespielt. Zu allem Überfluss versucht sich der Mann als Entertainer und will die Menge motivieren. Das passt zu PLAGAs Musik ungefähr so gut wie Rasierklingen zum Kindergeburtstag – „penetrante Heiterkeit“ nennt das jemand neben mir. Jo. Immerhin hat der bullige, mit Steroiden aufgepumpte Typ im Gegensatz zum Rest der Band sowas wie Bühnenpräsenz – die Instrumentalfraktion steht nämlich nur wie angewurzelt auf der Bühne und muss sich mächtig auf seine Parts konzentrieren.
Zwei Dinge retten den Auftritt: Erstens, der Sound wird gegen Ende besser, und zweitens, starke Songs wie „Tr?by Zag?ady (Trumpets Of Doom)“ von der Demo oder das abschließende „Goblet Of Bitterness“ (von der „Po?eracze S?o?c“-EP) können weder Mr. Come-on-Deutschland noch die ungenauen Instrumentalisten versauen. Das rettet den PLAGA-Auftritt so gerade vor dem Totalausfall, ein paar geniale Momente haben sie eben doch gezeigt. Trotzdem bitte nochmal üben, und bitte, bitte, BITTE beim nächsten Mal den eigentlichen Sänger ans Mikro lassen.
(Stephan Möller)
MG?A
Es ist Zeit für eine Machtdemonstration. Bei all den Verzögerungen zeigen sich MG?A schon beim Soundcheck als Profis. Es wird kein überflüssiges Wort gesprochen, binnen weniger Minuten ist alles eingestellt und angerichtet. Dann wird die sehenswerteste Stunde des gesamten Festivals eingeläutet. Wer MG?A schon einmal live gesehen hat, weiß: Es gibt keine Ansagen, keine Bühnenshow, sondern nur die Eindringlichkeit der musikalischen Klasse des Quartetts, gepaart mit einer stimmungsvollen Lichtshow. Apropos Licht, fällt jenes im richtigen Winkel auf die maskierten Musiker, erscheinen deren Köpfe wie runde Höhlen – beeindruckend. Das gilt auch für den gesamten Gig, der in puncto Sound leider zugunsten eines wuchtigen Schlagzeugs die Leadgitarre etwas verschluckt. Bei Songs wie „Mdlosci I“, „Groza IV“, oder „With Hearts Towards None I“ ist dieses winzige Manko schnell vergessen und spätestens beim abschließenden „With Hearts Towards None VII“ ist klar: MG?A sind eine der wenigen Bands, die man mindestens einmal in seinem Leben gesehen haben muss!
(Jan Wischkowski)
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und schön die glatzen mit landser kapuzenpulli übersehen.
https://www.youtube.com/watch?v=MHE3fn5DAkw
kotz
wo ist bomber harris wenn man ihn braucht 🙁
Keine Sorge: Hätten wir die Typen bemerkt, hätten wir sie „angesprochen“.
Bomber Harris als Argument gegen Nazis….deutlich schlimmer als ein Glatzkopf mit Landser-Pulli. Leider in D nicht verboten, zum Massenmord aufzurufen – sofern man kein Nazi ist, selbstverstaendlich.