Turkish Metal Battle Festival
Livebericht
Konzertbericht
Das Turkish Metal Battle hatte bereits im Vorfeld für mächtig Wirbel in der Hauptstadt gesorgt. Das Veranstalter-Team von Oceanstar Productions und Triple Six ließen nichts unversucht, um ihre Veranstaltung entsprechend zu bewerben. Es war jedenfalls nicht schwer, in Berlin die Festival-Plakate zu erspähen, und selbst die hiesige Tagespresse legte sich mächtig ins Zeug, um über das Turkish Metal Battle zu berichten. Aber nicht nur die Vorzeichen sind gut, auch der gesponsorte Begrüßungs-Raki mundet. Schnell stellt sich heraus, dass gerade der Willkommenstrunk mögliche Berührungsängste direkt im Keim erstickt, und das erste Ziel des Abends ist binnen Minuten erfüllt. Bunt gemischt entwickeln sich im Publikum Gespräche über Metal, Raki und Bier, noch bevor die erste Band spielt.
PERVERSION mussten ihren Auftritt leider kurzfristig absagen, ebenso wie zuvor schon DEVIL INSIDE. Von letzteren ist mit Volkan T. immerhin der Bassist ab vor Ort und eröffnet den Abend stilecht mit einer türkischen Laute (Saz). Der kurze Auftritt kommt gut an, doch richtig los geht es erst mit THE EXILE. An diesem Abend nur zu zweit unterwegs (laut anderslautenden Infos eigentlich ein Trio) ist das MORIBUND OBLIVION-Nebenprojekt deutlich mehr mit dem Underground verknüpft als das Hauptbetätigungsfeld der beiden Musiker. Black Metal mit einer kleinen, aber feinen Note Thrash Metal lockt in der ersten halben Stunde schon so einige Besucher vor die Bühne. Ein wirklich packender Auftritt, der durch die Leidenschaft des Duos perfekt in Szene gesetzt wird und schon zum Start beweist, dass die Türkei so einiges zu bieten hat.
Daran schließen SUICIDE gleich an. Ein weiterer Name, den bisher wohl kaum jemand in Berlin auf dem Zettel hatte, der sich an diesem Abend aber nachhaltig ins Gedächtnis brennt. Tech Death Metal, der einige der Black Metaller im Publikum zwar lange Gesichter ziehen lässt, den Rest aber umso mehr begeistert. Nicht wenige Zuschauer aus der inzwischen redlich angewachsenen Menge bewegen sich irgendwo zwischen willkürlich rotierenden Haaren oder mit ungläubig aufgerissenen Augen auf die Bühne starrend. SUICIDE, und das ist spätestens nach der Hälfte des Gigs klar, sind vermutlich der Gewinner des Abends. Das Material aus vertracktem Songwriting, brutalen Attacken und technischer Perfektion kommt gut an und erntet nach jedem Stück tosenden Beifall – wirklich hervorragend.
Dann sind auch schon DAREKSTRAH an der Reihe. Die Band, die kurzfristig für PERVERSION eingesprungen ist, ist zumindest für einen Großteil der Anwesenden die bekannteste Band des Abends. Wie ich an diesem Abend lernen durfte, sind Kirgisen ein Turkfolk, weshalb DARKESTRAH dennoch in das thematische Konzept passen. Wie dem auch sein, die Band um Frontfrau Kriegtalith lässt sich nicht lumpen und liefert einen soliden Auftritt ab, der aber die Stimmung, welche die Band auf Platte zelebriert, nicht ganz auf die Bühne bringt. Vielleicht liegt es auch am erhitzen Auftritt von SUICIDE, dass der kühle Black Metal mit folkigen Einflüssen nicht in höchstem Maß zündet – aber auf keinen Fall eine Enttäuschung.
Dann ist Kontrastprogramm angesagt. WHISKY stehen als Co-Headliner parat und wollen so gar nicht in die finstere und derbe Kluft der vorangegangenen Bands passen. Die Band ist in der Türkei aber Kult und ein echtes Szene-Urgestein. Auf dem Speiseplan steht „fetziger“ Hard Rock, der weitestgehend an AC/DC erinnert und die Stimmung lockert. Während die langjährigen Fans die Band vor der Bühne verdientermaßen feiern, zeigt ein nicht unerheblicher Teil des eher den extremen Spielarten zugetanen Publikums mehr Interesse an der Bar. Das stört an diesem Abend aber glücklicherweise niemanden, und so strahlt deren Sänger beinahe das komplette Set über herzlichst in die ersten Reihen. Unterhalsam!
Dann ist es Zeit für MORIBUND OBLIVION. Neben SOUL SACRIFICE vermutlich das Aushängeschild der türkischen Szene, im internationalen Vergleich aber nie über den Status als Geheimtipp hinausgekommen. Geboten wird Black/Death Metal der soliden Natur, der qualitativ zwar durchaus in der höheren Liga mitspielt, aber die Welt sicher nicht bewegt. Dafür zeigen sich die Türken aber von spielfreudiger Seite und posen, was das Zeug hält. Der Eindruck von einer professionell agierenden Band, die sehr viel will, aber schlussendlich doch in Sachen Eigenständigkeit immer wieder an ihre Grenzen stößt, bestätig sich leider auch an diesem Abend. Macht bis zu einem gewissen Grad Spaß, nutzt sich aber leider immer noch zu schnell ab, und das, obwohl MORIBUND OBLIVION mit ihrer aktuellsten Platte „Manevi“ sogar experimentierfreudiger agieren als in der Vergangenheit – die Begeisterungsstürme, die gerade im frühen Abendprogramm die Geheimtipps entfacht haben, erreichen sie aber dennoch nicht.
Am Ende steht ein Abend, der sein Ziel vollauf erfüllt hat. Es wurde nicht nur der Beweis erbracht, dass die Türkei eine sehr lebendige und vielfältige Metal-Szene besitzt, sondern auch die Qualität der Bands ist unbestreitbar hoch. Allein THE EXILE und SUICIDE haben ihre Klasse mehr als unterstrichen und mich wirklich beeindruckt. Beinahe wichtiger und fast schon rührend war die anfängliche Scheu der verschiedenen Besucher aufeinander zuzugehen, die aber spätestens zum Beginn des muskalischen Programms einer ausgelassenen, offenen und sehr heiteren Stimmung gewichen ist. Also auch das Ziel, Vorurteile abzubauen, ist, sofern diese bei jemandem vorhanden waren, gelungen. Es war ein herzliches Fest, das die Kunst und die Diskussionen über Kunst in den Mittelpunkt rückte und damit hoffentlich Vorbild für ähnliche Veranstaltungen wird – schade nur, dass es nicht ausverkauft war.
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