Todtgelichter
Under The Black Sun 2010
Konzertbericht
MORTIFERA
Und es sollte nicht die letzte Band dieser Art sein (siehe IRRLYCHT). Hat man bei MORTIFERA nicht unbedingt den unmittelbaren Eindruck, es mit Elitisten zu tun zu haben, machen die französischen Depri-Black-Metaller jegliche Atmosphäre mit ihrem unterirdischen Zusammenspiel zunichte. Der Gitarrist setzt wiederholt falsch ein und dreht sich irritiert zum Drummer um, der sich selbst auch so einige Patzer leistet. Die Songs eindeutig zu identifizieren fällt schwer, es drängt sich der Eindruck auf, die vier Musiker, die der übermäßig pathetisch agierende Sir Noktu Geistmortt um sich geschart hat, hätten zuvor noch nie voneinander gehört. Lediglich „Le Revenant“ bietet im Ansatz ein versöhnliches Ende.
Eigentlich sollten jetzt ANGST SKVADRON ihre verdrehte, verstörende Klangkunst über das Gelände blasen, doch es kommt etwas anders…
GLORIOR BELLI
Dass der Auftritt von GLORIOR BELLI nicht ganz nach Plan verläuft, ist der Reisetasche von Sänger J. zu verdanken bzw. dem etwas gedankenlosen Umgang mit selbiger. Merke: Man lässt kein Gepäck unbeaufsichtigt am Flughafen stehen! Diese Lektion muss das einzige feste Bandmitglied J. auf sehr bittere Art und Weise lernen, schicken ihn die deutschen Sicherheitsbehörden doch umgehend nach Frankreich zurück. Helle Aufregung bei den Sessionmusikern, die plötzlich ohne Sänger/Gitarrist dastehen. Das Vorhaben, kurzfristig den Sänger von SUICIDE SOLUTION einzuspannen, scheitert an dessen Drogenkonsum, sodass der Drummer die Rolle des Sängers mit übernehmen muss.
Sie sind zu dritt: zwei Italiener und ein Engländer griechischen Ursprungs. Sie improvisieren was das Zeug hält und machen ihre Sache verdammt gut. Es mag nicht allzu viel mit dem eigentlichen Sound GLORIOR BELLIs zu tun haben, doch die eigenwillige Interpretation von unter anderem „Manifesting The Raging Beast“, „In Paradisum“ oder „Nox Illuminatio Mea“ zünden und lassen die Menge nicht nur mit Anerkennung für die Umstände mitgehen.
ANGST SKVADRON
Rotes Licht? Das geht gar nicht für den Aliensound von Nefas‘ neuer, drogenbunter Spielwiese ANGST SKVADRON. Findet auch deren weibliche Stime O.M.P. und eilt flugs zum Lichttechniker. Dementsprechend finden sich die Norweger auf einer in blaues und grünes Licht getünchten Bühne wieder. „Valium Holocaust“ – Nefas starrt mit irrem Blick gehetzt in die Menge… „Silent Light, Alien Light“ – warum ziert eine Gummipuppe das Drumkit? „Dolcontine Blues“ – O.M.P. wirft Pillen ins Publikum, eine Abwechslung zum größtenteils an einem Bistrotisch sitzen und etwas gelangweilt in die Runde schauen. „Posttraumatic Stress Syndrome“ – ANGST SKVADRON sind die Band, die heuer am wenigsten mit Black Metal zu tun hat. „Negativitetens Kveletak“ – Nefas wird nervös, sie müssen mehr Songs spielen als geplant. „Beyond Andromeda“ – Alles wird gut, das Gelände vor der Bühne ist nach wie vor gut gefüllt, das Material dieses durchgeknallten Projekts kommt an. Mit den Album-Outros zu „Flukt“ und „Sweet Poison“ findet das Under The Black Sun 2010 einen hoffentlich Alpträume bescherenden Ausklang.
Die Bandauswahl 2010 bietet weniger wirklich große Namen. Stattdessen legen Triple Six mehr Wert auf abwechslungsreiche Bands, die keine Angst vor Experimenten haben und nicht minder unterhalten als die sogenannten Größen des Black Metals. So gesehen kann das Experiment als geglückt gewertet werden, auch wenn leider nur ca. 600 Leute den Weg nach Helenenau gefunden haben. Eine Sache allerdings stößt etwas sauer auf. Man bemüht sich, den Ruf eines Nazifestivals loszuwerden, doch wenn man über das Gelände läuft, begegnen einem alle Nase lang Festivalbesucher mit einschlägigen Shirts und Buttons. Auch gab es einiges an zweifelhafter Musik an einigen Ständen zu erwerben. Die Betreiber sollten sich die Frage stellen, ob sie nicht ein wenig zu viel in dieser Richtung tolerieren. Ansonsten ist es ein rundum gelungenes Festival mit einem lohnenden Preis-/Leistungsverhältnis und gutem Sound in gemütlicher Waldatmosphäre.
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