THRESHOLD

Während das Publikum auf die Show des Headliners wartet, nimmt deren Sänger Damian Wilson seelenruhig ein Bad in der Menge, plaudert entspannt mit den Fans und schlägt sich langsam zur Bühne durch. Dort angekommen scherzt er gutgelaunt mit den ersten Reihen und verkündet, dass seine Bandkollegen ihn wohl bereits suchen würden, so dass er jetzt besser zu diesen zurückkehrt, damit die Show pünktlich starten kann. Und als es dann endlich losgeht, wird es wirklich legendär. Mit „Mission Profile“ steigen THRESHOLD in den Set ein, dessen Schwerpunkt logischerweise auf dem „March Of Progress“-Album liegt. Zwar könnte der Sound etwas besser sein, an der ausgezeichneten Stimmung ändert dieser Umstand jedoch nichts. Man merkt der Band an, wieviel Spaß sie gemeinsam auf der Bühne hat, und dies überträgt sich auch auf die Zuschauer, die jeden Song lautstark mitsingen und begeistert abfeiern.

Dass Damian Wilson ein wahrer Ausnahmesänger ist, weiß man längst. Gespannt durfte man aber sein, wie er die Lieder des langjährigen THRESHOLD-Frontmanns Andrew „Mac“ McDermott (R.I.P.!) bewältigen würde. Und obwohl er mit seiner etwas tieferen Stimme die ganz hohen Passagen geschickt umgeht, gefallen mir die Stücke in diesem neuen Gewand sogar noch eine Spur besser. Dass der dichte Vollbart hingegen eine modische Fehlentscheidung war, muss er selber einräumen als er in seinen gewohnt lockeren Ansagen beklagt, wie sehr er damit seine Chancen beim weiblichen Geschlecht doch gemindert habe.

So ausgiebig wie bei seinen Solo-Shows fällt die Kommunikation des Frontmanns mit dem Publikum indes nicht aus, schließlich soll heute die Musik im Vordergrund stehen. Und wenn man zuschaut, mit welcher Power Johanne James sein Drumkit verdrischt, wie lässig Steve Anderson dazu seinen ungewohnt hoch vor der Brust hängenden Bass bearbeitet und wie exzessiv Pete Morten mit seiner Gitarre posiert, kann man gar nicht anders, als diese Jungs zu lieben. Dagegen bleibt Kreativkopf Karl Groom geradezu unauffällig, man merkt aber seinem breiten Grinsen und dem direkten Körperkontakt zu seinen Mitmusikern, den er immer wieder sucht, an, dass auch er heute Abend voll auf seine Kosten kommt. Selbiges gilt auch für Keyboarder Richard West, der hinter seinem Instrument im Bühnenhintergrund ein wenig unterzugehen droht.

Wer einen so umfangreichen Backkatalog aufweisen kann, kann es mit der Songauswahl natürlich nicht allen recht machen. Das Gesamtpaket stimmt aber und wartet neben den Krachern des jüngsten Albums („Ashes“ und „The Rubicon“ können einfach alles!) mit Klassikern wie „Angels“, „Long Way Home“ oder dem ohrwurmeligen Epos „Pilot In The Sky Of Dreams“ auf. Wieso nur muss diese überragende Show nach gut anderthalb Stunden schon zu Ende gehen? Doch halt, es gibt ja noch den Zugabenblock! Und der hat es in sich, mit dem „Hypothetical“-Kracher „Light And Space“ und dem „Dead Reckoning“-Übersong „Slipstream“ bringen THRESHOLD die Menge endgültig zum Ausrasten. Und während die einen bereits nach draußen strömen, um sich von der kühlen Nachtluft erfrischen zu lassen, mischt sich Damian Wilson erneut unter die Leute und lässt sich zu einer brillianten Show gratulieren, die eine deutlich höhere Besucherzahl mehr als verdient gehabt hätte.

Setlist THRESHOLD:

• Mission Profile
• Don’t Look Down
• Hollow
• Coda
• Part Of The Chaos
• Colophon
• Pilot In The Sky Of Dreams
• Ashes
• Angels
• Staring At The Sun
• Long Way Home
• The Rubicon

• Light & Space
• Slipstream