The Ocean
03.06.2011, Bremen, Tower
Konzertbericht
Der Tower in Bremen ist nicht unbedingt die best geeignetste Location für ein Konzert aber durchaus akzeptabel, um sich mal einen Abend lang mit zünftiger Musik beschallen zu lassen. Das Club-Feeling ist vorhanden und man ist den Bands so nah wie Oma Frida ihrem Sepp, wenn sie ihm Blumen an die letzte Ruhestätte bringt. Alles also innig und persönlich. Etwas unglücklich ist allerdings, dass die Bühne sehr in der Ecke steht und die (von vorne gesehen) rechte Hälfte aufgrund der Wandnähe ein wenig untergeht. Aber das soll uns nicht stören, denn an diesem Abend ging es um gute Musik und nicht ums Meckern über nicht vorhandenen Luxus. Apropos Luxus, ob man für vier relativ unbekannte Bands 18 Schleifen abdrücken muss ist auch noch so eine Sache. Finde ich persönlich recht happig.
EARTHSHIP
Die Deutschen EARTHSHIP um den Ex-THE-OCEAN-Drummer Jan Oberg machten die erste Runde klar. Leicht ungünstig war allerdings die Aufteilung der Band auf der Bühne. So stand ihr Sänger etwas verloren in der Ecke, die nahe der Wand war, was einen isolierten und publikumsfernen Eindruck vermittelte. Das Positionieren der Bassistin in der Mitte war vielleicht eine nett gemeinte Idee, verfehlte jedoch irgendwie die Wirkung. EARTHSHIPs Stil, der von Sludge über Stoner bis hin zu Post-Metal-Elementen pendelte, klappte lediglich bei den ersten Tracks noch ganz gut, verabschiedete sich dann aber schnell in eine ständig gleich klingende Schreistimme und schleichende Belanglosigkeit in der Musik. Herkunft hin oder her, EARTHSHIP haben in Sachen Songwriting, Qualität und Ideenreichtum sowie Bühnenpräsenz noch einiges aufzuholen. War ein netter Gig, mehr aber nicht.
RED FANG
Im zweiten Akt des Abends kletterten die Amis RED FANG auf die Bühne und machten bereits im Vorfeld mit ihrem schlabbrigen Look deutlich, dass sie die Sau losrocken werden. Und so war es dann auch. Fetten Stoner mit leichtem Sludge-Touch holzten die reifen Buben in die Runde und sorgten zum ersten Mal an diesem Abend für ausgelassene Stimmung. Zwischen den Songs gab es immer mal ein nettes und lustiges Wörtchen vom Sänger, der sich zudem brav für den absolut verdienten Applaus bedankte. Starker, ehrlicher Auftritt mit viel Feuer und Power. Leider brach das letzte Stückchen Eis beim ansonsten eher kühlen Bremer Publikum erst zum Ende des Sets von RED FANG, so dass der endlich in Wallungen gekommene Pit vor der Bühne nur kurz getobt hat. Geile Band. Unbedingt vormerken und anglotzen, wenn die mal in eurer Nähe spielen; es lohnt sich!
INTRONAUT
Dann kam mit INTRONAUT das erste, von meiner Seite etwas unerwartete Highlight auf die Bretter. Ich fand ihr letztes Album „Valley Of Smoke“ durchaus gut, jedoch restlos überzeugen konnte es mich nicht; zumindest auf Konserve nicht. Was die Truppe live bot, war jedoch absolut formidable und hat mich entsprechend schnell in den Bann gerissen. Die deutlich progressive Ausrichtung der Musik nahm den Stücken absolut keine Power, das Gegenteil war sogar der Fall. Die Gitarristen wirkten sicher in ihrer spieltechnischen Performance und beide legten zudem noch einen wirklich stimmigen Duogesang vor, der von Growls über Klargesänge stets funktionierte. Besonders beeindruckend war der Mann an den vier, sorry, in diesem Falle fünf Tieftonsaiten und natürlich der Oktopus hinter den Kesseln. Irre, was der Typ da stellenweise an vertrackten Parts und überhaupt an Armarbeit bot. Na klar, besser und schwieriger geht es immer, aber das hier war schon eine mehr als amtliche Leistung. Hut ab. Mittlerweile sehe ich ihr Album auch aus einer anderen Perspektive, selbst wenn ich trotzdem betonen muss, dass INTRONAUT live schlichtweg intensiver klingen.
THE OCEAN
Kurz bevor THE OCEAN den finalen Akt einleuteten, gab es die etwas unerfreuliche Botschaft, dass ihr Sänger eine fette Bronchitis hat und vermutlich nicht den kompletten Gig durchhalten wird. Niemand solle sich wundern, wenn er irgendwann die Bühne verlässt. Die Band hätte dann instrumental weitergespielt. Glücklicherweise kam es nicht dazu und an dieser Stelle möchte ich eine kleine Bewunderung an Loïc Rossetti loswerden, der trotz seiner Erkrankung einen unglaublichen Job abgeliefert hat. Die Growls waren super krass und auch der Klargesang war absolut sauber. Zum Ende des Gigs hin merkte man zwar, dass seine Kräfte ihn etwas verließen aber hey, der Mann hatte eine Bronchitis! Bemerkenswerte Leistung dafür!!! Die gesamte Band spielte stimmig miteinander, sauber und präzise. Jedes Break saß, jeder Ballereffekt wirkte wie ein direkter Schlag auf die Zwölf. Auch hier gilt wie bei INTRONAUT: THE OCEAN muss man live gesehen haben um realistisch einschätzen zu können, welche Kraft ihre Musik besitzt. Zur Unterstützung dieser Aussage muss man ihren zweiten Gitarristen auf der Bühne toben gesehen haben. Der Typ hat schlichtweg einen am wandern. Er bedient sein Instrument wie ein Kriegsgerät. Die Gitarre wird herumgeschleudert, in die Höhe geworfen oder einfach mal schnell abgenommen und fürs Feedback gegen die Boxen gelehnt, um sie passend zum nächsten Brachialriff wieder fest am Körper zu haben und sie weiter zu beackern. Absolut fantastische Performance, die seinesgleichen sucht. Das ist Show, das ist Entertainment! Und der Typ hat seinen Kram auch noch perfekt runtergeraspelt, das muss ihm erstmal jemand nachmachen. Wirklich beeindruckend. THE OCEAN haben den Tower gerockt ohne Ende und selbst die notgedrungen instrumentale Zugabe war ein Burner für sich. Wer mit dieser Band auf CD noch nicht warm wurde, bekommt jetzt und hier die unbedingte Empfehlung, sich die Truppe live anzusehen! Absolut stark und die perfekte Krönung des Abends.
Somit ging ein verdammt guter Konzertabend zu Ende, bei dem die Steigerung der Qualität von Band zu Band regelrecht zu hören und zu spüren war. Bis auf EARTHSHIP, die leider leichte Ladehemmungen hatten, deswegen übrigens aber nicht schlecht waren, konnten alle Bands überzeugen und mit ihrem ureigenen musikalischen und persönlchen Charkter glänzen. Der Sound war übrigens bei allen Bands recht gut, wenngleich die Opener noch etwas mehr mit dem Klang zu kämpfen hatten als der Hauptact. Auffällig an diesem Abend war zudem, dass alle (!) Bands erstaunlich oft ihre Instrumente nachstimmen mussten. Lag wahrscheinlich an den zunehmenden Temperaturen in der Bude. Insgesamt lässt sich der Abend als absolut gelungen bezeichnen. Starke Bands mit starker Musik. Was will man mehr?
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