The Crüxshadows
"Light & Shadow Tour" 2014 - live im Musikzentrum Hannover
Konzertbericht
Mittlerweile in der schwarzen Szene zu einer festen Größe herangereift, veröffentlichen die CRÜXSHADOWS in regelmäßigen Abständen Album um Album. Der aktuellste Langspieler, mit immerhin schon zwei Jahren auf dem Buckel, hört auf den Namen „As The Dark Against My Halo“. Um das Album live zu präsentieren, waren die Amerikaner schon 2013 ausgiebig in hiesigen Gefilden unterwegs. In diesem Jahr werden die Bühnen der Nation erneut von der Truppe aus Florida, die sich über die Jahre einen ihr vorauseilenden Ruf als herausragende Live-Band erspielt hat, unter dem Motto „Light & Shadow“ in Beschlag genommen. Wer schon einmal in den Genuss einer der Auftritte kommen durfte, weiß um die Qualität der Crüxies (wie sie liebevoll von ihrer Fan-Gemeinde genannt werden). Die Wiedersehensfreude dürfte also nicht nur auf Seiten der Band groß sein. Offizielle Vorbands im eigentlichen Sinne sind nicht mit an Bord, vielmehr wechseln die Supports in den einzelnen Städten.
Sowohl in Hannover, als auch zwei Tage später in Bremen ist die Solo-Künstlerin MONICA JEFFRIES dabei. Pünktlich um 20Uhr gehen dann auch die Lichter aus und die grazile Blondine betritt, gefolgt von ihrem Live-Keyboarder Torben Aschmons (ausgeliehen von der Band DIE SEELEN), die Bühne. Musikalisch reicht die Bandbreite von Synthie-Pop über New Wave bis hin zu Industrial und EBM. Aktuell wird fleißig am zweiten Album gearbeitet, obwohl das Debüt „Back To Eden“ erst im vorangegangenen Jahr erschienen ist. Das darauf enthaltene „Drowning In Love“ atmet auch live so dermaßen alte DEPECHE MODE, dass es eine wahre Freude ist – die Stimmung im anfangs spärlich gefüllten Musikzentrum steigt. Bei einer relativ knapp bemessenen Spielzeit von 30 Minuten und lediglich fünf Songs in der Setlist hätte sich die gebürtige Polin das daran anschließende ABSOLUTE BODY CONTROL-Cover „Surrender No Resistance“ dann aber auch sparen können. Sicherlich keine schlechte Song-Auswahl, die Zeit mit eigenen Kompositionen zu füllen wäre aber vermutlich die bessere Lösung gewesen. Solider Auftritt.
Was zuvor möglicherweise bei der recht zurückhaltenden MONICA JEFFRIES an Agilität vermisst wurde, wird von den CRÜXSHADOWS gewohntermaßen doppelt und dreifach dargeboten. Der erste Paukenschlag folgt direkt zu Beginn: Während die Musiker und Tänzerinnen zum Intro von „And We Believe“ die Bühne betreten, betritt der mit Neonlichtern ausgestattete Frontmann Rogue den Konzertsaal durch den Besuchereingang und bahnt sich seinen Weg tanzend durch das Publikum zur Bühne. Elektrisierend! Obwohl sich vom Bühnenaufbau sowie der Choreographie gefühlt seit Jahren nichts verändert hat, überrascht es umso mehr, wie unglaublich präsent und unterhaltsam die nachfolgenden fast zwei Stunden gestaltet werden. Rogue steigt bei gefühlt jedem zweiten Song zum Publikum hinab, geht auf Tuchfühlung mit den ersten Reihen, tanzt auf der Theke sowie mit Leuten aus dem Publikum und setzt (sogar mehrmals) zum obligatorischen Kletterakt am Bühnenaufbau an. Seine nicht minder lebhaften Mitmusiker sowie Tänzerinnen stehen ihm in Nichts nach: Kaum eine Sekunde, in der Zeit zum Verschnaufen bleibt und keine Beine, Arme oder Instrumente durch die Luft wirbeln. Es grenzt nahezu an ein Wunder, dass die Band anscheinend auch auf kleineren Bühnen solch ein Programm herunterreißt.
Ein Wehrmutstropfen für Fans der frühen Stunde zeichnet sich aber im Verlauf des Abends immer deutlicher ab. Obwohl die Band mittlerweile schon seit 22 Jahren besteht, entäuscht es ein wenig, dass vornehmlich Material des aktuellen Albums präsentiert wird (mehr als die Hälfte aller gespielten Songs!). Innerhalb der Setlist tauchen trotz der Vielzahl an Songs schlicht und ergreifend keine Überraschungen auf. Natürlich entfalten auch neue Taten wie „Burning“ oder „Quicksilver“ ihre volle Wirkung, der Euphorie des Publikums – an diesem Abend wie erwartet mit gehobenen Altersdurchschnitt – hätte aber sicherlich auch eine etwas abwechslungsreichere Setlist keinen Abbruch getan. Selbstredend, dass zum Ende hin der Dauerbrenner „Winterborn (This Sacrifice)“ serviert wird. Danach ist aber vorerst Schluss.
Doch ohne „Deception“ und der guten alten „Marilyn, My Bitterness“ verlässt an diesem Abend keiner das Musikzentrum. Bevor diese beiden Evergreens jedoch abgefeuert werden, bedankt sich Rogue auf gebrochenem Deutsch bei allen Anwesenden, um sich anschließend gar der deutschen Version von „Deception“ anzunehmen. Würde das finale „Marilyn, My Bitterness“ nicht allein schon für Jubelstürme sorgen, bittet Rogue die vorderen Reihen zum ausgelassenen Tanz auf (!) die Bühne.
Die Freude ist dem Publikum und der gesamten Band ins Gesicht geschrieben: Wieder ein erfolgreicher Abend. Zum Abschluss verweilt die ungemein fannahe Band noch solange wie gewünscht bei den Fans, tauscht Nettigkeiten aus und erfüllt jegliche Autogrammwünsche. Obwohl die Setlist verbesserungswürdig und das Auftreten wohlwollend als lückenlos einstudiert bezeichnet werden darf, sind und bleiben die CRÜXSHADOWS ein Phänomen. Annähernd zwei Stunden gefüllt mit einzigartiger Unterhaltung. In solch einer Verfassung kann den Amerikanern in puncto Live-Performance kaum eine Band aus dem schwarzen Sektor das Wasser reichen. Bis zum nächsten Mal!
Text & Fotos: Richard Mertens
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