Summer Breeze
der große Summer Breeze Festivalbericht 2002
Konzertbericht
Hypocrisy
Neben Tiamat, die diesen ersten Festivaltag beschließen sollten, lockten mich eigentlich lediglich die Schweden von Hypocrisy vor die Bühne, wenngleich es inzwischen wohl eher verwunderlicher ist, wenn die Mannen um Mastermind Peter Tägtgren nicht auf einem Festival spielen, als die Tatsache, dass sie spielen… Mit dem Opener „Roswell 47“ wurde dem zahlreichen Publikum gleich ordentlich eingeheizt, was sich dank einer gut gemischten Tracklist, u.a. bestehend aus den Klassikern „Osculum Obscenum“ und „Apocalypse“, aber auch neuem Material des diesjährigen Outputs CATCH 22, wie „Don´t judge me“ und „Destroyed“, im Laufe des Gigs fortsetzen sollte. Nach dem letzten Track „Final Chapter“ und einer guten 3/4 Stunde Spielzeit durfte dann natürlich die Zugabe in Form von „Fractured Millenium“ nicht fehlen. Insgesamt ein souveräner Auftritt, wie man ihn von Hypocrisy gewohnt ist – allerdings würde ich der Band dringend anraten, mal eine Festival- und Tourpause einzulegen, um nicht in naher Zukunft weiter an Reiz zu verlieren, da kaum eine Auftrittsgelegenheit ausgelassen wird. Im Vergleich zu ihrem diesjährigen Auftritt beim Wacken-Open-Air war die Stimmung meiner Meinung nach deutlich weniger euphorisch, was mich in meiner Ansicht (leider) bestätigt. (Azazel)
Nachdem Peter seinen ersten Auftritt von Zweien durchgezogen hatte, war es jetzt erstmal an der Zeit für ein wenig Partymucke. Bereits auf dem W:O:A konnten RED AIM dieses Jahr überzeugen. In gespannter Erwarungshaltung und der Hoffnung, dass diesmal mehr Leute den Weg zu dieser genialen Show finden würden als noch in Wacken, machten wir uns auf den Weg zur Pain Stage.
Red Aim
Es gibt Momente, in denen möchte man am liebsten ein Schlangenmensch sein und sich einfach nur fett in den Allerwertesten beißen. Ungefähr so habe ich mich direkt nach dem Gig der ex-Stoner Rocker-jetzt-Rock-Metaller von RED AIM gefühlt. Es schoss mir immer nur ein Gedanke durch den Kopf: „Warum musste ich gottverdammter Trottel in Wacken kurz vor dem Auftritt der Saarländer alkoholbedingt die Segel streichen und konnte nicht noch eine weitere Stunde durchhalten???“ Meine Fresse, war das ein Hammergig, den Frontschwabbel Dr. Don Rogers, der aber zum Glück laut eigenem Bekunden mit seiner Figur keine Probleme hat, und seine Mitstreiter hier ablieferten. Mit Ansagen wie „Ihr seid ja besser als Wacken!“ hatte man sofort die Menge auf seiner Seite. Ähm… die Menge?! Welche Menge? Es war einmal mehr viel zu wenig los vor der Bühne. Ich denke da verstärkt an letztes Jahr und den gleichen Ort, als sich gerade mal ca. 30 Nasen zu RED AIM bewegt hatten. Das konnte man dieses Jahr, natürlich auch aufgrund einer besseren Sendezeit, zwar locker toppen, aber das Zitat meines stellvertretenden Chefs Pro sagt wohl alles über die Güte des Dargebotenen im Bezug auf die Größe des Publikums aus: „Das ist ja eine Beleidigung, dass hier so wenig los ist!“ „Drauf geschissen“, dachten sich wohl auch Protagonisten auf der Bühne und feuerten mit „The Golden Nonstop“, „Highway Crucifix“, „El Gonzo Mondial“ oder „Tombola“ einen fetten Rocker nach dem anderen in den sich langsam verdunkelnden Abendhimmel, der eigentlich gar nicht zur Stimmung passte. Wo man auch hinschaute sah man lachende, grinsende und gut gelaunte Gesichter. Ist nicht genau das Sinn der Sache, Leute?! Doch die wahren Highlights sollten erst noch kommen: Bei „Aroma“ (ja, die lustige Ansage in Form einer Aufforderung an alle, sich doch eine Prise vom Achselduft des Nachbarn zu genehmigen war auch hier wieder am Start!) erschien auf einmal Björn, seines Zeichens Sänger bei NIGHT IN GALES, auf der Bühne. Da ich ihn noch sehr durchtrainiert in Erinnerung hatte, möchte ich nicht wissen, was er im letzten Jahr alles zu sich genommen hat, denn auf der Bühne entwickelte sich nun ein munterer Plauzencontest zwischen ihm und Herrn Rogers. Ein eindeutiger Gewinner konnte übrigens nicht ermittelt werden. Die obligatorische Bananenspendeaktion durfte natürlich auch nicht fehlen. Beim nun folgenden MAIDEN-Cover „The Trooper“ erreichte die Stimmung ihren absoluten Höhepunkt. Es wurde getanzt, gebangt, sogar ein Diver wagte sich auf die immer noch recht lichte Menge und in den ersten Reihen durfte jeder seine Textkenntnisse ins Mikro brüllen, was den meisten auch erstaunlich gut gelang. Mit dem SCORPIONS-Cover „Rock You Like A Hurricane“ und „Aprilfuckers“ – der etwas andere Blick hinter die Kulissen der „Foundation für Recht und Verfassung“ aus der 80er-Fernsehserie Knight Rider – ging dann eine riesige Party zu Ende, bei der sich Publikum und Band in Einsatzfreude und dem unbedingten Willen, Spaß zu haben, in nichts nachstanden. Hoffentlich erfährt diese Band bald die Aufmerksamkeit, die sie verdient, denn ich schaue mir tausendmal lieber einen derart ehrlichen, gut gelaunten Gig an, als das, was z.B. PARADISE LOST zwei Tage später abgeliefert haben. Aber dazu später noch mehr von den Kollegen. In diesem Sinne sage ich: „RED AIM for Bundeskanzler!“ Ich würde sie auf jeden Fall wählen! (metalgreg)
Während Edguy ihre Power Metal Show auf der Main Stage abzogen und mit ihrer guten Laune und den Hinweisen auf die Aufnahmen für eine Livescheibe mit der Zeit etwas langweilten, warteten wir auf eine weitere Silverdust Records Band. Ektomorf machten sich bereit, die Menge nochmal richtig aufzumischen.
Ektomorf
Ein immer wieder gern gesehener Gast auf dem Summer Breeze sind die Ungarn von EKTOMORF, die auch letztes Jahr schon für einen nicht unerheblichen Moshpit sorgen konnten. Das war auch anno 2002 keinen Deut anders, wobei ich mir trotzdem jedesmal denke: „Stehen da nicht SOULFLY auf der Bühne?“ Aber im Prinzip ist das völlig wurscht, denn der Neo Thrash, den die vier Herren hier ablieferten, war mehr als amtlich. Eine sehr große Unterstützung erhielten sie an diesem Abend von ihrem Soundmischer. Viel besser und differenzierter kann man den Klang eines Konzertes nicht hinbekommen. So knallten einem die mächtigen Abrissbirnen des heutigen Pain Stage-Headliners, deren Schwerpunkt klar auf dem Material des neuen Albums „I Scream Up To The Sky“ lag, dermaßen ins Gemächt, dass ich sogar zugeben muss, dass diesmal der Text im Programmheft ausnahmsweise nicht übertrieben formuliert ist. Dort steht nämlich geschrieben: „Bemerkenswert ist, welche unglaubliche Aggressivität und Energie sie auf die Bühne bringen. […] Hingehen und überrollen lassen!“ Diesem Aufruf folgten viele an diesem Abend. Und wir wurden wahrlich überrollt. (metalgreg)
Und endlich war es soweit – der Headliner des ersten Festivaltages betrat langsam die Bühne, um ihrem aktuellen Album „Judas Christ“ etwas Auftrieb zu verleihen. Freudig erinnere ich mich noch an das erste Mal, als ich Tiamat live sehen durfte – damals als sie mit Sentenced zur „Amok“ Tour unterwegs waren – doch das ist lange schon Vergangenheit. Inzwischen schlagen Tiamat ganz andere Töne an und selbst Klassiker wie „Gaia“ werden in einer Form dargebracht, die mich eher verärgert als entzückt.
Tiamat
So, so… Tiamat als Donnerstag Headliner des Summer Breeze. Warum man Tiamat diesen prominenten Platz im Billing einräumte, kann ich mir nur mit deren glorreichem Ruf längst vergangener Tage erklären – die von mir nur als gerade noch mittelmäßig erachteten letzten 3 Alben rechtfertigen den Headliner Status in keinster Weise. Das Auftreten auf der Bühne spiegelte dann auch die Metal zur Pop Metamorphose der Schweden wider: die Band zeigte sich in affektiertem Popstarlook, Johan machte Witzchen, und der Gastgitarrist probierte sich als „Ace Frehley“ Look-a-like. Obgleich der Sound nicht gerade berauschend war, konnten Tiamat das moderat gefüllte Festivalgelände mit Ihren ersten vier Songs, allesamt von den letzten beiden Alben (darunter auch das noch genehme „The Return of the Son of Nothing“), partiell begeistern. Mit der Ankündigung „A Song from the album that made us Rockstars“ präsentierte Johan dann „The Ar“. Als die wohlbekannten Klänge aus den Boxen ertönten, stellte sich urplötzlich wieder der typische Zauber von Tiamat ein. Mit der Verzückung war es allerdings auch schnell wieder vorbei – Sänger Johan schaffte es tatsächlich, mit seinem dermaßen enervierend monotonen Gesang diesem wunderbaren Song die Seele zu rauben. Selbiges enttäuschende Schema wurde von Tiamat dann auch beim nachfolgenden „Whatever that hurts“ angewandt. Erwähnenswert hier eigentlich nur noch die Referenz an „Aldous Huxley“ mit „Love is as Good as Soma“, was einiges an Atmosphäre entwickeln konnte. Die Death-Metal Roots der Band wurden an diesem Abend (mangels Zielgruppenkompatibilität?) komplett verleugnet. Leute, die den neueren Alben von Tiamat zugeneigt sind, kamen an diesem Abend gewiss auf ihre Kosten – ich halte es dagegen mit einem Freund, der anlässlich einer Party für den dort aufzustellenden Deko Pappmachee Friedhof einen Grabstein mit der Aufschrift „Johan Edlund“ bastelte. Dem ist von meiner Seite nichts mehr hinzuzufügen.(RR)
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