Summer Breeze Open Air
Der große Festivalbericht 2024
Konzertbericht
Donnerstag, 15.08.2024
Guten Morgen, SUMMER BREEZE! Ausgeschlafen? Wenn nicht, auch egal: Denn erstens lacht über dir die Sonne und zweitens stehen mit DUST BOLT, CRYPTA und IGNEA gleich hochkarätige Bands auf den Bühnen. Und wenn du, drittens, gestern zu heftig gefeiert hast, das Genick schmerzt oder der Kopf bleischwer auf den Schultern hängt, hilft dir Metal Yoga. Ehrlich. Da wir von metal.de aber niemals über die Stränge schlagen, losen wir einfach aus, wer hingeht. Auch ehrlich!
11:30–12:15, DUST BOLT (T-Stage)
Galerie mit 19 Bildern: Dust Bolt - Summer Breeze Open Air 2024Nach dem Frühstück und bei bestem Sonnenwetter startet das Programm auf der T-Stage mit fettem Thrash Metal. DUST BOLT zocken unbeirrt von den Temperaturen kräftig und sorgen mit ihrem sympathischen, bewegungsintensiven Auftritt für das erste Circle- und Moshpit des Tages. Die Jungs haben sichtlich Spaß auf der Bühne und gewinnen mit ihrer modernen, agilen Thrash-Version sicher den ein oder anderen Fan hinzu.
12:00–12:40, CRYPTA (Main Stage)
Galerie mit 14 Bildern: Crypta - Summer Breeze Open Air 2024Die Damen, die zu High Noon antreten, können sich auch nicht über mangelnden Zuspruch beklagen und zerlegen die Main Stage mit kernigem Death Metal. Das brasilianische All-Female-Quartett strahlt mit der Sonne um die Wette und bietet eine energiegeladene, verspielte Show. Die Griffbrettakrobatik der beiden Gitarristinnen ist beeindruckend und Songs wie „The Outsider“ und „From The Ashes“ reißen einfach mit. Wer bisher noch keinen guten Start in den Tag hatte, den holen die Mädels definitiv ab.
12:20–12:50, IGNEA (Wera Tool Rebel Stage)
Galerie mit 26 Bildern: Ignea – Summer Breeze Open Air 2024IGNEA, seinerzeit ukrainischer Geheimtipp in Sachen Melodic Metal, stehen nach mehreren Versuchen zum ersten Mal auf Dinkelsbühl’schem Boden. Bekannt für ihren einzigartigen Mix aus symphonischem Metal, härteren progressiven Parts und fernöstlichen Klangeinlagen, ziehen sie bereits nach kurzer Zeit mehr und mehr vorbeilaufende Festivalbesucher in ihren Bann. Das Set ist mit 30 Minuten Spieldauer gefühlt viel zu kurz und während „Gods Of Fire“ raucht zudem noch der Laptop ab. Aber man reagiert gelassen, verweist auf die Hitze, das mitgebrachte Merch und dann spielt der Fünfer unbeirrt weiter.
Die charismatische Frontfrau Helle Bohdanova begeistert mit kraftvoller Stimme – geschickt wechselnd zwischen starken Growls und mindestens genauso intensiven Cleans – und einnehmender Bühnenpräsenz. Man lauscht ihr gebannt, während man sich öfter dabei erwischt, neben den erzählten Geschichten auch dem wilden Keytar-Spiel auf der Bühne zu folgen. Die Setlist umfasst eine gelungene Mischung aus langsamen Melodien und schnellen Nummern, die das Publikum trotz der zunehmenden Hitze im Zelt-Schatten zu kleinen Circlepits animiert. Fans wie auch „Zugelaufene“ reagieren begeistert auf jeden einzelnen Song. Gerne wieder!
12:30–13:30, METAL YOGA (Campsite Circus Stage)
Das „H“ in Hitze steht für den „herabschauenden Hund“. Das denken zumindest die Festivalbesucher, die sich am Donnerstagmittag beim METAL YOGA auf der Campsite Circus Stage in Form bringen – mental wie physisch. Schnell noch die Pause zwischen zwei Yogafiguren für einen kleinen Schluck aus der Bierdose genutzt, zeigt sich der ein oder andere doch relativ sportlich. Passend zum wichtigen Thema Awareness und der Ansage der Trainerin („Passt immer gut auf euch auf!“) dröhnt das Wort „Respect“ von PANTERAs „Walk“ aus den Boxen und untermalt das Sportprogramm in der Mittagssonne.
12:55–13:35, DYNAZTY (Main Stage)
Galerie mit 24 Bildern: Dynazty – Summer Breeze Open Air 2024Auf der Hauptbühne geht es mit schönen Haaren und viel Keyboard vom Band weiter. Mit routiniert gespieltem Power Metal läuten die DYNAZTY auf der großen Stage die zweite Runde ein. Die Schweden, die das erste Mal das SBOA beehren, zocken ihre genretypischen Songs ohne Ausfälle oder Überraschungen. Das heavy-affine Publikum nimmt die Performance der Jungs dankbar auf und die beachtlichen Fanchöre zu „Heartless Madness“ können sich hören lassen.
12:55–13:40, MENTAL CRUELTY (T-Stage)
Galerie mit 22 Bildern: Mental Cruelty - Summer Breeze Open Air 2024Parallel dazu sorgen MENTAL CRUELTY am anderen Ende des Festivalgeländes mit ihrer eigenwilligen Mischung aus Deathcore und symphonischem Black Metal für die erste echte Überraschung. Die Karlsruher kombinieren keyboardlastigen Black Metal in bester DIMMU BORGIR-Manier mit düsteren Slamwänden, um dann wieder in choralen Parts zu enden. Auch wenn die Keyboards offensichtlich vom Band kommen, macht die Musik Laune und ist ein gutes Beispiel dafür, wie man Genregrenzen erfolgreich durchbrechen kann, um etwas Eigenes zu erschaffen.
13:45–14:15, THE NIGHT ETERNAL (Wera Tool Rebel Stage)
Galerie mit 12 Bildern: The Night Eternal - Summer Breeze Open Air 2024THE NIGHT ETERNAL sind ebenfalls eine besondere Band, die mit ihrer speziellen atmosphärischen Art einem Publikum quer durch alle Sparten gefallen. Da trifft eine miefige Spelunke auf angestaubten Heavy Metal, der aufgrund seiner leicht okkulten 70er-Ader wieder den Zahn der Zeit trifft und mit markanten Kompositionen für Eingängigkeit sorgt. Das wissen die Essener, die aktuell auch viel auf den Bühnen der Umgebung unterwegs sind, offensichtlich ganz genau und machen sich ihre Stärken entsprechend zunutze.
Sänger Ricardo entpuppt sich als Taktgeber und Anheizer, dem alle Anwesenden bei Songs wie „Elysion (Take Me Over)“ aus der Hand fressen und den Chorus lautstark mitjohlen. Auch die feinen Melodien der Saitenfraktion schimmern bemerkenswert durch das Soundbild, sodass sich vor der Wera Tool Rebel Stage ein regelrechter Partykessel etabliert. Aktuell scheint das Quartett jedenfalls am besten auf entsprechend überschaubaren Bühnen zu funktionieren, wo sich die Atmosphäre spürbar verdichtet.
13:50–14:35, THE BABOON SHOW (Main Stage)
Galerie mit 20 Bildern: The Baboon Show - Summer Breeze Open Air 2024THE BABOON SHOW haben eine undankbare Aufgabe. Pralle Sonne fällt auf die Main Stage und das Thermometer nähert sich dem unerträglichen Bereich. Wer es allerdings vor die Bühne schafft, bekommt eine energiegeladene Band als Belohnung – die Temperaturen scheinen den Schweden nichts auszumachen. Die Punkband um Fronftrau Cecilia Boström ist flott unterwegs, nicht nur musikalisch, sondern vor allem auf der Bühne. Der Funke springt über und wer noch „Run To The Hills“ kurz anspielt und das Publikum singen lässt, gewinnt hier und heute auch neue Fans hinzu.
14:20–15:05, PALEFACE SWISS (T-Stage)
Galerie mit 26 Bildern: Paleface Swiss - Summer Breeze Open Air 2024Augen und Ohren auf! PALEFACE SWISS schlagen in eine ähnliche Kerbe wie LORNA SHORE, haben aber noch einen gewissen Undergroundcharme. Dass die Band einiges auf dem Kasten hat, beweisen sie vor einer prall gefüllten T-Stage-Area. Nahezu perfekter DEATHCORE kracht unbarmherzig auf die Zuschauenden ein. Direkt mit dem Opener „The Orphan“ ist nichts von einer nachmittäglichen Ruhepause zu spüren. Angetrieben von der Agilität auf der Bühne wetzt das Publikum in gigantischen Circlepits umher. Ordentlicher Sound und gutes Wetter tun ihr Übriges: PALEFACE SWISS räumen ab und werden in den kommenden Jahren mit Sicherheit auf größeren Bühnen auftauchen.
15:00–15:45, THE BLACK DAHLIA MURDER (Main Stage)
Galerie mit 24 Bildern: The Black Dahlia Murder - Summer Breeze Open Air 2024Trevor Strnad, der ehemalige Frontmann von THE BLACK DAHLIA MURDER, der sich leider vor zwei Jahren das Leben nahm, war eine absolute Ikone. Glaubt man den Stimmen aus der Szene, fehlt ein ganz besonderer Mensch mit einem lexikonhaften Metalwissen und natürlich seine ungewöhnlichen High Screams. Diese übernimmt inzwischen Brian Eschbach. Der sieht nicht nur so ähnlich aus und hat eine vergleichbare Stimmfacette, sondern war bis zu seinem Positionswechsel Gitarrist der Band. Auf der Main Stage stellen die US-Amerikaner an diesem Donnerstagnachmittag jedenfalls unter Beweis, dass ihre unnachgiebige Vorpresch-Mucke auch unter geänderten Umständen funktioniert.
Am besten klappt das, wenn die Jungs aus Detroit auf ihr Durchbruchalbum „Nocturnal“ aus dem Jahr 2007 zurückgreifen und Songs wie „What A Horrible Night To Have A Curse“ und „Everything Went Black“ den Nerv des Publikums treffen. Absolute Brutalität in sengender Mittagshitze und danach will Eschbach die Leute bei ABORTED sehen – das macht er jedenfalls mit einer entsprechenden Ansage klar.
15:10–15:40, MOON SHOT (Wera Tool Rebel Stage)
Galerie mit 19 Bildern: Moon Shot - Summer Breeze Open Air 2024Dazwischen drängen sich aber erst noch MOON SHOT auf der Wera-Stage. Die sind eine heiße Adresse in Sachen Alternative-Rock und somit ein kleiner Geheimtipp am heutigen Tag. Passend zum Bandnamen baumelt ein riesenhafter Mond auf der Bühne hin und her, während die Band aus Helsinki ordentlich Dampf macht. In eine schwarze Kutte gehüllt fordert Sänger Ville die Menge auf, alles um sich herum zu vergessen, denn MOON SHOT sind hier, um mit den Fans den Moment zu genießen. Schwungvoll bringt die Supergroup dabei alle zum Schwitzen und liefert eine Rock ’n‘ Roll-Sause vom Feinsten. Die melodischen Hooklines bringen selbst die hinterste Reihe in durchgeschwitzten Unterhemden zum Mitsingen.
15:45–16:30, ABORTED (T-Stage)
Galerie mit 27 Bildern: Aborted - Summer Breeze Open Air 2024Mit ABORTED ist nicht zu spaßen. Oder doch? Zumindest „radelt“ Sänger Sven de Caluwé zum Intro von „Retrogore“ im „Saw“-Style mit Billy-The-Puppet-Maske auf einem Dreirad auf die Bühne. Die Todesschwadron um Urgestein de Caluwé ist ein Garant für brutale Unterhaltung und wartet derzeit mit internationalen Musikern aus Island, den USA und Belgien auf. Heute gibt es nicht ganz so viele Leibesübungen wie sonst, aber steif ist die ABORTED-Performance keineswegs. Die Setlist besteht größtenteils aus aktuellen Tracks von „Vault Of Horrors“ und läuft homogen ohne Ausfälle durch. Vor der Bühne herrscht wunschgemäß mächtig Bewegung und auch soundtechnisch gibt es hier nichts zu bemängeln.
16:10–17:10, J.B.O. (Main Stage)
Galerie mit 10 Bildern: J.B.O. - Summer Breeze Open Air 2024Die Main Stage erstrahlt in Magenta-Pink und das kann eigentlich nur eins bedeuten: J.B.O. sind am Start und wollen gute Laune verbreiten. Wie das gelingt? Unter anderem mit einer Papierfontäne, die wie ein leichter Regenschauer in strahlendem Pink über dem Publikum niedergeht. Und so geht es zu Bandklassikern wie „Alles nur geklaut“, „Könige“ und „Ein Fest“ munter und textsicher zu. Mit einer Liebeserklärung an SLAYER kam auch der letzte Kuttenträger auf seine Kosten. Sympathisch: J.B.O. können auch ernsthaft und positionieren sich mit der Ansage „Nazis braucht echt kein Mensch!“ klar und deutlich. Es passt einfach zwischen J.B.O. und SUMMER BREEZE.
17:10–17:55, BLIND CHANNEL (T-Stage)
Galerie mit 25 Bildern: Blind Channel – Summer Breeze Open Air 2024Die finnischen ESC-Teilnehmer von 2021 wandeln auf den Spuren von ELECTRIC CALLBOY. Ihre Show ist wild, modern und im besten Sinne chaotisch. Rap-Gesang wechselt mit Boyband-Choreografie und spätestens mit ihrer Interpretation des Trinklied-Klassikers „Sieben Tage Lang“ haben sie das Publikum fest am Wickel: „Das ist eure Nationalhymne!“ Naja, zumindest mehr als der ebenfalls verwurstete BACKSTREET BOYS-Hit „Everybody“.
17:40–18:40, JINJER (Main Stage)
Galerie mit 42 Bildern: Jinjer - Summer Breeze Open Air 2024Als um zwanzig vor sechs am Donnerstagabend die Sonne die Main Stage malerisch von hinten anstrahlt und im Publikum ukrainische Flaggen wehen, muss man nicht lange raten, wer gleich die Bühne betritt. JINJER legen auch sofort ohne viel Tamtam los und jagen den ersten Brecher in die Menge. Eine Bühnenshow ist quasi nicht vorhanden, vielmehr konzentriert sich der Auftritt vollkommen auf die Power-Performance der charismatischen Frontfrau Tatiana Shmailyuk. Gemessen an den vielen Crowdsurfern kommt die geballte Ladung Energie bei den Zuschauern auch super an, obwohl die Band auf der riesigen Main Stage ein bisschen verloren wirkt. Auch ist das Set heute ernst und nicht auf Interaktion mit dem Publikum ausgelegt; muntere Hüpf-, Klatsch- und Singspielchen sucht man vergebens. Es herrscht permanentes Kommen und Gehen im vorderen Zuschauerbereich. Die ordentliche Masse, die bleibt, wird jedoch mit einem Auftritt belohnt, der es in sich hat.
18:00–18:45, HAND OF JUNO (Campsite Circus Stage)
Galerie mit 15 Bildern: Hand Of Juno - Summer Breeze Open Air 2024Das italienische Projekt HAND OF JUNO steht zum ersten Mal auf einer SUMMER BREEZE-Bühne. Das Duo um Frontfrau Melissa Bruschi wächst live zu einem Quartett, dessen schwere Industrialklänge in starkem Kontrast zu den noch kräftigen letzten Sonnenstrahlen des Tages stehen. Als schließlich die ersten Stücke ihres Düster-Metals beginnen, offenbart sich eine wilde Mischung aus tanzbarem Industrial, Elektro-Elementen, etwas Wave und in wüsten Momenten gar ein wenig chaotischem Noise.
Zusammengehalten durch das variable Organ von Sängerin Bruschi bleibt zu attestieren, dass die inhomogene Mischung funktioniert. Bei „Psychotic Banana“ fliegt entsprechendes Obst in luftgefüllter Form vor der Bühne umher, während die Band zwischen emotional getragenen Parts und absoluter Eskalation jongliert. Die simplifizierten Synthieklänge in Kombination mit massivem Schlagzeughammer und Bretterriffs erinnern häufig an RAMMSTEIN, wobei HAND OF JUNO vielschichtiger agieren.
19:10–20:30, BEHEMOTH (Main Stage)
Galerie mit 22 Bildern: Behemoth - Summer Breeze Open Air 2024Derzeit beginnen BEHEMOTH ihre Shows mit einem weißen Vorhang, hinter dem Nergal ein paar Schattenspiele vollzieht. Weil die Polen beim SUMMER BREEZE verglichen mit den meisten ihrer sonstigen Gigs einen früheren Slot haben, grätschen die tageshellen Lichtverhältnisse etwas dazwischen. Auch sonst rahmt natürliche Dunkelheit einen Auftritt der Blasphemiker wesentlich besser. Doch wir meckern hier auf hohem Niveau. Faktisch erleben wir eine erneute Machtdemonstration einer der aktuell berühmtesten Extreme-Metal-Bands.
„Once Upon A Pale Horse“ von „Opvs Contra Natvram“ und „Ora Pro Nobis Lucifer“ vom Meisterwerk „The Satanist“ starten die schwarze Messe. Dass die Konzerte sehr durchchoreografiert sind, ist bekannt. Dafür bieten uns BEHEMOTH aber auch soundtechnische und performante Perfektion mit feiner Songauswahl aus dem luxusproblematischen Hit-Ensemble. Das 90er-Black-Metal-Lied „Cursed Angel Of Doom“ vom „Sventevith (Storming Near The Baltic)“-Album sticht dabei heraus.
19:40–20:25, JESUS PIECE (Wera Tool Rebel Stage)
Galerie mit 17 Bildern: Jesus Piece - Summer Breeze Open Air 2024Während auf der Main Stage BEHEMOTH noch ein Feuerwerk abfackeln, suchen Liebhaber moderner Klänge ihr Heil an der Wera Tool Stage. Dort stehen JESUS PIECE aus Philadelphia auf der Bühne, um die Szenekundigen mit energiegeladenem Metalcore zu unterhalten. Entsprechend angezündet sind Band und Fans, sodass der erste Circlepit nicht lange auf sich warten lässt. Das musikalische Setting ist brachial und so peitschen JESUS PIECE mit ungebremster Wucht durch ihr Set, sorgen dafür, dass Körper aneinander krachen und/oder in die Luft gehoben und Richtung Bühne bewegt werden. Treibende Rhythmen und gewaltige Basslinien in Kombination mit den markanten Growls von Fronter Aaron Heard entfalten ihre volle Wirkung. JESUS PIECE räumen richtig ab!
20:30–21:30, MADBALL (T-Stage)
Galerie mit 21 Bildern: Madball- Summer Breeze Open Air 2024Bei MADBALL war klar, dass sie auf unnötigen Schickschnack wie ein langes Intro verzichten. Die New Yorker Hardcore-Band startet direkt und brachial mit „HeavenHell“. Frontmann Freddy Cricien bleibt von Beginn an in Bewegung, stürmt von einer Bühnenseite zur anderen und weitet seinen Aktionsradius schnell auf den Bühnengraben und schließlich auch auf das Publikum aus. Ohne Funkmikro schleppt er das Kabel bis in die Menge. Eine Stagehand muss es im Anschluss wieder einholen. Auch im Publikum geht es dynamisch zu, weshalb die Aufforderung „can we get that shit moving“ eigentlich überflüssig ist.
Wenn „Karate im Pit“ bei irgendeiner Band auf dem SUMMER BREEZE praktiziert werden darf, dann ist es bei MADBALL. Ganz so krass, wie die es vielleicht gewohnt sind, läuft es aber nicht ab. Die Fans sind rücksichtsvoll und sorgen dafür, dass alle an der guten Laune teilhaben können. Auf die hinteren Reihen hat es Freddy Cricien allerdings abgesehen. Er stichelt, ob sie dort hinten etwa Sekt trinken, während vorne Bier fließt. Zudem wünscht er sich „more bodies“, da die Grabenschlampen ihm zu gelangweilt erscheinen. Das SUMMER BREEZE-Publikum liefert und besonders bei Stücken wie „Set It Off“ und „Across Your Face“ kommt richtig Stimmung auf.
21:15–22:45, ARCHITECTS (Main Stage)
Galerie mit 25 Bildern: Architects – Summer Breeze Open Air 2024Da haben die Architekten ganze Arbeit geleistet: Jedenfalls sieht der Bühnenaufbau mit dem Gerüst vor den Videoleinwänden aufwendig aus. Und auch wenn die ARCHITECTS dadurch entzweit werden (ein Teil der Band steht oben, der andere unten), ist die Headlinershow der Band aus Brighton energiegeladen. Und nicht zuletzt durch die Lichtshow und die Pyros macht der Auftritt einiges her.
Die Songs haben ordentlich Wumms – oder sollte man sagen: B O O M? Sänger Sam Carter gibt zudem den Aktivposten und macht zwischen Songs vom Schlage „Seeing Red“, „Giving Blood“ und „Black Lungs“ immer wieder längere Ansagen. Er habe ja, sagt er, richtig Bammel, so ein großes Festival zu headlinen, aber dank der Fans, euch … „Ihr lasst mich nicht daran denken!“ Woraufhin die Fans den Bandnamen skandieren.
Fans der ersten Stunde freuen sich über ältere Songs wie „These Colours Don’t Run“ von 2012. Klar, dass bei so einem Auftritt ein Circlepit nicht fehlen darf – aber was heißt schon ‚einer‘. Da die Absperrungen das ganz große Kreisen verhindern, gibt es sechs, sieben, acht kleinere Varianten, wie der Sänger verwundert durchzählt. Am Ende sind alle durchgeschwitzt und zufrieden.
21:35–22:20, GREEN LUNG (Wera Tool Rebel Stage)
Galerie mit 11 Bildern: Green Lung - Summer Breeze Open Air 2024„Hey, hey, hail Satan!“ Nein, hier steht keine bekiffte Black-Metal-Band auf der Bühne. Und es sind, wie ursprünglich geplant, auch nicht die EVIL INVADERS, denn die mussten ihren Gig kurzfristig absagen. Superspontan eingesprungen sind dafür GREEN LUNG. Ohne die Konzerte von EVIL INVADERS herabzuwürdigen (die machen auch richtig Spaß), müssen wir betonen: Wow, was für ein Ersatz, was für ein Glücksfall!
„This is oldschool Heavy Metal“, sagt Tom Templar. Die verbalen Seitenhiebe des Fronters gegen die parallel spielenden ARCHITECTS wirken zwar unangebracht, doch seine Eigenleistung spricht tatsächlich für ihn. Extrem überzeugend wird das Ganze zusammen mit der Instrumentalleistung, Performance, der Folk-Horror- und Hexenästhetik, dem Sound und spektakulären Bühnenbild. Habt ihr die Rassel am Keyboard bemerkt? GREEN LUNG sind ein Festival-Highlight!
22:25–23:25, ROTTING CHRIST (T-Stage)
Galerie mit 27 Bildern: Rotting Christ - Summer Breeze Open Air 2024In tiefblaues Licht gehüllt beginnt der Auftritt von ROTTING CHRIST mit einem atmosphärischen Intro, das die düstere Stimmung perfekt einfängt. Noch während des ersten Stücks „Χ Ξ Σ (666)“ begrüßen die griechischen Black-Metal-Pioniere ihre Fans auf Deutsch mit einem kräftigen „Guten Abend, SUMMER BREEZE!“. Das Set nimmt mit „Fire, God And Fear“ schnell Fahrt auf, und „P’unchaw Kachun – Tuta Kachun“ legt noch eine Schippe Härte obendrauf. Den Fokus setzen die Griechen heute Abend auf die Alben „The Heretics“ und „Κατά τον δαίμονα εαυτού“. Interessanterweise spielen ROTTING CHRIST vom neuen Album „Pro Xristou“ lediglich den Song „Like Father, Like Son“.
Für zusätzliche Atmosphäre sorgt die Band durch eingestreute Rezitationen und mehrstimmige, beschwörende Gesänge. Am besten kommt Letzteres bei „Apage Satana“ zur Geltung, zu dem ein Zuschauer im Jesus-Kostüm über das Gelände läuft. Eine skurril-passende Ergänzung zur Performance. Die Klassiker „Non Serviam“, „Grandis Spiritus Diavolos“ und das THOU ART LORD-Cover „Societas Satanas“ gehören zu den weiteren Höhepunkten. ROTTING CHRIST überzeugen vor allem durch ihre mitreißende Bühnenpräsenz, sei es durch synchrones Headbangen oder präzise gespielte Soli. Sakis Tolis leitet als Zeremonienmeister durch das Set, das mit „The Raven“ einen gebührenden Abschluss findet.
23:25–00:35, DARK TRANQUILLITY (Main Stage)
Galerie mit 24 Bildern: Dark Tranquillity - Summer Breeze Open Air 2024Nach ihrem Überraschungsset am Dienstag steht nun der „offizielle“ Auftritt von DARK TRANQUILLITY an. Doch auch der ist besonders, denn um Mitternacht startet der Veröffentlichungstag ihres neuen Albums „Endtime Signals“. In der ersten Hälfte konzentrieren sich DARK TRANQUILLITY auf ihre Klassiker und spielen Songs aus den Jahren 1999 bis 2016, von „Projector“ bis „Atoma“. Mit ein bis zwei Stücken pro Album bieten sie einen breiten Querschnitt ihrer langjährigen Bandgeschichte. Besonders ikonisch ist „Terminus (Where Death Is Most Alive)“, der Göteborg, der Heimat der Band, gewidmet ist. Auch „ThereIn“ und „Atoma“ kommen gut an. Fronter Mikael Stanne ist wie immer energiegeladen und nutzt die gesamte Bühne aus. Einmal rennt er dabei fast seine beiden Gitarristen über den Haufen.
Auffällig ist die wiederholt eingeblendete Sanduhr auf den Bildschirmen, deren Zweck bald bekannt wird. DARK TRANQUILLITY kündigen an, dass sie nach Mitternacht zum Album-Release zu den neuen Songs wechseln werden. Bald ist es so weit und die Bühne wird dunkel, um dann im „Endtime Signals“-Glanz zu erstrahlen. Sechs neue Tracks folgen, darunter „Shivers And Voids“, „Our Disconnect“ und „Neuronal Fire“. Mikael Stanne zeigt sich geehrt von den Reaktionen des Publikums und beteuert seine Dankbarkeit. Am Ende des Sets erweisen sich DARK TRANQUILLITY noch als Hellseher, denn sie haben mit „Misery’s Crown“ genau den Song als Rausschmeißer eingeplant, den die Menge fordert.
23:30–00:15, HERETOIR (Wera Tool Rebel Stage)
Galerie mit 16 Bildern: Heretoir - Summer Breeze Open Air 2024Zu später Stunde wird es mit HERETOIR noch einmal atmosphärisch-düster auf der Wera Tool Stage. Die Band um Mastermind Eklatanz liefert eine perfekte Show, die in ihrem postigen Black-Metal-Gewand Shoegaze mit wütenden Passagen gekonnt vereint. Die stimmungsvolle Mischung lebt von der Ausstrahlung der Musiker und wird durch die vielschichtigen, kraftvollen Vocals einnehmend in Szene gesetzt. Wo die Band in den ruhigen Parts Raum für Gedanken lässt, entfesselt sie in den schroffen Passagen ungebremst ihre Energie. Es ist Musik für Liebhaber und davon gibt es mittlerweile reichlich. Schön zu sehen.
00:20–01:20, THE OCEAN (T-Stage)
Galerie mit 19 Bildern: The Ocean- Summer Breeze Open Air 2024THE OCEAN feiern auf dem SUMMER BREEZE quasi „Heimspiel“, nicht örtlich, aber was die Anzahl an Fans angeht. Denn die Berliner finden trotz später Stunde eine gewaltige Menschenmenge an der T-Sage vor. Charmant: Wo andere Bands das große Feuerwerk auffahren, haben THE OCEAN den Rotstift angesetzt. Statt Klamauk gibt es eine ehrliche Darbietung, die von einer hervorragend abgestimmten Lichtshow begleitet wird. Ihre Stärken spielt die Band um Mastermind Robin Staps am heutigen Abend problemlos aus. Die ruhigen Passagen samt exzellentem Klargesang sorgen immer wieder für Gänsehaut, während wuchtige Gitarren und Growls ihre erdrückende Wirkung entfalten. Dass THE OCEAN dabei voller Energie und Publikumsnähe sind, rundet das Gesamtbild eines ausgezeichneten Auftritts ab. Als die letzten Töne von „Jurassic | Cretaceous“ verklingen, sind sich wohl alle Anwesenden einig – noch mal fünf Jahre auf einen THE OCEAN-Auftritt auf dem SUMMER BREEZE will niemand je wieder warten.
01:00–2:00, EXODUS (Main Stage)
Galerie mit 14 Bildern: Exodus - Summer Breeze Open Air 2024DARK TRANQUILLITY haben die Bühne wesentlich später als anberaumt verlassen. Jetzt geht man entweder zum Zelt – nach dem anstrengenden Tag berechtigt – oder man überbrückt die Wartezeit mit kulinarischer/hopfiger Beschäftigung bis die Thrash Metal-Legende EXODUS die heilige Main Stage beschreitet und uns mit „Bonded By Blood“ back to the roots katapultiert.
Manche behaupten, es hätte sich in den letzten 30 Jahren musikalisch bei EXODUS nicht mehr viel getan. Aber Fronter Steve „Zetro“ Souza und Konsorten zeigen, wieso sie heute überhaupt zum wiederholten Mal auf der Bühne stehen und das auch weiterhin zu tun gedenken. Während das Publikum zu Gary Holts persönlichstem Song „Deathamphetamine“, mit dem er seine überstandene Methamphetamin-Sucht verarbeitet hat, laut singen soll, taucht man die Bühne für das darauf folgende „A Lesson In Violence“ in leuchtendes Grün und nutzt dezente Feuerelemente.
Generell ist auf und vor der Bühne eher weniger los, was der Show jedoch zuträglich ist, denn die Anwesenden feiern den druckvollen Sound und die Leistung, die insbesondere auch Hunting am Schlagzeug zuzuschreiben ist. Aber es ist laut, ehrlich gesagt, etwas zu laut, denn man braucht selbst in den hinteren Reihen Gehörschutz. Da hat es jemand an den Knöpfen wirklich zu gut gemeint. 2:24 Uhr gehen Band wie auch Mitfeiernde mit einem Piepsen im Ohr ihrer Wege. Ja doch, sie haben es noch drauf, die alten Hasen!
01:25–02:10, SIAMESE (Wera Tool Rebel Stage)
Galerie mit 25 Bildern: Siamese – Summer Breeze Open Air 2024Wer gerne melodischen Modern Metal hört, kommt dieser Tage nicht an SIAMESE aus Dänemark vorbei. Entsprechend viele Zuschauer trotzen der späten Uhrzeit und warten unter dem Doppeldach der Wera Tool Rebel Stage gespannt auf den Auftritt des Quintetts. Die hohen Erwartungen werden nicht enttäuscht. SIAMESE lassen es krachen, und zwar richtig. Die Setlist besteht größtenteils aus Songs des aktuellen Albums „Elements“ und die quirligen Dänen treiben die Menge unermüdlich zu sportlichen Einlagen an. Das Publikum macht auch alles begeistert mit: Von Armeschwenken beim Song „Vertigo“ über einen Circlepit zu „Predator“ bis hin zu einem großen Moshpit zum Titel „Shape Of Water“ gibt es kaum Verschnaufpausen für die Fans. Die Ansage von Fronter Mirza Radonjica, er wolle das Publikum erschöpft sehen, trägt Früchte. Ein würdiger Abschluss für einen großartigen Auftritt und wilden Festivaldonnerstag auf der Wera Tool Rebel Stage!
SLOW FALL (Campsite Circus Stage)
Galerie mit 14 Bildern: Slow Fall - Summer Breeze Open Air 2024FIXATION (Wera Tool Rebel Stage)
Galerie mit 38 Bildern: Fixation - Summer Breeze Open Air 2024LEAVE. (Campsite Circus Stage)
Galerie mit 14 Bildern: Leave. - Summer Breeze Open Air 2024GUILT TRIP (Wera Tool Rebel Stage)
Galerie mit 23 Bildern: Guilt Trip - Summer Breeze Open Air 2024BORN OF OSIRIS (T-Stage)
Galerie mit 21 Bildern: Born Of Osiris - Summer Breeze Open Air 2024ERDLING (Campsite Circus Stage)
Galerie mit 28 Bildern: Erdling – Summer Breeze Open Air 2024IMPALEMENT (Campsite Circus Stage)
Galerie mit 16 Bildern: Impalement - Summer Breeze Open Air 2024KUPFERGOLD (Campsite Circus Stage)
Galerie mit 20 Bildern: Kupfergold - Summer Breeze Open Air 2024NACHTBLUT (T-Stage)
Galerie mit 17 Bildern: Nachtblut - Summer Breeze Open Air 2024Impressionen vom Donnerstag
Galerie mit 33 Bildern: Summer Breeze Open Air 2024 - Impressionen Donnerstag
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„Das galt auch fürs Wetter, denn weder war es zu heiß (und wenn es mal wärmer wurde, standen Sprühnebelkanonen am Bühnenrand bereit) noch zu feucht oder zu staubig.“
Waren wir auf dem selben Summer Breeze? Ich empfand es an allen 4 Festivaltagen als zu heiß. Hinzu kam, dass die Sonne unerbittlich auf uns niederbrannte und kaum eine Wolke am Himmel war.
Zum Festival selbst: Das Breeze ist schon ziemlich gut durchorganisiert und es ist schon Jammern auf hohem Niveau, wenn man etwas kritisiert an der Orga.
Nur beim fehlenden Schatten müssen sie sich noch was einfallen lassen. Karten für nächstes Jahr sind schon gebucht.
Ich fand’s auch viel zu heiß, aber die VIPs haben im Zweifel halt mehr schattige Rückzugsorte als der gemeine Festivalbesucher. Man wird sich was einfallen lassen müssen, ja, aber passieren wird am Ende nicht viel.
Ich habe nach dem Breeze 2023 schon angemerkt, dass sie sich etwas überlegen müssen bezüglich des Schattens. Damals wurde ich niedergebrüllt, dass das ja nicht zu machen sei und keinen Kritikpunkt darstelle. Dieses Jahr waren wir mit UV-Sonnenschirmen da und die Dinger haben echt Leben gerettet, ohne hält man das in der Savanne dort nicht mehr aus.
Moin Cynot, Laniakea und Azl, erstmal danke für Eure Eindrücke – ich hatte das aus meinem subjektiven Empfinden geschrieben, dass es schon mal *noch* heißer und unangenehmer war. Aber klar, vieles hängt natürlich damit zusammen, wie lange man sich auf dem Infield aufhält und ob es Rückzugsorte gibt (was sich auf dem Infield selbst, wie Ihr ja sagt, etwas schwierig gestaltet). Insofern finde ich den Hinweis mit dem UV-Schirm im wahrsten Wortsinn eine „coole“ Sache. Vielleicht habt Ihr ja noch andere Tipps gegen die Sonne/Hitze? Und wir machen uns für die kommende Festivalssaison ein Memo: Bitte ein Special mit Tipps gegen die Hitze/diesen unerbittlichen Feuerball am Himmel. Merci & beste Grüße, Eckart