Summer Breeze Open Air
Der große Festivalbericht 2023
Konzertbericht
Dienstag, 15.08.2023
Sommerzeit, Partyzeit, beste Zeit! Vor allem, wenn auf den Feldern unweit der pittoresken Altstadt von Dinkelsbühl eine frische Brise weht – ahhhh, SUMMER BREEZE! Bereits am Dienstag versammeln sich besonders ungeduldige Metal-Aficionados, Fans, Verrückte zur großen Warm-Up-Party auf dem Campground. Das Infield ist für die Menge zwar noch nicht geöffnet, aber mit der Ficken Party Stage gibt es inmitten von Zeltdörfern, Campburgen und Kuss-Haltestellen die Location zum Vorglühen. Und dort ist Party – mittendrin: Einhörner, Halbnackte, Hawaiihemdträger, Bademantelfetischisten und ein ausgestopfter Dachs. Ehrlich!
Auf den Bühnen geben sich die ersten Bands DESPISE, SKELETON PIT, THORMESIS, REVEL IN FLESH und FINAL BREATH die Klinke in die Hand; zwischendurch ist große Metal-Disco angesagt, die da aus den Boxen dröhnt. Die Fans haben jede Menge Energie mitgebracht, und die Stimmung ist ausgelassen.
Und im metal.de-Camp? Da wird das neue Standzelt begutachtet, nachdem unser alter Autogrammstunden-Anhänger in Rente geschickt werden musste (die Tische waren halt mittlerweile von den Bands komplett vollgekritzelt). Ausmessen mit großen Schritten – fünf mal fünf Meter, das sollte für Bands, Crew und den Kühlschrank reichen. Na dann: let the party begin!
SKELETON PIT
(Ficken Party Stage, 19:35–20:20)
SKELETON PIT machen keine Gefangenen. Von der ersten Minute an herrscht ein wildes Treiben im auffallend gut mit Shirts der Band durchsetzten Publikumsraum. Für die Aalener kommt der heutige Auftritt einem Heimspiel sehr nahe und dementsprechend geben sie sich keine Blöße. Ihren High-Energy-Thrash präsentieren sie mit ungebändigter Leidenschaft und einer bemerkenswerten Ausdauer. Verschnaufpausen? Fehlanzeige! Stattdessen geben SKELETON PIT der Menge nonstop aufs Fressbrett und treiben ihre Fans schon zu Höchstleistungen an, noch bevor Bassist Doyle Fascinator offiziell den ersten amtlichen Moshpit des Festivals ausruft.
Neun Stücke der beiden bisherigen Alben „Chaos At The Mosh-Reactor“ und „Lust To Lynch“ stehen auf der Setlist. Das kompositorische Highlight stellt indes die neue Single „Phantom Fire“ dar, die hoffentlich keine Eintagsfliege bleibt, sondern den Vorgeschmack auf ein ebenso großartiges kommendes Studiowerk darstellt. Sonderlich filigran geht das Trio freilich auch hier nicht zu Werke. Das unterstreicht den Old-School-Charme der Stücke aber ebenso wie der zeitlose Pornobalken, den Frontmann Patrick Options stolz zur Schau trägt.
Eine Unterbrechung der fetten Thrash-Sause gibt es, als SKELETON PIT einen Fan zu sich auf die Bühne bitten und dieser seiner langjährigen Freundin einen Heiratsantrag machen darf. Dabei muss man es der Dame hoch anrechnen, dass sie in diesem hochromantischen Umfeld, zwischen aggressivem Thrash-Geprügel und bierseligen Festivalbesuchern, dennoch „Ja“ sagt. Statt sanfter Liebeslyrik gibt es im Anschluss aber weiter Songs über gewaltsame Auseinandersetzungen und atomverseuchte Thrash-Mutanten – das wahre Festivalleben eben. Ihre romantische Ader kehren SKELETON PIT erst wieder mit dem Abschlusssong nach außen, immerhin gäbe es wohl keinen passenderen Titel als „Tits To Die For“, um einen Auftritt auf der Ficken Party Stage zu seinem würdigen Ende zu bringen.
(Floh)
REVEL IN FLESH
(Ficken Party Stage, 21:00–22:00)
Hö, waren die nicht letztes Jahr schon auf der „Fickenstage“? Nein, das waren FLESHCRAWL – aber auch geil, wobei der Sound diesmal deutlich besser ist! Nach diesem kurzen Selbstgespräch geht’s sofort rein ins Vergnügen, denn das ist vollgepumpt mit Vorfreude. Endlich wieder SUMMER BREEZE! Nicht nur wir können es kaum erwarten: Noch nie reisten so viele Menschen bereits am Dienstag an, wie die Veranstaltenden berichten.
Wer schon durch den Stau und zur Ficken Party Stage gekommen ist, bereut es keinesfalls. Hier gehen schon viele Leute steil und REVEL IN FLESH injizieren uns mit jedem Song mehr Bock auf ein fantastisches Festival – vor allem die Uffta-Parts regen zum heiteren Mitmachen an. Übrigens konnten es die Death-Metaller kaum erwarten und legten fünf Minuten früher los.
Mit „The Flesh Priest“ haben die Baden-Württemberger auch einen neuen Song dabei – ihr Tribute an den britischen Heavy Metal, wie sie selbst verkünden. Für Kollege Oli sind es ein paar „Ughs“ zu viel. Für andere ist der Gig nach hinten raus etwas repetitiv. Insgesamt sind sich aber alle einig, dass REVEL IN FLESH zu einem richtig guten Auftakt beigetragen haben.
(André)
FINAL BREATH
(Ficken Party Stage, 22:45–00:00)
Vor dem Auftritt von FINAL BREATH ist Metal-Disco unter freiem Himmel angesagt. Das kommt auch bei uns sehr gut an – und lässt einige in Erinnerungen schwelgen. Kollegin Sabine reist mit THE OFFSPRING zu einem 95er-Konzert in Berlin zurück. Oli denkt bei PANTERA sogar an 1991 – stabil! VOLBEAT im kleinen Club vor rund 300 Menschen? Heute undenkbar, hat unsere Sabine aber erlebt.
Stimmung und Musik passen nicht zusammen – münden aber in ein superfrühes Festivalhighlight. Der Reihe nach: Irgendwie mutet alles etwas okkult an. Dafür sorgen reichlich Kunstnebel, eine in Rot getauchte Szenerie und zwei vermummte Gestalten mit Skelettmasken, die in ihrer Starrheit die Ruhe vor dem Sturm symbolisieren. Und der bricht wahrlich los, als FINAL BREATH ihren Mix aus Thrash und Death Metal entfesseln.
Kurz ist Fronter Patrick Gajda nicht zu hören, doch dann gesellt sich sein kraftvolles Organ zum instrumentalen Rest. In den kommenden 75 Minuten erleben wir ein ausgiebiges Schlachtfest mit schnittigen und brachialen Riffs, einer prominent eingesetzten Leadgitarre, der vollen Energieladung und ultrafettem Todesblei-Sound. „Unfasslich“, quittiert Gajda die Stimmung. Und Redaktionskollege Oli sagt: „Das nennt man wohl eine positive Überraschung, da geht mir das Herz auf.“
Vergleiche mit BOLT THROWER, BENEDICTION und ONSLAUGHT werden laut. Doch FINAL BREATH haben ihre ganz eigene Nische, in der sie vollends überzeugen.
(André)
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