Summer Breeze Open Air
Der große Festivalbericht 2023
Konzertbericht
Samstag, 19.08.2023
Schön, dass die pralle Sonne unsere Tränen ob des letzten Festivaltages sofort trocknet. Und noch schöner, dass wir mit den EXCREMENTORY GRINDFUCKERS – heute in mammutstarken Steinzeitoutfits – auf der Hauptbühne gleich eine dicke Runde lachen und uns auf den „Flamingo Overlord“ von TROLLFEST freuen können. So starten wir gut gelaunt in den Samstag!
Galerie mit 34 Bildern: Summer Breeze Open Air 2023 - Impressionen vom SamstagProfitipp: Wenn es mal zu heiß wird, liefern Mülltonnen ein kleines Schattenplätzchen – allerdings sind die schon oft belegt. Oder ihr geht zur Wera Tool Rebel Stage, denn die bietet mit ihren extraterrestrisch anmutenden Dächern ein willkommenes „laues Lüftchen“. Außerdem könnt ihr dort echte Highlights entdecken – heute beispielsweise IOTUNN aus Island, die für manche eine der besten Bands des diesjährigen SUMMER BREEZE sind.
Galerie mit 92 Bildern: Summer Breeze Open Air 2023 – Autogrammstunden Samstag bis 16.25 UhrTrotz nahenden Abschieds kosten wir den finalen Tag in vollen Zügen aus und genießen jeden Augenblick. Das ist bei Hochkarätern wie KILLSWITCH ENGAGE, IN FLAMES, MARDUK, HAMMERFALL und ZEAL & ARDOR aber auch echt kein Problem!
Galerie mit 72 Bildern: Summer Breeze Open Air 2023 – Autogrammstunden Samstag ab 16.30 UhrEXCREMENTORY GRINDFUCKERS
(Main Stage, 12:00–12:40)
High Noon und schon großer Andrang vor der Main Stage: Dort entert eine Horde Urzeitjäger die Bühne. Jedenfalls haben sich die EXCREMENTORY GRINDFUCKERS heute in leopardengemusterte Togas mit Fellbesatz gezwängt und farblich abgestimmte Stirnbänder angelegt, um … naja, den einen oder anderen Pop- und Rock-Evergreen mit dem Speer zu erlegen und auf dem Grindcore-Lagerfeuer kross zu braten. „The Final Countdown“ wird da in der Verwurstung der sechsköpfigen Horde zu „The Final Grinddown“, aus „Anton aus Tirol“ wird der „Grindcore Out Of Hell“. Die Keyboards sind schäbig, der Gesang eher schief – der Fokus der GRINDFUCKERS liegt definitiv darauf, dass am Ende eine schnell geschrammelte Grindcore-Version rauskommt.
Aber die Band ist mit ihrer sympathischen und durchgeknallten Art auch ein Garant für gute Laune. „Wer hat an diesem Wochenende ordentlich gesoffen?“, fragte da einer der Sänger – nur um als Fazit zum nächsten Stück überzuleiten: „Ihr Habt Den Alkohol Nie Wirklich Geliebt“. Das kommt gut an und sorgt für ordentlich Bewegung in der Menge. Immer wieder branden „Grindcore, Grindcore“-Anfeuerungen auf, eine schier endlose Polonaise schunkelt sich durch die Reihen und als einer der GRINDFUCKERS im Dino-Kostüm von der Bühne steigt, um selbst auf der Crowd zu surfen, gehen alle Hände nach oben. Wahnsinn!
(Eckart)
Galerie mit 21 Bildern: Excrementory Grindfuckers - Summer Breeze Open Air 2023A SECRET REVEALED
(Wera Tool Rebel Stage, 12:20–12:50)
„Michi, mach mir ein Kind!“, prangt es in großen Lettern auf einem Pappschild in der ersten Reihe. Gehalten wird dieses nicht etwa von einem pubertierenden Teenager, sondern von einem Mann, dessen grauer Bart das Schildchen noch weiter ad absurdum führt. Guter Gag! Der „Angebetete“ ist Frontmann von A SECRET REVEALED, die sich sichtlich gerührt zeigen – vielleicht liegt es aber auch am großen Andrang, denn die Wera Tool Rebel Stage bietet dringend benötigten Schatten. Es ist heiß, die Sonne knallt und die Post-Metaller haben etwas Kontrastprogramm im Gepäck: Schwarzmetallisch angehauchte Gitarren, ein durchgehend (be)drückendes Klangbild sowie emotionale Shouts, die eher Richtung Hardcore tendieren, zeigen der Sonne den sprichwörtlichen Mittelfinger. Dür Würzburger verlieren sich trotz der Hitze in ihrem Material und bewegen sich munter über die Bühne. Für das Publikum gilt dies zunächst nicht, bis die Band einen kleinen Anschubser gibt, der die mittägliche Trägheit endgültig löst und A SECRET REVEALED zeigen, dass sie ein lohnender Geheimtipp sind.
(Jan)
Galerie mit 7 Bildern: A Secret Revealed - Summer Breeze Open Air 2023VALKEAT
(Wera Tool Rebel Stage, 13:45–14:15)
VALKEAT sind dieses Jahr einer der Geheimtipps auf dem SUMMER BREEZE. Die finnische Folk-Metal-Band, die sich vor allem durch die Verwendung traditioneller Instrumente, wie der finnischen Kantele, auszeichnet, feiert zugleich nicht nur Premiere auf dem SUMMER BREEZE, sondern auch ihren allerersten Auftritt außerhalb Finnlands, wie Sänger Miikka nach ein paar Songs erzählt. Das dürfte wohl auch die Aufregung des Fronters erklären, die man ihm schon vor Beginn des Auftritts ansieht, als er sichtlich nervös auf der Bühne auf und ab läuft und Unruhe verbreitet. Leider pfuscht ihm der hohe Adrenalinpegel dann auch während des Auftritts immer wieder ins Handwerk und sorgt für reichlich schiefe Töne und Mikrofon-Pannen.
Dennoch hat er aufgrund seiner liebenswerten Art die Sympathien der Zuschauer eindeutig auf seiner Seite. O-Ton: “Ist der knuffig, können wir den adoptieren?!“ VALKEAT liefern, die stimmlichen Defizite abgesehen, ein musikalisch einwandfreies, melodisches Set mit eigener Note, das Lust auf mehr macht. Den Zuschauern gefällt es sichtlich, auch wenn sich die Menge vor der Bühne leider nach ca. der Hälfte des Sets ein wenig ausdünnt, was aber mehr damit zu tun haben dürfte, dass viele mit dem Schatten des Daches vor der Wera Tool Rebel Stage wandern und kaum einer heute in der Sonne stehen bleiben möchte.
(Sonja)
Galerie mit 21 Bildern: Valkeat - Summer Breeze Open Air 2023KNORKATOR
(Main Stage, 15:00–15:45)
Sonne macht doof – beste Voraussetzungen also für „Deutschlands meiste Band der Welt“. KNORKATOR sind jedenfalls ein Gute-Laune-Garant und heizen der Menge vor der Main Stage ganz ohne Flammenwerfer und Pyro-Effekte ordentlich ein. Obwohl die Band sich große Mühe mit ihrem räudigen Straßenköter-Image gibt, ist es doch der scharfzüngige Wortwitz und die virtuose Sprachakrobatik, mit denen Keyboarder und Guildo-Horn-Doppelgänger Alf Ator und seine Mannen die Massen begeistern. Wie sehr die Hirne dabei am Kochen sind, zeigt spätestens die ultraschiefe Gesangeinlage des Erste-Reihe-Fans, dem Stumpen für den Refrain von „Wir Werden Alle Sterben“ sein Mikrofon hinhält. Eine bessere Figur als Gastsänger machen da Alf Ators Sohn Tim Tom bei „Böse“ und Stumpens Tochter Agnetha bei „Ding Inne Schnauze“. Letztere verbringt die Zeit bis zu ihren Gastauftritten an einem Bistrotischchen im Bühnenhintergrund. Ein, Reclam-Büchlein lesend, gibt sie sich große Mühe, die gelangweilte Fratze des bourgeoisen Kultursnobismus vorzuspielen.
Derweil feiern KNORKATOR sich selbst und ihr Publikum nach allen Regeln der Kunst ab. Stumpen bittet zu Beginn die Fotografen zu sich auf die Bühne, nur um sie ein Lied später mit gehörigem Nachdruck und angedeuteten Arschtritten wieder zu verscheuchen. Und Alf Ator zerlegt mitten im Set mal wieder eines seiner Keyboards, dessen Überreste daraufhin von Stumpen an die Fans in den ersten Reihen „verfüttert“ werden – business as usual also. Und wie es sich für eine KNORKATOR-Show gehört, werden am Ende alle Anwesenden noch „Zähneputzen, Pullern Und Ab Ins Bett“ geschickt. Dafür mag es um dreiviertel vier noch zu früh sein, andererseits ist es angesichts der brütenden Hitze vielleicht nicht die schlechteste Idee, ein schattiges Plätzchen zu suchen und sich an diesem niederzulassen, um neue Kraft für den finalen Festivalabend zu sammeln.
(Floh)
Galerie mit 28 Bildern: Knorkator - Summer Breeze Open Air 2023HALF ME
(Ficken Party Stage, 17:30–18:00)
Kalte Brise aus Hamburg am Samstag auf der Party Stage: HALF WAY aus dem Norden geben sich die Ehre beim SUMMER BREEZE. Der schmackhafte Metalcore-Happen wurde als kleiner Geheimtipp gehandelt. Der Sound der Band: Stabiler Metalcore mit Electro-Tunes verfeinert. Das Ding geht auf, denn die Band aus der Hafenstadt bringt die Festivalbesucher direkt zum freudigen Headbangen. Band hat Laune, Publikum hat Laune und so wird sich mit den Worten „SUMMER BREEZE, was zur Hölle ist los?“ und einem Lächeln im Gesicht seitens HALF ME sehr gefreut. Die Truppe präsentiert sich herrlich, auf das Wesentliche konzentriert und trifft mit ihrem gradlinigen Metalcore die Geschmäcker. Es wird getanzt oder trampelnd Staub vom Boden aufgewirbelt. Alles ist hier heute möglich, denn die Hamburger bringen ruhige als auch zupackende Elemente an den Start. Damit hinterlassen HALF ME einen Eindruck, der haften bleibt – genauso wie das durchgeschwitzte Shirt am Körper des Menschen im Pit neben einem. HALF ME, das war ein klasse 30-Minuten-Set und wir haben euch ab sofort definitiv auf dem Zettel.
(Jeanette)
Galerie mit 14 Bildern: Half Me - Summer Breeze Open Air 2023HATEBREED
(Main Stage, 17:40–18:40)
Es ist knapp 18 Uhr – endlich Zeit für TENACIOUS D. Oder doch nicht? Der mit Vollbart und ins Gesicht gezogener Schildkappe auf die Bühne springende Hauptakteur ist allerdings nicht Jack Black, sondern Jamey Jasta, der sich in der letzten Zeit optisch offensichtlich bemerkenswert verändert hat. Die tiefen Gitarren mit den ersten stampfenden Rhythmen von „To The Threshold“ offenbaren dann auch schnell, dass es sich hierbei natürlich um die US-amerikanische Hardcore-Institution HATEBREED handelt, die den wohl letzten Auftritt bei gleißender Hitze hinlegt.
Das scheint den gut gelaunten Jasta allerdings kaum zu tangieren, denn bereits nach wenigen Songs fordert er die Fans auf, sich mehr zu bewegen und alles dafür zu tun, am Montag keine Stimme mehr zu haben. Begleitet durch Mitgröler wie „Live For This“ oder „Destroy Everything“, welche das komplette Infield mit voller Kehle mitschreit, ist das keine sonderlich schwere Aufgabe. Aus dem Fundus von mittlerweile 30 Jahren Bandgeschichte, picken sich die Jungs aus Connecticut einen Querschnitt ihrer bisherigen Schaffenszeit heraus und lassen dabei kaum Hits aus. Viel Bewegung, Moshpits und fiebernde Shouts des gesamten Publikums – das fordert noch einmal alles ab.
(Patrick)
Galerie mit 21 Bildern: Hatebreed - Summer Breeze Open Air 2023TANKARD
(T-Stage, 18:35–19:35)
Die Sonne verschwindet langsam, aber sicher hinter dem Horizont und mit TANKARD spielt nun die vielleicht beliebteste deutsche Thrash-Metal-Band mit Party-Charakter auf. Fronter Gerre hält sich direkt an das Credo „Babbeln, wie einem der Schnabel gewachse‘ is‘“ und sorgt damit mindestens für regelmäßige Schmunzler innerhalb des Publikums. Bei „Chemical Invasion“ tanzt er mit einem Crewmitglied, das er sich kurzerhand vom Randbereich der Bühne krallt, „A Girl Called Cerveza“ widmet er hingegen einer dunkelhaarigen Dame aus der ersten Reihe.
Andy und Frank an den Saiten machen einen gut gelaunten, agilen Eindruck und beschäftigen sich mit eifrigem Positionswechsel. Am Siedepunkt ist die Stimmung dann bei der Mitsinghymne zu Ehren des allgegenwärtigen Gerstensaftes „Freibier“, was dann auch das komplette Infield zum Mitmachen bewegt. Dass TANKARD an diesem Vorabend auch besonders viele Klassiker wie „The Morning After“ oder „Zombie Attack“ im Gepäck haben, ist dazu noch die Kirsche auf der Torte.
(Patrick)
Galerie mit 26 Bildern: Tankard - Summer Breeze Open Air 2023KILLSWITCH ENGAGE
(Main Stage, 19:10–20:30)
„You guys know how to make a bunch of drunk Americans very happy!“ Warum sich KILLSWITCH ENGAGE als Headliner am Samstag so dermaßen freuen, hat mehrere Gründe. Vielleicht ist es die Menge, die ab Sekunde eins von der Band total eingefangen wird und direkt am Feiern ist, vielleicht sind es auch die Crowdsurfer, die auf den Bäuchen von anderen Crowdsurfern stehen (was KILLSWITCH ENGANGE direkt mit bewundernden Worten bedenken), vielleicht ist es aber auch die Tatsache, dass die US-Amerikaner hier heute extrem gut abliefern und mit enormer Spielfreude ihren Slot bestreiten. Doch fangen wir von vorne an.
Alles beginnt mit „My Curse“ und damit geht es direkt zur Sache. KILLSWITCH ENGAGE sind höchst motiviert unterwegs. Auf Spezialeffekte, Lightshows oder Pyro-Technik verzichten sie gänzlich. Auf der Bühne gibt es nur Jesse Leach und Co. und das in verdammt guter Form. Gitarrist Adam Dutkiewicz ergreift zwischendrin immer mal wieder die Gelegenheit und das Mikrofon, um mit der Menge vor der Bühne Kontakt aufzunehmen, wodurch er Circlepits und eine amtliche Wall Of Death heraufbeschwört.
Heute bleiben mit Blick auf die Setlist wenig Wünsche offen: Ob „Hate By Design“ oder „The End Of Heartache“, KILLSWITCH ENGAGE geben Gas, machen Druck und haben sichtlich Spaß auf der Bühne. So viel, dass Jesse und Adam kurzerhand selbst im Graben verschwinden und sich mit den Fans abklatschen. Vollkörperkontakt mit den Fans, welcher mit Zusatzapplaus honoriert wird. Die Band macht den Sack final mit einem Cover des DIO-Hits „Holy Diver“ zu. Tausende Hände schnellen dafür mit der Pommesgabel in die Höhe und wippen im Takt mit. Perfekter Abschluss für eine rundum gelungene Show. KILLSWITCH ENGAGE freuen sich, wir freuen uns.
(Jeanette)
Galerie mit 25 Bildern: Killswitch Engage - Summer Breeze Open Air 2023IOTUNN
(Wera Tool Rebel Stage, 19:40–20:25)
IOTUNN sind keine Fans großer Worte. So verzichten die Dänen praktisch komplett auf Ansagen und füllen ihren 45-minütigen Slot bis zum Anschlag mit ihrer Musik. Das geht so weit, dass das Intro bereits vor der offiziellen Startzeit erklingt und man einige verdutzte Besucher hastigen Schrittes herbeiströmen sieht, um ja nichts von der Show zu verpassen. Den Geheimtipp-Status kann man damit wohl abhaken, es hat sich bereits herumgesprochen, dass IOTUNN wahnsinnig gute und – das ist das eigentlich besondere – ziemlich einzigartige Musik machen. Ihr Mix aus melodischem Death Metal mit progressiven Klängen und einer extrafetten Dosis Atmosphäre bringt die Menge vor der Wera Tool Rebel Stage zum kollektiven Mitwippen und Bangen – für Crowdsurfer oder Circlepits ist die Musik dann aber doch nicht partytauglich genug.
Der stets etwas heiser wirkende Gesang von Jón Aldará verleiht den Stücken ein ganz besonderes Charisma. Dabei verbirgt der Frontmann sein Gesicht die meiste Zeit über unter der Kapuze eines weißen Wintermantels (Geht der bei dieser Hitze denn nicht ein???) und findet mit dem Träger eines waschechten Weihnachtsmann-Capes im Publikum wenigstens eine Person, die sich kleidungstechnisch mit ihm solidarisiert. Alle anderen sind einfach nur froh über die aufziehenden Wolken, die der Sonne ihre unbarmherzige Kraft rauben und für ein langsames Absinken der Temperaturen in den erträglichen Bereich sorgen.
Viel zu früh geht der Auftritt seinem Ende entgegen und findet seinen überragenden Abschluss in „Voyage Of The Garganey I“, das noch einmal alle Stärken IOTUNNs auf den Punkt bringt: Aggressive Riff-Teppiche, Rhythmen, die vom Ohr ohne den Umweg über das Hirn direkt in Beine und Nacken übergehen, getragene Melodiebögen, darüber der eindringliche Gesang von Jón Aldará und immer wieder ruhige Zwischenparts. Starke Grundmotive, die konstante weiterentwickelt und moduliert werden. So funktioniert progressiver Metal – so und nicht anders.
(Floh)
Galerie mit 40 Bildern: Iotunn - Summer Breeze Open Air 2023DECAPITATED
(T-Stage, 20:30–21:30)
Zur besten „Sendezeit“ um 20:30 Uhr entern DECAPITATED die T-Stage und teilen ihr Set in zwei Hälften: Der Anfang steht ganz im Zeichen ihres aktuellen Albums „Cancer Culture“, dessen Artwork das Backdrop im Hintergrund ziert. Ohne das Bandlogo wohlgemerkt – auch ein Statement. Jedenfalls liefern DECAPITATED die neuen Stücke, die neben einem ordentlichen Groove wieder etwas hakeligeres Gitarrenspiel auffahren, richtig gut ab. Die Menge ist schnell in Bewegung und Sänger Rafał Piotrowski macht immer wieder eine rührende Handbewegung: Circlepit, aber dalli!
Den Polen mit britischem Drummer ist Interaktion mit dem Publikum besonders wichtig. Der Sänger mit den knielangen Rastas fragt, wer die Band heute das allererste Mal sieht. Und es sind schon erstaunlich viele, die die Hand heben, woraufhin DECAPITATED weit in die eigene Vergangenheit zurückgehen: Mit „Sheres Of Madness“ spielen sie ihren wohl größten Hit und mit „Nine Steps“ gibt es sogar einen Uraltsong von ihrem Debüt „Winds Of Creation“.
Später sagt Gitarrist Vogg: „Danke, SUMMER BREEZE, ihr enttäuscht nie!“ Dabei wirkt der Mann so ehrlich, wie es nur sein kann. Am Ende nimmt sich die Band nicht nur Zeit für das fast schon obligatorische Selfie mit der Meute, Vogg stellt zu den Klängen des Outros auch noch alle Bandmitglieder vor: Das rundet den ohnehin intensiven Gig sympathisch ab.
(Eckart)
Galerie mit 30 Bildern: Decapitated - Summer Breeze Open Air 2023IN FLAMES
(Main Stage, 21:15–22:45)
“Holy Cannelloni” oder auch IN FLAMES “in the house”. Die Melodic-Death-Metal-Klatsche kommt mit lieben Grüßen aus Göteborg. Druckvoll und mächtig legen IN FLAMES direkt mit „The Great Deceiver“ los. Die anhaltendenden „In Flames“-Rufe der Besucher:innen untermalen die energetische Atmosphäre und die Stimmung brodelt nah am Siedepunkt. Es ist heiß und wird noch heißer, dank solcher Knaller wie „Cloud Connected“ und „I Am Above“, welche Anders Fridén und Co. dem Publikum entgegenschmettern. Die Schweden können es selbst kaum fassen, was für eine Bambule vor der Bühne herrscht.
Als Repertoire heute im Gepäck: Ein kleiner Rückblick auf die letzten Alben. Mit „Behind Space“ packen IN FLAMES sogar einen Track vom Debüt „Lunar Strain“ in die Setlist. Aber natürlich konzentrieren sich die Schweden eher auf ihre neueren Veröffentlichungen.
Mit einem „Shut the f#€k up!“, das Fronter Anders grinsend von der Stage ans Publikum richtet, versucht der Sänger zwischen die ständigen „In Flames“- Rufe zu kommen, um selbst ein paar Worte sagen zu können: „We are honoured to reach you people with our music. We wanna say thank you!“ Dankbare Worte an die Fans, die ihr Ziel nicht verfehlen und mit anhaltendem Beifall honoriert werden. Am Ende gibt es passend dazu das AC/DC-Cover „Let Me Put My Love Into You!“. Göteborg sendet Liebe und die Menge feiert. Die Headliner-Show von IN FLAMES ist kontinuierliche Vollpower und der Melodic-Death-Roundhouse-Kick, der das Samstagabend-Line-Up perfektioniert.
(Jeanette)
Galerie mit 28 Bildern: In Flames - Summer Breeze Open Air 2023THE SPIRIT
(Wera Tool Rebel Stage, 21:35–22:20)
THE SPIRIT haben keinen leichten Stand an diesem Samstagabend. Ein riesiger Strom Metalheads wandert direkt von DECAPITATED zu IN FLAMES an der Wera Tool Stage vorbei zur Hauptbühne. Trotz der starken Anziehungskraft der Schweden auf der Main Stage, haben sich auch noch genug Liebhaber vor der kleinen Bühne versammelt, um den Saarbrücker Death-Blackern zu lauschen.
Nach anfänglichen Lautstärkeproblemen beim Opener „The Climax Of Dejection“ haben Sänger und Gitarrist MT und seine Band aber alles im Griff.
Auch wenn das Stage-Acting etwas dürftig ausfällt, wird kräftig vor und auf der Bühne abgebangt. Die schwer DISSECTION-lastige Mucke zieht oft ordentlich das Tempo an und wird durch verspielte Leads abwechslungsreich aufgebrochen. Songs wie „Celestial Fire“ sind über jeden Zweifel erhaben. Wer meint, dass ihr oder ihm der Basser bekannt vorkommt, täuscht sich nicht, denn mit Linus Klausenitzer hat die Band einen echten „Hundertsassa“ im Live-Line-Up. Die ausgewogene Setlist legt den Fokus klar auf die letzte Veröffentlichung, aber auch ältere Stücke wie „Repugnant Human Scum“ oder das abschließende „The Clouds Of Damnation“ runden die Show gelungen ab.
(Oliver S.)
Galerie mit 19 Bildern: The Spirit - Summer Breeze Open Air 2023MARDUK
(T-Stage, 22:25–23:25)
Böse, böser, MARDUK! Am letzten Tag bekommen die Black-Metaller auf dem SUMMER BREEZE endlich, was sie verdienen. Und die echten Fans wollen hier eh nichts anderes sehen und hören, oder? Wir erinnern uns: „Nur MARDUK, verdammte Scheiße!“
Zu lautem, druckvollem, insgesamt sehr gutem Sound legen die Schweden sofort los. „Baptism By Fire“ vom 1999er-Highspeed-Album „Panzer Division Marduk“ ist ein frühes Highlight, das ein Bursche durch einen völlig deplatzierten Macarena-Tanz optisch stört. Wenn du es nicht fühlst, geh zum Ficken-Stand! Tut er dann vielleicht auch – zumindest verlässt er die T-Stage nach seinem kurzen Fremdschäm-Moment. Gerade rechtzeitig, bevor Mortuus ihn sehen und aufessen konnte.
Hach, warum muss die Gitarre gerade bei der Megamelodie vom „Frontschwein“-Hit „The Blond Beast“ abkacken? Zu Leise, schade. Dafür belohnen uns MARDUK heute mit viel Aufmerksamkeit (natürlich alles im Black-Metal-Korsett): Mortuus animiert mehrfach stimmlich, Bloodhammer übernimmt den Part mit seiner Bassdrum und der Bassist schenkt uns ein zustimmendes Nicken.
Es folgen „Blood Of The Funeral“, „Viktoria“ (hier spielt Morgan sichtlich angestrengt, wie wir auf den Leinwänden verfolgen können), „Werwolf“, „With Satan And Victorious Weapons“ (natürlich) und andere Hochgeschwindigkeitshits und Midtempo-Manöver. Pyros befeuern die höllisch gute Stimmung zusätzlich.
Erneut mehr als beachtlich sind die keifenden Giftvocals von Mortuus, der hin und wieder gespenstisch heulende Töne einwirft. Kollege Eckart erkennt: „Zwischendurch hat er geschrien, als wäre ihm ein Pyro ins Gemächt geschossen.“ Im Ernst: Die stimmliche Leistung ist sagenhaft und in dieser Form unerreicht.
(André)
Galerie mit 19 Bildern: Marduk - Summer Breeze Open Air 2023HAMMERFALL
(Main Stage, 23:25–00:35)
Als vorletzter Act auf der Main Stage des diesjährigen SUMMER BREEZE geben sich HAMMERFALL die Ehre. Der Auftritt der Schweden, die ein gern gesehener, regelmäßiger Gast auf dem Festival sind, ist auch entsprechend gut besucht. Gleich zu Beginn ist klar, die Zuschauer haben Bock und die Band ist in Bestform – was will das Fan-Herz mehr? Entsprechend heiß geht es im Bereich vor der Bühne auch sofort her, inklusive ohrenbetäubender HAMMERFALL-Chöre aus dem Zuschauerbereich zum Ende von “The Metal Age“. Fronter Joacim Cans begrüßt die anwesenden Massen mit den Worten, die Band habe die Fans vermisst, und verspricht einen epischen Auftritt ohne Balladen. Dies stößt auf klaren Zuspruch aus dem Publikum.
Entsprechend energetisch geht es durch ein gut durchmischtes Set aus alten und neuen Songs, das jeden Fan begeistern wird. Selbst einsetzender Regen, der während “Renegade“ gut ein Drittel der Zuschauer in die Zelte treibt und einmal mehr beweist, dass Regen halt doch kein Metal ist, tut der Mega-Stimmung im restlichen Publikum keinen Abbruch. Die Fans interagieren mit Joacim Cans und machen jedes Brüll- und Singspielchen freudig mit. Während eines instrumentalen Medleys aus Stücken vom „Crimson Thunder“-Album kann man gar zwei metal.de Flaggen ihre Runden in der Menge drehen sehen…
Die Zeit vergeht wie im Flug, und als mit “Hearts On Fire“ der letzte Song des Sets angestimmt wird, klettert der Fronter auf die Absperrung der ersten Reihe und lässt im Refrain die Fans einzeln in sein Mikro brüllen. Das Endergebnis ist wechselhaft schön, aber auf jeden Fall unheimlich enthusiastisch! Insgesamt wirkt die Meute vor der Bühne noch kein bisschen müde, sondern eher so, als würden sie gern nochmal von vorne anfangen. Sieht so aus, als hätten HAMMERFALL mal wieder eine Punktlandung hingelegt.
(Sonja)
Galerie mit 18 Bildern: Hammerfall - Summer Breeze Open Air 2023I AM MORBID
(T-Stage, 00:20–01:20)
Hui, es ist ja erstaunlich leer vor der T-Stage. Eigentlich sind HAMMERFALL, die auf der Main Stage spielen, keine direkte Konkurrenz zu I AM MORBID. Und mit David Vincent und Pete Sandoval stehen gleich zwei ehemalige MORBID-ANGEL-Recken auf der Bühne, um Klassiker ihrer alten Band zu performen. Oder wie es Bassist und Sänger David Vincent auf den Punkt bringt: „We play some old school shit.“ Nehmen wir also einfach an, dass der Bandname I AM MORBID den meisten Festivalbesuchern nichts sagt.
Tja, Pech gehabt. Denn auch wenn nicht der Originalname draufsteht, ist doch ganz viel MORBID ANGEL drin: mit Songs wie „Fall From Grace“, „Rapture“ und „God Of Emptiness“; mit einer atemberaubenden spieltechnischen Präzision, die zu einem guten Teil von Drummerlegende Pete ‚Commander‘ Sandoval ausgeht (der ja mittlerweile auch schon 59 Jahre alt ist); mit den beiden Flitzefingern Bill Hudson und Richie Brown, die jedes Trey-Azagthoth-Solo in beeindruckendem Tempo spielen können. Frontmann David Vincent zeigt zudem, dass er nicht nur der Chefgrunzer im Ring ist, sondern auch eine verdammt gute Singstimme hat, als er den TYPE-O-NEGATIVE-Evergreen „Summer Breeze makes me feel fine!“ intoniert.
„Das SUMMER BREEZE ist ein tolles Festival mit tollen Bands – ich hoffe, ihr zählt uns am Ende dazu“, sagt Vincent. Kein Grund, tief zu stapeln, denn nach dem fetten Gig sehen wir im Publikum so einige selig grinsende Gesichter. Insofern: ja!
(Eckart)
Galerie mit 21 Bildern: I Am Morbid - Summer Breeze Open Air 2023ZEAL & ARDOR
(Main Stage, 01:00–02:00)
Bei ihrem letzten Auftritt auf dem SUMMER BREEZE im Jahre 2019 spielten ZEAL & ARDOR noch auf der T-Stage. Dieses Jahr ist es die Main Stage. Pünktlich nach MARDUK setzt ein Zustrom an Besucher:innen ein, bis das Infield für die doch späte Stunde mehr als gut gefüllt ist. Während die Band noch soundcheckt, wird das Publikum durch etwas anderes unterhalten. Auf beiden Screens neben der Bühne läuft die Dauerschleife eines tanzenden, rohen Brathähnchens. Dieses löst zuerst Amüsement aus, doch als es immer noch tanzt, als die Band bereits spielt, werden auch Beschwerden laut. Wir wissen aus hochoffizieller Quelle: Eine Übertragung des Streams war wegen eines Internetproblems nicht möglich. Das Hähnchen gab es außerdem auf Wunsch von ZEAL & ARDOR. Das lassen wir mal so stehen.
Als die Übertragung wieder läuft, stimmt auch die Atmosphäre. Die Band zieht ihre energiegeladene Show hochprofessionell durch, wird aber abermals von der Technik ins Aus befördert. „Das ist der Teil vom Set, wo wir einen Server rebooten, oh yeah,“ witzelt Fronter Manuel Gagneux und hält so die Menge bei der Stange. „Reboot, Reboot!“ erwidert diese. „Falls jemand fragt, das ist nie passiert. Hallo, Arte!“ Zu seinen schweigsameren Zeiten hätte man nicht erwartet, dass Gagneux auch Stand-Up-Qualitäten hat. Als endlich alles wieder läuft, steigert sich die Dynamik der Band und auch die des Publikums von Song zu Song. Etwas anderes ist bei der Setlist, die ZEAL & ARDOR servieren, aber auch nicht denkbar. „Church Burns“, „Götterdämmerung“, „Ship On Fire“ und „Death To The Holy“ sind nur die Spitze des Eisbergs. Mit „Baphomet“ beenden ZEAL & ARDOR ihr Set und proklamieren: „Hail fucking Satan!“
(Angela)
Galerie mit 21 Bildern: Zeal & Ardor - Summer Breeze Open Air 2023PERTURBATOR
(T-Stage, 02:15–03:00)
Nun ist es soweit. Die letzte Band des SUMMER BREEZE 2023 steht an. An dieser Stelle könnt ihr gern ausgelutschte Metaphern wie „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“ oder auch „man soll ja bekanntlich gehen, wenn’s am schönsten ist“ einfügen. Fakt ist, dass ein Künstler wie PERTURBATOR zum Abschluss wirklich einen echten Mehrwert schafft und einen mit einem ganz anderen Gefühl ins Zelt zurückkehren lässt, als es die „drölfte“ Death- oder Black-Band auf einem After-After-Headliner-Slot könnte. Sehr viele haben nicht bis 02:15 Uhr morgens durchgehalten, doch das Infield – pardon, die Tanzfläche – vor der T-Stage ist noch gut gefüllt.
Das Intro baut ordentlich Spannung auf, die sich schließlich in „Excess“ vom aktuellen Album „Lustful Sacraments“ entlädt. Dieses stellt sich als der ideale Opener heraus, denn es verpflichtet quasi zur Bewegung. Binnen kurzer Zeit mausern sich die Besucher:innen so von einem eher verhaltenen Wippen zum richtigen Tanzen. Diese Steigerung, die im Laufe des PERTURBATOR-Sets noch weiter zunimmt, bietet einen großartigen Anblick und trägt maßgeblich zur Atmosphäre der Show bei. Mit „Future Club“ und dem Rausschmeißer „Humans Are Such Easy Prey“ gibt es zwei weitere Highlights. Zusammen mit der perfekt abgestimmten Lichtshow entsteht ein audiovisuelles Gesamterlebnis, das einen sehr würdigen Abschluss für das diesjährige SUMMER BREEZE darstellt. Genau deshalb verlässt man das Infield am Ende eben doch mit einem lachenden und einem weinenden Auge.
(Angela)
Galerie mit 8 Bildern: Perturbator - Summer Breeze Open Air 2023Interessante Alben finden
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