Der große Festivalbericht 2018
Summer Breeze Open Air

Konzertbericht

Billing: Arch Enemy, Behemoth, W.A.S.P., Dirkschneider, Papa Roach, Trivium, Alestorm, Cannibal Corpse, Paradise Lost, Eisbrecher, Doro, Saltatio Mortis, Satyricon, Korpiklaani, Suicidal Tendencies, J.B.O., Bloodbath und Sick Of It All
Konzert vom 15.08.2018 | Flugplatz, Dinkelsbühl

Freitag, 17.08.2018

Galerie mit 18 Bildern: Summer Breeze 2018 - Gelände-Impressionen vom Freitag Galerie mit 108 Bildern: Summer Breeze 2018 - Konzert-Impressionen vom Freitag Galerie mit 16 Bildern: Summer Breeze 2018 - Infield-Impressionen vom Freitag Galerie mit 40 Bildern: Summer Breeze 2018 – Autogrammstunden Freitag ab 16:30 Uhr Galerie mit 69 Bildern: Summer Breeze 2018 – Autogrammstunden Freitag bis 16:30 Uhr

10.00 VAN SCHELLN

Galerie mit 20 Bildern: Van Schellen - Summer Breeze Open Air 2018

Fränkischer Mundart-Rock über Sex, Bier und Wurst. Geht nicht hin. Tut es einfach nicht.

11.00 ANNISOKAY

Galerie mit 21 Bildern: Annisokay - Summer Breeze Open Air 2018

Den Auftakt für die Main Stage am Freitag feiern ANNISOKAY, die just ihr neues Album „Arms“ auf die Welt loslassen. Das muss entsprechend gefeiert werden, neben dem Backdrop, das das Albumcover zeigt, gibt es somit auch frisches Futter von der neuen Platte. So wühlt sich etwa „Coma Blue“ durch die noch müden Knochen des Publikums und mischt diese gekonnt auf, sorgt so für reichlich Bewegung auf dem Infield und für ein breites Grinsen im Gesicht der Band.
Ein bisschen nervös mutet allein Sänger David Grunewald mit seinen zum Teil etwas überbordenden Ansagen an, die ein bisschen aus der Show heraus ziehen. Aber der nächste Lärmangriff kommt bestimmt, auch dank des Klargesanges von Christoph Wieczorek bewahren sich ANNISOKAY auf der Bühne den Funken Eingängigkeit, der Kenner springen und Neugierige aufhorchen lässt. Somit haben ANNISOKAY für diesen frühen Slot alles richtig gemacht: Hallo Wach gelungen, Stimmung gesteigert. Und zur Belohnung gibt es noch eine gelungene Autogrammstunde beim metal.de-Stand.

11.55 MEGAHERZ

Galerie mit 20 Bildern: Megaherz - Summer Breeze Open Air 2018

Nachdem EISBRECHER am Vorabend richtig abgeräumt haben, dürfen MEGAHERZ, die ex-Band des Checkers, heute bereits zur Mittagsstunde auf die Bühne. Die grauen Overalls und das Böse-Clowns-Make-Up mag in kleinen Clubs vielleicht noch eine gewisse Wirkung entfalten. Bei der vorherrschenden Hitze wirkt das allerdings etwas deplatziert. Trotzdem geben die Vorreiter der Neuen Deutschen Härte alles, um das Publikum für sich zu gewinnen.

Mit den ersten drei Songs halten MEGAHERZ einen enorm hohen Energiepegel. Doch nach „Jagdzeit“ verliert sich die Band in immer mehr vor Pathos triefenden Nummern. Die Fans machen weiter mit, doch immer wieder erinnern die Schmalz-Melodien an einschlägige Schlager-Konsorten. Das obligatorische „Miststück“ reißt das Ruder zum Abschluss noch mal rum. Bei EISBRECHER hat das alles aber etwas mehr Spaß gemacht.

12.00 GOATWHORE

Galerie mit 13 Bildern: Goatwhore - Summer Breeze Open Air 2018

Dass Louis Benjamin Falgoust seine Zuhörer schon zur Mittagszeit als ”Arschlöcher“ bezeichnet, stört im Pit vor der Bühne niemanden. Mit zackig flottem Beat und einem guten Animationsprogramm mischen GOATWHORE die müde Meute gehörig auf. Unaufhaltsam berserkern sie sich durch prallen Sonnenschein und staubige Circle Pits. All jene, die sich, dem Kater der letzten Nacht trotzdend, versammelt haben, sind innerhalb einer Dreiviertelstunde blackened Death Metals tischfertig aufgekocht. Auf der Bühne regt sich auch unter den wüstenartigen Wetterumständen einiges; Bass und Gitarre tauschen ihre Positionen immer wieder durch, während sich am Mikrofon die Seele aus dem Leib geschrien wird. Locker galoppierende, langsamere Passagen lassen Band und Publikum gelegentlich verschnaufen, für Crowdsurfing oder ähnlich anstrengende Aktionen ist es definitiv zu früh und zu warm. Kurz vor Ende der Darbietung pusten GOATWHORE noch einmal alle Gehörgänge durch, ehe sie in tosendem Jubel die Stage verlassen.

12.45 SEASONS IN BLACK

Galerie mit 17 Bildern: Seasons in Black - Summer Breeze Open Air 2018

Für SEASONS IN BLACK ist dieser Freitag etwas ganz besonderes. Die Band darf zum ersten Mal in ihrer 22-jährigen Karriere auf dem Summer Breeze spielen. „Es ist uns eine verdammt große Ehre hier auftreten zu dürfen“, sagt Sänger/Bassist Luck. „Das ist unser geilster Gig ever. Danke, danke, danke!“ Diese Dankbarkeit äußert die Band aber nicht nur verbal, sondern auch mit einer äußerst tighten Performance. Ihr Mix aus Melodic Death und Gothic Metal kam beim Publikum gut an. Toller Summer-Breeze-Einstand. SEASONS IN BLACK können gerne wiederkommen.

12.50 NORTHLANE

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Kaum drei Takte in den NORTHLANE-Set ist jegliche pathosschwangere MEGAHERZ-Schunkeligkeit wie weggewischt. Stattdessen gibt es nun amtlich auf die Fresse mit einer Metalcore-Abrissbirne, die mit vielen Prog-Einflüssen punkten kann. Da werden munter der Takt gewechselt, tiefergestimmtes Djent-Riffing abgefeuert und klassische Songstrukturen mit Wonne dekonstruiert. Dominiert von fetten Grooves nimmt das Publikum den sprichwörtlichen Ball gerne auf und nutzt die Show als Begleitung für ein intensives Moshpit-Sportprogramm, das dicke Staubwolken gen Himmel schickt. Als sich diese wieder verzogen haben, ist es angesichts des fetten Abrisses, den NORTHLANE veranstaltet haben, ein Wunder, dass die Bühne überhaupt noch steht.

13.15 TOXIC HOLOCAUST

Galerie mit 16 Bildern: Toxic Holocaust - Summer Breeze Open Air 2018

Auf der T-Stage gibt es bereits zur Mittagszeit den totalen Abriss. TOXIC HOLOCAUST sind gestählt durch ihre Tour Club-Tour mit DYING FETUS. Dementsprechend gut einspielt präsentieren sich Joel Grind und seine Mitstreiter beim Summer Breeze. Während der Bandleader seine giftigen Texte ins Mikor brüllt, kümmert sich Gitarrist Charlie Bellmore um die Bewegung. Unermüdlich rennt er von einer Bühnenseite zur anderen.

Nikki Rage beeindruckt derweil durch seine immense Ausdauer am Schlagzeug. Ebensolche Ausdauer verlangt Grind auch von den Fans. Vor „Nuke The Cross“ heißt es: „All you pussies in the back get ready to move!“ Die vorherigen Circle Pits werden anschießend noch getoppt. Schade nur, dass TOXIC HOLOCAUST ihr Set zehn Minuten zu früh beenden.

13.45 AMARANTHE

Galerie mit 22 Bildern: Amaranthe - Summer Breeze Open Air 2018

Wirklich genrespezifisch einordnen lassen sich AMARANTHE wohl nicht. Das dänisch-schwedische Sextett setzt auf seinen manchmal etwas zu kitschigen Mix aus modernem Metalcore, keyboardlastigem Elektro-Sound und weichgespült-poppigen Refrains. Was nach dem absoluten Albtraum eines jeden traditionsbewussten Metallers klingt, lockt zu später Mittagsstunde dann doch einige, zumeist jüngere Fans an die Main Stage. Sängerin Elize Ryd und ihre Kollegen geben sich größte Mühe, dem Publikum zu gefallen und sorgen mit einem Set aus ruhigeren Nummer wie „Amaranthine“ und vergleichsweise fetzigen Stücken wie „The Nexus“ für eine Stunde solide Unterhaltung. Das Gesamtwerk der sechs Skandinavier bleibt klar Geschmackssache, ihre Live-Qualitäten kann man ihnen jedoch nicht so einfach absprechen.

14.00 SPITFIRE

Galerie mit 16 Bildern: Spitfire - Summer Breeze Open Air 2018

Als Introsong läuft der AGNOSTIC FRONT-Klassiker „Gotta Go“. Wer jetzt mit Old School Hardcore rechnet, ist allerdings auf dem Holzweg. SPITFIRE bringen nämlich astreinen Rock’n’Roll auf die Bretter. 2017 wurde ihr Auftritt noch wegen einer Unwetterwarnung abgesagt. „Vielen Dank an das geile Summer-Breeze-Team, dass wir das dieses Jahr nachholen dürfen“, bedankt sich Frontmann Dick Dropkick.

Einige Fans konnte die Band für ihren Nachholgig mobilisieren, wie die SPITIFIRE-Shirts in den ersten Reihen beweisen. Insbesondere das hymnenhafte „Burn In Hell“ wird von ihnen lautstark mitgesungen. Mit „Desperado“ gab’s auch noch einen Song für alle Headbanger. Alles in allem eine schöne Abwechslung zwischen all dem Metal.

14.30 MISERY INDEX

Galerie mit 18 Bildern: Misery Index - Summer Breeze Open Air 2018

Satte neun Jahre, so lange haben MISERY INDEX gebraucht, bis sie den Weg wieder aufs Summer Breeze gefunden haben. Seitdem sind mit „Heirs To Thievery“ und „The Killing Gods“ zwei Alben ins Land gezogen, die die Amerikaner in der heutigen Setlist auch ausreichend berücksichtigen, von ihrer damaligen Durchschlagskraft hat das Quartett aber rein gar nichts eingebüßt. Den mächtig treibenden und melodischen Groove-Geballer stellen MISERY INDEX eine ausgereifte Portion Technik entgegen, die leider bis zur Mitte des Sets zu leise über den Äther ballert. Schade nur, dass die Rückkehrer nicht so arg viele Leute interessieren. Denn als bloße Wegbereiter für die später auf der gleichen T-Stage auftretenden DYING FETUS sind MISERY INDEX eindeutig zu schade.

14.55 DANKO JONES

Galerie mit 18 Bildern: Danko Jones – Summer Breeze Open Air 2018

DANKO JONES ist eine Rampensau wie sie im Buche steht. Nicht umsonst hat der kanadische Rock ‘n‘ Roll-Botschafter in der Vergangenheit auch schon reine Spoken-Words-Touren absolviert. Auf der Bühne fühlt er sich nun einmal einfach wohl. Einen Haufen Metalheads zum höchsten Sonnenstand vor die staubige Summer Breeze-Hauptbühne zu locken, kann daher keine größere Herausforderung für JONES und seine Mitstreiter darstellen. Dem ist dann auch nicht so. DANKO JONES-Chöre und Anfeuerungsrufe vom ersten Song an und beachtliche Textsicherheit bei den Versammelten machen das Grinsen des Dauer-Strahlemanns an der Gitarre noch ein wenig breiter. Die echsenartige Zunge zuckt zwischen allerlei Genre-Schlüpfrigkeiten und ziemlich eingängigen Refrains hin und her. Ohne große Effekthascherei mausert sich das Trio zum mitreißendsten Act des zweiten regulären Festivaltages.

15.15 ANCST

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Es gibt einen Song in der heutigen Setlist von ANCST, der beschreibt die 30 Minuten auf der Camel Stage sehr treffend: „Devouring Glass“. Schwer zu schlucken ausser für freiwillige Fetischisten. Die Berliner sind mit drei Alben und einem Haufen an Splits und EPs zwar beileibe keine unerfahrenen Greenhorns und erledigen ihren Job so, wie man es als Fan nach sieben Jahren Bandgeschichte erwarten kann: inbrünstig, fehlerlos und denen, die es täglich auf der Speisekarte haben, sicherlich ein Festschmaus. Die insgesamt 10 Songs geraten dann aber doch ein wenig zu eintönig, weil ANCST gefühlt neunzig Prozent der Zeit nur eine Gangart kennen und die heisst Blast Beat. Dabei zeigen die wenigen Atempausen in Form grooviger Parts, dass doch einiges an Bewegung in die Menge reinkommt, sobald man den Fuß vom Gas nimmt. Immerhin können ANCST von sich behaupten, einen Panda-Bären zum Crowdsurfen bewegt zu haben. Und das ist doch auch schon Mal etwas.

15.45 TANKARD

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TANKARD und Festival – das ist eine Verbindung, die passt. Die Frankfurter Sauf-Thrasher behandeln in ihren Songs schließlich die großen Themen rund um den Gerstensaft, und damit kann vermutlich jeder der Anwesenden etwas anfangen. So ist es nicht verwunderlich, dass der Opener „One Foot In The Grave“ und der dramatische Klassiker „The Morning After“ nicht zu knapp abgefeiert werden. Frontmann Gerre hat die Menge auch vom Start weg im Griff: Immer wieder fordert er das Publikum auf zu jubeln, lupft dann sein T-Shirt nach oben und klopft sich zur Unterstützung mit dem Mikrofon auf seine entblößte Plauze. Dieser Anblick erträgt sich gleich leichter mit einem kühlen Blonden intus.

Die fachkundige Meute erfreut sich aber ebenfalls an den Stücken, und hier vor allem an Uralt-Thrashern der Marke „Chemical Invasion“ – wobei auch neuere Stücke wie „Rapid Fire“ im Moshpit abgefeiert werden. Crowdsurfer haben es dadurch allerdings etwas schwer, nach vorne zu kommen. Dennoch: Gute Stimmung, gute Show. Und offensichtlich hat Gerre beim mittlerweile fünften Stelldichein auf dem Breeze noch eine Sache nachzuholen: So fordert er das Publikum für ein Foto auf, in die Kamera zu jubeln – „damit meine Mudder sieht, wie geil ihr hier seid!“ Damit ist alles gesagt, oder?

16.00 ATENA

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Liebes Jungs von ATENA, wir müssen reden! Nein, es liegt nicht an mir – es liegt an euch. Eure Outfits gehen einfach mal sowas von überhaupt gar nicht. Und auch euer Stageacting ist einfach viel zu hölzern. Ja, ich weiß, letztlich zählt doch die Musik und da habe ich auch wenig zu meckern. Euer Modern-Metal-Sound ist abwechslungsreich und handwerklich sauber akzentuiert in Szene gesetzt. Kein Wunder also, dass die kleine aber feine Fanschar vor der Bühne auf euch fliegt und den gesamten Zuschauerraum in dichte Staubwolken hüllt. Aber ein wenig solltet ihr das Augenmerk für eure zukünftige Entwicklung doch noch auf eure Bühnenperformance legen, denn schließlich muss eine erfolgreiche Band nicht nur ordentlich was auf die Ohren geben, sondern auch was fürs Auge bieten. Ansonsten aber alles super, bitte weiter so, ich freue mich auf ein Wiedersehen!

16.05 J.B.O.

Galerie mit 21 Bildern: J.B.O. - Summer Breeze Open Air 2018

Party in rosa – mal wieder. Aber J.B.O. sind nun mal, wer sie sind – wer sie schon immer gewesen sind. Die einen begraben angesichts ihrer bloßen Erwähnung das Gesicht in beiden Händen, die anderen begegnen dem Live-Blödsinn, der es auch ins Jahr 2018 geschafft hat, mit offenem Herzen. Lachmuskel-Programm ist natürlich immer eine subjektive Sache und man muss es einfach sagen: J.B.O. sind in dieser Hinsicht mit ihren letzten Platten etwas eingerostet.

Doch zum Glück bringen Vito C., Hannes G. Laber und Co. neben ihrer „Deutsche Vita“ auch eine gute handvoll Bandklassiker mit, die vom Publikum natürlich freudig in Empfang genommen werden. Als da wären „Bolle“, den das Publikum im Schlaf mitsingt, ebenso wie das „Gänseblümchen“, das in einem Set der Erlangener eigentlich auch nicht fehlen darf. Interessant ist das Crowdsurfing-Schlauchbootrennen, das J.B.O. zu den Tönen von „Wir ham‘ ne Party“ austragen lässt und stilecht von einem Mann im rosa Anzug gewonnen wird. Bei der Wahl zwischen zwei Songs entscheidet sich das Publikum stilsicher für den Gassenhauer „Mei‘ Alde is im Playboy drin“ und bei „Verteidiger des Blödsinns“ reißt das Publikum die Main Stage endgültig ab. Zu viel Blödsinn für Griesgräme, für die Kleinkinder unter den Festivalgästen jedoch gerade richtig.

16.30 NIGHT IN GALES

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In den späten Neunzigern galten NIGHT IN GALES als so etwas wie das deutsche Pendant zur schier übermächtigen schwedischen Melodic Death Metal-Szene. Dass die fünf Jungs vom Niederrhein nichts von ihrer unsagbaren Brutalität verloren haben, stellen sie mit Brettern wie „The Last Sunsets“ eindrucksvoll unter Beweis. Das Quintett liefert an diesem heißen Nachmittag den optimalen Soundtrack für ausgiebiges Headbanging und wilde Mosh Pits.

17.00 DYING FETUS

Galerie mit 11 Bildern: Dying Fetus - Summer Breeze Open Air 2018

Wozu fünf Bandmitglieder, wenn man den technischen Death Metal der Meisterklasse auch mit zwei röchelnden Flitzefingern und einem unmenschlich tighten Taktknüppler auf die Bretter bringen kann? Dachten sich auch DYING FETUS. Die filigranen Tapping-Passagen im Wechsel mit den nackenbrechenden Slam-Parts gehen der gegen den herumwirbelnden Staub maskierten Menge runter wie Öl. Da kann auch der einsetzende Regen eigentlich nur Gutes wirken, indem er das in die Atmosphäre getrampelte Infield wieder etwas auf dem Boden fixiert. Nach einer Dreiviertelstunde gehen die letzten Riffs ansatzlos in die Studioversion von „Celebration“ über. Bei DYING FETUS pflegt man halt einen ganz eigenen grimmigen Humor, nicht nur bei der Auswahl der Songtitel („Kill Your Mother, Rape Your Dog“).

17.00 HALCYON DAYS

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Ist die Größe immer entscheidend? Beim Circle Pit verspricht auch ein geringe Menschenanzahl große Freude. So zu bestaunen bei den HALCYON DAYS, welche auf der Ficken Stage ihre erste Show außerhalb ihrer Heimat Norwegen bestreiten. Die Post-Hardcorer haben zunächst zwar mit Soundproblemen zu kämpfen (eine Gitarre ist kaum zu hören) überzeugen aber schnell durch ihre Begeisterung. Geboten wird Post-Hardcore, der im internationalen Ranking mindestens im oberen Mittelfeld rangiert und der vergleichsweise überschaubaren, aber durchgehend steigenden Anzahl an Schaulustigen große Freude bereitet. Spielfreude und gute Laune machen eben viel aus!

17.20 SALTATIO MORTIS

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Mit den Klängen von SALTATIO MORTIS halten auch die ersten Regentropfen auf dem Summer Breeze Einzug, die sich im Laufe des Gigs zu einem waschechten Platzregen auswachsen. Doch angesichts der feurigen Bühnenshow der Badenser kommt eine kleine Abkühlung den meisten Anwesenden nicht einmal ungelegen. Mit dem zutiefst ironischen „Früher war alles besser“ steigen die Spielleute in ihren Set ein und sorgen aus dem Stand heraus für begeisterte Gesichter allenthalben – zumindest unter denjenigen, die nicht bereits präventiv die Flucht ergriffen haben. So wie beispielsweise Kollege Klaas, mit dem Sänger Alea angesichts seines Reviews zum neuen Album „Brot & Spiele“ angeblich noch ein Hühnchen zu rupfen hat. Selbiges Album wird just am heutigen Tage veröffentlicht, weswegen SALTATIO MORTIS natürlich prompt einige der Stücke auf die Setlist gesetzt haben, die auch beim Publikum offenbar besser ankommen als bei unserem geschätzten Kollegen.

Zur Höchstform läuft die Menge dennoch eher bei den Klassikern auf. Das von aus allen Rohren gefeuerten Flammensäulen untermalte „Prometheus“ zum Beispiel oder „Rattenfänger“, bei dem Alea seinen gestählten Oberkörper ins Publikum schwingt und einen Crowdsurfing-Abstecher bis zum Wellenbrecher und wieder zurück unternimmt. Den krönenden Abschluss bildet wiederum der „Spielmannsschwur“, der zunächst mit sanfter Piano-Begleitung eröffnet wird. Die Lautstärke, mit der das Publikum den Refrain anstimmt, ist ein echter Gänsehaut-Garant und der vieltausendkehlige Chor will auch dann nicht abschwellen, als die Musikern bereits ihre Instrumente beiseite gestellt haben und sich mit einem seligen Grinsen im Gesicht unter mehrfachen Verbeugungen von der Menge verabschieden. Die zur selben Zeit im Hintergrund waagerecht (!) über den Himmel zuckenden Blitze könnten diese elektrisierende Show nicht eindrücklicher untermalen.

17.45 GYZE

Galerie mit 18 Bildern: Gyze - Summer Breeze Open Air 2018

Auf der Camel Stage müssen GYZE erst mal einige Anfangsschwierigkeiten überwinden. Das Trio hat sein Set gerade begonnen, als Bassist Aruta feststellt, dass sein Instrument leider keinen Ton von sich gibt. Nach einigem Hin- und Her lässt sich das Problem aber zum Glück beheben und die Melodeather können so richtig loslegen. Gerade haben sie ihre Single „The Rising Dragon“ veröffentlich, die neben dem zu erwartenden Melodic Death auch eine dicke Portion Power Metal beinhaltet. Da neben dem Titeltrack auch „Japanese Elegy“ gespielt wird, schlägt sich dieser Stileinfluss auch auf den Auftritt beim Summer Breeze nieder. Rasante Riffs, schnelle Solos und treibende Drums gefallen offenkundig auch den Zuschauern. Es bildet sich ein Circle Pit und auch die restliche Partizipation kann sich sehen lassen. Da kommt einem das nur dreißigminütige Set doch sehr kurz vor. Dass das Publikum gerne noch mehr gehört hätte, ist offensichtlich, als sie GYZE unter lautem Jubel verabschieden.

18.00 THE CRUEL INTENTIONS

Galerie mit 18 Bildern: The Cruel Intentions - Summer Breeze Open Air 2018

Nunja, THE CRUEL INTENTIONS um den abgehalfterten Frontmann Lizzy DeVine sehen nicht nur aus wie eine billige Kopie von MÖTLEY CRÜE, ihr einfallsloser Sleaze Rock mit infantilen Titeln wie „Go Fuck Yourself“ klingt auch noch unsagbar einfallslos. Wenig verwunderlich also, dass gerade mal ein paar Dutzend Interessierte ihren Weg zur Ficken Party Stage finden. Es folgt eine dröge halbe Stunde voll mittelmäßigem, vorhersehbarem Möchtegern-Hard-Rock, mit dem der Großteil der Anwesenden auch nicht wirklich etwas anfangen kann.

18.15 BEARTOOTH

Galerie mit 22 Bildern: Beartooth – Summer Breeze Open Air 2018

BEARTOOTH haben hierzulande eine große Fanbase. Wer daran Zweifel hat, sollte jetzt vor der T-Stage stehen, denn das Gelände ist gut gefühlt. Der warme Empfang scheint die Motivation noch zu steigern oder wie sonst ist der Willkommensgruß „We’re BEARTOOTH, and we’re here to fuck you up!“ seitens Fronter Caleb Shomo zu interpretieren. Gesagt getan: Auf der Bühne reagiert die pure Energie, vor der Stage ist eine einzige Staubwolke zu sehen. Als bei „The Lines“ plötzlich noch ein COUNTERPARTS-Besuch auf der Bühne steht, ist man geneigt zu sagen, hier ist alles möglich. Wirklich, denn nach kurzer Zeit ziehen dunkle Wolken herauf und es beginnt zu schütten – ist der Moshpit der neue Regentanz? Zumindest halten die Gerüchte auch nach dem abschließenden „In Between“ weiter an.

18.35 DORO

Galerie mit 20 Bildern: Doro - Summer Breeze Open Air 2018

35-jähriges Bühnenjubiläum und die Veröffentlichung des neuen Albums „Forever Warriors, Forever United“: Bei DORO gibt es an diesem Freitag einiges zu feiern. Doch das Wetter hat offenbar etwas dagegen. Nachdem das Summer Breeze seit Mittwoch unter Dauerhitze stand, beginnt fünf Minuten vor Auftrittsbeginn ein großer Regenschauer. Die Publikumsreihen lichten sich merklich. Davon lassen sich DORO und ihre Mitmusiker allerdings nicht beeindrucken. Als sie in ihr Set starten gibt es aber direkt das nächste Problem: Stromausfall.

Die Crew gibt alles, um schnell eine Lösung zu finden, während Frau Pesch sich persönlich bei den Fans für ihr Verständnis bedankt. Kurz darauf geht es mit „Earthshaker Rock“ nun wirklich los. Unter tosendem Applaus wird die Metal Queen von dem verbliebenen Fans empfangen. Danach geben „I Rule The Ruins“ und „Burning The Witches“ voll auf die zwölf. Dafür, dass das hier die Release-Show zur neuen Platte ist, gibt es allerdings überraschend wenig davon zu hören. Einzig die Single „All For Metal“ und die Live-Premiere von „Bastardos“ haben es ins Set geschafft. Der Fokus auf alte WARLOCK-Klassiker sorgt aber für Textsicherheit bei den Fans sowie eine rundum gute Stimmung.

19.00 ALIEN WEAPONRY

Hatte das SUMMER BREEZE eigentlich schon mal Besuch von einer Band aus Neuseeland? Falls nicht, streichen ALIEN WEAPONRY diesen Punkt heute von der Bucket List. Und noch etwas ist an diesem Auftritt besonders: die drei Jungs sind nicht nur erst zwischen 15 und 17 Jahren alt sondern singen auch noch in der Sprache der Ureinwohner ihres Landes: Te Reo Māori. Was eigentlich für maximal eine Handvoll Leute vor der Bühne qualifiziert, sieht bei ALIEN WEAPONRY ganz anders aus: der Platz vor der Camel Stage ist rappelvoll, was natürlich auch dem kräftigen Regenguss geschuldet sein mag, der das Vordach der Camel Stage zu einem willkommenen Zufluchtsort macht. Andererseits reissen die Jünglinge mit ihrem einfach gehaltenen aber treffsicheren, melodischen Groove Metal aber auch dermaßen mit, dass Ihr Auftritt nicht als einfacher Lückenfüller gelten kann. Auch wenn die Musik auf Konserve sicherlich nicht jedermanns Sache ist: live machen ALIEN WEAPONRY einfach nur Laune.

19.15 FIGHT THE FIGHT

Galerie mit 17 Bildern: Fight The Fight – Summer Breeze Open Air 2018

Endlich! FIGHT THE FIGHT beweisen, dass es sich bei der Ficken Party Stage nicht ausschließlich um das Abstellgleis für morbide Alkoholiker und zweitklassige Provinz-Acts handelt. Die jungen Norweger lassen es mit ihrem energiegeladenen Mix aus modernem Metalcore und melodischem Post-Hardcore ordentlich krachen! Das Quintett aus Oslo verwandelt trotz des anhaltenden Regens das begeisterte Publikum im Handumdrehen in einen wilden Party-Mob. Diese Jungs sollte man auf jeden Fall im Auge behalten.

19.30 AT THE GATES

Galerie mit 16 Bildern: At The Gates - Summer Breeze Open Air 2018

Böse Zungen würden behaupten, seit dem letzten Gig von AT THE GATES auf dem Summer Breeze hätte sich nur Tompa Lindbergs Trucker-Cap verändert: damals trug er schwarz-weiß, heute nur schwarz. Und irgendwie hätten diese Zungen ja auch Recht. Der heutige Auftritt mutet fast identisch zum 2016er Auftritt an, lediglich Stage (damals Main Stage, heute T-Stage) und Wetter (damals Sonne, heute Regen) sind ein anderes: Tompa trägt exakt das gleiche Outfit, die Instrumentalfraktion sieht bis auf Erlandsson eher routiniert (ergo: gelangweilt) denn motiviert aus und die Setlist ist bis auf einige „To Drink From The Night Itself“-Songs, die einige „At War With Reality“-Songs verdrängt haben, sogar in der Songabfolge fast die Selbe. Auf der Habenseite steht dagegen, dass AT THE GATES nun mal AT THE GATES sind und sich seit der endgültigen Reunion 2010 einige Automatismen eingeschlichen haben. Heisst: die Schweden müssen einem nix mehr vormachen/beweisen, man weiß, was man bekommt. Das heisst natürlich trotzdem, dass AT THE GATES es immer noch mit den meisten aufnehmen und liefern können. Heisst aber auch: so langsam sollten sich die alten Herren überlegen, wie lange sie die Reunion noch andauern lassen wollen.

20.10 TRIVIUM

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TRIVIUM haben mit ihrem aktuellen Album „The Sin And The Sentence“ zu alter Stärke zurückgefunden und mit Alex Bent einen jungen Drummer verpflichtet, der für ein zusätzliches Plus in Sachen Studio- und Live-Energie verantwortlich scheint. Dieser Eindruck bestätigt sich auch, als die Florida-Metaller zur besten Sendezeit auf die Hauptbühne treten und ein gut durchmischtes Set aus Klassikern und viel neuem Material präsentieren. Das Publikum zeigt sich textsicher und selbst so manches Riff wird gesanglich begleitet. Zwischen den Songs erprobt Matt Heafy seine Deutschkenntnisse („Spring für mich, Summer Breeze!“, „Das war fucking geil!“). Ob alter Evergreen („Like Light To The Flies“) oder neuartige Rock-Hymne („Until The World Goes Cold“) – TRIVIUM geben sich technisch keine Blöße. Das Instrumentale ist tight, die Vocals on point. Auch ohne Feuersbrünste ein Auftritt, der sich als durchaus eines Headliners würdig erweist.

20.30 VREID

Galerie mit 20 Bildern: Vreid – Summer Breeze Open Air 2018

Es wird finster auf der Camel Stage: Die norwegischen Düstermetaller VREID machen nach einer längeren Livepause endlich wieder auf dem SUMMER BREEZE Station. Und sie werden warm begrüßt: Vor der Camel Stage ist es gut gefüllt, und als die vier Musiker zum rhythmischen Intro nacheinander die Bühne betreten, ernten sie erst einmal warmen Applaus. Scheint so, als wenn das Publikum sehnsüchtig das Quartett erwartet hätte. Passend zu den grimmigen Parts in der Musik beschränkt sich die Lichtshow überwiegend auf weiße Spots im Nebel. Wer VREID kennt, weiß aber auch: Die Stücke sind immer wieder unheimlich melodisch und groovig. Dann sind es vor allem Leadgitarrist Strom und der baumlange Bassist Hváll, die ihre Fäuste in die Höhe recken, um das Publikum anzufeuern.

Und da die genannte Livepause auch durch die Produktion des neuen Albums „Lifehunger“ bedingt wurde – es gibt heute auch zwei neue Songs zu hören, die hervorragend ankommen – den Titeltrack sowie „Black Rites In The Black Nights“. Als die Meute dann am Ende der Spielzeit noch frenetisch eine Zugabe einfordert, lässt sich die Band aus Sogndal und Oslo nicht zweimal bitten und reißt ihr vermutlich bekanntestes Stück „Pitch Black“ runter. Dadurch überzieht das Quartett die Spielzeit zwar um gute fünf Minuten, aber der Jubel gibt ihm schließlich recht.

21.15 MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN

Galerie mit 17 Bildern: Mr. Hurley & Die Pulveraffen - Summer Breeze Open Air 2018

Man, da trrrreffen sich schon zwei der ikonischerrrren Pirrratenkapellen wiederrr einmal auf dem gleichen Festival und lassen sich nicht mal zu einem epischen Frrrreibeuter-Live-Jam hinrrrrreißen? Sapperrrrlott noch einmal, eine wunderrrrbarrre Gelegenheit verpasst, Festival-Geschichte zu schrrreiben. Oderrrr eben einfach nurrrr mal gepflegt die Sau rrrraus zu lassen.

Doch die Wutz fliegt bei MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN auch so, was schon allein an dem aus allen Nähten platzenden Infield vorrrr derrr T-Stage liegt. Die Stimmung, die das Publikum macht, ist sensationell, sodass sich auch Mr. Hurrrley höchstselbst in charrrakterrristischerrr Bescheidenheit dafürrrr bedankt. Mit einem guten Mix aus neuen Trrrracks und alten Klassikerrrn, die bei keinem Strrrreifzug durch „Tortuga“ fehlen dürrrfen, feierrrrn MR. HURLEY & DIE PULVERAFFEN, die mittlerweile zum Quarrrrtett herrrangewachsen sind, wiederrrr einmal eine rrrrauschende Parrrty aus akustischem Aggrrrro-Shanty und derrrr ein oderrrr anderrrren Buddel vol Rrrrrum. Und frrreuen sich mit dem Hashtag #immerwiederhurley schon aufs nächste Jahrrrr.

22.00 ARCH ENEMY

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„Ace Of Spaces“ von MOTÖRHEAD, das ARCH ENEMY seit geraumer Zeit als Intro nutzen, beschallt das Infield und lässt das Summer-Breeze-Publikum schon ungeduldig mit den Füßen scharren. Jubelgeschrei erhebt sich, als die Band dann endlich auf die Bühne kommt und ihr Set mit „The World Is Yours“ beginnt. Die Melodic Deather fackeln auch dieses Mal alles ab, was die Pyro-Tanks zu bieten haben und machen später auch noch Feuerwerk. Ihr Konzept kommt natürlich an, und so können die Grabenschlampen bereits ab dem zweiten Song „Ravenous“ kaum noch durchatmen. Eine schier endlose Flut an Crowdsurfern bewegt sich wabernd auf sie zu.

An diesem Abend abwesend ist Gitarrist Jeff Loomis. ARCH ENEMY hatten schon im Voraus angekündigt, dass er aufgrund freudiger Familienereignisse nicht spielen können würde. Die „Aushilfe“ Joey Concepcion schlägt sich aber hervorragend. Würde man nicht sehen, dass da der Falsche steht, wäre es vielleicht gar nicht aufgefallen. Jedes Solo sitzt und auch die mitunter umfangreiche Interaktion mit den anderen Bandmitgliedern funktioniert. Einmal mehr fällt auf, wie durchprofessionalisiert ARCH ENEMY eben doch sind.

Songtechnisch wird zwar das Übliche geboten, doch da sich die Auswahl definitiv sehen lassen kann, ist das kein Grund zum Meckern. „My Apocalypse“ überrollt einen geradezu; „Bloodstained Cross“ und „As The Pages Burn” sorgen mit ihren melodischen und eingängigen Refrains für Mitsing-Ausbrüche. Die Krönung ist aber das ikonische „We Will Rise“, das alle Qualitäten von ARCH ENEMY in sich vereint und sich als Überhit in das Gehirn eines jeden Fans gebrannt hat. Den Abschluss macht „Nemesis“, bei dem Band und Publikum noch mal alles geben.

22.15 COUNTERPARTS

Galerie mit 16 Bildern: Counterparts - Summer Breeze Open Air 2018

Derangierte Menschen mit buntem Irokesen Haarschnitt, Nieten und zerfledderten Patches? Pustekuchen! Hardcore Punk geht aus anders – das beweisen COUNTERPARTS, als sie die Bühne betreten. Rein optisch hätte die Gruppe auch in den HipHop gepasst. –Legere Jogginghosen, Bauchtaschen, Caps und sportliche Sneaker passen perfekt zur Ghettogestik , die außerdem an den Tag gelegt wird. Musikalisch bewegen sich die Kanadier zwischen zügig thrashigen und melodischen Hardcore Passagen. In den ersten Reihen zeigen sich unterdessen einige Fans überraschend textsicher, bevor sie in der obligatorischen Wall of Death verschwinden. Nach dem Unwetter am Nachmittag springt es sich in der abgekühlten Luft wesentlich angenehmer. Innerhalb einer Dreiviertelstunde moshen sich die Fans quer durch COUNTERPART‘s jüngsten Alben “Tragedy Will Find Us“ und “You’re Not You Anymore“.

23.00 SICK OF IT ALL

Galerie mit 21 Bildern: Sick Of It All – Summer Breeze Open Air 2018

Auch nach über dreißig Jahren im Geschäft entwickeln SICK OF IT ALL bei jedem ihrer Auftritte eine Live-Energie, die selbst die meisten jungen und aufstrebenden Hardcore-Aspiranten selten erreichen. Auch deswegen sind die NYC-Hardcore-Legenden ein gern gesehener und häufiger Gast auf dem Summer Breeze und auch 2018 haben sie einen Ruf zu verteidigen. Zu altbewährten Gassenhauern wie „Take The Night Off“ und jüngeren Live-Favoriten wie „Road Less Traveled“ leben die Koller-Brüder auf der Bühne eine Bewegungsintensität vor, die sich unmittelbar auf das Publikum überträgt. Wenn die Anfeuerungsrufe zwischendurch etwas zu wünschen übrig lassen, teast Lou Koller das Publikum halt ein bisschen mit einer Müdigkeitsunterstellung – und schon ist der Pit wieder offen. Wieder einmal sorgen SICK OF IT ALL zwischen all den Metal-Kollegen für eine Machtdemonstration in Sachen Hardcore und Live-Energie. Zum Runterkommen empfehlen sich da die auf der T-Stage folgenden ALCEST mit ihrem verträumten Shoegaze-Black Metal.

23.45 SATYRICON

Galerie mit 16 Bildern: Satyricon - Summer Breeze Open Air 2018

Lange pechschwarze Haare liegen auf den bloßen Schultern eines Mannes, der im Halbdunkel der Bühnenbeleuchtung unruhig mit den Beinen zappelt. Schlagzeuger Frost spielt sich mit Drumsticks auf den Oberschenkeln und Knopf im Ohr warm. In einer anderen Ecke ertönen leise Gesangsübungen. Ein Augenpaar funkelt angestrengt aus einem Corpse Paint ins Nichts. Anspannung liegt in der Luft. In letzten Sekunden vor der Show ist jeder für sich allein in einer Welt aus Nervosität und Konzentration.

Viertel vor Zwölf – Stagetime für SATYRICON. Mehrere tausend Menschen nehmen sehnsüchtig die Norweger in Empfang, die sich durch das ebenso herbei gewünschte Gewitter am Nachmittag schon anzukündigen schienen. Ein Hauch von Frostigkeit legt sich mit “Our World, It Rumbles Tonight“ über den Platz vor der Bühne. Frost bekommt nach dem regulären Intro ein separates Drumsolo zugestanden, das von den Fans ehrfürchtig bejubelt wird. Die gesamte Bühnenshow scheint bis zum Schluss akribisch strukturiert und dezent hintergründig zu sein. Anstatt übertriebener Lightshows und aufwendiger Backgroundelemente bleiben SATYRICON dem alten Standard treu und überzeugen eindrucksvoll mit ihrer musikalischen Darbietung.

Für ihre letzte Tour zum jüngsten Album “Deep Calleth Upon Deep“ hatte sich die Band Tenor Håkon Kornstad mit ins Boot geholt. Der gleichnamige Titel leidet auf dem Summer Breeze auch ohne Unterstützung keinesfalls an Qualitätsverlust.

Für Gänsehaut sorgt während des einstündigen Sets ganz besonders der Chorgesang zu “Mother North“, der dem Publikum wie von selbst über die Lippen gleitet und unnachahmlich in der Nacht verhallt. Ein einzelner Crowdsurfer findet zu später Stunde seinen Weg vor die Bühne, bevor er übers ganze Gesicht strahlend wieder in der Menge verschwindet. Den krönenden Abschluss bietet in flammendem rot-gelbem Licht “K.I.N.G“, das am Konzertende mit tosendem Beifall und einem Meer aus andächtig in die Luft gereckten Satansgrüßen belohnt wird.

00.00 SIGN OF CAIN

Galerie mit 15 Bildern: Sign of Cain - Summer Breeze Open Air 2018

Eine positive Neuentdeckung gibt es beim nächtlichen Auftritt von SIGN OF CAIN. Die Truppe um AT THE GATES-Fronter Tomas „Tompa“ Lindberg hat sich nach rund 20-jährigem Bestehen 2017 dazu durchgerungen, ihr Debütalbum zu veröffentlichen. Ihr auf den Punkt gebrachter Doom-Death ist gesprenkelt mit Thrash- und sogar Sludge-Passagen und bleibt für den neuen Hörer somit das ganze Set über unberechenbar. Unvermittelte Tempowechsel, die einen progressiven Touch hinzufügen, verstärken diesen Eindruck noch. Dass es an der Umsetzung nicht scheitert, kann man sich bei der Besetzung, zu der auch EQUILIBRIUM-Drummer Tuval Refaeli gehört, natürlich denken. So liefern SIGN OF CAIN ein tightes Set, das durchaus einen besseren Spielplatz im Festival-Lineup verdient hätte.

00.45 ALCEST

Galerie mit 22 Bildern: Alcest – Summer Breeze Open Air 2018

Eine Rampensau wird aus Stéphane „Neige“ Paut in diesem Leben wohl nicht mehr werden. Der immer etwas schüchtern wirkende Franzose lässt live lieber die schwelgerischen Kompositionen seiner Band ALCEST für sich sprechen – womit an diesem Abend auch alles gesagt ist. Vor der Bühne lauscht ein bunt gemischtes Metal-Publikum mit verklärten Blicken den hypnotisch ausufernden Songs, die die Franzosen in gleißendes Licht getaucht ihren Instrumenten entlocken. Selbst die Black Metal-Passagen wirken in diesem Setting friedlich und erhaben. Ein perfekter Slot für eine atmosphärisch starke Band.

01.00 TURISAS

Galerie mit 20 Bildern: Turisas - Summer Breeze Open Air 2018

Einmal aus dem Norden über Ostsee und Dnjepr nach Miklagard – klarer Fall für die finnischen Heldenmetaller TURISAS. Die haben zwar seit fünf Jahren kein neues Album mehr veröffentlicht, aber offensichtlich bahnt sich bald etwas Neues an. Und außerdem hat die Band aus Hämeenlinna genügend starke Stücke auf Lager, um zum Abschluss des Freitags die bereits etwas lichte Crowd vor der Main Stage gut zu unterhalten. Und das wie immer mit schwarzen und roten Streifen geschminkte Sextett um Frontmann Warlord Nygård spielt groß auf: mit riesigem Backdrop, das den Frontmann im Stil eine Ikone zeigt, epischen Intros, großen Melodien. Und den bekannten und großen Hits: Da dürfen weder „The March Of The Varangian Guard“ noch „To Holmgard And Beyond“ oder „Battle Metal“ fehlen. Das Publikum geht mit und singt die Chöre inbrünstig mit. Die sechs Musiker ihrerseits sind wie gewohnt bestens aufgelegt und ständig unterwegs: Sie spielen die ganze Klaviatur an Anfeuerungen aus und stürmen immer wieder auf die eigens aufgestellten Podeste am Bühnenrand.

Einziger Kritikpunkt: Der Schwerpunkt liegt diesmal sehr auf den epischen Songs – „Miklagard Overture“ und so – wohingegen kurze, knackige Lieder ein wenig kurz kommen. Jedenfalls bis auf den Schluss: Denn das Ende des Gigs bildet der BONEY M.-Coversong „Rasputin“, ein Stimmungsgarant, den die Menge mitsingend und mithüpfend abfeiert. Für die Finnen ist nicht zuletzt das die Bestätigung, dass ein neues Album sehnsüchtig erwartet wird.

01.45 THE SPIRIT

Galerie mit 14 Bildern: The Spirit - Summer Breeze Open Air 2018

THE SPIRIT streben scheinbar danach, die Lücke zu füllen die DISSECTION hinterlassen haben. Das weiß man natürlich, wenn man sich etwas mit der Band beschäftigt hat. Und das hört man dem Sound der Saarländer auch an, selbst wenn man sich vorher nicht schlau gemacht haben sollte. Scharfe Riffs, die immer wieder ins Schwarzmetallische abdriften, erzeugen eine finstere, sinistre Stimmung, die wie ein Sog wirkt und das Publikum in seinen düsteren Bann zieht. Mit unglaublicher Gelassenheit und tödlicher Präzision pfeffert der Vierer sein Set humorlos und trocken in das Publikum hinein.

Und mit der Theatralik klappt es auch schon. Dichter Nebel lässt beim Intro zunächst nur die Silhouetten der Musiker erscheinen, die sich auch erst für den ersten richtigen Song zum Publikum umdrehen. Das erzeugt eine kühle Distanz, die mit der schwarzen Kunst der Musiker umso mehr wirkt und zu keiner Zeit den Eindruck erweckt, irgendetwas sei hier aufgesetzt. Purer, schwarze Magie mit tödlicher Wirkung. Gerne mehr davon.

02.15 HARAKIRI FOR THE SKY

Galerie mit 17 Bildern: Harakiri For The Sky - Summer Breeze Open Air 2018

HARAKIRI FOR THE SKY klingt zunächst grausamer als es ist – was einst als Form des Selbstmords bei den Samurai angesagt war, krönt heute gefühlvoll den vorletzten Festivaltag. Der Wetterumschwung und einige gute Acts liegen dem überschaubaren Publikum sichtlich in den Knochen. Umso entspannender ist der melodiöse Abschluss der Österreicher, der einigen ganz gelegen kommt. Ganz besonders denjenigen, welche die zuvor zaubernden ALCEST verpasst hatten – eine zweite Chance für Zuspätkommer sozusagen. Mit einer gelungenen Gratwanderung zwischen klarem Gesang und Shouts sowie Melodien, die ihre Haken gleichsam in Herz und Magengrube schlagen, steuert die Gruppe ihre Zuhörer durch emotionsgeladene Titel. Mit fünf Songs in einer Dreiviertelstunde sind diese verhältnismäßig lang und lassen vereinzelte Zuhörer in einen Zustand der Trance verfallen. Zwei neue Songs vom jüngsten Album “Arson“ finden sich überdies im Set wieder und fügen sich elegant darin ein. Sie bereichern das Set der Österreicher, die den Festivalfreitag mit einer emotionalen Note abschließen.

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02.09.2018

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