Der große Festivalbericht 2018
Summer Breeze Open Air

Konzertbericht

Billing: Arch Enemy, Behemoth, W.A.S.P., Dirkschneider, Papa Roach, Trivium, Alestorm, Cannibal Corpse, Paradise Lost, Eisbrecher, Doro, Saltatio Mortis, Satyricon, Korpiklaani, Suicidal Tendencies, J.B.O., Bloodbath und Sick Of It All
Konzert vom 15.08.2018 | Flugplatz, Dinkelsbühl

Donnerstag, 16.08.2018

Galerie mit 47 Bildern: Summer Breeze 2018 - Infield-Impressionen vom Donnerstag Galerie mit 81 Bildern: Summer Breeze 2018 - Konzert-Impressionen vom Donnerstag Galerie mit 58 Bildern: Summer Breeze 2018 - Autogrammstunden Donnerstag bis 15:30 Uhr Galerie mit 40 Bildern: Summer Breeze 2018 - Autogrammstunden Donnerstag ab 15:30 Uhr

11.00 SIRENIA

Galerie mit 20 Bildern: Sirenia - Summer Breeze Open Air 2018

Die Main Stage am Donnerstag mit einer fetten Ladung Symphonic-Bombast zu eröffnen, dürfte nicht die beste Entscheidung gewesen sein. Weder ist die Musik von SIRENIA sanft und zurückhaltend genug, um einen sanften Einstieg in den Tag zu ermöglichen, noch wild und gutlaunig genug, um die in überschaubarer Kopfstärke angetretene Frühaufsteher-Fraktion direkt aus der Reserve zu locken. Da hilft es natürlich auch nicht, dass die Norweger um Morten Veland nie aus der zweiten Reihe der internationalen Symphonic-Metal-Szene hervortreten und Szenegrößen wie EPICA das Wasser reichen konnten. Klar, handwerklich kann man SIRENIA wenig vorwerfen. Die Musiker gehen kompetent zu Werke und über die ein oder andere Disharmonie im Gesang von Frontfrau Emmanuelle Zoldan lässt sich großzügig hinwegsehen. An der überbordenden Mittelmäßigkeit der Band können jedoch auch die zum Ende des Sets hin immer häufiger vertretenen Zaubermelodien nichts ändern, die schließlich im – immerhin – fantastischen Rausschmeißer „The Other Side“ gipfeln.

11.55 PRO-PAIN

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Als das chorale Intro einsetzt, wähnt sich manch einer im falschen Film. Spielen hier wirklich PRO-PAIN oder nicht doch eine Power-Metal-Band? Doch als Gary Meskil samt Mitstreitern die Bühne betritt, sind jegliche Zweifel hinweggefegt. Mit „Unstrained“ geht es direkt in die Vollen. Auch der Rest des Sets besticht in erster Linie durch fette Grooves und musikalische Brachialität.

Zum Durchatmen bleibt den Fans keine Zeit. Stattdessen fordert Meskil vor „Shape Of Things To Come“ den ersten Circle Pit des Tages ein. Das Publikum kommt dem ohne Umschweife nach. Trotz massiver Hitze geht es sowohl vor als auch auf der Bühne richtig zur Sache. Nach dieser energiegeladenen Dreiviertelstunde war das Festival definitiv wach.

12.00 NERVOSA

Galerie mit 15 Bildern: Nervosa - Summer Breeze Open Air 2018

Schon bevor die Brasilianerinnen überhaupt zu sehen sind, erheben sich laute „NERVOSA!“-Rufe über der T-Stage. Das Thrash-Trio begrüßt die Menge kurz darauf mit einem lauten Schrei, bevor es mit seinen Instrumenten loshämmert. Da die Musikerinnen nur zu dritt sind, und eine von ihnen auch noch hinter dem Drumset verschwindet, haben sie zwar reichlich Platz, sich auszutoben, müssen zum gegenseitigen Interagieren aber weitere Wege zurücklegen. Die meisten Stücke stellt das aktuelle Album „Downfall Of Mankind“. Mit „Masked Betrayer“ gibt es aber auch einen Song vom 2014er Debüt. Egal, ob neu oder alt, jedes Stück hämmert brachial und dabei doch elegant auf die Summer-Breeze-Besucher ein. Die danken es NERVOSA und formen zur Mitte des Sets hin einen Circle Pit, der den ersten Staub des Tages aufwirbelt. Auch die Grabenschlampen müssen ran, denn an Crowdsurfern mangelt es ebenfalls nicht.

12.45 VENUES

Galerie mit 18 Bildern: Venues - Summer Breeze Open Air 2018

Wer DEADLOCKs komplette Diskographie im Plattenschrank stehen hat, für den ist die Camel Stage am Donnerstag um 12.45 Uhr Pflicht. Auch wenn VENUES deutlich weniger frickelig zu Werke gehen, das Grundprinzip aus männlichem Shouter und weiblichen Clean Vocals im Gewand von Alternative Metal mit Core-Geschmack zieht eine Menge junges Publikum unter das Schatten spendende Dach der Camel Stage. Während vor der Bühne so einige den bereits jetzt schon brutzelnden Temperaturen zu entfliehen versuchen, geben sich VENUES auf der Bühne sichtlich Mühe und legen eine grundsolide Show hin, bei der Sängerin Nyves vor allem bei langgezogenen Tönen leider mal des Öfteren danebengreift. Den Zuschauern und vor allem den hörbar vielzahligen Fans ist das aber egal, was der kräftige Szenenapplaus in den Songpausen belegt.

12.50 BACKYARD BABIES

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Nach dem äußerst fetten Vormittagsauftritt von PRO-PAIN haben die BACKYARD BABIES zunächst etwas mit dem eingeleiteten Zuschauerschwund zu kämpfen. Auch der frühe Slot und die erbarmungslos knallende Sonne sorgen dafür, dass die Reihen den Gig über noch einigermaßen licht bleiben. Die Band lässt sich dadurch nicht verunsichern und zockt ein gut gelauntes, mit Klassikern wie „Brand New Hate“ und „Minus Celsius“ gespicktes Set für die Versammelten. Diese verfallen angesichts der lässig runtergespielten Skandi-Rock-Perlen alsbald in Tanzstimmung und singen von Song zu Song lauter mit. Letzten Endes hätten sich die BACKYARD BABIES sich wohl zu einem späteren Zeitpunkt auf eine kleinere Bühne noch besser entfalten können. Doch sie machen definitiv das Beste draus.

13.15 MALEVOLENCE

Galerie mit 16 Bildern: Malevolence - Summer Breeze Open Air 2018

Was bedeuten kultige Hawaiihemden und bunte Badeshorts auf einem Metal Festival? Genau – Thrashmetal! In einer staubigen Einöde sieht sich das Auge vom Fach in dieser These bestätigt: Sportliche High-tops, Bluejeans, farbenfrohe Beinbekleidung und natürlich die obligatorischen umgeklappten Cappies tummeln sich vor der Stage.

Frisch gespornt turnen MALEVOLENCE auf die Bühne und geben ihrer Erscheinung mit weißen Tennissocken noch den Rest. Heiße Gangshouts und drückender Bass ziehen den Fans auch im staubigen Circle Pit noch die Schuhe aus. Ein Geburtstagsständchen gibt es neben regem Einsatz seitens des Publikums noch obendrauf. Die thrashigen Briten fegen ungehobelt und kompromisslos über den Platz und lassen dabei ihre Sympathie keinesfalls zu kurz kommen.

13.45 ORDEN OGAN

Galerie mit 24 Bildern: Orden Ogan – Summer Breeze Open Air 2018

Als sie 2013 zum ersten Mal auf dem Summer Breeze spielten, dürften ORDEN OGAN in ihren postapokalyptischen Kostümen mit unter anderem alten Autoreifen auf den Schultern nicht schlecht geschwitzt haben. Heute haben sie mit ihren langen Staubmänteln nicht nur die Western-Thematik ihres jüngsten Albums „Gunmen“ hervorragend getroffen, sondern sich auch den klimatischen Randbedingungen besser angepasst. Kein Wunder eigentlich, denn immerhin sind die Dinkelsbühler Äcker nach der endlosen Hitzewelle des Sommers von einer nordamerikanischen Steppenlandschaft nicht mehr wirklich zu unterscheiden. Das Motto des Tages lautet „Wer braucht schon Bassisten?“, denn nachdem er sich im Vorfeld den Daumen gebrochen hat, hat Frontmann Sebastian „Seeb“ Levermann die Gitarre an Bassist Niels Löffler weitergegeben, dessen reguläre Spuren daher vom Band eingespielt werden müssen. Was für POWERWOLF recht ist, kann für ORDEN OGAN nur billig sein und so tut die ungewohnte Bandkonstellation der guten Stimmung keinen Abbruch. Das Publikum erweist sich bei den großen Hymnen als textsicher und nicht nur beim Über-Klassiker „We Are Pirates!“ wird aus tausenden Kehlen begeistert mitgesungen. So schaffen die Sauerländer ein durchgängig hohes Stimmungsniveau und liefern ein frühes Highlight am frühen Donnerstagnachmittag ab.

14.00 FOREVER STILL

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Als Alternative Metal bezeichnen FOREVER STILL ihren Stil. Tatsächlich aber pendeln die Dänen irgendwo zwischen Gothic Rock und Symphonic Metal her. Sängerin Maja Shining entpuppt sich schnell als wahre Powerfrau. Mit den ganz großen Rockstar-Gesten dirigiert sie das Publikum.

Für die Band ist es das erste Mal auf dem Summer Breeze. Um das gebührend zu feiern, gibt es mit „Survive“ einen Song vom kommenden zweiten Studioalbum zu hören. Trotz einiger melancholischer Songs kommt die Show beim Publikum durchweg gut an. Einzig Wehmutstropfen ist wohl, dass die Synthesizer komplett vom Band kommen. Warum kann man dafür keinen Keyboarder in die Band holen?

14.30 EXHORDER

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EXHORDER haben die Spielfreude in den Knochen. Als die Band zu Beginn der 90er Jahre aufkam, haben sie zwei wegweisende Alben veröffentlicht. 1993 war jedoch erst einmal Schluss, bis zur Reunion vor ein paar Jahren. Ein Traum vor allem für all jene, die die Band schon damals auf dem Schirm hatten. Denn neues Material, vom für 2019 geplanten neuen Album, gibt es eh nicht zu hören. Stattdessen gibt’s puren Nostalgie-Genuss in Form eines Best Of-Sets, dass sich Fans kaum besser hätten erträumen dürfen. Ein kurzes Innehalten für die verstorbenen Bret Hoffman und Ralph Santoll kommt noch dazu und das gewidmete „(Cadence Of) The Drige“ könnte kaum stimmiger sein.

14.55 JASTA

Galerie mit 19 Bildern: Jasta - Summer Breeze Open Air 2018

Jamey Jasta gehört fast schon zum Inventar des Summer Breeze, nur logisch, dass er auch 2018 dem Festival seine Ehre erweist. Fraglich nur, wieso das Programm von JASTA nicht unter dem Banner Jasta & Friends läuft, bietet der HATEBREED-Frontmann heute doch eine ganze Latte an Gastmusikern auf. Die erste Hälfte des Auftritts, bestehend aus JASTA-, HATEBREED- und FEAR FACTORY-Songs, kann aber leider getrost als unter ferner liefen abgehandelt warden. Auch wenn Howard Jones von Killswitch Engage einen richtig guten Job bei zwei Songs macht: FEAR FACTORY-Songs ins Hardcore-Gewand zu zwängen funktioniert nur leidlich, selbst mit Dino Cazares als Gastklampfer. Dafür entschädigt die zweite Hälfte des Gigs, als der “Beard Of Doom” himself sich den Sechssaiter überstreift und einfach alles planiert, was noch nie von DOWN, CROWBAR oder KINGDOM OF SORROW gehört hat. Zum Abschluss gibt es mit Exhorders Kyle Thomas noch einen weiteren Überraschungsgast, der sich an “Bury Me In Smoke” versucht, dem Anselmo-Original aber natürlich nicht das Wasser reichen kann.

15.15 STILLBIRTH

Galerie mit 16 Bildern: Stillbirth - Summer Breeze Open Air 2018

Mit giftgrünen STILLBIRTH-Badeshorts stürmt die gleichnamige Band das einigermaßen schattige Bühnenzelt. Die Show läuft schleppend an. Der Bassist der Gruppe ergreift das Wort auf Englisch und versucht, der Meute mit fiesem deutschem Akzent einzuheizen. Zwischen den Titeln wirft er ein paar Scheiben des neuen Albums “Annihilation of Mankind“ hinein, doch auch die Aktion lässt den Funken noch nicht ganz überspringen. Noch nicht – denn als Gastsänger Kevin Petersen, der sich sonst für ACRANIUS die Stimmbänder strapaziert, das Mikro an sich nimmt, verlieren sich die Gesichter vor der Bühne im staubigen Circle Pit. Mit einem langsamen massiven Beat und Grindcore-typischen gutturalen Vocals bringt er das Zelt kurz vor Schluss zum Kochen. Das Publikum ist wach und die Ansagen wechseln endlich von Englisch zu Deutsch. Zu “Beating Pacifists“ werden einige schwarze Klobürsten in die Luft gereckt, als ein weiterer trüber Pit losbricht. Am Ende doch noch eine runde Sache!

15.45 OBSCURA

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Bühne frei für die bayerischen Progressive-Frickler OBSCURA: Die betreten wie gewohnt schlicht in schwarzen Longsleeves gekleidet die Bühne, welche wiederum komplett mit Back- und Sidedrops im Artwork des neuen Albums „Diluvium“ eingepackt ist. Die Botschaft dahinter: „Let the music do the talking“. Die Musik – das sind vertrackte und mit spieltechnischen Schmankerl garnierte Stücke. Vor allem Gitarrist Rafel Trujillo präsentiert mit Tappings durchsetzte Soli, wo sich so manchem Zuschauer die Kinnlade verdächtig in Richtung Boden senkt. Aber es gibt beispielsweise mit „Anticosmic Overload“ auch – vergleichsweise – eingängigen Stoff, und nicht zuletzt beim abschließenden „Centric Flow“ improvisiert sich die Band in bester 70’s-Rock-Manier bis zur letzten Minute des Sets: Und noch eine Wendung, und noch ein Solo … Frontmann Steffen Kummerer und Bassist Linus Klausenitzer posen dabei um die Wette, wobei ersterer am Ende sogar auf der Gitarrenbox steht. Dass die Jungs aber bei allem Erfolg auf dem Boden geblieben sind, zeigen sie durch ihre Ankündigung, beim Gig von CANNIBAL CORPSE im Publikum zu stehen – oder war es am Ende sogar die erste Reihe?

16.00 TRAGEDY OF MINE

Galerie mit 19 Bildern: Tragedy Of Mine - Summer Breeze Open Air 2018

Zwischen all den etablierten Bands, die auf den großen Festivals die Hauptbühnen bespielen, hat man es als Newcomer, der in der Nachmittagshitze auf eine Nebenbühne verfrachtet wird, nicht immer leicht. Nichtsdestotrotz nutzten TRAGEDY OF MINE aus Osnabrück die Chance, ihren harten Sound, der irgendwo zwischen Metalcore und Modern Metal angesiedelt ist, unter das Volk zu bringen. Auch wenn sich die fünf Niedersachsen musikalisch noch nicht wirklich von anderen Genrevertretern abheben, sorgten sie vor allem dank der außerordentlichen Bühnenpräsenz von Sänger Steffen Bunke für eine ordentliche Performance.

16.05 SCHANDMAUL

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Mit ihrem gerne ins besinnliche abdriftenden Folk Rock zählen SCHANDMAUL zu den Exoten auf dem Billing. Doch haben die Münchener natürlich genügend Routine auf den großen Bühnen, dass sie ihre Fans mühelos mobilisiert bekommen und einen rundherum routinierten Gig spielen können. Die Setlist zeigt ein Best-Of der nunmehr zwanzigjährigen Bandgeschichte, wenngleich angesichts des schieren Umfangs ihres Backkatalogs auch mancher Hit auf der Strecke bleiben muss. Dafür setzt die Band aber Akzente, als sie mit „Krieger“ ihren vielleicht düstersten und härtesten Song überhaupt auspackt. Für die ganz große Partystimmung sorgt dagegen „Der Teufel…“, denn der hat bekanntlich den Schnaps gemacht („Na und? Na und?“). Ihre wahre Relevanz unterstreichen SCHANDMAUL jedoch mit „Bund und nicht Braun“, dem in freundlich anmutenden Worten weit ausgestreckten Stinkefinger in Richtung aller Aber-Nazis und anderer fremdenfeindlicher Wichser. Schade, dass dieses Thema in diesen Tagen aktueller denn je erscheint, umso dankbarer muss man dafür sein, dass eine Band hier so eindeutig Stellung bezieht.

16.30 NECROTTED

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Brutale Riffs, donnernde Drums und markerschütternde Growls – handgemachter Death Metal geht eigentlich immer. Die sechs Jungs von NECROTTED spielen sich kompromisslos in einen Rausch und zerlegen dabei ganz nebenbei beinahe die komplette Camel Stage. Das Set der Abtsgmünder erweist sich auf Dauer zwar als etwas zu monoton, gestandene Death Metal-Enthusiasten kommen jedoch fraglos auf ihre Kosten.

17.00 NIGHT LASER

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Am Vorabend ist das Party-Areal an der Ficken Stage dünn besetzt, als Besuch aus dem hohen Norden aufwartet. Wer nun eine skandinavische Black Metal-Combo im Sinn hat, liegt knapp daneben.
Anstatt Corpse Paint und freundlichem Schwarz dominieren Spandex, Cowboystiefel, Leder und Nieten das Bühnenbild. NIGHT LASER bringen 80er Jahre Sleazerock aufs Summer Breeze und damit auch eine Zeit, in der die Hosen so tight waren wie die Gesangsleistung der prägenden Bands im Allgemeinen. Auch die Zuhörerschaft zeigt sich mit bunten Bandanas und Glitzer. Nach einer kurzen Aufwärmphase taut die zunächst noch verschlafene Brut auf und schwingt die frisch frisierten Haare durch die Luft. Mit trockenen, typisch hanseatischen Ansagen lädt Frontmann Benno zwischendurch auch Vorbeiziehende ein, „ihren Arsch vor die Bühne“ zu bewegen. NIGHTLASER phaseren in einer halben Stunde quer durch ihr Debut “Laserhead“ und lassen dabei keinen Stiefel still stehen.

17.00 MUNICIPAL WASTE

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MUNICIPAL WASTE sind nicht gerade für ihre Langsamkeit bekannt. Trotzdem fragt Tony Foresta nach dem zweiten Song: „Do you want something faster?“ Das Bisherige wird getoppt vom einminütigen „You’re Cut Off“. Doch neben dem Brechen jeglicher Geschwindigkeitsrekorde, sind WASTE zumindest um ein Mindestmaß an Abwechslung bemüht. Beim Titelsong des aktuellen Albums „Slime And Punishment“ fordert Foresta etwas ungewöhnliches: „This is the only time in today’s set that I don’t want to see a circle pit.“ Stattdessen war es an der Zeit, die Köpfe ordentlich durchzuschütteln.

Wie immer bei den Crossover Thrashern gibt es aber nicht nur eine amtliche Party, sondern auch klare politische Statements. „Fuck Racism and fuck rich white people who want to take over the world“, hieß es etwa vor „I Want To Kill The President“. Natürlich kann eine MUNICPAL WASTE-Show nicht ohne „Born To Party“ enden. Und so heißt im Finale zu Recht: „MUNICIPAL WASTE is gonna fuck you up.“

17.20 ALESTORM

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Oh wow! Da sind sie wiederrr, unserrre Lieblingspirrraten von ALESTORM, die sich nach dem Rrrrockharrrrz wiederrr auf dem Summer Breeze Open Air die Ehrrrre geben. Mit einem leicht abgeänderrrten Set bespaßen die zu ihrrrerrr eigenen Meme geworrrrdenen Schotten um Christopher Bowes wiederrr das Publikum mit der Poltrrrrrigkeit ihres True Scottish Pirate Metal, auch wenn ihrrrre Ästhetik längst nicht mehrrrr auf Frrreibeuterrr schließen lässt. Aber dennoch wirrrrd vorrrrbildlich zu „Nancy The Tavern Wench“ gerrrruderrrt als ginge es um Leben und Tod. Gewisse Dinge änderrrrrn sich eben nie.
Macht aber nichts, besagtes „Nancy The Tavern Wench“, „Captain Morgan’s Revenge“ und „Drink“ ziehen noch wie eh und je. Zudem hat sich beim Backdrrrrop etwas geänderrrrt: Statt derrr Bananenente, die den Hinterrrrgrrrrund des Bühnenbildes überrrr die letzten Jahrrrre hinweg geprrrrrägt hat, ist es nun ein urrrrlaubsrrreifes Krrrrrokodil, das den Hinterrrgrrrund zierrrrt. Es tut seinen Job gut genug und sieht genauso gaga aus, aber etwas stilvollerrrr und wenigerrrr wahllos wie noch sein Vorrrrgängerrr. Und wiederrrum harrrrrrrte eine überrrrgrrrroße Quietscheente ihrrrrres Einsatzes, um bei „Drink“ ins Publikum geworrrfen zu werrrrden. Den Abschluss machte dann wiederrrrr „Fucked With An Anchor“. Ein mehrrrrrr als solides Set bekommt das Publikum dieses Jahrrrrrr serrrrrvierrrrt. ARRRRRRRR!

17.45 LÜT

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Der Preis für die Neuentdeckung des diesjährigen Summer Breeze geht zweifelsohne an LÜT. Dabei steht der Auftritt der Norweger bis zuletzt komplett auf der Kippe. Das Flugzeug hat Verspätung, auf der Autobahn herrscht Stau – erst eine Viertelstunde nach regulärem Showbeginn schaffen es die Musiker überhaupt auf die Bühne. Doch möglicherweise ist es gerade diese Hektik, die bei der Band das Adrenalin ordentlich in Wallung bringt und sie den energiegeladensten Auftritt des gesamten Festivals hinlegen lässt. Nach nur wenigen Takten hat LÜTs punkiger Rock-Sound die leider recht überschaubare Zuschauerschar fest im Griff und nicht wenig instantan in Fans verwandelt. Nach dem ersten Song steigt Sänger Markus Danielsen Danjord von der Bühne herab und initiiert eigenhändig einen fetten Moshpit, wenig später lässt er sich – stetig weitersingend – von den neugewonnen Anhängern auf die Schultern heben und im Kreis herum tragen. Diese unverbrauchte Frische und wilde Energie des Sextetts wirkt ansteckend, hinzu kommen ungemein eingängige Melodien und ein fetter Dicke-Eier-Sound. Auch wenn man musikalisch in gänzlich anderen Gewässern wildert, werden somit Erinnerungen an den Spirit der Anfangstage von VOLBEAT wach. Und diese hatten schließlich anno 2006, lange vor dem internationalen Durchbruch, ebenfalls einen Auftritt auf dem Summer Breeze um ein Haar verfehlt und nur mit ordentlicher Verspätung spielen können – wenn das mal kein gutes Omen für die weitere Zukunft von LÜT ist…

18.00 GROOVENOM

Galerie mit 17 Bildern: Groovenom - Summer Breeze Open Air 2018

So eine gediegene Portion SCOOTER-Metal am Abend kann eine feine Sache sein. Muss sie aber nicht. Im Falle von GROOVENOM stellt sich der Ausflug zur Ficken Party Stage leider als ein Reinfall heraus. Ihre Musik nennt sich offiziell Modern Death Pop, wirkt aber eher wie eine Melange aus Neuer Deutscher Härte, Core und eben Eurotrash im SCOOTER-Stil. Die platten Texte setzen dem Ganzen dann noch die Krone auf. Nächstes Mal dann doch lieber nicht.

18.15 THE BLACK DAHLIA MURDER

Galerie mit 20 Bildern: The Black Dahlia Murder - Summer Breeze Open Air 2018

Trevor Strnad rockt seine Brille mit viel Selbstbewusstsein und entfesselt von der ersten Sekunde an mit THE BLACK DAHLIA MURDER einen wahren Sturm auf und vor der T-Stage. Mit rudernden Armen und viel Gehüpfe dirigiert der Mann die Circle Pits vor der Bühne, während seine Mannschaft einen hochpräzisen Melodeath-Klopper nach dem anderen abfeuert. Zu „Statutory Ape“ werden die Muskeln geflext, durchgängig schwebt eine Staubwolke über der ersten Welle. Die Vocals könnten etwas lauter sein, in Sachen Einsatz und Tightness kann man THE BLACK DAHLIA MURDER aber keinen Vorwurf machen. Leider beenden die US-Amerikaner ihren Auftritt etwas vorzeitig. Ein weiterer Song wäre bei sechs verbleibenden Minuten sicherlich noch drin gewesen.

18.35 EISBRECHER

Galerie mit 23 Bildern: Eisbrecher - Summer Breeze Open Air 2018

Auf der Main Stage wird es nun Zeit für das Rundum-Sorglos-Paket in Sachen Entertainment, denn Alexx „Der Checker“ Wesselsky und seine Komparsen von EISBRECHERN sind im Haus. Es braucht nicht mal einen vollen Song, bis der charismatische Glatzkopf das Publikum im Griff hat. Kein Wunder, ist die Band doch regelmäßiger Gast auf dem Summer Breeze und hat somit bereits eine innige Beziehung zu den Festivalgängern. Dementsprechend textsicher zeigt sich das Publikum bei Songs aus allen Schaffensphasen der Band.

Wesselsky wiederum verzichtet bei seinen Ansagen auf auswendig gelernten Kauderwelsch. Er greift lieber in steter Regelmäßigkeit das Geschehen vor der Bühne auf. „Seht ihr den Rollstuhlfahrer hier vorne? Das ist Respekt! Davon könnten wir in unserer Gesellschaft viel mehr gebrauchen“, sagt er, als ein Rollstuhlfahrer bis zur letzten Barriere getragen wird.

Doch selbst dem routiniertesten Frontmann passiert auch mal ein Missgeschick. So bezeichnet Wesselsky die Anwesenden Frauen fälschlicherweise als „Ladys of the M’era Luna“. Wenig später entschuldigt er sich für diesen Fauxpas: „Keine Sorge SUMMER BREEZE, ich weiß schon, wo wir hier sind. Die meiste Zeit über zumindest.“ Höhepunkt der Show ist ohne Zweifel der Überhit „Miststück“, den die Band heute in einer XXL-Version präsentiert.

19.00 BLOODRED HOURGLASS

Melodic Death Metal mit Thrash- und Hardcore-Einflüssen – damit sind BLOODRED HOURGLASS so etwas wie die wilden, kleinen Brüder von INSOMNIUM. Und es erklärt auch, warum das Publikum nicht nur mit melancholischem Blick abbangt, sondern vielmehr richtig steil geht: Es dauert lediglich bis zum dritten Song „The Last Of Us“, bis die Menge vor der Ficken Party Stage eine Wall Of Death mit anschließendem Moshpit initiiert. Frontmann Jarkko Koukonen ist sichtlich beeindruckt, und als er auf seine Frage „Wie viele von euch kennen uns?“ von den vielleicht 300 Anwesenden ein fast einstimmiges positives Votum erhält, bekommt er Plauderlaune und fragt die Menge nach jedem Song aus: „Wer hat ein Album von uns? Wer zwei? Wer alle drei?“ Die Fans jedenfalls haben Spaß, lassen den Moshpit bis zum Schluss nicht mehr versiegen und feuern die Finnen auf der Bühne immer wieder an. Die Band ist heute übrigens mit zwei Ersatzgitarristen auf der Bühne, und hätte es der Sänger nicht erzählt, man hätte das Fehlen der etatmäßigen Sechssaiter kaum bemerkt. Beim abschließenden „Where The Sinners Crawl“ gibt das Publikum noch einmal eine Wall Of Death-Zugabe und schließlich laute Zugaberufe. Eins hat der Auftritt heute gezeigt: In Zukunft sollte für BLOODRED HOURGLASS noch deutlich mehr drin sein.

19.00 BAEST

Galerie mit 22 Bildern: Baest – Summer Breeze Open Air 2018

BAEST. Nie gehört? Solltest Du aber, denn es gibt einen Grund, wieso Century Media (pardon, Centurion Meida) die Dänen unter Vertrag genommen haben. Insbesondere, wenn Du auf unprätentiösen und absolut ehrlich gelebten Death Metal der HM 2-Sorte stehst. Damit gehören BAEST nämlich zu den Überraschungen des diesjährigen Summer Breeze, wie sie in ihren 30 Minuten auf der Camel Stage beweisen. „We Are BAEST und we are here to kill you. This is your last concert. Ever.“ sind dabei nicht nur nette Worte von Fronter Simon Olson, BAEST lassen auch Taten sprechen. Der Fronter zeigt astreine Entertainer-Qualitäten und trotzt dem Publikum nicht nur nach bereits wenigen Sekunden einen Circle Pit sondern auch eine für Camel Stage-Verhältnisse amtliche Wall of Death ab. Richtig guter Gig einer aufstrebenden Band, von der in Zukunft hoffentlich noch zu hören sein wird.

19.30 COMEBACK KID

Galerie mit 20 Bildern: Comeback Kid – Summer Breeze Open Air 2018

Mit COMEBACK KID steht am frühen Donnerstagabend ein weiteres Hardcore-Highlight des diesjährigen Summer Breeze an. Voller Energie stürmt die Truppe zu „GM, Vincent & I“ die Bretter und entfesselt einen beeindruckend konstanten Circle Pit im ersten Schatten der T-Stage. Man nimmt den Jungs ihr Fansein ab, wenn Sänger Andrew Neufeld ankündigt, dass man nach Ende des eigenen Auftritts noch schnell vor die Hauptbühne rennen wolle, um sich den Rest der BEHEMOTH-Show anzusehen. Bis dieser Moment gekommen ist, gibt es aber eine knappe Stunde lang bewegungsintensiven Hardcore mit melodischen Einschlägen, der seinen Klimax mit dem unkaputtbaren „Wake The Dead“ erreicht. COMEBACK KID sind eine Live-Konstante, die sich auch auf einem Metal-Festival wie dem Summer Breeze immer wieder großer Beliebtheit erfreut.

20.10 BEHEMOTH

Galerie mit 15 Bildern: Behemoth - Summer Breeze Open Air 2018

Mit einer Verspätung von einigen Minuten startet endlich das heiß ersehnte Intro von BEHEMOTH. Als Letzter nimmt natürlich Nergal die Bühne ein. Die mitgebrachten Fackeln wirft er von sich, sobald die Band mit „Ov Fire And The Void“ ihr brachiales Set eröffnet. Das Publikum steht dicht gedrängt, sodass sich die nach oben gereckten Fäuste in eine Wand aus Armen verwandeln. Bald geht es auch mit den Crowdsurfern los, die die Gabenschlampen auf Trab halten. Eine Besucherin kommt gefühlt alle fünf Minuten angesurft, was sich bald zu einem Running Gag zwischen ihr und den Grabenschlampen entwickelt.

Neben reichlich Feuer in allen Variationen gibt es auch wieder eine Beweihräucherung von Nergal. Mit Schmackes pfeffert er den Weihrauchschwenker in die Ecke, nachdem er damit fertig ist. Zwei neue Stücke gibt es ebenfalls auf die Ohren. „God = Dog“, das bereits als Single veröffentlicht wurde, ist an dieser Stelle keine Überraschung mehr. Mit dem zweiten Track „Wolves Ov Siberia“ dürfte aber keiner gerechnet haben. Die zweite Hälfte des Sets ist dagegen aus BEHEMOTH-Klassikern zusammengesetzt.

„Blow Your Trumpets Gabriel“ wird nur angespielt, da löst es beim Publikum schon Begeisterungsstürme aus. Das fulminante Finale stellt aber „O Father O Satan O Sun!” BEHEMOTH kommen nach einer kleinen Pause in Kapuzen gekleidet zurück auf die Bühne. Nergal hat sich das Gesicht zudem mit Kunstblut beschmiert. Im Laufe des Überlängenstücks holen sie dann auch noch ihre gehörnten Masken raus und stehen minutenlang fast regungslos da, während ihre Mikroständer in Flammen stehen. Im Endeffekt zwar eine Standard-Show für BEHEMOTH, aber trotzdem immer wieder geil. Weniger geil ist jedoch, dass sie ganze 20 Minuten zu früh aufhören. Mit ihrer Setlist, die uns da bereits vorliegt, sind sie aber durch. Da muss wohl in der Planung etwas schief gelaufen sein.

20.30 PALLBEARER

Galerie mit 20 Bildern: Pallbearer – Summer Breeze Open Air 2018

PALLBEARER haben mir ihrem Slot auf der Camel Stage zwischen den letzten Tönen von COMEBACK KID und dem sich anbahnenden BEHEMOTH-Höllenritt auf der Hauptbühne keinen ganz leichten Stand. Doch die spärlich versammelten Doom-Aficionados halten den US-Amerikanern dadurch umso mehr die Treue. In 45 Minuten walzen PALLBEARER fünf ausufernde Song-Monster unter das Bühnenvordach, die ihre Heaviness durch Langsamkeit, Sound und Atmosphäre erlangen. Die eine oder andere Lunte wird in den knarzenden Basstälern angehauen, während der Gesang von Brett Campbell nahezu ätherisch über allem thront. Insgesamt ein Gig ohne Gimmicks, aber mit viel Atmosphäre, der durchaus einige erlesene Anhänger findet.

21.15 ESKIMO CALLBOY

Galerie mit 15 Bildern: Eskimo Callboy - Summer Breeze Open Air 2018

Man kann ja von ESKIMO CALLBOY halten, was man will, aber heute inszenieren die Jungs aus Castrop-Rauxel einen Partyabriss erster Güte. Und das von der erster Sekunde an: Als beim Opener „The Scene“ die Konfettikanonen gezündet werden, sind schon die ersten Crowdsurfer unterwegs. Jawoll, das Publikum geht auf den mechanisch harten und hochmelodischen Trancecore der Band umgehend steil. Da ist ordentlich Bewegung in der Menge, und die Luft wird durch die aufsteigende Staubwolke bedenklich knapp. Aber wie formulieren das die beiden Sänger Sebastian „Sushi“ Biesler und Kevin Ratajczak mit einem Augenzwinkern: „Wir haben gelernt, dass je mehr Staub sich hier entwickelt, desto geiler die Party ist!“

Ganz ohne Augenzwinkern merken die beiden in knallenge Stretchjeans gezwängten Sänger mit den sorgsam frisierten Haarputzen an, dass die Songs, die bereits beim ersten Auftritt der Band auf dem SUMMER BREEZE gespielt wurden, jetzt ja „old school“ seien. Die Rede ist von vier laaangen Jahren. Die Fans im Publikum verstehen aber, was die beiden meinen, denn nicht wenige von ihnen dürften vor vier Jahren noch mit einer von ihren Eltern unterschriebenen „Vereinbarung zur Erziehungsbeauftragung“ in der Hosentasche unterwegs gewesen sein. Und heute hüpfen, jubeln und tanzen die Fans, dass es eine Freude ist.

Ein Wort noch zu Drummer und Beau David Friedrich, der neulich noch Absolvent der Trash-TV-Formate „Die Bachelorette“ und „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ war: Dieser wird bühnenmittig zentral in die Show und das aufwendig beleuchtete Backdrop einbezogen – die Jungs wissen halt, was bei den weiblichen Fans zieht. Was fehlt noch? „Pitch Blease“, ein Circle Pit natürlich. Kommt. Klar: Das Eventpublikum hat nach eine halben Stunde alles gesehen und gehört, und so lichten sich die hinteren Reihen ein wenig – vielleicht sogar wegen akuter Erschöpfung oder Staublunge. Trotzdem: Alle Anwesenden haben doch großen Spaß mit einer perfekten und intensiven Show.

22.00 POWERWOLF

Galerie mit 20 Bildern: Powerwolf - Summer Breeze Open Air 2018

Zugegeben, musikalisch spalten POWERWOLF die Szene wie kaum eine andere Band. Dennoch pilgern am Donnerstagabend zehntausende Jünger zur Main Stage, um mit Deutschlands beliebtestem Wolfsrudel die heilige Heavy Metal-Messe zu begehen. Dass die saarländischen Power Metaller erstklassige Entertainer sind, stellten sie in den folgenden anderthalb Stunden eindrucksvoll unter Beweis. Frontmann Attila Dorn, seines Zeichens geborener Alleinunterhalter, sorgt mit blasphemischen Blödeleien, improvisierten Einlagen und immer wieder neuen Aufgaben für das Publikum nicht nur für regelmäßige Lacher, sondern kann darüber hinaus auch gesanglich deutlich überzeugen. Insgesamt liefert das Rudel um die Gebrüder Greywolf sowohl musikalisch als auch visuell eine rundum gelungene Show, in der sich die Saarländer sehr zur Freude ihrer Anhänger durch Klassiker wie dem eingängigen „We Drink Your Blood“ und durch neue Kracher wie dem folkigen „Incense & Iron“ spielen. Dass nebenbei dank beeindruckender Pyrotechnik die halbe Bühne in Flammen zu stehen scheint, überzeugt wohl schließlich sogar die letzten Zweifler.

22.15 CELESTE

Galerie mit 9 Bildern: Celeste - Summer Breeze Open Air 2018

Auf jedem SUMMER BREEZE gibt es diese ein oder zwei Bands, die mit minimalsten Mitteln maximale Atmosphäre erschaffen und in einer eigenen Liga spielen. CELESTE sind so eine Band. Mehr als vier rote Stirnlampen, ein bisschen Nebel und einen roten Strahler hinter den Drums auf einer komplett dunklen Camel Stage brauchen die Franzosen nicht, um eine beeindruckende Show aus Licht und Schatten auf die Beine zu stellen. Wie brennende Augen von vier Zyklopen durchstechen die roten Laser die Nacht, während sich die Mischung aus Sludge, Doom, Black Metal und Hardcore einem Malstrom aus Lava gleich über den Bühnenrand in Richtung des Publikums wälzt. Selbiges lauscht bedächtig und saugt die vereinnahmende Stimmung eher auf, als in wildes Moshen und Bangen zu verfallen. Dabei profitieren CELESTE bei einem ihrer seltenen Auftritte in Deutschland zudem von einem brachialen Sound, der richtig drückt, egal, ob das Quartett nun eher langsam mahlend-monoton unterwegs ist oder mit Double-Bass-Teppichen alles planiert.

23.00 CANNIBAL CORPSE

Galerie mit 18 Bildern: Cannibal Corpse - Summer Breeze Open Air 2018

Ein bisschen knuffig sind sie ja schon, George „Corpsegrinder“ Fisher und seine Mannen. Feuersäulen? Fontänen? Brauchen CANNIBAL CORPSE nicht. Sie sind ihr eigenes Spektakel, was sie wieder einmal auf dem diesjährigen Summer Breeze Open Air unter Beweis stellten. Allein schon George Fisher beim Bangen zuzuschauen ist unterhaltsam genug, doch auch die Momente, in denen er pausiert, um durch seinen Haarvorhang hindurch zu grunzen, überzeugen und untermalen den enormen Unterhaltungswert der Live-Performance abermals.

Hinzu kommen natürlich die legendären Ansagen von „Corpsegrinder“, die immer wieder ein Genuss sind. Zu „I Cum Blood“ kommentiert er gewohnt trocken „Sounds fun, until it happens to you“. Wer natürlich am besten bangt, ist klar, dennoch lässt sich Fisher zum spontanen „Wettbewerb“ hinreißen, bei dem es natürlich nur einen Sieger geben kann. Eine herrliche Schädelspalterei, die CANNIBAL CORPSE da wieder einmal vom Zaun gebrochen haben.

23.45 SUICIDAL TENDENCIES

Galerie mit 24 Bildern: Suicidal Tendencies – Summer Breeze Open Air 2018

Ganz so voll wie bei den Headlinern BEHEMOTH und POWERWOLF ist es vor der Main Stage zwar nicht mehr, aber wer jetzt vor der Bühne steht, bekommt ein denkwürdiges Konzert geliefert. SUICIDAL TENDENCIES sind ja dafür bekannt, eine schweißtreibende Show zu bieten, und davon können sich die Anwesenden live überzeugen. Die Musik der Skatepunk-Legende aus Venice Beach ist ja eh auf maximale Bewegung ausgelegt, aber Sänger Mike Muir fegt wie ein Flummi ständig von links nach rechts, von rechts nach links und nach vorne. Seine Mitstreiter an den Instrumenten müssen deshalb ständig auf der Hut sein und ihren Aktionsradius an die Laufwege des mittlerweile 55-jährigen Cyco Miko anpassen. Nicht fehlen dürfen die längeren Ansagen des Frontmanns, die wie gehabt an den inneren Schweinehund jedes Einzelnen appellierten, die das Leben an sich und Freiheit („Freedumb“) thematisieren. Das Publikum wiederum ist äußerst textsicher und grölt bereits beim Opener „You Can’t Bring Me Down“ die wichtigen Textpassagen alleine mit („F*** you!“). Die Crowd mosht außerdem zu Songs wie „I Shot The Devil“, „War Inside My Head“ und „Possessed To Skate“ ab und initiiert einen großen Circle Pit – so muss das sein.

Drei Dinge sind es aber, die diesen Gig so besonders machen: Einmal ein kurzer Moment der Unsicherheit bei Drummer-Gott Dave Lombardo, welchen Rhythmus er jetzt eigentlich spielen muss. Bassist Ra Diaz wiederum tickt bei seinem Basssolo in „Send Me Your Money“ dermaßen aus, dass er ins Drumset von Lombardo kracht (das der, ganz Profi, ohne seine Miene zu verziehen wieder richtet). Und dann ist es Cyco Mikos Einladung erst an zwei Fans in ST-Outfit, dann einen Fan aus Südamerika, später an alle Fans, beim abschließenden „Pledge Your Allegiance“ doch auf die Bühne zu kommen: Das mag ein Stresstest für den Bühnenmanager und die Secus sein, ist aber vor allem eine große Party für Band und Fans. Stark!

00.00 EREB ALTOR

Galerie mit 14 Bildern: Ereb Altor - Summer Breeze Open Air 2018

Für Fans von Viking/Epic Metal im Allgemeinen und Bathory im Besonderen gab es dieses Jahr bislang noch nicht viel zu holen. Dem schufen EREB ALTOR mit ihrer zweiten Show auf dem SUMMER BREEZE Abhilfe. Wie schon vor vier Jahren spielten die Schweden des Nachts auf der Camel Stage auf, allerdings mit zwei entscheidenden Unterschieden: zum Einen boten die Vier erfrischenderweise eine zu damals bis auf „Myrding“ komplett andere Setlist, zum Anderen kamen die Fans heute in den Genuss des besten Sounds des Tages auf der drittkleinsten Bühne. Optimale Voraussetzungen also, den epischen, mit Dramatik gesättigten Hymnen zu lauschen, Quorthon zu huldigen und die Trinkhörner reihenweise in die Höhe zu recken. Sowohl die erhabenen, häufig von mehrstimmigem Gesang getragenen Momente als auch rasende Black-Metal-Ausbrüche oder sauber perlende Leads und Soli vertonten EREB ALTOR mit Inbrunst. Der klar erzählerische Sagen-Charakter der Songs lud dabei eher zum Schwelgen denn Abgehen ein, was dem vom heissen Tag sichtbar gezeichneten Publikum aber auch deutlich entgegenkam. EREB ALTOR sahnten zurecht reihenweise ausgestreckte Hörner ab.

00.45 MARDUK

Galerie mit 13 Bildern: Marduk - Summer Breeze Open Air 2018

Dichter blauer Nebel verschlingt ein paar modrige Gestalten, deren Silhouetten nur schemenhaft erkennbar sind. In der vermeintlichen Ferne sind Bombermotoren zu hören, die eigentlich vom Band kommen und von so stark brummendem Bass übertönt werden, dass das Atmen in der abgekühlten Nachtluft schwer fällt – eine Atempause kommt jedoch bei dem Staub der letzten Festivaltage ganz gelegen. Vor der Bühne haben sich hartgesottene Fans versammelt. Gelegentlich reflektiert ein Corpse Paint das grelle Licht.

Das tiefe maschinelle Wummern zieht sich durch das gesamte Konzert von MARDUK, die nach einem kurzen instrumentalen Testlauf schlagartig stoppen. Es folgt eine der rar gesäten knappen und zugegebenermaßen unterkühlt und reserviert wirkenden Ansagen. Anschließend kraucht Sänger Daniel Rostén alias Mortuus neben seiner Gefolgschaft zu Stuka-Motoren und heulenden Sirenen über die Bühne. Mit Vocals, die vom Trommelfeuer aus wummerndem Doublebass unterzugehen scheinen, peitschen die Schweden durch die Nacht und schaffen zwischen den ersten Songs immer wieder eine unheimliche düstere Atmosphäre – Der Krieg scheint in Reichweite zu sein. Das anfangs leicht irritiert wirkende, zaghaft nickende Publikum lässt schnell alle Hemmungen fallen und sich von dem morbiden Black Metal treiben.

Die äußere Erscheinung von MARDUK ähnelt der ihrer Kollegen von Watain – grobe Springerstiefel und zerfledderte Lederkluft verleihen ihnen einen Hauch von Gruft. Nach einer halben Stunde läst sich Mortuus zu einer weiteren kurzen Ansage in Richtung des Publiums hinreißen, bevor er mit rausgepresstem gutturalen Rotzgesang über ein von gewaltigen Drumsets dominiertes Schlachtfeld fegt, das auch in den langen Pausen noch bedrohlich glüht. Nach einer Stunde Stoßfeuer verlassen MARDUK stilecht ihr Trümmerfeld – ein letzter grimmiger Blick gilt der versammelten Crowd, die von Nackenschmerzen gebeutelt dennoch glücklich dreinschaut.

01.00 DIE APOKALYPTISCHEN REITER

Galerie mit 18 Bildern: Die Apokalyptischen Reiter - Summer Breeze Open Air 2018

DIE APOKALYPTISCHEN REITER gehören ohnehin zum Stamminventar des Summer Breeze. Und obwohl ihr wilder Soundmix noch immer seine Reize hat, lässt sich ein gewisser Abnutzungseffekt nicht verleugnen. So fällt auch der Publikumszuspruch etwas geringer aus als erwartet, was die Thüringer wiederum überhaupt nicht beeindruckt. Sie ziehen ihren Stiefel durch und dafür verdienen sie Respekt. Während jedoch die erste Hälfte des Sets routiniert altbekanntes zelebriert (große Bälle bei „Seemann“, Schlauchboot-Wettrennen bei „Reitermania“), krankt die zweite Hälfte an ihrem starken Fokus auf dem Material des jüngsten Outputs „Der Rote Reiter“. Für sich genommen ist dieses zwar sicherlich kein schlechtes Album, im direkten Vergleich mit den alten Klassikern können die neuen Songs jedoch nicht mithalten. So hätte dem heutigen Set insbesondere eine bessere Durchmischung von altem und neuem Stoff gut getan, um den Funken von der engagiert aufspielenden Band auf das zusehends Ermüdungserscheinungen zeigende Publikum überspringen zu lassen.

01.45 WHEEL

Galerie mit 15 Bildern: Wheel - Summer Breeze Open Air 2018

Progressive-Metaller mit TOOL-Touch bietet das Quartett WHEEL. Erst 2015 gegründet und damit noch relativ neu im Geschäft, können die Finnen aber die rund 150 Zuschauer überzeugen – das sind zwar keine Fanmassen, aber es ist halt schon spät. Vor allem das hypnotische Zusammenspiel aus vertrackten Drumpatterns und Basslinien in Kombination mit einer effektiven Lichtshow mit weißem und blauem Licht zieht die Anwesenden in ihren Bann, sodass nicht wenige in der Menge voller Inbrunst mittanzen.

02.15 HEILUNG

Galerie mit 20 Bildern: Heilung - Summer Breeze Open Air 2018

Etwas mulmig kann einem da schon werden, als des Nachts seltsam ursprünglich gekleidete Gestalten die T-Stage betreten und sich erst einmal im Kreise sammeln. Eine Einschwörung auf den bevorstehenden Auftritt vielleicht? Jedenfalls präsentiert sich das Folk-Ensemble HEILUNG – ohne große Worte ans Publikum zu verlieren und so die empfindliche gleichwie höchst intensive Stimmung zu stören – als äußerst stimmungssicher und legt mit ihrem perkussionslastigen, geradezu cineastischen Sound auch sofort los.

Tribale Töne, die wie die Musik eines schamanischen Einschwörungsrituals für Clankrieger klingt, versetzen das Publikum und nicht zuletzt auch die Band selbst in Trance. Nein, besser: Das deutsch-dänische Ensemble spielt sich regelrecht in Ekstase mit den hypnotischen, energetischen Rhythmen. Und so richtig bombastisch wird es, als eine Reihe Hopliten die Bühne betritt und in den ohnehin schon sehr ursprünglichen, irgendwie martialisch anmutenden Gesang mit einsteigen, nur um sich dann ins Infield zu stürzen und das Publikum noch zusätzlich anzuheizen. Ein ungewöhnliches Highlight, definitiv.

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02.09.2018

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