Summer Breeze 2016
Teil 2: Dienstag und Mittwoch - Der ausführliche Bericht
Konzertbericht
20.30 (CS) NOVELISTS
Ein Blick auf die zahlreichen Festivalbesucher, die sich nach Sonnenuntergang vor der Camelstage versammeln, lässt vermuten, dass die Pariser NOVELISTS vor keiner leichten Aufgabe stehen würden: Das bunt gemischte Publikum steht dicht gedrängt und ist höchst ungeduldig. Florestan Durand gehört allerdings zu der Sorte von Sänger, die die Menge schon beim Betreten der Bühne für sich gewinnen. Immer wieder angespornt von seinen „Bounce! Bounce!“-Zwischenrufen tobt durchgängig ein wilder Moshpit vor der Stage. Besonders die harten Djent-Riffs gepaart mit aggressiven Screams heizen sowohl den Violent Dancern als auch den Headbangern ordentlich ein. Höhepunkt für die tanzwütige Meute ist sicherlich die Wall of Death am Ende des Auftritts. Treffen die harten Parts voll ins Schwarze, gehen die ruhigeren, clean gesungenen Songabschnitte oft leider etwas unter. Vielleicht fehlt es da noch etwas am Feinschliff. NOVELISTS‘ eingängige Mischung aus progressivem Metalcore und Djent stellt aber auch an diesem Abend unter Beweis, dass sie die Zuschauer nicht nur begeistern, sondern auch konstant zum Ausrasten bringen kann.
Intro (Conan Theme)
Setlist
Intro
Voyager
Gravity
Immedicable
Echoes
Monchos Tonchi
Twenty Years
Galerie mit 9 Bildern: Grand Magus auf dem Summer Breeze Open Air 2016
21.00 (TS) GRAND MAGUS
Bereits vor dem eigentlichen Intro stimmt das vom Band eingespielte „Longboats Are Coming“ auf eine Show voller Wikingerromantik ein. Wenn es das Wort „episch“ im deutschen Sprachschatz nicht gäbe, für GRAND MAGUS müsste es eigens erfunden werden. Die Band reiht eine mitsingtaugliche Mid-Tempo-Hymne an die nächste und sorgt im gesamten Zelt für ein Meer aus emporgereckten Fäusten und/oder Pommesgabeln. Beste Voraussetzungen also für maritime Hits wie „Sword Of The Ocean“ oder „Like The Oar Strikes The Water“. Doch neben Segeln und Reiten („On Hooves Of Gold“) gehört natürlich auch Kämpfen zum wikingischen Triathlon, heute unter anderem vertreten durch „Steel Versus Steel“ oder „Triumph And Power“. Die Schlachtgesänge leben von der charismatischen Stimme des Oberwikingers JB, der sich in den Refrains ebenso gut entspannt zurücklehnen und der Menge vor der Bühne das Feld überlassen könnte. So schallen die „Hammer Of The North“-Chöre noch lange durchs Zelt auch nachdem GRAND MAGUS dieses längst wieder verlassen haben.
Setlist
I, The Jury
Sword Of The Ocean
On Hooves Of Gold
Varangian
Steel Versus Steel
Ravens Guide Our Way
Arv
Triumph And Power
Like The Oar Strikes The Water
Iron Will
Hammer Of The North
22.00 (CS) DOWNFALL OF GAIA
Atmosphärisch dicht ziehen zu später Stunde DOWNFALL OF GAIA die Menge in ihren Bann. Die Post-Metal Crustcore-Kombo tritt ab 22 Uhr auf die Camel Stage und zerreißt mit zermürbender Geduld die Nacht. Weitschweifig-krachende Riffs treffen auf eine beachtliche Schar Neugieriger, die für die volle Spielzeit der deutsch-amerikanischen Formation vor der Bühne ausharrt und den mal brachialen, mal mystischen Klängen lauscht. Hinter der Bühne riecht es indes würzig nach Räucherstäbchen und vorne crowdsurft allen Ernstes eine Mülltonne über die Köpfe des Publikums. Wir sind eben immer noch auf einem Festival. DOWNFALL OF GAIA zeigen eindrucksvoll, dass auch nach Einbruch der Dunkelheit und vor einer partyhungrigen Horde anspruchsvolle Musik funktionieren kann und lassen mit ihrer basslastigen Mischung aus Doom-, Death- und Black-Elementen das Knochemark vibrieren. Ein lang gezogener Ton läutet den letzten Song ein, ehe noch einmal in die akustische Finsternis abgetaucht werden darf. DOWNFALL OF GAIA ziehen zu enthusiastischem Applaus von der Bühne und hinterlassen ein zufriedenes Publikum.
Setlist
Darkness Inflames These Sapphire Eyes
Carved Into Shadows
Drowning By Wing Beats
Ascending The Throne
To Carry Myself To The Grave
Excavated
Galerie mit 17 Bildern: Bembers auf dem Summer Breeze Open Air 2016
22.00 (CC) BEMBERS
Nachdem die fränkische Frohnatur vor ein paar Jahren schon einmal auf dem Festival zu Gast war (damals auf der Camel Stage) und er es mittlerweile ja auch im Fernsehen zu einer gewissen Prominenz gebracht hat, ist es nicht verwunderlich dass das Zirkuszelt schon lange vor Showtime „dicht“ ist und niemand mehr eingelassen wird. Und anhand der vielen verschiedenen Bembers-Fangesänge wird auch deutlich, dass sich das Volk hier nicht zufällig eingefunden hat. Ob nun „Geh mer halt zum Bembers“ („Vamos a la Playa“) oder „Dieser Bembers ist klasse“ („Seven Nation Army“) – der Mob tobt bevor der Meister auch nur einen Fuß auf die Bühne setzt. Als BEMBERS in seinem „Sommerkleidchen“ (einer Tunika im Jesus-Stil) dann pünktlich auf die Bühne schreitet, gibt es vollends kein Halten mehr, was folgt ist ein 45minütiger Triumphzug bei dem man ob der frenetischen Reaktionen ab und an den Protagonist kaum hört. Der hangelt sich von einem Knüller zum nächsten, räsoniert über staatlich beauftragte Temperaturfühler, missglückte Architektur in Osnabrück, das Zuckerfest und den Europakongress der Zeugen Jehovas in Dortmund, Multikulti in der Nürnberger Südstadt („Salafisten vs. Salat fisten“) und, und, und… Grandiose Show und BEMBERS geht nach der Show dann sogar noch mit seinem Handy auf die Bühne um die eskalierenden Massen zu dokumentieren.
Galerie mit 15 Bildern: Agnostic Front auf dem Summer Breeze Open Air 2016
22.45 (TS) AGNOSTIC FRONT
Die Publikumsmenge im Zelt erreichte ihren bisherigen Höhepunkt, als die Hardcore-Legende AGNOSTIC FRONT zum Dienst antrat. Das Licht ging aus und Jubelstürme brachen los. Zur Titelmusik von „Zwei Glorreiche Halunken“ betrat Gitarrist Vinnie Stigma die Bühne. Auf seine Frage „Are you ready?“ reagierten die Fans mit frenetischem Gebrüll. Zum Einstieg gab es dann auch direkt den Klassiker „Eliminator“. Frontmann Roger Mirets Aufforderung zum Circle Pit folgte die Meute innerhalb weniger Sekunden. Beim anschließenden „Dead To Me“ sprang das gesamte Publikum bis der Boden bebte. Vinnie Stigma fegte derweil wie ein Derwisch über die Bühne und stand nicht eine Sekunde still. In Sachen Bühnenpräsenz macht ihm so schnell niemand was vor. „Peace“ wurde mit Gastsänger Freddy Cricien von Madball dargeboten. Gänsehaut gab es bei „For My Family“. Hier zeigten sich die Fans absolut textsicher. Getoppt wurde das nur noch beim Überhit „Gotta Go“, der das letzte Viertel des Auftritts einläutete. Überpünktlich beendeten AGNOSTIC FRONT ihre energiegeladene Show mit dem RAMONES-Cover „Blitzkrieg Bop“.
Setlist
Eliminator
Dead To Me
Social Justice
My Life, My Way
Police Violence
Only In America
Warriors
For My Family
Friend Or Foe
Victim In Pain
Never Walk Alone
All Is Not Forgotten
Peace
Crucified
Gotta Go
Take Me Back
A Mi Manera
Addiction
Blitzkrieg Bop (THE RAMONES-Cover)
Galerie mit 12 Bildern: Tragedy auf dem Summer Breeze Open Air 2016 Galerie mit 11 Bildern: Karaoke mit Tradegy auf dem Summer Breeze Open Air 2016
23.00 (CC) TRAGEDY
And now, for something completely different… Nach fränkischer Comedy gings nach kurzem Wechsel mit den New Yorkern TRAGEDY weiter. Jede Menge Pailletten und Fransen, Plateauschuhe, bunte Tücher, ordentlich mit Schminke betonte Augenpartien und sogar eine durchsichtige Flying-V-Gitarre wurden aufgefahren um den Sound der Band ins rechte Licht zu rücken. Die Amerikaner widmen sich dem Covern von Hits von u.a. den BeeGees und das machen sie wirklich außerordentlich gut. Je weiter sie in ihrem Set fortschreiten umso voller wird auch das Zelt – und umso freudiger interagiert das Publikum mit der Band. Und die hängt sich auf der Bühne mächtig rein, teilweise geht das schon in Richtung Schauspiel, wenn die Herren mit ihrem Tänzer/Sklaven Lance im Matrosenkostüm herumalbern. Die Toto-Bearbeitung von „Africa“ ist nicht ganz so gelungen, dafür schieben sie später eine grandiose Neil vs. Kig Diamond-Version von „Sweet Caroline“ nach. Direkt danach spielen sie dann Slayers „Reign in Blood“ an, das gekonnt in „Reigning Men“ der Weather Girls übergeht. Am Ende ihrer Show dürfen dann Leute aus dem Publikum mit der Band Karaoke singen, was richtig gut ankommt und später ohne die Band weitergeführt wird. Ha, ha, ha, ha… Stayin’ Alive!
Setlist
Tragedy
Disco Inferno
Grease
Africa
Dress You Up
Gimme Gimme Gimme
Sweet Caroline
Reigning Men
The One That I Want
Maneater
YSBD
How Deep Is Your Love
Stayin‘ Alive
Medley
Eclipse
Galerie mit 15 Bildern: Ketzer auf dem Summer Breeze Open Air 2016
23.45 (CS) KETZER
Dass KETZER sich kein bisschen um Genre-Konventionen scheren, haben sie bereits mit dem aktuellen Album „Starless“ bewiesen. Auf der Bühne präsentiert sich die Band auch optisch jenseits von Metal-Klischees der Marke „Nieten und Leder“ – außer dem Drummer trugen z.B. alle Mucker Cowboystiefel. Aber das hielt die angehenden H&M-Posterboys nicht davon ab, ein brachiales Black-Thrash-Inferno zu entfachen. Band-Klassiker wie „Satan’s Boundaries Unchained“ oder „Endzeit Metropolis“ gaben den zahlreiche erschienenen KETZER-Fans die volle Metalbreitseite. Doch auch Stücke neueren Datums wie das schleppende „When Milk Runs Dry“ und das eingängige „Godface“ wurden euphorisch mitgegrölt. Ansagen gab es nahezu keine. Stattdessen dienten atmosphärische Samples als Überleitung zwischen den Songs. Die Show war bis ins letzte Detail perfekt inszeniert, ohne dabei aufgesetzt zu wirken. Bei einem Top Sound konnten KETZER mit einer Killer-Setlist von Anfang bis Ende tosenden Applaus für sich verbuchen.
Setlist
Starless
Satan’s Boundaries Unchained
The Fever’s Tide
When Milk Runs Dry
Endzeit Metropolis
Count To Ten
Godface
He, Who Stands Behind The Rows
The Fire To Conquer The World
Galerie mit 12 Bildern: Vader auf dem Summer Breeze Open Air 2016
00.30 (TS) VADER
Drei Jahre ist es bereits her, dass VADER die feiernden Massen vor der T-Stage zuletzt überrollt haben. Seitdem sind die Polen, trotz inzwischen 33-jähriger Bandgeschichte, keinesfalls alt oder gar müde geworden, sondern haben auch am heutigen Tag geplant, die Fläche vor der T-Stage ordentlich platt zu walzen. Das Zelt ist zu gut 2/3 gefüllt, vereinzelte „VADER!!!“-Sprechchöre werden angestimmt und von draußen drängen sich zahlreiche Festivalbesucher in den sprichwörtlichen Vorhof der Hölle. Das Licht geht aus, das Intro erklingt, die Menge brüllt…und VADER brüllen zurück! Die Polen haben eine Setlist zusammengestellt, die es ganz klar auf Zerstörung anlegt. Titel wie „Go To Hell“ und „Come And See My Sacrifice“, heizen die Menge an und die ersten Crowdsurfer werden den „Grabenschlampen“ geliefert. VADER verschwenden wenig Zeit mit Ansagen, sondern halten den hart arbeitenden Moshpit mit einem absoluten Drumgewitter und Riffhagel bei Laune. Der Schwerpunkt des Sets liegt mit Titeln wie „Triumph Of Death“ und „Carnal“ zwar klar bei aktuelleren Alben der Polen, doch auch Klassiker wie „Sothis“ oder „The Witcher“ haben VADER im Gepäck. Die späte Uhrzeit scheint vergessen und nach kurzem Verschwinden der Musiker hinter die Bühne setzen VADER zum brachialen Finale mit „Helleluyah“ an und ziehen anschließend episch zum gewohnten „Imperial March“ von der Bühne. Das helle Licht der Bühne kann sich kaum noch einen Weg durch das staubige Zelt bahnen, Mission also erneut erfüllt: verbrannte Erde vor der T-Stage!
Galerie mit 15 Bildern: Fäulnis auf dem Summer Breeze Open Air 2016
01.30 (CS) FÄULNIS
Hamburger Bands erwischen am Mittwoch einen mehr als guten Tag. Erst der völlige Abriss von MANTAR auf der T-Stage, jetzt der amtliche Rausschmiss von FÄULNIS auf der Camel Stage. Zwar entfalten die Black Doom Punker aus der Hansestadt als letzte Band des Abends auf der kleinsten Bühne nicht die gleiche Wucht wie ihr Kollegen-Duo einige Stunden zuvor im Zelt, in Punkto Intensität und Selbstaufgabe steht das Quintett ihnen aber in nichts nach. Vor allem Fronter Seuche macht seinem Namen alle Ehre und kotz-schrei-würgt sich seine Hasstiraden mit Inbrunst raus. Dem Schreihals ist es zu verdanken, dass FÄULNIS‘ Deutschpunk-Wurzeln live viel stärker als auf Konserve zum Tragen kommen. Die Assel-Attitüde beherrscht den Großteil des Gigs und entfacht mehrfach einen Irokesen-Punk-Hüpfmob am Rande des Geschehens. Die restlichen Anwesenden, und davon gibt es zu solch später Stund noch mehrere Hundert, laben sich derweil größtenteils kopfnickend an den melodischen Black- und Blast-Parts, die FÄULNIS ebenfalls aus dem Effeff beherrschen. Auch wenn nicht mehr die ganz große Welle geht, ernten FÄULNIS beachtlichen und auch verdienten Zuspruch.
Setlist
Scheiße, Rückfall
Weil wegen Verachtung
Distanzmensch, verdammter!
Trümmer
Metropolis
Weiße Wände
30. Juli
Galerie mit 15 Bildern: Bömbers auf dem Summer Breeze Open Air 2016
02.00 (TS) BÖMBERS
Lemmy, Lemmy, immer wieder Lemmy! Schon Minuten vor dem Auftritt der BÖMBERS machen Sprechchöre klar, welche Band dieses Jahr schmerzlich auf dem SUMMER BREEZE vermisst wird. Der plötzliche Tod von Ian Fraser „Lemmy“ Kilmister im Dezember 2015 beraubte die Rock- und Metal-Welt nicht nur einer ihrer größten Ikonen, sondern riss damit verbunden auch ein riesiges Loch in das diesjährige Headliner-Programm. Dem Ausfall von MOTÖRHEAD begegneten die Veranstalter jedoch mit einem smarten Move, indem kurzerhand die BÖMBERS als Tribute-Band verpflichtet wurden. Ein Lockruf, dem Mittwochnacht leider nicht viele folgen – bei der letzten Band auf der T-Stage war viel Luft im Rund. Vielleicht ist vielen auch nicht bewusst, wer genau da Lemmy um zwei Uhr nachts die Ehre erweist: hinter BÖMBERS verbirgt sich niemand geringerer als Olve Eikemo alias Abbath, der seinerseits selbst mit IMMORTAL Musikgeschichte geschrieben hat. Flankiert von Tore „Fast Tore“ Bratseth (ex-OLD FUNERAL) und Jan Terje „Party Animal“ Pedersen (ex-PUNISHMENT PARK) lässt Olve „Killminister“ Eikemo in dieser Nacht die Sau raus und wirbelt als möglichst originalgetreue Kopie Lemmys mit Cowboy-Hut und Rickenbacker Bass sichtlich vergnügt über die Bühne. Seine Reibeisenstimme kommt zwar nicht ganz an das Original heran, aber wer könnte das schon jemals von sich behaupten. Es gab und wird immer nur einen Lemmy geben und diese Tatsache bekräftigen die Fans lautstark, als BÖMBERS sich durch ein Best-Of-Set MOTÖRHEADs mit den unvermeidlichen Hits zocken. Die wenigen, die vor Ort sind, bleiben bis zum Schluss und feiern das Vermächtnis einer der größten Rock-Ikonen ab, bis dann erst mal der Vorhang auf der T-Stage fällt.
Setlist
Bomber
Stone Dead Forever
Shoot You In The Back
Iron Fist
Stay Clean
Metropolis
The Hammer
No Class
Killed By Death
Orgasmatron
Over The Top
Damage Case
(We Are) The Road Crew
Ace Of Spades
Overkill
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