Stoned From The Underground
Desert Rock in a Swamp
Konzertbericht
Samstag.
Am frühen Samstagmorgen dann Regen, Wind und nochmals Wind. Die Zelte werden auf eine Maximalhöhe von 50 Zentimetern komprimiert und als wir uns später zerknautscht ins Freie wagen, ist unser Pavillon bereits den Weg allen Fleisches gegangen und nicht mehr auffindbar. Uns kommt’s gelegen, da wir den somit am nächsten Tag wenigstens nicht abbauen müssen. Um nicht den selben Fehler wie am gestrigen Tag zu machen, entwickeln wir anschließend einen komplexen Zeitplan, der es uns erlauben soll, heute schon zur ersten Band OROBOURUS vorne zu sein. Und einmal mehr triumphiert die schwäbische Gründlichkeit: OROBOURUS bieten in aller Herrgottsfrühe um 13:00 Uhr einen gemütlichen Start in den Tag. Klar, alles schonmal gehört, aber der bluesige Stonersound der vier Mannen aus den Vereinigten Staaten wird lässig und spielfreudig dargeboten und Gitarrist Michael Avery hat sichtlich Spaß daran, als er sich mitsamt Gitarre durch das noch spärliche Publikum spielt.
Galerie mit 8 Bildern: Wight - Stoned From The Underground 2012
Anschließend werden, wie schon angemerkt, WIGHT als einzige Band vom Regen gestört, doch tut das der Stimmung vor der Bühne keinen Abbruch. Die drei Darmstädter zocken ihre Songs im psychedelischen Soundgewand derart lässig herunter, dass es eine Wonne für Augen und Ohren ist. Darüber hinaus gibt’s noch Patchouli für die Nase und so sind immerhin drei Sinne mehr als ordentlich bedient. Das persönliche Highlight ist wieder einmal „Wight Weedy Wight“ vom gleichnamigen Album. ARENNA und SIGIRYA unterhalten uns anschließend in gewohnter Stoned From The Underground Manier prächtig. So schwebt man grinsend und in Musik schwimmend über den Platz, tut etwas für die persönliche Work-Life-Balance und Psychohygiene, unterhält sich mit bekannten und weniger bekannten Gesichtern über ernste und weniger ernste Dinge. In diesen Stunden passt vieles, wenn nicht gar alles.
Galerie mit 11 Bildern: Arenna - Stoned From The Underground 2012
Galerie mit 5 Bildern: Sigiriya - Stoned From The Underground 2012
Auf die Berliner ROTOR freuen wir uns mit am meisten und die Vorfreude wird auch wieder einmal nicht enttäuscht. Nicht viele beherrschen das filigrane Spiel mit Rhythmus- und Taktwechseln so sauber. So erinnern ROTOR schön basslastig an KYUSS, ohne den eigenen Sound zu vernachlässigen. Allein „Drehmoment“ zieht den geneigten Hörer mit der eigentlich einfachen Songstruktur gepaart mit dem perfekten accelerando unglaublich in seinen Bann. Dankenswerterweise darf der Song auch unser SFTU-Video zieren.
Galerie mit 12 Bildern: Rotor - Stoned From The Underground 2012
Weiter geht’s mit FATSO JETSON. Auf dem diesjährigen SFTU bleibt einfach wenig Luft zum Entspannen der verwöhnten Ohren. Da wäre manchmal weniger vielleicht mehr. Nur blöd, dass man auch im Nachhinein auf keine Band verzichten möchte, natürlich auch nicht auf FATSO JETSON. Hier möchten wir einfach mal ganz frech aus Wikipedia klauen, denn was die Kalifornier hier aufs Parkett zaubern unterstreicht den dort formulierten Anspruch durchaus: „The Lalli cousins are often credited as the fathers of the desert strain of stoner rock“. So macht das also der Papa.
Galerie mit 14 Bildern: Weedeater - Stoned From The Underground 2012
Doch weiter gehts: WEEDEATER waren auf dem SFTU 2010 unsere persönliche Überraschung. Damals schafften sie es, uns aus dem See zu ziehen und wir zelebrierten ihren damaligen Auftritt begeistert in Badehose. Ist zwar schon ein Weilchen her, doch viel verändert hat sich seit damals nicht: Noch immer sehen WEEDEATER aus, als ob sie ihrem Namen alle Ehre machen und treten auch genau so auf. Die Zuckungen von Sänger und Bassist Dixie lassen zumindest keine andere Erklärung zu. An solch einem hochkarätig besetzten Festivaltag schadet das Wissen, dass man eine der Bands in Kürze im intimen Clubrahmen sehen wird, definitiv nicht. Das trifft heute Abend auf BABY WOODROSE zu, die wir aus einiger Distanz anschauen. Für das (wohlschmeckende!) Essen des Chili-Stands und des benachbarten Cateringzelts gibt es deutlich üblere Hintergrundmusik. Das macht Vorfreude auf den kommenden Herbst!
Galerie mit 2 Bildern: Baby Woodrose - Stoned From The Underground 2012
„We keep on pounding motherfucking riff after riff!“, mit diesen Worten aus Kirks Mund ist der CROWBAR-Auftritt wohl am besten beschrieben. CROWBAR sind live einfach eine Macht und stehen für Qualität. Der SFTU-Auftritt ist da keine Ausnahme. Die Band hat das Publikum von der ersten Sekunde an hinter sich, die Mähnen fliegen und die Menge glücklicher Gesichter scheint kein Ende zu nehmen. Der Sound ist wuchtig und einwandfrei, die Setlist blendend und bei „The Lasting Dose“ wäre ich vor Kirk am liebsten auf die Knie gesunken. Definitiv eine der besten Bands des Festivals. Nuff said!
Galerie mit 27 Bildern: Crowbar - Stoned From The Underground 2012
Eigentlich ist der Bandname ORANGE GOBLIN mehr als irreführend. Spätestens ab dem Zeitpunkt als Sänger Ben Ward die Bühne betritt. Denn gemessen an seiner Körpergröße hat der Hüne nur wenig mit einem Goblin gemeinsam. Groß ist zudem auch das beste Wort, um den 90-minütigen Auftritt der Londoner zu beschreiben. Hier passt einfach alles. Das Publikum ist heiß und die Band in Topform (trotz eines Aushilfsbassisten, dessen Namen ich mir in dem Gewühl aus Bier, Schweiß und englischem Genuschel beim besten Willen nicht merken kann). Und so nimmt eine grandiose Metalparty ihren Lauf. Ben Ward, sichtlich angetan von den lautstarken Reaktionen des SFTU-Publikums, hat die Meute vor der Bühne fest im Griff. Und die frisst ihm gierig aus der Hand. Selten so eine sympathische und dankbare Band gesehen. Zudem zeigt sich die Saiten- und Rhythmusfraktion sehr tight und lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass in jedem Song eine Menge Herzblut steckt. Ein würdiger Abschluss für das Festival auf der Mainstage sind ORANGE GOBLIN allemal.
Galerie mit 21 Bildern: Orange Goblin - Stoned From The Underground 2012
Mit NEUME und PYUSS geht es anschließend im Zelt in die Verlängerung. Erstere opfern wir allgemeinem Socializing, welches jedoch dezent durch den Umstand gestört wird, dass der mittlerweile leider ausverkaufte Pfeffi durch warmen Vodka ersetzt werden muss. Welch fieses Brennen zu so später Stunde. Als letzte Band des Festivals stehen tief in der Nacht dann die Schweizer von PYUSS auf dem Programm. Axl Rose hätte die Entscheidung, eine KYUSS-Coverband auf einem Stoner-Festival spielen zu lassen sicherlich als „cheap trick of entertainment“ bezeichnet, jedoch ist der Slot für PYUSS schlichtweg blendend gewählt. Egal ob „One Inch Man“, das göttliche „Whitewater“ oder die KYUSS-Überhymne „Supa Scoopa And Mighty Scoop“, jeder Song wird lauthals mitgesungen und wo man auch hinsieht werden breitbeinig dutzende Luftgitarren bearbeitet. Respekt, Stoned From The Underground, denn nach einem langen Tag in Schuhen mit einer gefühlten Tonne Matsch an den Sohlen, ist so ein kollektives Ausrasten am Ende nicht unbedingt zu erwarten. Letzendlich gehen wir nach einem rundum gelungenen Stoned From The Underground zufrieden ins im Schlamm versunkene Zelt – es wird sicher nicht unser letztes Mal gewesen sein.
Galerie mit 23 Bildern: Impressionen - Stoned From The Underground 2012
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