Sleep
live in München, Hamburg und Berlin
Konzertbericht
Hamburg, Markthalle, 19.05.2018
Die riesigen, selbstgemalten Schilder als Hinweis auf das Verbot jeglichen Cannabis-Konsums, unfreiwillig (?) komisch unter Brandschutzaufklebern an den Eingangstüren zum großen Saal platziert, hatten natürlich nicht die ungefährlichen CLOAKROOM zum Ziel. Den Imperativ interpretierten jedoch nicht wenige in der trotz hochsommerlichen Temperaturen gut gefüllten Markthalle dann aber als maximal eher unverbindliche Empfehlung – zumindest waberten die ersten, eindeutigen Geruchsschwaden nicht lange nach dem Einsetzen des Intros „Moon Landing Radio Transmission“ durch den Raum. SLEEP selbst, 1990 aus der damals wohl größten Bong der Welt als Inbegriff des Kiffer-Dooms geboren und heuer in der seit der 2009er Reunion immer noch gültigen Besetzung aus den beiden Gründern Matt Pike (HIGH ON FIRE) und Al Cisneros (OM) sowie Drummer Jason Roeder (NEUROSIS) auf die Bühne geschwebt, machten nun zwar auch nicht den Eindruck, als könnten sie den Tourbus nach dem Gig sicher zur nächsten Station ihrer Tour steuern. Putzig auf jeden Fall, wie Roeder und Cisneros in den momentelangen Songpausen ihre Köpfe behäbig zu imaginären Rhythmen wippten und Pike ein wenig verloren im Wartemodus über die Bühne schlurfte – alles natürlich ohne auch nur ein Wort ans Publikum zu richten.
SLEEP machen stoned, auch ganz ohne Gras
Für diesen Zweck hatten die drei aber ihre Instrumente zur Hand und folgendes sei jeder ähnlich gelagerten Nachwuchskombo als horizonterweiternde Beiwürze in ihre nächste Kräuterrakete zugemischt: es wird wenige andere Genre-Spezialisten (wenn überhaupt) geben, die selbst Nichtnutzer des Green Leafs live so vollkommen stoned zurückzulassen können wie diese Alt-Kiffer. Es hat schon seine Bewandtnis, wieso SLEEP mit „Jerusalem“ ihr Genre quasi (fast alleine) in einem Zug definierten und das heute als „Dopesmoker“ bekannte Gemisch, selbst in einer arg gekürzten 20-Minuten-Version, am Ende des Gigs in einer Wolke aus Fuzz und Qualm die vorige Stunde Stoner Doom erbarmungslos plattwalzte. Wobei schon diese von den Fans so hart gefeiert wie sie auf der Bühne von SLEEP abgeliefert wurde. Roeder zumindest verdrosch sein Kit mit so einer Kraft, dass irgendwann Holzsplitter seiner Sticks durch den Raum flogen. Weniger gewalttätig dafür nicht weniger furios als die wandelnde Drum-Fill-Bibliothek gab sich Pike, der selbst das minutenlange Herumreiten auf einem Riff, brutzelnd durch eine Wand von Orange-Amps gepresst, zu einer höchst kurzweiligen Kunstform erhob, während Cisneros, wenn er mal nicht sonor ins Mikro brummte, das Drumherum eher unbeteiligt (oder völlig verloren in seiner eigenen Welt) zur Kenntnis nahm und sich meist mit geschlossenen Augen voll und ganz seinem Bass widmete. Über knappe eineinhalb Stunden bedachte das Trio ausser den zwei Frühwerken „Volume One“ und „Volume 2“ tatsächlich jedes Release ihrer Diskographie – hätten SLEEP in dieser Form „Dopesmoker“ aber in Gänze durchgespielt, gestört hätte es wohl auch niemanden.
Setlist SLEEP
Moon Landing Radio Transmission
The Sciences
Marijuanaut’s Theme
Holy Mountain
The Clarity
Sonic Titan
Aquarian
Antarcticans Thawed
Dragonaut
Dopesmoker
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