Slayer
"Repentless World Tour 2015" - live in Luxemburg
Konzertbericht
Konzerten in Luxemburg ist gelegentlich anzumerken, dass es sich um „Ferner-liefen-Termine“ handelt. Hier schauen Bands auf dem Weg von Belgien nach Deutschland oder Großbritannien vorbei, mitten in der Woche und fast schon heimlich: Wer nicht weiß, dass es sich lohnt, die Ankündigungen der drei einschlägigen Hallen des Landes im Blick zu haben, wird vermutlich nichts davon mitbekommen, wenn sich Acts wie SLAYER nur knapp 70km hinter der deutschen Grenze die Ehre geben. Entsprechend weniger eng steht das Publikum hier oft auf sonst ausverkauften Touren und entsprechend weniger Elan zeigt manche Band, wenn sie in dem kleinen Herzogtum nur ihren Dienst nach Vorschrift abruft.
Sechs Tage nach den Anschlägen von Paris ist in der Rockhal in Esch-sur-Alzette hiervon jedoch wenig zu spüren. Die Halle ist erwartungsgemäß nicht voll, aber gut besucht, die Security allerdings sichtlich angespannter als sonst. Auf Deutsch, Letzeburgisch und Französisch werden die multinationalen Gäste um Verständnis für die „Schikane“ gebeten, nachdem man an der Pforte mit Maschinenpistolen bewaffnetes Sicherheitspersonal passiert hat. Mindestens jeder zweite Gast unterhält sich hier auf Französisch und so ist es schwer, Gedanken an den Terror im Bataclan völlig zu verdrängen. Schlussendlich hat sich die Menge aber entschieden, dem Terror adäquat die Stirn zu bieten, indem sich nicht der Spaß verdorben gelassen wird.
Die Norweger KVELERTAK starten ambitioniert vor einem noch kleinen Publikum mit einem soliden Auftritt. Zu ANTHRAX drängt dann eine deutlich größere Menge nach vorne. Das US-Quintett lässt nichts anbrennen und hat mit „Caught In A Mosh“ die Fans sofort auf Touren gebracht: Der Titel wird wörtlich genommen und der Pit tobt quasi durchgängig. Mit „Evil Twin“ gibt die Band zudem eine Kostprobe vom anstehenden Album und trifft unverkennbar den Geschmack des Publikums. Zu „In The End“ zieren zwei große Transparente mit den Gesichtern von Ronnie James Dio und Dimebag Darrell die Bühne, ehe die Band um Gitarrist Scott Ian nach „Among The Living“ unter beherztem Applaus von den Brettern flaniert. Am Drumset saß übrigens Jon Dette, der für den ersten Teil der Tour Charlie Benante entlastete, da dieser wegen seines Karpaltunnelsyndroms aktuell noch nicht voll belastbar ist.
In der Umbaupause ist die Bühne durch ein riesiges, weißes Tuch verhängt, das in den Farben der französischen Flagge angestrahlt wird – SLAYER äußern hiermit nicht den letzten Kommentar für heute zu den Geschehnissen in Paris. Zum Intro kreisen dann Kreuze auf der rot angestrahlten Leinwand, ehe das Transparent unter tosendem Beifall zu Boden fällt und SLAYER mit „Repentless“, dem Titelsong des aktuellen Albums, gekonnt austeilen. Crowdsurfer schwappen über die Köpfe und vor der Bühne herrscht ordentlich Bewegung – die Stimmung ist großartig und SLAYER lassen ihre Fans mit einem guten Mix von insgesamt neun Alben mehr als anderthalb Stunden lang voll auf ihre Kosten kommen. Vor „War Ensemble“ verurteilt Tom Araya die Anschläge der vergangenen Woche und im Verlauf wird das Publikum noch das eine oder andere Mal darauf hingewiesen, dass wir alle eine Familie sind und dass SLAYER nicht so viel vom Terror halten – erfreulicherweise ohne, dass dies nur nach Plattitüden klingt, die man vielleicht meinte, vom Stapel lassen zu müssen. Am Ende ist der versammelten Menge aus Frankreich, Belgien, Luxemburg und Deutschland anzumerken, dass sich dieser Abend mit zwei Vierteln der Big Four und dem Support KVELERTAK für Alle gelohnt hat. SLAYER, die nunmal SLAYER sind und somit nichts nötig haben, standen ganz klar nicht für die Gage, sondern für die Fans auf der Bühne. Gedankt wurde es mit tosendem Beifall und zufriedenen Gesichtern.
Text: Saskia Becker
Fotos ©Schluck: Andréck vum Schluck (www.rtl.lu)
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