Shining
Black Hordes Over Europe Pt. II
Konzertbericht
„Submit To Self-Darstellung“
Nachdem man schon zweier Krankheiten in Aktion beiwohnen durfte (bezieht sich hierbei auf die Bandnamen, nicht auf die Qualität der vorangegangenen Bands), räumte man also schnell die Bühne und machte Platz für den eigentlichen Headliner des Abends – und damit für eine weitere Krankheit: SHINING (Fans mögen bitte meinen ironischen Unterton entweder verzeihen oder ignorieren ;-)). Für mich war diese Band seit dem ersten Mal, wo ich sie live gesehen habe, ein Buch mit sieben Siegeln. Wie kann man so wahnsinnig gute Musik machen, die höchste Professionalität beinhaltet und Atmosphärisches, Destruktives und Melancholisches rüberbringen kann, wenn man sich live zum absoluten Hampelmann macht? SHINING ist unwiderruflich eine Band, die die meisten Leute, vorrangig weiblichen Geschlechts und unter 20 Jahren, weniger wegen der Musik, sondern viel mehr wegen Oberflächlichkeiten wie der Attitüde von Niklas Kvarforth anzieht. Musikalisch kann man nichts auszusetzen haben, wenn man auch nur eine kleine Ahnung von Musik hat, jedoch ziehen die Schweden es lieber vor, auf der Bühne ätzende, eingebildete Rock-Star-Allüren zu Tage zu bringen. Allerdings geschehen noch Zeichen und Wunder, wie man an dem Abend im Falle von SHINING miterleben durfte. Vor dem Gig sah man noch Niklas mit Brille und um den Bauch herum deutlich angespeckt beim netten Plausch, bis die ersten Klänge ertönten und Niklas, mit Jim Beam und Zigarette bewaffnet, obligatorisch vor dem Schlagzeug kniete. Der Platz vor der Bühne füllte sich ab dann auch mit deutlich mehr Besuchern als noch bei KOLDBRANN. Wer SHINING schon mal live gesehen hat, weiß, dass Pöbeleien, Rumgespucke, Schläge und Tritte an der Tagesordnung sind. Ich muss zugeben, dass ich darauf nicht so stehe und mich daher vorne seitlich postiert habe. Jedoch haben einige den Disput mit Niklas gesucht, der das auch während der „Show“ als Provokation angenommen hat und einem Burschen vor der Bühne einen Tritt in das Gesicht verpasst hat. Ansonsten jedoch gab er sich deutlich zugeknöpft. Von Blut, selbstzerstörerischem Aktionen oder Rangeln bzw. Ringelpieps mit Anfassen mit oder ohne den Gitarristen konnte in Berlin keine Rede sein. Man konzentrierte sich eher auf die Musik, was mich zumindest nur für drei Songs halten konnte, da trotz neuem Line-Up einfach diese wichtige Essenz der Atmosphäre nicht transferiert werden konnte. Niklas hat seine gewohnten Posen von sich gegeben, Lead-Gitarrist Gråby lief mit dem neuen Bassisten Larsen unmotiviert wie eh und je stets auf der linken Seite rum und Rhythmus-Gitarrist Huss schien wie angewurzelt auf der rechten Seite der Bühne postiert zu sein. Dem Rest der Zuschauer schien dieser langweilige Auftritt gefallen zu haben, denn SHINING spielten ein ordentliches Set aus ihrer gesamten Diskographie, aber ich habe es dann doch vorgezogen mit den KOLDBRANN-Jungs im Backstage zu sitzen. Allerdings muss man anmerken, dass ich selten eine so geile Aufschrift wie bei SHININGs Girlie-Shirt gesehen habe: „I Have Got A Boyfriend At Home But When He Fucks Me I Think Of Niklas Kvarforth“. Die banale Selbstdarstellung von einem eigentlich armen Wicht wie Niklas Kvarforth war zumindest passiv anwesend und vielleicht gerade deshalb ein angenehmer Abend.
FAZIT:
Nachdem meine Kollegin ja schon ausführlich auf den Gig eingegangen ist, möchte ich hier nicht mit meinem Geschwafel über die einzelnen Bands langweilen, wobei ich ja doch nur fast dasselbe wie in eben erwähntem Bericht schreiben würde. Daher möchte ich nur kurz mein Fazit des Abends zum Besten geben. SARKOM gingen als Opener sicherlich okay. Da die Band sich schon auf Platte nicht in meine Gehörgänge fressen konnte, war ich auch vom Konzert nicht sonderlich angetan. Mir wirkte das Ganze viel zu fröhlich und auf eine Dusche von Bier und Speichel kann ich ebenfalls sehr gut verzichten, wobei das sicherlich einige mal wieder „sehr geil“ fanden. KOLDBRANN dagegen sind eine wirklich unglaubliche Live-Band. Gehören sie zwar auf Scheibe nicht gerade zu meinen Lieblingen, entwickeln die Herren auf der Bühne, gerade bei den älteren Songs eine Energie, die sie auf der heimischen Anlage wohl nicht mal auf voller Lautstärke erreichen würden. Für mich waren die Norweger die beste Band des Abends. Das soll natürlich in keinster Weise die musikalischen Qualitäten SHININGs herabwürdigen. Ich war überrascht, wie ruhig Kvarforth sich auf der Bühne verhalten hat. Wenn ich so meine Erinnerungen ins vergangene Jahr schweifen lasse, war diesmal mehr die Musik, als der Herr Selbstdarsteller im Mittelpunkt. Sehr angenehm, wie ich finde, wenn sicherlich für einige Sensationslüsterne nicht aufregend genug. Insgesamt war es jedenfalls ein lohnender Abend, der weder Geld- noch Zeitverschwendung war. (the.Beaver)
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