Serenity
Delain, Serenity und Lost In Thought live in Stuttgart 2011
Konzertbericht
Nach der großartigen SERENITY-Show liegt die Messlatte für den Headliner schier unerreichbar hoch. Und tatsächlich wirken die Publikumsreaktionen während des gesamten DELAIN-Gigs etwas verhaltener als zuvor. Dabei ist dies nicht die Schuld der Holländer um Ex-WITHIN-TEMPTATION-Keyboarder Martijn Westerholt. Diese geben ihr bestes und liefern eine tadellose Show ab.
Vielleicht liegt es an der Sprachbarriere, dass die Distanz zwischen Band und Publikum deutlich spürbarer ist. Das Österreichische liegt dem Deutschen eben wesentlich näher als das Holländische, so dass Frontfrau Charlotte Wessels von vorne herein lieber auf ihr mit einem leichten, dafür aber umso charmanteren Akzent versehenes Englisch zurückgreift. Sympathisch ist diese Band allemal und dass alle anwesenden Konzertgänger herzlich dazu eingeladen sind, ab Mitternacht gemeinsam in einer Kneipe auf der Königsstraße den 24. Geburtstag der bezaubernden Sängerin zu feiern.
Als neuer Gitarrist wird auf dieser Tour Timo Somers dem Publikum präsentiert. Dieser strahlt die gesamte Zeit über bis über beide Backen und ist mit seiner offenen Art ein echter Gewinn für die Band. Das Milchgesicht mit dem Lausbuben-Charme sollte einen nicht darüber hinwegtäuschen, dass der gerade einmal zarte neunzehn Jahre junge Musiker sein Instrument hervorragend im Griff hat. Offensichtlich hat ihm sein Vater Jan Somers, mit dem Timo inzwischen auch gemeinsam bei der holländischen 80er-Jahre-Legende VENGEANCE spielt, das Talent bereits in die Wiege gelegt.
Weniger gut gefällt mir hingegen, dass sich DELAIN allzu gerne hinter arg dicken Nebelwänden verstecken. Hier wäre etwas weniger deutlich mehr gewesen. Dafür hätte man mit dem Licht nicht ganz so sparsam umgehen müssen, die Bühne ist die meiste Zeit über in düstere und kalte Blautöne gehüllt, was nicht nur den Fotografen das Leben schwer macht, sondern auch Keyboarder Martijn Westerholt, Drummer Sander Zoer und Bassist Otto Schimmelpenninck van der Oije optisch zu weit im Hintergrund verschwinden lässt.
Den Schwerpunkt des heutigen Sets bildet das noch immer aktuelle Album „April Rain“. Dazu gesellen sich aber auch einzelne Stücke des Debütalbums „Lucidity“. Und mit „Get The Devil Out Of Me“ und „Milk And Honey“ hat man auch bislang unveröffentlichtes Songmaterial im Gepäck, das weder stilistisch noch qualitativ überraschen kann und sich im besten Sinne homogen in die Setlist einfügt. Man kann DELAIN noch immer eine Extraportion Kitsch vorwerfen, mir persönlich ist das aber ehrlich gesagt ziemlich wurschd. Auch ohne übermäßigen Tiefgang überzeugen die Song und laden zum Träumen ein. Und bei allem zuckersüßen „Ear Candy“ kann man den omnipräsenten Ohrwurm-Faktor nicht verleugnen.
Für den Zugabenblock hat man sich mit „Sleepwalkers Dream“, „Control The Storm“ und „The Gathering“ drei todsichere Hits aufgehoben. Und als wären sie aus tiefem Schlaf erwacht, versuchen die Zuschauer nun doch noch, die Reaktionen auf den SERENITY-Gig zu übertreffen. Völlig überraschend werden noch einmal alle Reserven mobilisiert und das, was man zuvor an Enthusiasmus vermisst hat, wird nun auf einen Schlag doch noch freigesetzt. Verdient haben das DELAIN in jedem Fall und können so unter lauten Jubelstürmen endgültig die Bühne verlassen und sich für die bereits erwähnte Geburtstagsparty noch kurz frisch machen. Auf ihr hoffentlich bald erscheinendes drittes Album darf man sich jedenfalls jetzt schon freuen.
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