Serengeti Festival
Bericht vom Serengeti Festival 2011 in Schloß Holte
Konzertbericht
SAMSTAG
So richtig zu bedauern war es nicht, dass unsere kleine Reisegruppe zu spät ankam, um KRAFTCLUB zu sehen. Die „Lieblingsband deiner Lieblingsband“ spielen nach eigenen Aussagen „Sex auf Deutsch“ und egal, was damit gemeint ist – igitt. Also ging es am Samstag mit ADEPT los, die CALIBAN nicht nur relativ ähnlich sahen, sondern im Sound auch große Nähe zu größeren Genrebands nicht scheuten. Die jungen Musiker beherrschen ihre Instrumente allerdings wirklich gut, und so muss man höchstens den gewöhnungsbedürftigen Klargesang von Fronter Robert Ljung mögen, um den musikalischen Einstieg in den Tag zu genießen.
Mit MAD SIN wurde es danach wieder richtig bunt. Die zweite Billy-Band des Festivals sind nicht nur optisch, dank der gigantischen Ausmaße Köfte De Villes und seiner zahllosen Tätowierungen, eine echte Sehenswürdigkeit. Der Mann hat auch eine absolute Charakterstimme, die sich perfekt auf die Psychobilly-Evergreens seiner Truppe legt. Doch auch wenn die Band sich performancetechnisch so richtig ins Zeug legt, müssen sie spätestens nach vier Nummern etwas frustriert feststellen, dass sie hier kein Publikum haben und auch keine Sarah Backwood am Start ist, um die Herren der Schöpfung in Wallung zu bringen. Schade.
BOYHITSCAR gelingt das da schon besser. Das verwundert nicht nur deswegen nicht, weil Alternative Rock viel weniger Nischenmusik ist als MAD SIN, sondern auch, weil die Band um Craig Rondell ein ziemlich schönes, vielseitiges Set spielt, das nicht nur durch Rondells emotionale Gesangsleistung und die immer wieder auftauchenden, orientalisch angehauchten Melodien enorm an Farbe gewinnt.
Dass die Berliner K.I.Z ins Billing aufgenommen wurden, sorgte im Vorfeld für einige Kontroversen. Schließlich war das Serengeti in seiner Vergangenheit stets von Punkrock und Hardcore, zumindest aber von Gitarrenmusik dominiert, weswegen Tarek, Maxim, Nico und DJ Craft im Vorfeld nur bedingt auf Gegenliebe gestoßen sind. Beinahe trotzig bestechen die Hiphop-Senkrechtstarter dafür mit dem imposantesten Bühnenbild des Festivals: Von Bannern mit grauen Geschütztürmen gesäumt, errichten die Jungs die „Festung Europa“, mitsamt einer Kanzlerin hinter Stacheldraht auf der Bühne, stürmen in Kampfanzügen und mit Trockeneisgewehren die Bühne und walzen sofort jeden Zweifel an ihnen nieder. So viel Power wie insbesondere die drei Rapper in ihre Show legen, muss eine normale Band sich erst mal abringen können. Offenbar sind auch genug Leute extra wegen K.I.Z angereist um den Platz vor der Bühne ordentlich auszufüllen. Das Publikum wird mit dem schonungslosen Humor von Songs wie „Hahnenkampf“, „Hurensohn“ und „Walpurgisnacht“ und auch einem kleinen Vorgeschmack auf ihr gerade erschienenes Album belohnt, die so viel Spaß macht, dass das Konzert im Handumdrehen vorbei ist. Entlassen werden wir mit einigen Kanonensalven Falschgeld, die ins Publikum gefeuert werden und erneut für große Heiterkeit sorgen. K.I.Z – Urlaub fürs Gehirn!
Nach dieser Materialschlacht fallen AGNOSTIC FRONT mit ihrem schlichten Backdrop eher spartanisch aus. Genau so schnörkellos wie auch ihre Show präsentiert sich ihr Set, das zwar allen Klassikern der Gruppe genug Raum lässt, aber auch ein wenig an den Musikern selbst scheitert. Roger Miret ist nicht wirklich gut bei Stimme und nur in den Refrains gut zu verstehen, während Gitarrist Vinnie Stigma nicht nur ein Unsympath vor dem Herrn ist, sondern auch an der Gitarre schon mal bessere Tage gesehen hat. So enttäuschen die NYHC-Veteranen mich als Fan leider durch das Fehlen einer Leidenschaft, die ihre Songs selbst auszeichnet.
HOUSE OF PAIN machen danach klar, dass man als Genrepionier die Pflicht hat, den Jungspunden zu zeigen, wo der Hammer hängt: Das Set der Rapper ist durchsetzt von Beats und Samples, die unzählige Male von ihnen kopiert und zitiert worden sind. Auch wer die Band nur durch ihren absoluten Hit „Jump Around“ kennt, muss anerkennen, dass sie in den Neunzigern viel für die Musik ihrer Zeit geleistet haben. Im Anschluss daran spielen SKINDREAD zum zweiten Mal in Folge auf dem Serengeti und wiederholen quasi ihr Set des Vorjahres identisch – nur vor einem noch frenetischerem Publikum. Ihr abgefahrener Dancehall-Metal kommt erstaunlich gut an, und die Band funktioniert so gut mit den Gästen des Serengeti, dass es mich nicht mal wundern würde, sie nächstes Jahr wiederzusehen.
BULLET FOR MY VALENTINE können das gut angeheizte Publikum und ihren sehr guten Slot hervorragend nutzen. Die Amerikaner spielen eine Headlinershow vor dem Herrn und passen gut zu dem überwiegend jugendlichen Publikum. Die etwas älteren Besucher machen es sich an den Bierständen gemütlich und fiebern dem wirklichen Highlight des Festivals entgegen…
Die Band um den coolsten Bio-Prof der Welt, BAD RELIGION, sind das absolute Highlight des Festivals. Die Band ist nicht nur unglaublich sympathisch, unterhält mit Anekdoten über Haarausfall und Schlafenszeiten (mit beidem kennen sie sich inzwischen ganz gut aus), sondern haben auch musikalisch genug zu erzählen. Auch wenn der Zusammenhang zwischen den intelligenten, kritischen Texten und der manchmal ein wenig zu formelhaften Musik nicht immer ganz ersichtlich ist, haben die Hymnen der Gruppe in den über 30 Jahren ihres Bestehens nicht an Qualität eingebüßt.
Leider muss man sagen, dass BAD RELIGION die erste wirklich große Band des diesjährigen Serengeti Festival waren, die den Erwartungen wirklich gerecht werden konnte. Enttäuscht haben vor allem AGNOSTIC FRONT, aber die hatten vielleicht auch einfach einen schlechten Tag. In dem sehr vielfältigen und durchwachsenen Billing wären trotzdem mehr wirkliche Highlights schön gewesen, aber das kann man dem toll organisierten und mit viel Liebe veranstalteten Festival nicht vorwerfen.
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