Samstag
M'Era Luna 2000
Konzertbericht
Das Zillo Festival, das die letzten Jahre immer auf dem Gelände des Flughafens von Hildesheim stattfand, präsentierte sich dieses Jahr unter neuem Namen: M’Era Luna. Der neue Name änderte an dem Festival an sich so gut wie nichts. Die Drum Tribüne und der Cooler standen am gleichen Platz wie noch vor zwei Jahren – einen Vergleich mit dem letzten Jahr kann ich leider nicht ziehen, da ich das Jahr zuvor nicht vor Ort war. Extra, inklusive Warteschlange, etliche CD-, Schmuck- und Klamottenstände waren präsent. An der Aufteilung des Geländes schien sich nicht viel geändert zu haben. Alles war auf Anhieb sehr vertraut. Bereits am Freitag Abend nahm die Zeltstadt vor den noch verschlossenen Pforten des Festivalgeländes, auf dem noch fleißig gearbeitet wurde, größere Ausmaße an als ich es erwartet hätte. Eine Bar vor dem Eingang versorgte die dort versammelten Besucher mit Getränken und lautstarker Musik bis in die frühen Morgenstunden. Von der Beschallung konnten die nah am Eingang gelegenen Zelte „profitierten“, ersparte diese doch den Gebrach eines tragbaren Krachmachers für den Zeltgebrauch und den damit verbundenen Batterieverbrauch – eindeutiger Vorteil eines Brüllwürfels ist natürlich, dass dieser bei angestrebter Bettruhe ausgeschaltet werden kann… Den Auftakt dieses Festivals bildete für mich am Samstag „morgen“ der vielgelobte Seigmen Nachfolger ZEROMANCER. Zugegeben, halb zwölf ist nicht mehr gerade früh am morgen, aber die Besucher der anhaltenden morgendlichen Lethargie zu entreisen schien den Norwegern nicht ganz zu gelingen, von den ersten Fan-Reihen mal abgesehen. Trotzdem gab man sich redliche Mühe, den New Metal an den Mann bzw. die Frau zu bringen und machte das Beste aus der frühen Position in der Setlist und schien die Menge mit ihrem Hit „Clone Your Lover“ zu mehr als höflichem Applaus hinzureisen. Als nächstes enterten die, am Gothic Thron rüttelnden, Finnen THE 69 EYES die Bühne des Hangers – leider von einem ziemlich schlechtem Sound begleitet. Dieser wurde glücklicherweise mit der Zeit etwas differenzierter, so dass von der neuen Single „Gothic Girl“ mehr als nur rockendes Tief-Frequenzspektrum rüberkam. Vereinzelte fliegende Percussion-Teile, die ich von weiter hinten gar nicht so genau identifizieren konnte und ein Grimassen-schneidender Bassist waren die auffallendsten optischen Aspekte der rockigen Show, die leider viel zu schnell vorüber war. Gegen halb drei, als es Zeit für SUICIDE COMMANDO war, herrschte reger Andrang im Hanger, so dass die sommerlichen Temperaturen drinnen zusätzlich in die Höhe getrieben wurden. Gleich einem fauchenden Drachen klang der Protagonist, Johan van Roy, und heizte dem Publikum mit peitschenden Beats ein. Diese setzten sich in mehr oder wenigen rhythmischen Bewegungen des Publikums fort und spätestens bei „Desire“ gab es vielerorts kein Halten mehr. Das nach jedem Song geäußerte „See you…“ schien manch eine(n), in Erwartung des Club Hits „See you in hell“ zu lautstarker Begeisterung hinzureißen, die aber keine Erfüllung finden sollte. Auf der Hauptbühne gab es dann FAITH AND THE MUSE zu bestaunen, die mit ihrem unverwechselbaren Gothic-Rock, gepaart mit mittelalterlichen und atmosphärischen Versatzstücken, glänzten. Anfangs hatte Monica Richards wohl noch leichte Stimmprobleme, die aber bei ihrem Solo so gut wie verschwunden waren. Zwei akustische Stücke, bei denen der Gemütlichkeit ausstrahlende Wiliam Faith die Gitarre beiseite legte, rundeten den stimmungsvollen Auftritt ab. Obwohl ich UMBRA ET IMAGO musikalisch eigentlich recht wenig abgewinnen kann wollte ich mir Mozart trotzdem mal live ansehen. Überwiegend gab es Stücke vom neuen Album „Mea Culpa“, wie den Titelsong, „Lieber Gott“, ohne Heppner, oder das Teutonenlied, verbunden mit einem Statement gegen Rechts. Zwischendurch legte Mozart akrobatische Einalgen in Form von Flik Flaks oder der Erklimmung eines Masten der Bühnenbeleuchtung, von dem er Kopfüber sein verbliebenes Haupthaar schüttelte, ein. Jede Menge unbedeckte Haut, Feuer, kernige Anfeuerungsparolen sowie „erotische“ Einlagen durften bei einer Umbra et Imago Show natürlich nicht fehlen. Dem Publikum hat’s wohl gefallen. Gegen 21 waren dann HIM an der Reihe die Bretter der Hauptbühne zu betreten. Eigentlich hätte ich eine Horde kreischender Teenies, fliegende Unterwäsche, Teddybären, usw. erwartet, aber die weibliche Zuhörerschaft war wohl stumm vor Begeisterung. Erst nach einigen Liedern ohne Unterbrechung meldete sich der schüchterne, besser gesagt, immer ein wenig nervöse Frauenschwarm zu Wort. Die am Oberschenkel festgetapte Packung Zigaretten, die den Nachschub an Glimmstängeln während der Show über sicherte, zeugte auf jeden Fall von der, auch von ihm öfters betonten, Tatsache. Natürlich gab es all die Songs zu hören, die sich der Fan wünschte, aber die Routine macht auch vor HIM nicht halt. Vielleicht verfehlte bei mir der dezente Hütschwung und die zarte Gestik die erwünschte Wirkung, denn bei mir entstand eher der Eindruck einer gefälligen Selbstinszenierung, als der der Verführung. Es ist schon wirklich ein Trauerspiel. Mal wieder ohne ein Album im Gepäck wagt sich Andrew Eldritch tatsächlich noch auf die Bühnen der Welt und die Menge scheint es ihm nicht einmal übel zu nehmen. Doch auch mit der Liveshow ist es nicht weit her. Er stolziert, er posiert, er deligiert, aber er macht einen vollkommen gelangweilten Eindruck. Und so wirkte auch das dargebotenen Material: Schlaff, blutarm, leidenschaftslos. Ohne auch nur ein Wort an das Publikum zu verlieren riß der werte Herr seine Pflichtübung runter, kassierte die Gange und machte sich wieder aus dem Staub. Doch vorher mußte man sich noch durch alte Klassiker quälen, die jegliches Charisma in ihrer aufgeführten Form verloren. Die Anfangstage wurde dabei ohnehin so gut wie ignoriert, die spätere Phase der SISTERS wurde dabei noch stärker bagatelisiert und stimmte somit den Autor zu einem frühen Verlassen dieser traurigen Szenerie. Die paar „neuen“ Stücke (die man sicherlich schon auf Konzerten ähnlicher Art vor über fünf Jahren gehört hatte), welche wohl niemals in irgendeiner Form veröffentlicht werden, wurden dabei genauso lustlos absolviert wie der Rest und konnten somit zu keinem Zeitpunkt überzeugen. Es gibt einfach Qualen, denen sollte man ein Ende setzten. Und Herr Eldritch sollte endlich in den Ruhestand gehen! ( Asmondeus )
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