Saga
Marillion + Saga In Concert 2011
Konzertbericht
Es sollte ein denkwürdiger Abend werden – und das in mehrfacher Hinsicht. Die kanadischen Progrocker SAGA touren zusammen mit ihren britischen Kollegen MARILLION, und das zum ersten Mal in ihrer neuen alten Besetzung, mit dem zurückgekehrten Michael Sadler am Mikrofon, nachdem sein glückloser Ersatz Rob Moratti seine Sachen wieder packen durfte. Für mich als alten Fan der Kanadier (erste Platte, „Worlds Apart“, mit zehn, danach die Band trotz einiger kreativer Durststrecken nie aus den Augen verloren) Grund genug, mich auf den Weg nach Mülheim/Ruhr zu machen, wo die beiden Bands in der RWE Halle zu Gast sind.
Und in diesem Mikrokosmos muss man sich erst einmal zurechtfinden: Die RWE Halle ist eigentlich eine Sporthalle mit zwei Tribünen, eine steile Seite, eine Seite mit der Bühne. Der Eingang oben, direkt neben der Garderobe der Ausgang zu einem extra abgesperrten Raucherbereich, und tatsächlich: Den gesamten Abend über raucht wirklich niemand in der Halle. Kein Metalkonzert. Stattdessen wabern Leberkäsemiasmen durch den oberen Bereich der Tribünen.
Punkt halb acht. Von der Bühne her schallen bereits die ersten Töne nach oben: Schnell über den schmalen Gang hinunter aufs Feld, sozusagen, direkt in den Fotograben.
MARILLION
Auf der Bühne sind MARILLION bereits mit ihrem Opener „Splintering Heart“ zugange. In der Mitte Sänger Steve Hogarth vor seinem mit allerlei Glöckchen, Schellen und einem Tamburin verzierten Mikroständer. Tatsächlich wird der schwarzhaarige Frontmann im Laufe des Konzerts all diese Requisiten benutzen. Zudem eine weiße Rickenbacker-Gitarre, die er beim folgenden „Cover My Eyes“ in die Höhe reckt – der Mann liebt es theatralisch, keine Frage. Links auf der Bühne Bassist Pete Trewavas, der in T-Shirt und Jeans deutlich jünger aussieht, als er ist, und rechts ist Gitarrist Steve Rothery zugange. Der hat an diesem Abend Geburtstag, weswegen das Publikum ihm ein kleines Geburtstagsständchen gibt und dabei alle bunte Leuchtbändchen durch die Luft schwenken – die gab es offensichtlich oben beim Merchandise zu kaufen. Interessant, das alles.
Galerie mit 8 Bildern: Marillion - Marillion + Saga In Concert 2011
Ansonsten ist die Stimmung recht mäßig, was aber nicht am Publikum liegt – das gibt zwischen den Stücken ordentlich Applaus – sondern daran, dass sich die Menge in der vielleicht zur Hälfte ausverkauften Halle ziemlich verläuft: Ein guter Teil sitzt auf den beiden Tribünen, während sich vor der Bühne nur die echten Fans tummeln. Bleibt die Frage nach der Songauswahl: Der Großteil stammt aus der Steve-Hogarth-Ära, was nicht weiter verwundert, aber die größten Hits hatte MARILLION eben in den Achtzigern. Auf „Kayleigh“ warten die Anwesenden somit vergeblich. Stattdessen spielt die Band als Zugabe das überlange „Invisible Man“, bei dem Hogarth als alter Mann (mit Nickelbrille und Stock) verkleidet die Bühne entert.
Setlist:
- Splintering Heart
- Cover My Eyes
- King
- Sugar Mice
- Hooks in You
- Somewhere Else
- You’re Gone
- Man of a 1000 Faces
- The Great Escape
- Between You and Me
- Neverland
- —
- The Invisible Man
SAGA
Weiter mit den Kanadiern, und, wie gesagt, es sollte ein denkwürdiger Abend werden. Michael Sadler fegt auf die Bühne, komplett in schwarz gekleidet, die Crichton-Brüder, Schlagzeuger Brian Doerner und… zwei Keyboarder. Steve Hogarth hatte bereits beim Auftritt von MARILLION darauf hingewiesen, dass Jim Gilmour nach einer Augen-OP nicht am Start sei und statt dessen zwei Keyboarder von der Kölner SAGA-Coverband THE CHAPTERS. Ehrlich gesagt hielt ich seine Ankündigung noch für einen Witz. Andererseits funktioniert das Experiment – mit einer Ausnahme: Von den beiden übernimmt niemand Gilmours Gesangsparts, und somit gibt es auch kein „Scratching The Surface“.
Statt dessen ein Best of der Jahre 1978 bis 1985: „Out Of The Shadows“ (offensichtlich ein direkter Einfluss Sadlers auf die Setlist), „Careful Where You Step“, „How Long“, „On The Loose“… Beim Einstieg von „The Interview“ gibt einen kleinen Verspieler eines der Tastenmänner, andererseits ist das Solo in „Ice Nice“ magisch wie eh und je. Und Michael Sadler? Klar, der Mann ist einfach die Stimme von SAGA, kein Vergleich zu seinem Ersatz Rob Moratti, der im Gegensatz dazu klang wie ein Chorknabe. Zudem ist Sadler gut aufgelegt, scherzt mit dem Publikum, initiiert bei „You’re Not Alone“ ein kleines Mitsingspielchen und ist mit seinen deutschen Ansagen charmant wie eh und je. Die restlichen Mitglieder sind ebenso engagiert bei der Sache, allen voran Gitarrist Ian Crichton.
Galerie mit 10 Bildern: Saga - Marillion + Saga In Concert 2011
Dennoch gibt es einen Wermutstropfen, denn nach gerade einmal 70 Minuten verlässt die Band das erstemal die Bühne und kommt für lediglich eine Zugabe („Wind Him Up“) zurück. Sicher, die beiden Keyboarder sind nur Ersatz und haben nicht alle Stücke drauf, aber der Hinweis, dass SAGA beim nächstenmal gleich drei Stunden spielen wollen ist an diesem Abend nur ein schwacher Trost. Wie gesagt: Ein denkwürdiger Abend. Aber gut zu wissen, dass Michael Sadler wieder zurück ist!
Setlist:
- Out Of The Shadows
- Careful Where You Step
- How Long
- On the Loose
- The Interview
- Ice Nice
- Time’s Up
- You’re Not Alone
- The Flyer
- Humble Stance
- Don’t Be Late
- —
- Wind Him Up
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