Saga
"20/20" Tour 2012
Konzertbericht
Offenbar ist es schwer geworden, die Kanada-Prog-Rocker SAGA mal in der kompletten regulären Besetzung live zu erleben: Letzten Herbst fielen während der Europatour Keyboarder Jim Gilmour und Drummer Brian Doerner aus und mussten ersetzt werden, diesmal hatte es Gitarrist Ian Crichton erwischt: Der quirlige Mittfünfziger musste für ein paar Tage die Bühnenbretter mit einem Krankenhausbett tauschen, während der Rest von SAGA mit Ersatzgitarrist Knut Bausch von der Coverband X-CHANGE weitertourte. Meines Erachtens die richtige Entscheidung, anstatt die Dates abzusagen. Beim Konzert in der Zeche in Bochum steht Ian Crichton aber wieder auf der Bühne, und der wird wie der Rest der Band mit gebührendem Applaus begrüßt.
Die Zeche dürfte an diesem Abend ausverkauft sein: Zuschauerraum, Tribüne, Empore – überall ist es gerappelt voll, und so ist es je nach Standort recht schwierig, die ganze Bühne zu überblicken. Schade. Dafür liefern SAGA ab der ersten Minute eine hübsche Show ab: Einstieg mit „Anywhere You Wanna Go“ vom neuen Album „20/20“, gefolgt von „Mouse In A Maze“. Danach begrüßt Michael Sadler die Anwesenden erst einmal, wie üblich charmant auf Deutsch. Weiter mit „Careful Where You Step“ und „The Perfectionist“, bevor Sadler die Menge dazu animiert, ihm bei „You’re Not Alone“ einen Teil der Arbeit abzunehmen – was denn auch glückt.
Galerie mit 20 Bildern: Saga - 20/20 TourÜberhaupt Michael Sadler: Der Mann ist an diesem Abend wieder großartig aufgelegt, macht wie üblich Mitsingspielchen und dirigiert die Menge. Keine Frage: Gut, dass er wieder mit dabei ist, er weiß halt, wie er die Menge bei Laune halten muss. Nach „The Flyer“ fragt er in die Runde, wer denn heute das erste Mal auf einem SAGA-Konzert sei. Als daraufhin tatsächlich ein paar Zuschauer aufzeigen, quittiert er das mit einem „Virgins!“. Dann ist er wieder ganz als Sänger gefragt, wie bei seinem Quasi-Solo in „Time’s Up“.
Aber auch seine Kollegen bekommen genügend Freiräume, um sich auszuzeichnen: Gitarrist Ian Crichton sowieso (selbst wenn das Konzert für ihn kein Selbstläufer ist und er anfangs noch etwas Eingewöhnungszeit benötigt), während dessen Bruder Jim am Bass und an am drehbaren Moog-Synthesizer eher für das Grundgerüst zuständig ist. Jim Gilmour wiederum hat bei „Scratching The Surface“ sein Gesangssolo, und Neudrummer Mike Thorne darf neben dem anspruchsvollen Instrumental „Corkentellis“ (mit dem er sich unter anderem bei SAGA beworben hatte) ein komplettes Drumsolo spielen. Und der Mann ist nicht nur ein äußerst präziser Drummer, sondern auch ein cooler Hund: Mitten im Solo hält er einfach mal eine Kamera in die Höhe und fotografiert die Menge.
Natürlich gibt es jede Menge SAGA-Klassiker („Humble Stance“ und „On The Loose“), aber auch rare Perlen, wie „The Cross“ vom „Generation 13“-Album. Gut, während des Stücks ist die Reaktion des Publikums vielleicht etwas verhaltener, nicht aber beim anschließenden Applaus. Nach dem Abschluss des regulären Sets mit „Wind Him Up“ schaffen es die Zuschauer sogar, rund fünf Minuten eine Zugabe einzufordern – und natürlich kommt diese, auch wenn Michael Sadler die Menge fragt: „Sicher? – Ganz sicher?“ Sicher. Nach „Don’t Be Late“ ist dann aber wirklich Schluss.
Macht eine Spielzeit von gut neunzig Minuten, was vielleicht nicht übermäßig üppig ist, aber doch mehr als letzten Herbst in Mülheim/Ruhr. So gesehen ein lohnenswerter Abend mit einer gut aufgelegten Band (sogar vollzählig!) und einer mehr als ordentlichen Setlist – die genügend Klassiker enthält, gleichzeitig aber schon die Vorfreude auf die zu erwartende Tour im nächsten Jahr befeuert. Gut, dass es weitergeht!
Setlist:
- Anywhere You Wanna Go
- Mouse in a Maze
- Careful Where You Step
- The Perfectionist
- You’re Not Alone
- Spin It Again
- Corkentellis
- The Flyer
- Six Feet Under
- The Cross
- Drum Solo
- Time’s Up
- Scratching the Surface
- Tired World
- Humble Stance
- On the Loose
- Wind Him Up
- —
- Don’t Be Late
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Also, 90 Minuten sind im Gegensatz zu einigen (im doppelten Sinne) jüngeren Bands recht ordentlich. Heutzutage verschwinden doch viele schon nach einer Stunde von der Bühne.