Russian Circles und This Will Destroy You live in Dresden
Erfahrung für alle Sinne
Konzertbericht
Angesichts der bierseligen Menge, die sich an diesem lauen Maiabend um die Kreuzung am Dresdner Beatpol schart, braucht man sich um mangelndes Interesse an Post-Rock/Metal-Klängen in der Elbmetropole keine Sorgen machen. Als wüssten die zahlreichen Besucher, welches Klima ihnen im Inneren der vermutlich schönsten Konzertlocation der Stadt blüht, formt sich erst wenige Minuten vor Beginn eine Schlange gen Einlass. Brav reiht sich Kollegin Kostudis ein. Im Saal angekommen verfestigt sich der draußen gewonnene Eindruck – es ist voll. Und warm. Ziemlich warm.
Neben weiteren Gästen füllen die ersten Schallwellen den Raum. Den Auftakt geben THIS WILL DESTROY YOU. In Grubenarbeitermanier ist die Beleuchtung auf wenige Bühnenstrahler und Kopfleuchten reduziert. Was zunächst unterhaltsam anmutet, verfehlt seinen Effekt nicht – optische Eindrücke werden zur Nebensache, der Fokus liegt auf den weitschweifigen Klängen, die große Teile des Publikums umgehend bannen und hypnotisch pendeln lassen. Konzentriert und ohne umschweifendes Gerede reihen die vier Texaner Track an Track – eine Strategie, die der Stimmung sehr zu gute kommt, da der sphärische Faden nie abreißt. Dennoch gibt es nur wenige Momente, die auch die Kollegin wirklich mitreißen. Das mag an den sehr großen Spannungsbögen liegen, und der Tatsache, dass Gitarre und Synthie sehr im Vordergrund stehen. Damit gibt es – bei außerordentlich gutem Sound – viel Dröhn, aber wenig Wumms. Dennoch bieten THIS WILL DESTROY YOU ein gelungenes Warm-up für ihre US-amerikanischen Kollegen RUSSIAN CIRCLES. „Warm-up“ ist in der Tat zutreffend. War es zu Beginn schon muckelig, dürfte mittlerweile kaum ein Besucher noch Herr seiner Schweißporen sein. Da kommt doch das laue Lüftchen, das im Eingangsbereich während der Umbaupause weht, gerade recht.
Kaum abgekühlt bahnt sich Kollegin Kostudis alsbald wieder körperkontakthaschend den Weg Richtung Bühne. RUSSIAN CIRCLES brauchen keine zwei Takte um mit dem eben noch vermissten Wumms den Saal zu fluten. Stark. Angesichts der dargebotenen akustischen Intensität wird die fotografische Dokumentation zum notwendigen Übel. Zügig und Entschuldigungen murmelnd bahnt sich die Kollegin den Weg hinters Mischpult, um das obligatorische Beatpol-Diskobommelbild zu schießen. Danach heißt es endlich Kamera und Kopf ausschalten, Augen zu und monumentale, drückende Schallberge mit den restlichen Sinnen genießen. Bis der Vordermann vor Verzückung seine Reichweite derart vergößert, dass es zu Kollisionen kommt. Die anschließende Unpässlichkeit ist schnell vergessen, denn es gilt Dave Turncrantz’ versiertes Werkeln am Schlagzeug zu verfolgen.
Nach ausschweifenden Alleingängen ist der arme Mann schweißgebadet – bringt nur nichts, die Raumluft dürfte kaum noch Feuchtigkeit aufnehmen können. Vielleicht trägt sie deswegen so gut. RUSSIAN CIRCLES liefern wahrhaftig ein Klangbad höchster Güte, und präsentieren zudem noch einen ansprechend wuchtigen Track („Vorel“) vom neuen Album „Guidance“, das ab dem 5. August in den Läden steht. Das offenbart sich allerdings erst in der Nachlese – bis auf den artigen Dank ist von RUSSIAN CIRCLES kein Wort zu hören, was allerdings nicht wirklich stört. Nach einer nachdrücklich eingeforderten Zugabe entleert sich der Saal zügig. Die erfrischende Nachtluft läd zur kritischen Analyse des Gehörten ein, der Grundtenor: Feine Sache. Mit klingelnden Ohren und dezent dehydriert tritt die Kollegin die Heimreise an.
Setlist:
Deficit
309
Afrika
Harper Lewis
Geneva
1777
Vorel
Mladek
Young Blood
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