Rotten Sound
Europa Tour
Konzertbericht
Irgendwie ist es doch manchmal schon von vorneherein klar, wie ein Konzert ablaufen wird und so auch diesmal. Im guten alten Feierwerk spielen ROTTEN SOUND und haben sich die Schweden MARTYRDÖD und die Amis von ENABLER eingepackt, um uns alle mit feinstem Grind/Crust zuzuballern. Klingt auf dem Papier erst mal super. Dann denkt man an das typische Münchner Konzertpublikum und sieht dann doch eher eine mittellahme Veranstaltung vor sich. Am Vorabend haben zudem noch CANNIBAL CORPSE mit DEVIL DRIVER und THE BLACK DAHLIA MURDER gespielt, so dass man sich schon vorstellen kann, einen eher schlecht als recht gefüllten Saal vorzufinden. Und ich sag es mal so: Mission accomplished.
Doch zu den Fakten. Besagte drei Bands haben es an diesem 6. März 2013 immerhin geschafft, ca. 80 Leute ins Feierwerk zu schleifen. Mit staubaufwirbelnden Circle Pits ist also eher nicht zu rechnen. War ja irgendwie klar. Na, dann lassen wir die Spiele mal beginnen. Als erste auf die Bretter geschickt werden ENABLER, die Ichmischmalallespielartenhartermusikzusammen-Cruster, die uns 2012 mit dem Album „All Hail The Void“ mächtig eines auf die Birne gegeben haben. Mal sehen, ob die drei Buben und das Mädel das auch live so rüberbringen. Tun sie. Muss schon sagen, auf Platte bringen ENABLER ja schon gut Druck auf die Rille, aber live ist das echt noch einmal eine Spur knackiger. So muss das ja eigentlich auch sein. Ist es nur nicht immer. Hier schon. Das liegt zum einen an Sänger/Gitarrist Jeffrey Lohrber, der echt ein schön dreckiges Organ besitzt, zum anderen daran, dass die Band ihre Songs einfach arschtight runterspielt und zum Teil sogar noch ein bisschen schneller als auf Platte, die im übrigen eigentlich komplett runtergeholzt wird. Das sitzt schon, muss ich sagen. Schade nur, dass das im Publikum NATÜRLICH nicht wirklich ankommt. Gut, immer schwierig, wenn es recht leer ist und die Musik nur zwei Handlungen – rumstehen und glotzen oder völlig abgehen und wild um sich schlagen – zulässt. Heute entscheidet man sich für Variante Eins. Na sei’s drum. Die Band scheint trotzdem ihren Spaß zu haben und mein Abend ist gleich zu Beginn schon gerettet. Sauber.
Als nächstes kommen dann MARTYRDÖD aus Schweden, die man alleine schon für ihren Namen feiern muss. Auch deren aktuelles Album „Paranoia“ ist ein sehr viel Spaß bereitendes Crust-N-Roll (oder Blackened Crust, wie es die Band gerne mal nennt) Ungetüm, das schon ganz schön an den Nerven zerrt. Lässt also hoffen. Leider muss man sagen, dass MARTYRDÖD im Gegensatz zu ihren Vorgängern etwas mit dem Sound zu kämpfen haben. Der ist recht matschig und die Songs versumpfen so etwas. Zudem scheint Sänger Mikael Kjellman vor der Show wohl etwas viel getankt oder sonst was eingeworfen zu haben. Das würde zumindest seine für die Musik doch etwas sehr entspannte Herangehensweise an den eigenen Auftritt erklären. Mimik und Bewegungsradius gehen jedenfalls gegen Null. So steht die Liveperformance etwas im Kontrast zur sehr energiegeladenen Letztscheibe. Da hilft es auch nichts, das sich Herr Kjellman bei gefühlten 15 °C im Raum irgendwann des T-Shirts entledigt. Naja, versprüht immerhin ein bisschen Rock-N-Roll-Vibe. Insgesamt muss man aber schon sagen, dass die Band durchaus Spaß machen kann. Bei einem Plus an Sound, Leuten und Energie hätte da durchaus was gehen können…
Ja und dann zu guter letzt noch ROTTEN SOUND. Die alten Hasen. Zum x-ten Mal im Feierwerk, merkt man da schnell die Routine. Der Sound ist auf den Punkt und die Band spielt die Songs runter, als würde alles von Band laufen. Ein kurzer Blick auf die Hände der Rhythmusfraktion bestätigt: das hier ist technisch auf ganz schön hohem Niveau. Schon beeindruckend zu sehen, mit welcher Präzision hier bei höchstem Tempo durchgeballert wird. Mehr Grindcore geht eigentlich nicht, muss man schon sagen. Und ganz am Ende schaffen es ROTTEN SOUND sogar noch, einen kleinen, niedlichen Circle Pit entstehen zu lassen. Hat zwar eher was von Der-Fuchs-geht-um bei gedrückter Vorspultaste, aber besser als nichts. Am Ende steht: klar, technisch top; Sänger Keijo Niinimaa bringt stimmlich echt was auf die Waage; Gitarre, Bass und Schlagzeug geben Dauerfeuer.; alles sitzt. Nur wirkt das alles nach einiger Zeit vielleicht etwas zu steril. Da fehlt ein wenig der Dreck, mit dem sich MARTYRDÖD gut eingerieben haben und da fehlt ein wenig die „Fuck You“-Attidtüde, die ENABLER vor sich hertragen. Aber wie gesagt: alte Hasen. Haben immer noch die guten Duracel drin und laufen wie ’ne Eins. Vielleicht braucht es ja auch nicht mehr. Mehr auf die Mütze an nur einem Abend muss man auf jeden Fall erst mal bekommen. Schon alleine deswegen: eineinhalb Daumen hoch für diesen Abend.
Text: Struch
Fotos: Haslauer
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