Rockharz Open Air 2023
Der große Festivalbericht

Konzertbericht

Billing: Blind Guardian, In Flames, Arch Enemy, Amon Amarth, A Life Divided, All For Metal, Airbourne, Angus McSix, As I Lay Dying, Burning Witches, Die Apokalyptischen Reiter, Battle Beast, Bloodbound, Carcass, Children Of Grotesque, Delta Bats, Destruction, Einherjer, Equilibrium, Exhorder, Feuerschwanz, Fiddler's Green, Firkin, Hämatom, How We End, Infinitas, Kneipenterroristen, Knorkator, Korpiklaani, Kris Barras Band, Lacuna Coil, Legion Of The Damned, Letzte Instanz, Life Of Agony, Lord Of The Lost, Mono Inc., Moonspell, Mr. Hurley & Die Pulveraffen, Null Positiv, Ohrenfeindt, Onslaught, Paradise Lost, Phil Campbell and the Bastard Sons, Rauhbein, Saltatio Mortis, Septicflesh, Skáld, Sonata Arctica, Soulbound, Tanzwut, The Dark Side Of The Moon, The Legion:Ghost, Tribulation, Unzucht, Versengold, Voodoo Kiss, Wind Rose und Wolfheart
Konzert vom 05.07.2023 | Ballenstedt, Flugplatz

Freitag, 07.07.2023

Fotos der Autogrammstunden am Freitag

Galerie mit 62 Bildern: Rockharz Open Air 2023 - Autogrammstunden Freitag 14:00 bis 16:30 Uhr Galerie mit 66 Bildern: Rockharz Open Air 2023 - Autogrammstunden Freitag 16:30 bis 20:00 Uhr Galerie mit 67 Bildern: Rockharz Open Air 2023 - Autogrammstunden Freitag 20:00 bis 22:45 Uhr

CHILDREN OF GROTESQUE sind geisteskrank

(Rock Stage, 11:20–11:50)

Einen Festivaltag zu eröffnen, kann eine undankbare Aufgabe sein – auf dem Rockharz ist das erfahrungsgemäß selten der Fall. Auch die noch unbekannten Berliner Industrial-Metaller von CHILDREN OF GROTESQUE bilden da keine Ausnahme und dürfen sich über eine beachtliche Anzahl Menschen vor der Rock Stage freuen. Ob es am Bekanntheitsbonus des Gitarristen liegt? Tim Tom ist der Sohn von Alf Ator und entsprechend vielen KNORKATOR-Fans bereits gut bekannt. Während der stolze Papa höchstpersönlich vor der Bühne immer wieder den Sound prüft, zeigt das junge Quartett auf selbiger, dass sie zu Recht in den Harz gehören: Die fetten Gitarren-Riffs klingen gewaltig und Rampensau Bill Hyena hat die Rolle des irren Anheizers mit Joker-Gesichtsbemalung voll drauf.

Auch wenn es erst eine kleine Einladung von Tim Tom braucht, entsteht der erste Moshpit des Tages heute noch weit vor dem Mittagsgong und kann sich mehr als sehen lassen. Für Blut auf der Tanzfläche, das Bill Hyena gen Ende sehen will, reicht es zwar noch nicht ganz, aber die Band versprüht eine derart ehrliche Freude darüber, auf dem Rockharz spielen zu dürfen, dass klar ist: CHILDREN OF GROTESQUE haben sich diesen Slot verdient.

Galerie mit 10 Bildern: Children Of Grotesque - Rockharz Open Air 2023

Staubiges Fitnessprogramm mit THE LEGION:GHOST

(Dark Stage, 11:55-12:25)

Nachdem sich das Publikum bei CHILDREN OF GROTESQUE warmgelaufen hat, steht mit THE LEGION:GHOST der erste Härtetest in Sachen Fitness auf dem Programm. Der mit viel Mitsing-Refrains veredelte Metalcore sorgt sogleich für Bewegungsdrang. Das Energielevel auf der Bühne ist hoch und anstrengend, so dass sich die ersten Staubwölkchen übers Infield bewegen. Das macht gute Laune und Songs wie „The Price“, „Farewell“ oder „Guilty (Far From perfect)“ werden zurecht bejubelt. Gut möglich, dass THE LEGION:GHOST nicht nur den Schlaf aus einigen Gesichtern geputzt haben, sondern sich auch einige neue Fans erspielt haben. Verdient wäre es, auch, weil sich die Band super sympathisch gibt und sich dem Gedenken an ihren Freund und Booker, Dirk Lehberger, (R.I.P.) anschließt.

Galerie mit 15 Bildern: The Legion:Ghost - Rockharz Open Air 2023

NULL POSITIV sind positiver als erwartet

(Rock Stage, 12:30–13:00)

Der Alternative Metal von NULL POSITIV hat schon seine Runden gedreht, denn es finden sich zur frühen Stunde schon einige Menschen vor der Bühne ein. Zudem ist Sängerin Elli Berlin im Social-Media-Kosmos keine Unbekannte, weshalb der Andrang auch teils ihr zuzurechnen sein könnte.
Jedenfalls sind die gut gegen die Hitze vorbereiteten Anwesenden bereit, die moderne Mischung der Band zu feiern. Da es bereits sehr warm ist, haben viele Wasserzerstäuber eingepackt oder warten auf die erste Wasserschlauch-Dusche der Grabenschlampen im Schatten der ersten Reihe. NULL POSITIV zocken sich souverän durch ihr halbstündiges Set und ziehen später eine große Menge an Fans zum metal.de-Autogrammstand. Das Einzige, was zum Fan-Glück jetzt noch fehlt, ist ein neues Album. Der letzte Wurf „Independenz“ hat inzwischen drei Lenze auf dem Buckel.

Galerie mit 28 Bildern: Null Positiv - Rockharz Open Air 2023

RAUHBEIN: Rauer Folkrock, der sofort ins (Tanz-)Bein geht

(Dark Stage, 13:05–13:40)

Das Backdrop mit dem Bandnamen RAUHBEIN hat zwar den angestaubten Charme von ‚WordArt‘ in Windows 95, aber was ist schon Optik: Entscheidend ist das Geschehen auf der Bühne und da sorgt die fünfköpfige Band um Sänger und Gitarrist Henry M. Rauhbein für gute Stimmung. Das Quintett spielt eingängigen, deutschsprachigen Folk-Rock, der sofort ins Bein geht. Es dauert nicht lange, bis sich die Fans eingetanzt haben und den rauschebärtigen Sänger tatkräftig unterstützen – die Texte sind sooo schwer auch nicht mitzusingen: Mal geht es ums Trinken, mal ums Feiern, mal darum, den Kopf oben zu behalten, selbst wenn das Leben nicht so mitspielt, wie man es sich vorstellt.

Mr. Rauhbein singt seine Songs mit Inbrunst und Überzeugung und seine Musikerkollegen wuseln auf der Bühne um ihn herum. Da flirrt der Bogen des Geigers, während die Schiebermütze des Bassisten bei den sommerlichen Temperaturen zu qualmen anfängt – naja, fast. Jedenfalls liefert der Fünfer eine engagierte Leistung und das Publikum feiert Band und Musik. Die ist teilweise nagelneu, denn RAUHBEIN veröffentlichen just an diesem Auftrittstag ihr zweites Album „Herz Eines Kriegers“, was sie am metal.de-Stand gleich mit einer doppelten Autogrammstunde am Freitag und Samstag feiern.

Und als ob das nicht genug ist, dürfen einige Redaktions-Mitglieder an einem RAUHBEIN-Gin-Tasting teilnehmen. Sind die eigentlich seitdem wieder aufgetaucht?

Galerie mit 18 Bildern: Rauhbein - Rockharz Open Air 2023

ALL FOR METAL geben alles für den Metal

(Rock Stage, 13:45–14:30)

Mit Tim „Tetzel“ Schmidt von ASENBLUT und Antonio Calanna von DEVICIOUS haben sich zwei erfahrene Sänger zusammengetan, um die Heavy-Metal-Welt mit ihrem neuen Projekt ALL FOR METAL zu beglücken. Dass sich der kraftvolle und epische Heavy Metal mit Folk-Metal-Einschlag und seinen eingängigen Melodien für einen Live-Auftritt anbietet, war durchaus erkennbar. Aber die umfangreiche Inszenierung, die aufgeboten wird, um das „Schwert und Barbaren“-Konzept zu unterstreichen, überrascht dann doch – hier wird geklotzt und nicht gekleckert.

So tummeln sich auf der Bühne neben der Band, die ohnehin neben den beiden Sängern noch zwei Gitarristinnen, Bass sowie Schlagzeug umfasst, auch noch zwei Tänzerinnen. Das Fantasy-Motto wird ordentlich in Rüstung und Leder ausgekleidet, Fronthüne Tetzel schwingt einen großen Requisiten-Hammer und bei „Hear The Drum“ rollt sogar eine Pauke, die ordentlich betrommelt wird, auf die Bühne. Hierzu verteilen alle Beteiligten auch noch massig Merchandise-Artikel unter den Zuschauenden und machen deutlich: Diese Band hat einen ausgeklügelten Plan und arbeitet sehr gezielt an ihrem weiteren Erfolg.

Obwohl das Debütalbum „Legends“ gerade heute erscheint, haben ALL FOR METAL einiges an Vorarbeit geleistet, um das Publikum textlich vorzubereiten: Nicht weniger als sieben (!) Vorabsingles sind erschienen. Aber da bei Titeln wie „Born In Valhalla“ und „Mountain Of Power“ das Mitsingen ohnehin nicht schwerfällt, herrscht schnell Textsicherheit im Publikum. Weiterer Vorbereitung hätte es da nicht zwingend bedurft. Die Eingängigkeit des Songmaterials kommt aber sichtlich an, fröhlich wird geschunkelt und sogar zum Power-Metal-Circle-Pit gerufen.

Der Eindruck nach dieser opulenten Show ist jedenfalls klar: Auch wenn die Musik nicht jeden Geschmack trifft und die Frage bleibt, ob die überzeichnete, MANOWAR-hafte Inszenierung nicht zu viel des Guten ist – eine professionelle Performance liefert die Band problemlos ab.

Galerie mit 28 Bildern: All For Metal - Rockharz Open Air 2023

BURNING WITCHES hissen die Metal-Fahne

(Dark Stage, 14:35–15:20)

Klassischer Heavy Metal ist auf dem diesjährigen Rockharz vergleichsweise unterrepräsentiert. Daher wird es Zeit, dass die Eidgenössinnen (mit niederländischer Sängerin) von den BURNING WITCHES die „Trvness“-Fahne hochhalten. Auch wenn die deutschen Ansagen von Laura Guldemond am Anfang noch etwas haken, gewinnt sie die Fans vor der Dark Stage mit ihrer sympathischen Art schnell für sich und sorgt für exzessives Headbanging.

Das aufwendige Bühnendesign der Schweizerinnen stünde auch Bands späterer Slots gut zu Gesicht und nach ersten leichten Soundproblemen dröhnt der Sound ziemlich dick aus den Boxen. Für ein paar verblüffte Blicke sorgt das frappierend nach „Raining Blood“ klingende Eröffnungsriff von „The Dark Tower“ – es bleibt aber eine der wenigen Überraschungen des Sets. Die BURNING WITCHES lassen heute nichts anbrennen, so viel ist klar, aber am Ende bleibt vor allem ein über weite Strecken routinierter Auftritt.

Galerie mit 27 Bildern: Burning Witches - Rockharz Open Air 2023

BLOODBOUND erzählen von Drachen, Vampiren und Wikingern

(Rock Stage, 15:25–16:10)

Release-Tag auf dem Rockharz! Diese Ehre wird in diesem Jahr auch BLOODBOUND, die ihr aktuelles Album „Tales Of The North“ präsentieren, zuteil. Folgerichtig haben sie ein druckfrisches Backdrop am Start und beginnen ihr Set mit dem fetten Titelsong. Die Stimmung ist schnell am Kochen, Fäuste werden gereckt und die immer häufiger werdenden Duschen der Grabenschlampen dankbar angenommen.

BLOODBOUND feiern die Songs ihres neuen Albums genauso wie Klassiker der vorigen Alben. Fans freuen sich über kräftige Power-Metal-Hymnen wie „Rise Of The Dragon Empire“, „Battle In The Sky“ und „Creatures Of The Dark Realm“. Ein bisschen mehr Showeinlage gibt es beim abschließenden „Nosferatu“, als der titelgebende Vampir mit auf die Bühne stapft. Warum er im Sonnenlicht des Nachmittags nicht verbrennt? Keine Ahnung, vielleicht zu viel „Twilight“ geguckt.

BLOODBOUND machen überdies mit einer „Bauchladen-Dame“, die im Publikum Bierdeckel mit dem neuen Albumcover verteilt, auf ihr neues Werk aufmerksam. Ein Blick auf die Chartposition wird verraten, ob sich all der Aufwand gelohnt hat. Verdient wäre ein großer Erfolg jedenfalls, denn Gig wie Album sind äußerst stark.

Galerie mit 19 Bildern: Bloodbound – Rockharz Open Air 2023

SEPTICFLESH spielen heute „in zivil“

(Dark Stage, 16:15-17:00)

Irgendetwas läuft bei der europäischen Flughafenorganisation gerade elementar falsch. Schon am Mittwoch waren AS I LAY DYING ihres Equipments beraubt, heute hängen Teile der Ausstattung von SEPTICFLESH in Österreich fest. Die Musiker haben zum Glück viele Freunde backstage und können mit zum Teil geborgtem Equipment an den Start gehen.

Die Band beteuert zwar, dass diese Kostümierung zum Feeling eines SEPTICFLESH-Gigs dazu gehört, beweist aber zeitgleich, dass sie ihren bombastischen Death Metal auch „in zivil“ auf die Bühne bringen können. Sie hätten auch ein Clownskostüm oder gar nichts anhaben können, der musikalischen Qualität tut es an diesem Nachmittag keinen Abbruch. Bei der Durchschnittstemperatur des heutigen Tages können die Jungs ihre Hits wenigstens etwas weniger schweißtreibend abliefern.

Das Set konzentriert sich wie immer auf die Werke ab „Communion“. Und natürlich spielen sie auch Stücke des aktuellen Longplayers „Modern Primitive“, wie „Hierophant“. Doch egal, ob „Desert Throne“, „Martyr“ oder das abschließende „Dark Art“, SEPTICFLESH belegen auch mit optisch reduzierter Show, dass ihnen im symphonischen Death Metal keiner etwas vormachen kann und hinterlassen nur verbrannte Erde.

Galerie mit 22 Bildern: Septicflesh – Rockharz Open Air 2023

DESTRUCTION huldigen dem Thrash-Metal

(Rock Stage, 17:05–17:50)

Vierzigjähriges Bandjubiläum feiern die Teutonen-Thrash-Veteranen DESTRUCTION und passend dazu fahren die Mannen um Frontmann Marcel „Schmier“ Schirmer ein Set mit Klassikern der Banddiskografie auf. Ob „Nailed To The Cross“, „Mad Butcher“ oder „Life Without Sense“: Die Anwesenden feiern das Songmaterial von DESTRUCTION vor der Rock Stage mit ausgelassenen Circle Pits und vielleicht den meisten Schubskreiseln bei einem Auftritt auf dem diesjährigen Rockharz. Sänger Schmier jedenfalls findet das alles saugeil und erklärt, dass er vor vierzig Jahren auch noch so vor der Bühne abgegangen wäre. Nun sei er leider zu alt dafür. We feel you, Schmier!

Zum Abschluss des Sets kündigt der Fronter süffisant an, noch eine Ballade zu spielen – um dann „Bestial Invasion“ rauszuhauen. Haben wohl keine Ballade im Repertoire, die Herren. Und überraschenderweise bleiben danach sogar noch fünf Minuten Zeit, den Titeltrack des aktuellen Albums „Diabolical“ als Zugabe zu spielen.

Es bleibt festzustellen: DESTRUCTION liefern ab und sind mit ihrem Repertoire an Thrash-Knallern eine absolute Live-Bank. Auch nach vierzig Jahren sitzen die markanten Screams des Frontmanns, der nach eigenem Bekunden „Thrash `till Death“ durchzieht und das eigene Rentenalter damit noch in weiter Ferne sieht. Ein kurzweiliger, kompakter und unterhaltsamer Festivalauftritt von DESTRUCTION, der eine schöne Thrash-Kante als Kontrast zu den seichteren Klängen von MONO INC. oder HÄMATOM zieht.

Galerie mit 17 Bildern: Destruction - Rockharz Open Air 2023

EQUILIBRIUM feiern den Einstand ihres neuen Sängers

(Dark Stage, 17:55–18:40)

EQUILIBRIUM haben es spannend gemacht: Wer könnte nach dem Abgang von Robse Dahn künftig bei der Folk-Metal-Institution am Mikrofon stehen? Sollte gar Ur-Sänger Helge Stang erneut den Posten übernehmen? Zeitgleich zum Gig wurde auf YouTube das Video zur neuen Single „Shelter“ veröffentlicht und das Geheimnis gelüftet. Es ist kein Blick nach hinten, sondern einer nach vorne. Der neue Sänger heißt Fabian Getto, ist 29 Jahre alt und war in seinen Teenie-Tagen selbst großer Fan des Frühwerks der Band.

Demzufolge ist es schade, dass EQUILIBRIUM ein Set modernerer Tage spielen und neben „Shelter“ als Opener die üblichen Verdächtigen von „Renegades“, „Armageddon“ und „Erdentempel“ auffahren. Natürlich gibt es auch „Blut im Auge“ zu hören, samt nostalgischer Ansage Gettos, die „Sagas“-Scheibe beim „Gothic“- und „Oblivion“-Spielen rauf und runter gehört zu haben. Gerade angesichts dieser Aussage und vor allem der überzeugenden Performance des Songs wäre es schön gewesen, mal wieder Stücke wie „Unbesiegt“, „Wingthors Hammer“ oder „Nordheim“ auszupacken.

Zwei Dinge haben EQUILIBRIUM mit dem heutigen Auftritt aber bewiesen: Der neue Sänger passt zu ihnen und sie sind mit ihrem Latein noch nicht am Ende. Wenn der Blick nach vorne gelegentlich einen Blick nach hinten zulässt, sind alle glücklich.

Galerie mit 13 Bildern: Equilibrium - Rockharz Open Air 2023

SONATA ARCTICA feiern die Klassiker

(Rock Stage, 18:45–19:30)

Mit ihrem dritten Auftritt auf dem Rockharz sind SONATA ARCTICA in diesem Jahr mehr oder weniger ein Unikum, denn der keyboardlastige und nicht auf reine Party ausgerichtete Power Metal der Finnen um Sänger Tony Kakko ist im 2023er Billing fast schon ein Alleinstellungsmerkmal. Passend zum Geburtstag des Festivals ist die Band auch gerade auf Jubiläums-Tour und packt dementsprechend die großen Klassiker aus.

Kein Song des heutigen Sets ist jünger als zehn Jahre und die zahlreich versammelten Fans sind darüber mehr als glücklich. Viele singen aus voller Kehle mit, während – zu welcher Band würde es besser passen – ein paar Seifenblasen über das Infield wehen. „Look what you have done, this is bloody amazing“, zeigt sich Kakko zufrieden, bevor er zum Schlussdoppel „FullMoon“ und „Don’t Say A Word“ ansetzt – natürlich, wie mittlerweile üblich, mit „Vodka“ samt Mitsingspielchen als Outro. Trotz anfänglicher fünf Minuten Verspätung ist zeitig Schluss, aber besonders die Old-School-Fans von SONATA ARCTICA zeigen sich sehr happy mit ihren Helden.

Galerie mit 17 Bildern: Sonata Arctica - Rockharz Open Air 2023

VERSENGOLD unterhalten mit Haltung

(Dark Stage, 19:35–20:35)

Von Power Metal zurück zu Folk, hin zu einer Band, die sich während der Pandemie stark ins Blickfeld vieler Menschen gespielt hat. Eingängige, tanzbare Songs treffen auf intelligentes Songwriting unter dem Dach von VERSENGOLD. Auf der aktuellen Scheibe „Was Kost Die Welt“ beklagen Sänger Malte Hoyer und seine Mitstreiter die andauernde Zerstörung unseres Planeten. Neues Material ist bereits in der Pipe: VERSENGOLD feiern Anfang November 2023 in Hamburg ihren 20. Bandgeburtstag inklusive der Veröffentlichung einer neuen LP.

Ein Vorhang verhüllt zunächst die Sicht auf die Bühne. Nach dem Intro und den ersten Klängen von „Durch Den Sturm“ steht das Sextett auf der Bühne und eine große Fanschar grölt intensiv den Refrain mit. Das Hitpotential ist mittlerweile beachtlich und so folgt Ohrwurm auf Ohrwurm. Ob „Niemals Sang- Und Klanglos“, „Flaschengeist“, der humoristisch das Thema Religion und die Abwanderung vieler Menschen von der katholischen Kirche aufs Korn nimmt, oder der irische Folk-Rocker „Kobold Im Kopp“: VERSENGOLD veranstalten eine Folk-Party, in die sie ihre Fans immer wieder mit diversen Mitmachaktionen einbinden.

Ein spezieller Track ist „Haut Mir Kein’ Stein“, der durch eine Nahtoderfahrung von Sänger Hoyer entstanden ist. Das Lebensende kommt auf jeden Menschen zu, oder wie VERSENGOLD sagen: „Irgendwann sind wir alle dran, Scheiße aber wahr“. Die Nummer bringt Melancholie auf das Rockharz 2023 und bei vielen Fans sind Tränen in den Augen auszumachen.

Zum Ende des Sets steht „Die Letzte Runde“ an, zu der sich Sänger Hoyer und Bassist Eike Otten in die Mitte des Publikums begeben. Ein Funkenregen umrahmt die verbliebenen vier Musiker auf der Bühne. Mit „Butter Bei Die Fische“ und einem Circle Pit um den noch mitten im Publikum agierenden Bassisten endet das circa 60-minütige Konzert. Hoyer bedankt sich bei Crew, Festival und vor allem beim Publikum für die Unterstützung in den vergangenen Jahren. Auch wenn „Braune Pfeifen“ heute fehlt, sagen wir „Danke“ für die klare Positionierung gegen rechte Gesinnung und auf die nächsten 20 Jahre.

Galerie mit 18 Bildern: Versengold - Rockharz Open Air 2023

KORPIKLAANI haben einen Plan

(Rock Stage, 20:40–21:40)

Mit dem Wechsel von der Dark Stage zur Rock Stage ändert sich das Genre nur bedingt. Nach Folk Rock mit deutschen Texten folgt Folk Rock mit Metal-Einflüssen, garniert mit englischen und finnischen Texten. KORPIKLAANI stehen neben Folk Metal/Rock vor allem für finnischen Humppa. Es gibt neben den bekannten Saufnummern alte Volkslieder, die als finnische Polka bezeichnet werden.

Der Opener „Man With A Plan“, bei dem sich textlich alles ums Saufen dreht, ist einer der bekannten Hits des Sextetts. Bei hereinbrechender Dunkelheit durchaus passend und einige Damen und Herren vor der Bühne scheinen einen ähnlichen Plan zu verfolgen, sodass die schnell in Gang kommenden Tanzrunden durch hinfallende Menschen immer wieder gestoppt werden müssen.

Eine Stunde haben die Herren zur Verfügung und feuern ein Best-Of-Set, u.a. mit „Wooden Pints“, „Happy Little Boozer“, „Sanaton Maa“ und „Levan Polkka“ auf die feiernde Meute. Vor der Rock Stage wird getanzt und gefeiert, nur auf der Bühne selbst herrscht wenig Bewegung. Wenn überhaupt, kreuzen Violine und Akkordeon ihre Wege, Bass und Gitarre stehen stoisch an ihren Plätzen und zocken gekonnt ihre Instrumente. Die Show obliegt primär Sänger Jonne Järvelä, der gelegentlich zur Akustikgitarre greift. Zum Ende des Sets gibt es verbal nochmals reichlich Alkohol: „Beer Beer“ und „Vodka“ lassen den Gig von KORPIKLAANI ausklingen.

Galerie mit 16 Bildern: Korpiklaani - Rockharz Open Air 2023

AIRBOURNE feiern den Rock’n’Roll

(Dark Stage, 21:45–22:45)

Das kann man so machen: Statt eines dräuenden Intros zwei IRON MAIDEN-Klassiker („The Number Of The Beast“ und „Run To The Hills“) spielen, bei denen die Fans auf jeden Fall mitwippen – und dann mit Lichtgeschwindigkeit auf die Bühne preschen! Das passt zu AIRBOURNEs Version von Rock’n’Roll, der einfach nur in den Hintern tritt. Die vier Australier sind „Ready To Rock“!

Frontmann Joel O’Keeffe gibt den rockenden Freigeist, während Bassist und Rhythmusgitarrist ständig mit Anlauf die Plätze wechseln. Spaß gehört für den lockigen Frontmann dazu und schon beim dritten Song „Girls In Black“ lässt er sich mit seiner Gitarre im Anschlag von einem eigens abkommandierten Security durch die jubelnde Menge tragen. Mittendrin hämmert er sich eine Bierdose an den Kopf, bis der Gerstensaft in einer Schaumfontäne entweicht. Gilt da eigentlich die alte Weisheit: „Der Klügere gibt nach“? Oder eher: „… kippt nach“? – denn später freuen sich die Fans in der ersten Reihe über Becher mit Jackie-Coke, die der Fronter im Angedenken an Lemmy dort verteilt. Im Zugabenteil wirft er schließlich Bierbecher in die Menge: „Do you want beer?“

Wo AIRBOURNE draufsteht, ist AIRBOURNE drin, das ist klar. Aber den Fans gefällt’s und im Infield herrscht Partystimmung. Nicht zuletzt wegen der mit Highlights gespickten Setlist. Von „Ready To Rock“ über „Breakin’ Outta Hell“ bis „Running Wild“ ist alles dabei. An dieser Stelle noch ein paar Superlative: Die Australier legen auf dem Rockharz Open Air die schnellsten Sprints auf die Bühnenbretter, haben die meisten Songs mit „Rock’n’Roll“ im Titel und werfen die meisten Bierbecher in die Menge. Da stellt sich die Frage: Geht da noch mehr?

Galerie mit 29 Bildern: Airbourne – Rockharz Open Air 2023

ARCH ENEMY bringen die meisten Metal-Fans unter einen Hut

(Rock Stage, 22:50–00:20)

Dem Headliner ARCH ENEMY fällt es nicht schwer, die einmal auf Temperatur gebrachte Meute zum Schwitzen zu bringen. Nur eben mit anderen Mitteln als zuvor AIRBOURNE. Das schwedisch-kanadisch-amerikanische Quintett um die ‚blaumelierte‘ Frontfrau Alissa White-Gluz startet sein Set mit „Deceiver Deceiver“ vom aktuellen Album und zieht früh mit Rauchsäulen, Pyros am Bühnenrand und einer beeindruckenden Lichtshow alle Register. Die beiden Gitarreros Michael Amott und Jeff Loomis zelebrieren ihre doppelstimmigen Gitarrenleads und dazwischen gibt Frontfrau Alissa den agilen Blickfang, springt mal mit angezogenen Beinen vom Schlagzeug-Podest, mal dreht sie über ihrem Kopf den Mikroständer.

Musikalisch sind ARCH ENEMY eine Band, die die meisten Metal-Fans unter einen Hut bringt: Die Songs vereinen mechanisches Tackern von Daniel Erlandssons Drums und pumpendes Bassspiel von Sharlee D’Angelo. Und an den Gitarren hat die Band mit Michael Amott und Jeff Loomis zwei Könner in ihren Reihen, die zwischen Shreddern und heftigem Riffing einfach ultramelodische Soli aus dem Ärmel schütteln. Zwischen heftigem (Death) Metal und melodischen Interludien spielt die Band einfach alles. Die Fans im dicht gedrängten Infield haben Spaß und es dauert nicht lange, bis ganze Wellen an Crowdsurfern in Richtung Bühnengraben unterwegs sind.

Zeit für emotionale Zwischentöne: Auch Alissa White-Gluz erinnert an den vor Kurzem, viel zu früh verstorbenen Dirk Lehberger, der nicht nur Booker von ARCH ENEMY, sondern verantwortlich für alle Rockharz-Bands war. Für ihn spielen sie „As The Pages Burn“: „Dirk, this is for you!“

Nach der Midtempo-Walze „We Will Rise“ geht das Set in die Verlängerung – auf der Bühne gehen die Lichter aus und nach erst verhaltenen, dann immer lauter werdenden Anfeuerungen aus dem Publikum kommen die Musiker nacheinander wieder zurück und stimmen die nächsten Songs an. Jeff Loomis gibt bei seinem Solo den Gitarrengott, bevor Michael Amott einsetzt und nebenbei die Meute animiert.

„Rockharz, we are all Nemesis!“ – Alissa White-Gluz läutet schließlich das große Finale ein, bei dem Pyros abgefeuert werden und von der Bühnenoberseite ein Funkenvorhang zündet. Dieser Funke überträgt sich sinnbildlich auch aufs Publikum, das den Headliner feiert. Da geben sich die beiden Gitarristen zu Recht einen Fistbump. Pow, war das stark!

Galerie mit 30 Bildern: Arch Enemy - Rockharz Open Air 2023

FIRKIN covern sich durch irisches Liedgut

(Dark Stage, 00:30–01:30)

Für den finalen Act des dritten Festivaltages geht es zur Dark Stage, auf der FIRKIN aus Budapest eine irische Folk-Punk-Party veranstalten. Ein in grünes Licht getauchtes Bühnenbild dominiert die Show und FIRKIN covern sich durch diverse alte irische Volkslieder.

Das Tanzbein wird vor der Bühne zu bekannten Melodien, wie zum Beispiel „Rocky Road To Dublin“ oder „Molly Malone“ geschwungen. Ganz aktuell ist FIRKINs Scheibe „Spice It Up!“, die heute offiziell veröffentlicht wurde. Die Band verteilt einige Exemplare an die Fanschar vor der Bühne und reicht mit „Ticktack“ oder „The Boys Are On The Loose“ die ein oder andere Kostprobe. „Johnny I Hardly Knew Ya” dürften viele Menschen von den DROPKICK MURPHYS kennen. Der Song ist, wie „Whisky In The Jar“, ein altes irisches Volkslied und eine gefühlt endlose Polonäse bahnt sich dazu ihren Weg durch die Menschenmenge. Nach einer knappen Stunde endet der finale Slot des dritten Festivaltages und zu Klängen von SCOOTER verlassen FIRKIN die Bühne.

Galerie mit 15 Bildern: Firkin - Rockharz Open Air 2023

Impressionen vom Freitag

Galerie mit 23 Bildern: Rockharz Open Air 2023 – Impressionen vom Freitag

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21.07.2023

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