Rockharz Open Air 2019
Der große Festivalbericht
Konzertbericht
Rockharz Open Air 2019 – Freitag, 5. Juli 2019
Galerie mit 120 Bildern: Rockharz 2019 – Autogrammstunden Freitag bis 17 Uhr
ELVELLON
Galerie mit 20 Bildern: Elvellon - Rockharz 2019
Die Symphonic Metaller ELVELLON eröffnen den Freitag auf dem Rockharz. Ein Blick in die Gesichter der Band zeigt jedoch sofort, dass es ihnen überhaupt nichts ausmacht, so früh zu spielen. Im Gegenteil, man sieht ihnen auf Anhieb an, dass sie mit Spaß bei der Sache sind. Mit erst einem veröffentlichten Album hat die junge Band noch keine umfangreiche Diskografie, um aus dem Vollen zu schöpfen, aber durchaus einige vielversprechende Songs, die sie dem Publikum präsentieren kann. „Dreamcatcher“, „The Puppeteer“, „Born From Hope“ und „Oraculum“ kommen trotz ihrer sehr unterschiedlichen Klänge gleichermaßen gut bei den Zuschauern an, die sich für die frühe Stunde auch schon überraschend zahlreich vor der Bühne versammelt haben. Sängerin Nele Messerschmidt vertut sich zwar bei einer Ansage erst mal im Songtitel, korrigiert sich aber schnell und ruft so das eine oder andere Schmunzeln hervor. Das Publikum ist ELVELLON allgemein wohlgesonnen und erklärt der Band am Ende noch mit Handzeichen, wohin es zur Autogrammstunde geht.
(Angela Infernale)
MILKING THE GOATMACHINE
Galerie mit 15 Bildern: Milking The Goatmachine - Rockharz 2019
Was klingt cooler, als das „Game Of Thrones“-Titelthema? Richtig, ein „Game Of Goats“-Intro mit waschechtem Ziegengemecker. Haltet eure Hörner fest! Auf geht’s zum Ziegenmelken! Zeit für MILKING THE GOATMACHINE. „Only Goat Can Judge Me“ brettert mit so einer Wucht über die Dark Stage, dass man sich fragt, warum nicht sofort ein angemessener Circle Pit losbricht. An mangelndem Publikum kann es nicht liegen. Zu der frühen Stunde ist der Platz sehr gut gefüllt. Selbstverständlich haben auch einige brav ihre Ziegenmasken aufgesetzt. Vielleicht ist das Publikum auch einfach selbst kurz in Schockstarre verfallen und erstaunt über die Macht, welche die drei Jungs auf der Bühne sind. Bei „Human Domestication“ fällt der Groschen, und die ersten Crowdsurfer im Publikum werden aktiv. Mit „Here Comes Uncle Wolf“ kommt ein Circle Pit zustande, der sich sehen lassen kann. Dass zu der frühen Stunde so viele Menschen vor der Dark Stage erschienen sind, lässt auch einen harten Ziegenbock wie Drummer Goatleeb Udder nicht kalt. Sichtlich berührt bedankt er sich beim Publikum und bittet im selben Zuge um einen anständigen Circle Pit. Natürlich muss sich das Publikum dafür an die von ihm vorgegebenen Pit Regeln halten: Schnürsenkel zubinden! Hosenträger festschnallen! Erst bei „HUH“ loslaufen! 35 intensive Minuten Ziegenmelken neigen sich mit „Milk Me Up“ und „Ding Dong“ dem Ende zu. Letzteren grölen die Leute mit seinem einfachen und feierwürdigen „Ding Dong Motherfucker! Ding Dong“ lauthals mit.
(Julia Kenkmann)
NAILED TO OBSCURITY
Galerie mit 19 Bildern: Nailed To Obscurity - Rockharz 2019
Leicht verkopft, sehr düster und bisweilen melancholisch – all das sind durchaus Attribute, die auf die Musik von NAILED TO OBSCURITY zutreffen. So etwas funktioniert natürlich besonders gut im Dunkeln mit dazu passender Lichtshow. Da die Slots nach Sonnenuntergang Anfang Juli natürlich stark begrenzt sind, müssen die Melodic Deather mit deutlichem Doom-Einschlag heute mit der Mittagssonne vorlieb nehmen. Das interessiert aber spätestens ab den ersten Klängen von „Black Frost“ von der gleichnamigen aktuellen LP niemanden mehr. Die hohe Zahl von Fans, Freunden und Familie macht den Auftritt geradezu zu einem Heimspiel. Dennoch versammeln sich im Laufe der Spielzeit immer mehr Menschen vor der Rock Stage, was für die Qualität der aktuell hochgelobten Formation spricht.
Zu Beginn hakt der Sound noch ein wenig, die Gitarre von Jan-Ole Lamberti ist etwas zu leise und die Vocals von Raimund Ennenga sind nur dann zu hören, wenn gegrowled wird – Flüstern und Klargesang werden leider verschluckt. Diese Probleme sind aber erfreulicherweise schnell behoben und die Songs können in ihrer vollen Komplexität zur Geltung kommen. Selbstbewusst konzentriert sich die Gruppe komplett auf ihre letzten beiden Alben, wissend um die Stärke des dort enthaltenen Materials. Die Anwesenden freut’s, was zahlreiche kreisende Mähnen und mit geschlossenen Augen mitwippende Köpfe beweisen. Okay, einen Totalabriss entfachen NAILED TO OBSCURITY nicht, das dürfte bei ihrer eher introvertierten Musik aber auch kaum jemand erwarten. Ein bockstarker Auftritt in einem leider auf dem Rockharz etwas unterrepräsentierten Genre.
(Mirko Pidde)
WARKINGS
Galerie mit 20 Bildern: Warkings - Rockharz 2019
Nachdem man gerade erst den melancholischen und mitreißenden Klängen von NAILED TO OBSCURITY gelauscht hat, stellen WARKINGS ein krasses Kontrastprogramm dar. Die Bühne voller Wimpel und aufgespießter Schädel, die Gesichter hinter Masken verborgen und in kriegerische Kostüme gehüllt, könnte man meinen, man sei auf einer Faschingsveranstaltung gelandet. Das ist nämlich in etwa die Qualität, die das Gesamtkonzept am Ende hergibt. Unter den Musikern gibt es einen Spartaner, einen Kreuzritter, einen Wikinger und einen römischen Tribun. Theatralisch werden sie alle vom Sprecher des Intros angekündigt, bevor sie auf die Bühne kommen. Musikalisch bieten sie dann einen sehr generischen Heavy/Power Metal, der mit zwei Gitarren besser geklungen hätte und sich nicht im Geringsten von anderen mittelmäßigen Bands des Genres abhebt. Teile des Publikums begeistern die WARKINGS allerdings soweit, dass sie es zu einer Wall of Death und einem Circle Pit bringen. Auch mitgesungen wird hier und da. So haben wenigstens einige noch was von dem Auftritt, auch wenn WARKINGS insgesamt zu den Bands gehören, die eigentlich keiner braucht.
(Angela Infernale)
ELVENKING
Galerie mit 20 Bildern: Elvenking - Rockharz 2019
Es scheint der Tag der Könige zu sein: ELVENKING übernehmen nach WARKINGS. Doch zuvor gibt es noch eine Ansage von Stagemanager Mutz (DRONE), der eine kleine Planänderung überbringen muss: THE NIGHTFLIGHT ORCHESTRA machen ihrem Namen alle Ehre und haben den späten Flug zum Rockharz gebucht. Soweit so gut, nur leider ist dieser Flug etwas zu spät, weshalb die Running Order minimal verändert werden muss.
ELVENKING lassen sich von diesem Intro der anderen Art nicht verunsichern und spielen ihre langjährige Erfahrung als Band gekonnt aus: Bis auf Schlagzeuger Lancs wirbeln alle Musiker ununterbrochen über die Bühne. Als Antrieb dient der von ihnen gekonnt gezockte Power Metal, der erfreulicherweise abwechslungsreich gehalten wird. Ob mit Geige (gar nicht mal so schlimm, wie es sich anfangs eventuell anhören mag) oder gelungenen Ausflügen in andere Spielarten (zum Beispiel einem Blastbeat in „3 Ways To Magick“): Die Italiener setzen sich zumindest durchaus gekonnt von vielen anderen Bands des Genres ab. Leider gerät der Gesang von Sänger Damna, auch aufgrund seines lebhaften Stageactings, etwas dünn, wobei die sechsköpfige Band im Gesamtpaket den Nerv des Rockharz angesichts des großen Beifalls zu treffen scheint.
(Richard Mertens)
MR. IRISH BASTARD
Galerie mit 19 Bildern: Mr. Irish Bastard - Rockharz 2019
Neben Metal haben auch andere Stilrichtungen schon immer ihren Platz im Harz gehabt. So passen auch die Münsteraner Iren von MR. IRISH BASTARD mit ihrer Mischung aus Punk, Ska und natürlich Irish Folk, die sie selbst „Fine Irish Drinking Music“ nennen, durchaus ins Programm. Deutlich wird dies bei Mitgröhl-Hymnen wie „We Are The Drunks“, die besonders bei dem der Hopfenkaltschale nicht abgeneigten Teil des Publikums auf eine Menge Gegenliebe stoßen. Oder kurz: Party-Songs gehen halt immer.
Die Band – hier vor allem Sänger und Gitarrist Mr. Irish Bastard selbst – trägt natürlich auch gerne zur Eskalation bei. Zu wenig Crowdsurfer? Da kann man sich ja vor den Security-Männern der Grabenschlampen nicht mehr blicken lassen. Inwieweit die begeistert davon sind, dass ihre Arbeit nach dieser Ansage bis zum Ende des Gigs nicht mehr abreißt, konnte nicht abschließend geklärt werden. Auch sonst geht es praktisch durchgehend rund vor der Dark Stage. Egal ob Polonaise, Ruderboot in bester ALESTORM-Manier, Circle Pit oder einfach nur ziemlich beeindruckende Mitsing-Chöre – die Feierwut der Rockharz-Fans ist bereits am Nachmittag auf einem beachtlich hohen Level.
(Mirko Pidde)
OMNIUM GATHERUM
Galerie mit 20 Bildern: Omnium Gatherum - Rockharz 2019
Das vorgezogene Set von OMNIUM GATHERUM geht anschließend mit „The Burning“ als Intro los. Die Finnen bleiben bei ihrem aktuellen Album „The Burning Cold“ und legen als ersten richtigen Song „Gods Go First“ nach. Als nächstes gibt es „Frontiers“ auf die Ohren, das sich über die Jahre zu einem Klassiker der Band entwickelt hat. Schon jetzt sind die OMNIUM-GATHERUM-Fans voll dabei, doch andere Besucher brauchen noch ein wenig mehr Animation. Diese gibt es in Form der Bühnenpräsenz, die die Finnen an den Tag legen. Bandchef Markus Vanhala, seines Zeichens Gitarrengott und Rampensau, haut ein rasantes Solo nach dem anderen raus, und Sänger Jukka Pelkonen hat immer einen flotten Spruch auf den Lippen. Außerdem wird er wieder seiner Rolle als König der Publikumsinteraktion gerecht und spricht gefühlt jeden Fan im Publikum einzeln an. Musikalisch überzeugen OMNIUM GATHERUM vor allem mit einigen weiteren alten und neuen Klassikern wie „Skyline“, „Be The Sky“ und „New Dynamic“. So steigern sie die Stimmung kontinuierlich, und das ROCKHARZ-Publikum lässt sie nur ungern gehen.
(Angela Infernale)
THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA
Galerie mit 20 Bildern: The Night Flight Orchestra - Rockharz 2019
Der Flug von THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA hat Verspätung. (Welch zarter Wortwitz). OMNIUM GATHERUM sind so kollegial und bespielen den Slot der Schweden, damit THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA um 16:15 loslegen können. Leider gibt es obendrauf nochmal 15 Minuten Verspätung. Besonders für Sänger Björn Strid wird es heute flott, denn kurze Zeit später wird er erneut mit SOILWORK auf der Bühne stehen.
16:30 Uhr: Endlich! Vorhang auf für THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA. Die Sonne gibt gerade ihr Bestes, und auch die Band hat eine unbeschreiblich starke Präsenz auf der Stage. In nur 35 Minuten bringen sie feinsten Classic Rock im Stil der 70er und 80er auf’s Parkett. „Living for the Nighttime“ und „Mysterious“ haben einen solchen Ohrwurmcharakter, dass selbst der hartgesottenste Metaller nicht drum rumkommt, zu tanzen und mitzusingen. Das tut das Publikum dann auch überall: tanzen, singen, Hände in die Luft heben, Biere heben. Auch Seifenblasen schweben lustig über das Publikum hinweg. Besonderer Eyecatcher sind die beiden Airline Annas, die immer wieder an der Prosecco Flasche nippen und auch Björn Strid vor dem Verdursten retten. Bei „West Ruth Ave“ bildet sich im Publikum eine Polonaise und hinten ein softer „Circle Pit“. Süß. Ein viel zu kurzer, aber unheimlich guter Auftritt.
(Julia Kenkmann)
KISSIN‘ DYNAMITE
Galerie mit 21 Bildern: Kissin' Dynamite - Rockharz 2019
KISSIN‘ DYNAMITE machen ihrem Namen heute alle Ehre und bringen eine besonders explosive Show auf die Bühne: Nicht nur, dass die Schwabenmetaller mit dem Opener „I’ve Got The Fire“ fulminant loslegen, sondern auch, dass sie ihn mit Pyros und Krachern unterfüttern. Das Publikum haben sie damit jedenfalls schnell auf ihrer Seite. Allerdings sind die Mannen um Sänger Hannes Braun auch agil auf den Bühnenbrettern unterwegs: Da gibt es viel Bewegung, effektive Posen, und im richtigen Moment dirigiert der blondierte Sänger die Menge durch die Lieder: „Habt ihr Bock auf eine Rock’n’Roll-Party?“ fragt er da und bekommt jubelnde Zustimmung. Da ist es dann keineswegs übertrieben, wenn der Sänger beim Track „I Will Be King“ mit rotsamtener Schleppe und Krone über die Bühne stolziert und auf einem Thron hinter dem Drumkit Platz nimmt. Die Show kommt an und macht dem Publikum sichtlich Laune, was nicht nur die Anwesenheit zahlreicher Crowdsurfer zeigt, sondern auch die aus vielen Kehlen mitgesungenen Hymnen vom Schlage „You’re Not Alone“.
(Eckart Maronde)
CALIBAN
Galerie mit 20 Bildern: Caliban - Rockharz 2019
CALIBAN fallen im Anschluss zwar ein bisschen aus dem stilistischen Rahmen des Rockharz Open Airs – vor allem in der 2019er-Auflage, in der Metalcore-Acts sonst rar gesät sind –, und trotzdem stehen zu Beginn des Sets eine Menge Leute erwartungsvoll vor der Dark Stage. Als die Essener ihre Show beginnen, ist dann auch klar, dass das Rockharz-Publikum durchaus Bock auf die Core-Band zwischendurch hat. Denn egal, was Sänger Andi Dörner vom Publikum verlangt, die Meute vor der Bühne gibt es ihm: Hüpfen, Circle Pit, Tanzen oder die Wall Of Death gleich relativ weit am Anfang des Sets. Was MR. IRISH BASTARD meinten, als sie eine „Circle Pit Wall Of Death“ verlangten, war unklar – bei CALIBAN beweist die Menge aber, dass es nicht an ihr gelegen hat. Hölle, das staubt! Das aber zurecht, denn die Herren Dörner, Görtz und Co. sind gut aufgelegt, wirken sympathisch und routiniert, bei aller Routine aber nicht langweilig. Die Musiker nutzen die ganze Bühne für sportliche Begleiteinlagen, und Songs wie „Intoxicated“, „This Is War“ oder „We Are The Many“ laufen ganz, ganz prima rein, zumal der Sound stimmt. Nur ein, zwei ältere Stücke lassen CALIBAN leider vermissen – schade!
(Stephan Möller)
SOILWORK
Galerie mit 20 Bildern: Soilwork - Rockharz 2019
Auf SOILWORK darf man heute besonders gespannt sein: Nicht nur, dass sie schon zweimal kurzfristig ihren Auftritt auf dem Rockharz absagen mussten, nein, jetzt heißt es zwei Gigs nach THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA: Stagetime, die Zweite, für Björn Strid. Von dem Tohuwabohu, dass THE NIGHT FLIGHT ORCHESTRA im Vorfeld ereilt hat, lässt sich Herr Strid nichts anmerken. Hier ist ein echter Profi am Werk. SOILWORK sind in Topform und geben richtig Kette. Mit „Arrival“ ballern die Schweden dem Harzer Publikum feinsten Melodic Death Metal aus Helsingborg um die Ohren und legen mit „Nerve“ gleich nach.
Leider lässt der Sound zu wünschen übrig. Aber das hält einen echten Fan nicht vom Feiern ab. Vor der Bühne bricht der erste Circle Pit los und eine Staubwolke vermischt sich mit den Mähnen einer moshenden und tobenden Crowd. Zum Schluss servieren SOILWORK noch „The Ride Majestic“, „Stabbing The Drama“ und das großartige „Stålfågel“. Mit lauten Kehlen und tosendem Applaus entlässt das Publikum SOILWORK in den Feierabend.
(Julia Kenkmann)
DRAGONFORCE
Galerie mit 22 Bildern: Dragonforce - Rockharz 2019
Während Schwarz natürlicherweise die dominierende „Farbe“ auf einem Metal-Festival wie dem Rockharz ist, mischt sich kurz vor Beginn des Auftritts von DRAGONFORCE auch so einiges an Rosa zwischen die homogene Masse. Es ist Zeit für Power Metal mit nicht gerade dezentem Kitschfaktor. Das Bühnenbild samt Drachenkopf, Geländer hinter den Drums und allerlei Effekten zeigt aber auch den eigenen Anspruch der Band. Hier wird definitiv versucht, dem einen oder anderen Headliner Konkurrenz zu machen. Die beiden Flitzefinger-Könige Herman Li und Sam Totman zeigen mit ihren Podesten außerdem, wer Chef im Ring ist. Schade allerdings, dass Lis Gitarre zu Beginn nicht wirklich gut zu hören ist. Nachdem sich der Meister kurz selbst des Problems angenommen hat, geht der Sound aber in Ordnung.
Die Fans fressen den Briten sowieso aus der Hand, was zahlreich gereckte Fäuste und vor allem eine nicht enden wollende Zahl Crowdsurfer beweisen. Sänger Marc Hudson, mittlerweile auch schon seit acht Jahren dabei, hat heute wohl einen Schalk gefrühstückt. Neben seiner hohen Kopfstimme fällt er durch überlange Ansagen auf, zu großen Teilen sogar auf Deutsch. Größtenteils kommen seine Albernheiten sehr gut an beim Publikum, abgesehen von der eher unklugen Aussage „Bier ist scheiße“, nachdem einige Fans offenbar mal wieder dachten, eine beliebte Formation aus Schweden stünde auf der Bühne. Aber nein, es ist dann doch die Drachenkraft aus Buxtehude (höhö!), die mit dem Klassiker „Through The Fire And Flames“ am Ende noch einmal richtig abräumen kann.
(Mirko Pidde)
HYPOCRISY
Galerie mit 20 Bildern: Hypocrisy - Rockharz 2019
So, nach Highspeed-Fiedelei von DRAGONFORCE ist es nun Zeit für eine Kapelle, die schon sehnsüchtig erwartet wird. Es erklingen Synthie-Klänge und auf der Bühne prangt ein Backdrop mit dem Totenschädel eines Aliens. Na, wer kann denn das wohl sein? Richtig, HYPOCRISY mit dem Faible für Ausserirdische! Die Band hat eine Pause von flotten vier Jahren eingelegt, ist aber seit Herbst letzten Jahres, sehr zur Freude der Metal-Gemeinde, zurück im Live-Business rund um den Globus. Glücklicherweise führt ihr Weg sie auch auf dem Rockharz vorbei, dessen Infield zum Auftritt der Schweden (und des Norwegers) gerammelt voll ist.
Das skandinavische Quartett um Mastermind Peter Tägtgren beginnt das Set atmosphärisch-fett mit „Fractured Millenium“. Fäuste und Pommesgabeln recken sich gen Himmel. HYPOCRISY präsentieren sich routiniert und agil auf der Bühne und das Publikum ebenso agil auf dem Acker. Vorne entstehen Moshpits und überall kreisen die Köpfe zu Liedchen wie „End Of Disclosure“, „Adjusting The Sun“, „Osculum Obscenum“ oder „Fire In The Sky“. Die Auswahl der Songs ist zwar wenig überraschend, stört aber keinen. Letztendlich wurde doch alles richtig gemacht und jeder ist froh, dass HYPOCRISY wieder da sind. Im Gegensatz dazu stört man sich aber am Gitarrensound. Anfangs kommt dieser nämlich massiv zu leise daher, bessert sich im Verlauf des Sets zwar, bleibt dennoch weit entfernt von geil. Nur die Rhythmusfraktion, Drummer Horgh und Bassist Mikael Hedlund, kommen klar aus den Boxen gedrückt. HYPOCRISY beschließen ihren dennoch großartigen Auftritt mit dem Fanliebling „Roswell 47“, der nochmal ordentlich lieb gehabt wird. So muss das!
(Jan-Philipp Merten)
SALTATIO MORTIS
Galerie mit 20 Bildern: Saltatio Mortis - Rockharz 2019
Offiziell belegen am heutigen Freitag DIMMU BORGIR den Headlinerslot – vorher jedoch machen die Mittelalter Rocker SALTATIO MORTIS klar, dass sie nicht vorhaben, den Norwegern kampflos die Bühne zu überlassen. Das Publikum hilft ihnen dabei und stapelt sich von der Bühne bis weit hinter die Soundtürme, fast bis zu den Fressständen. SALTATIO MORTIS wissen aber natürlich, wie man Massen begeistert, und zum Rockharz passen sie sowieso wie der Dudelsack unter den Arm … auch wenn unter dem Death- und Thrash-Metal-affineren Teil des Publikums Hohn à la „Die spielen doch bloß Schlager mit Tröten und Gitarren“ zu hören ist.
Egal, wer hier vor der Bühne steht, der will den eingängigen und hitverdächtigen Mittelalter Rock der Band – und das merkt die auch. Sänger Alea post und hüpft über die Bühne, und auch der Rest der Band hält sich in Sachen Posen nicht zurück – SALTATIO MORTIS haben Bock auf ihren Auftritt! Unterlegt wird das von einer massiven Pyroshow und einem knalligen Sound, der besser kaum sein könnte.
Das alles führt dazu, dass das Publikum der Band aus der Hand frisst. Als Alea vom Publikum fordert, dass es klatschen soll, bekommt er so ein Meer an Händen, und dass es hier so manchen gibt, der wirklich jede einzelne Textzeile von Songs wie „Wo sind die Clowns?“ oder „Große Träume“ mitsingen kann, haben wir noch gar nicht erwähnt. Sympathisch sind auch die Ansagen, die sich Alea und Schlagzeuger Lasterbalg teilen: Da geht es gegen übermäßigen Konsum, da geht es pro Europa, da geht es um mehr Mit- und weniger Gegeneinander. Schön – ebenso wie die Tatsache, dass das Publikum das auch so sieht.
Nur eins trübt den Auftritt ein wenig, nämlich dass die Karlsruher sich auf Songs ihrer letzten paar Alben beschränken. An Klassikern schafft es lediglich der „Spielmannsschwur“ in die Setlist, und die „Ohohos“ klingen noch lange über den Platz, auch nachdem SALTATIO MORTIS die Bühne schon zu den Klängen von DEICHKINDs „Remmidemmi“ verlassen haben. Ein „Prometheus“ zum Beispiel hätte sicher ähnliche Reaktionen hinterlassen – und den bösen Zungen etwas Einhalt geboten, die meinen, das DEICHKIND-Outro sei der beste Song gewesen.
(Stephan Möller)
DIMMU BORGIR
Galerie mit 19 Bildern: Dimmu Borgir - Rockharz 2019
Verglichen mit ihren eher mauen Auftritten vor ein paar Jahren werden die norwegischen Symphonic Black Metaller DIMMU BORGIR ihrem Headlinerstatus heute gerecht: Die Show wirkt massiver und durchdachter als in der Vergangenheit. Die Bühne ist in blaues Licht getaucht, als die Musiker nach einem dräuenden Intro die Szenerie betreten: Die Norweger nutzen die mittlerweile komplette Dunkelheit am Himmel komplett aus. Mit über die Köpfe gezogenen Kapuzen, mit gezielt eingesetzten Spoteffekten und vereinzelten CO2-Säulen, setzen die Norweger auf eine durchchoreografierte und düstere Bühnenshow. Spontanität ist offenkundig nicht das erste Gebot, denn erst nach dem zweiten Song „Interdimensional Summit“ kommt Bassist Victor Brandt das erste Mal in die erste Reihe, und die beiden Gitarristen Galder und Silenoz erklimmen die am Bühnenrand positionierten Podeste. Statt Publikumskontakt zu suchen, leiten Intros vom Band die einzelnen Stücke ein.
Was gut ankommt: Obwohl DIMMU BORGIR nach wie vor im weiteren Sinne zum Black Metal gezählt werden können, sind die Stücke häufig im moderaten Viervierteltakt gehalten, bei dem auch Headbanging möglich ist. Was erfreulich ist: Der Sound ist besser als bei den Bands, die zuvor auf der Rock Stage spielten, die Gitarren sind deutlicher zu vernehmen, und der Subwoofer-Bass fährt ordentlich durch die Glieder. Insgesamt ist der Auftritt kurzweilig, und zum Schluss wird es für alle noch einmal richtig warm: Bei „Kings Of The Carnival Creation“ werden zwei überdimensionale Feuerschalen entzündet und die Bühne damit stimmungsvoll illuminiert. Zum Schluss wendet sich Sänger Shagrath dann doch noch direkt an die Menge und fragt: „Do you wanna hear more norwegian black f***ing metal – yes, no?“ Aber sicher doch, denn ohne „Progenies Of The Great Apocalypse“ und „Mourning Palace“ will nicht nur Kollege Møller ungern den Weg zurück antreten. Da geht das Publikum noch einmal aus sich heraus und feuert die Band mit gereckten Fäusten und „Hoi“-Rufen an. Alles in allem liefern DIMMU BORGIR eine stimmungsvolle Headlinershow, die selbst auf einem wenig Black-Metal-affinen Festival wie dem Rockharz funktioniert.
(Eckart Maronde)
RUSSKAJA
Galerie mit 25 Bildern: Russkaja - Rockharz 2019
Nach den Düsterheimern von DIMMU BORGIR, die übrigens den Award für die beste Show des Festivals gewinnen sollten, wird nochmal der Partyknaller gezündet. RUSSKAJA aus Österreich, die ihrerseits heiße Anwärter für den Award für die beste Party sind, garantieren schon fast beste Stimmung. Die Band funktioniert eigentlich immer super, aber an diesem Rockharz-Freitag gefühlt noch ein klein wenig besser. Die Masse steht von der Bühne bis ganz nach hinten – und macht fast geschlossen mit zu Songs wie „Change“ oder „Druschba (You’re Not Alone)“. Das ist schon sehr beeindruckend anzuschauen. RUSSKAJAs Spielfreude und Bewegungsdrang überträgt sich scheinbar auf das Publikum und allen Anweisungen im gebrochenen Deutsch des sympathischen Front-Animateurs Georgij wird Folge geleistet. Das Fest gipfelt zunächst im gigantischen Circle Pit zu „Traktor“, der enorm zur „Kollektivgefühlbewusstseinserweiterung“, so Georgij, beiträgt. Die nächtliche Sportstunde wirbelt allerdings auch eine Menge Staub auf, die das Atmen wohl stark erschwert haben dürfte. Egal, das ist es wohl allemal wert. Beim Rausschmeißer „Energia“ wird nochmal alles gegeben und eine geile RUSSKAJA-Party geht viel zu schnell zu Ende.
(Jan-Philipp Merten)
HEIDEVOLK
Galerie mit 17 Bildern: Heidevolk - Rockharz 2019
Als letzte Band ist man vermutlich nicht allzu glücklich. Es sei denn, man tritt beim Rockharz auf, denn hier gelten andere Regeln. Ein Uhr in der Nacht? Für die ausdauernden Besucher keine Uhrzeit! Ob nüchtern, halb gefüllt oder voll – Rockharzler wollen Live-Musik. Und HEIDEVOLK danken es ihnen mit einer ebenso eifrigen Performance. In Kürze springen die Funken von Publikum auf Band und umgekehrt über und bilden eine optimalen Basis für eine tagesabschließende Sause. Es sind wieder die Rhythmusgitarren, die soundtechnisch etwas schwächeln, aber keinesfalls so schlimm, dass es die Stimmung dämpft. „Springt ihr mit uns?“ Welch eine Frage. HEIDEVOLK haben reichlich Energie mitgebracht, da kann die Frage, ob „jetzt ein bisschen Schlafzeit“ ist, nur ein Witz sein. Songs wie „A Wolf In My Heart“ entfesseln nicht nur das innere Biest, sondern auch etliche Reserven, um bei den zwei größten Hits noch richtig Bock zu haben: „Saksenland“ und „Vulgaris Magistralis“ haben HEIDEVOLK ans Ende ihrer Setlist gepackt – clever.
(André Gabriel)
Galerie mit 81 Bildern: Rockharz 2019 – Autogrammstunden Freitag ab 17 Uhr
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