Rockharz Open Air 2018
Der große Festivalbericht
Konzertbericht
Rockharz Open Air – Samstag, 07. Juli 2018
Galerie mit 54 Bildern: Rockharz 2018 - Autogrammstunden Samstag bis 16 Uhr
WALKING DEAD ON BROADWAY
Galerie mit 12 Bildern: Walking Dead On Broadway - Rockharz 2018
Früh am Morgen lässt es sich am Besten im Dreck spielen – fand ich zumindest als Kind so. Scheinbar auch einige feierwütige ROCKHARZ-Besucher, die das frisch gewässerte Infield in freudiger Erwartung auf saftigen Deathcore aufsuchen. Zunächst wird „Sleeping Titans“ jenen gewidmet, die besseres als Schlaf im Sinn hatten und einfach immer noch wach sind. Danach geht die Matsch-Party erst richtig los: Während WALKING DEAD ON BROADWAY technisch höchst achtbar holzen, gibt es den ersten Circle Pit – der in einer Rutschsause endet und einen nach dem anderen auf die Nase pfeffert. Macht aber nichts, denn nahezu jeder begibt sich auf in die nächste Runde … nur um dann wieder flach zu liegen. Da werden Kindheitserinnerung wach. Die gibt’s bei „Pitchblack“, „The Sinner“ oder „Death Pilgrim“ zwar nicht, dafür aber eine saftige Portion „Hallowach!“ in strahlendem Sonnenschein.
(Jan Wischkowski)
ERDLING
Galerie mit 13 Bildern: Erdling - Rockharz 2018
Das ROCKHARZ ist in vielerlei Hinsicht ein einzigartiges Festival. Unter anderem zeichnet es sich dadurch aus, dass das feierwütige Volk bereits bei den ersten Bands in Scharen kommt und ordentlich Stimmung macht. Nachdem WALKING DEAD ON BROADWAY die Rock Stage für den Samstag mit einem ordentlichen Abriss eingeweiht haben, wollen ERDLING selbiges mit der Dark Stage versuchen, und das Publikum steht dazu bereit.
„Mein Element“ und „Du bist Soldat“ bilden den Anfang eines kurzen, aber intensiven Sets mit allerlei Leckerbissen für Fans krachender Neuer Deutscher Härte. Bestes Beispiel dafür ist wohl die neue Single „Tieftaucher“, die besonders wegen ihrer verzerrten Elektro-Elemente bei den Fans zündet. Der Platz vor der Bühne wird indes immer voller, der Applaus immer lauter und die Stimmung der Leute immer besser. Obendrauf gibt es mit „Erdling“ einen weiteren neuen Song vom bald erscheinenden dritten Album „Dämon“, das sich nach diesem starken Auftritt mit Sicherheit wie geschnitten Brot verkaufen wird. Wer hier zur frühen Stunde noch im Camp gepennt hat, wird sich dank ERDLING wohl kräftig ärgern.
(Matthias Weise)
AHAB
Galerie mit 18 Bildern: Ahab - Rockharz 2018
Ich musste mich dann schon ein wenig am Kopf kratzen, als ich der Running Order entnommen habe, dass AHAB mittags um 12:30 spielen. Funeral Doom in der Mittagssonne? Okay, das wird eine Herausforderung für die Band, das trotzdem richtig rüberzubringen.
Gleich am Anfang zeigt sich schon, was man von der Truppe aus Heidelberg bestimmt nicht zu erwarten hat: eine opulente Show. Da kommen einfach vier Jungs auf die Bühne, winken kurz, und dann geht es ohne ein Intro direkt los. Das wäre hier aber auch völlig Fehl am Platze, da die überlangen Songs ohnehin immer über ein eigenes Intro verfügen. Der Gig beginnt mit fast schon psychedelischen Sounds und sanftem Klargesang, die einen aber bereits eintauchen lassen in die stürmische, gefährliche Welt des tobenden Ozeans, die stets den thematischen Rahmen der Werke von AHAB bildet. Man kann das Salzwasser fast schon schmecken, da bricht das Chaos los. Sänger Daniel Droste entfesselt mit infernalischem Gebrüll einen Sturm, der bald auch das Publikum erfasst.
Gerade in den ersten Reihen ist der Sound extrem druckvoll und basslastig, was aber perfekt zum langsamen, kraftvollen Doom Metal passt und die Bedrohlichkeit der massiven Gitarrenwände noch unterstreicht. Erfreulicherweise erweist sich das Rockharz-Publikum hier als wirklich geschmackssicher – auch eine eher spezielle Band wie AHAB muss keinesfalls vor leeren Reihen spielen. Vielmehr ist der Platz vor der Rock Stage gut mit Metalheads gefüllt, die den süddeutschen Seemännern mit Zeitlupen-Headbanging und geschlossenen Augen die Ehre erweisen. Ein extrem starker Auftritt!
(Mirko Pidde)
SERENITY
Galerie mit 15 Bildern: Serenity - Rockharz 2018
Die Sonne meint es nicht gut mit den Festivalbesuchern an diesem Tag. Sie brennt unbarmherzig aufs Festivalgelände, in Verbindung mit dem allgegenwärtigen Staub ausgesprochen lästig, zumal der Boden seit gefühlten Ewigkeiten kein Wasser mehr zu spüren bekommen hat. Dennoch bleiben die Festivalgänger hart und unbeugsam. Einige versammeln sich zu vergleichsweise früher Stunde vor der Dark Stage. Warum? Weil soeben SERENITY dort auftreten.
Und für eine Portion cheesy Power Metal kann man sich schon mal ins heiße Trocken wagen, speziell wenn allen voran Sänger Georg Neuhauser so gut gelaunt ist und der Sonne an Strahlkraft Konkurrenz macht. Dass die Band in der Folge mit ihrem Sound den Staub noch weiter aufwirbeln und das Publikum in Wallung versetzen würde, stört im Infield kaum jemanden, auch wenn einige der Zuschauer sichtbar im Energiesparmodus mitbangen. Angesichts der Wetterlage jedoch vollkommen nachvollziehbar.
(Michael Klaas)
SKYCLAD
Galerie mit 12 Bildern: Skyclad - Rockharz 2018
Gleich im Anschluss geht es mit SKYCLAD weiter – und wieder wirbelt eine Band in der trockenen Hitze den Staub gehörig auf und lässt die Tanzbeine schwingen. Aber wenn Sänger Kevin Ridley nunmal einen „Jig Pit“ verlangt, dann liefert das Rockharz-Publikum auch einen solchen. Scheinbar direkt aus dem Pub und auf die Bühne kommend, zaubern SKYCLAD mit ihrem durch britischen Folk infundierten Metal ein breites Grinsen in die Gesichter der gut gelaunten Masse.
Und dieses lässt sich natürlich jeden Song, den die Engländer ins Feld hineinhauen, mit Wonne ins Gebein fahren, sodass im Feld viel getanzt wird. Kein Wunder, die packenden Melodien, die sich aus dem wunderbaren Zusammenspiel des Gitarrenduos Steve Ramsey und Dave Pugh mit der Violinistin Georgina Biddle ergeben, krabbeln ja auch ohne Umwege in die Gehörgänge hinein und machen einfach nur einen Heidenspaß. So sehr tatsächlich, dass die 40 Minuten praktisch wie im Flug vergehen.
(Michael Klaas)
TROLLFEST
Galerie mit 25 Bildern: Trollfest - Rockharz 2018
Wer TROLLFEST nicht kennt oder gar nicht mag, ist selber Schuld. Trotz starker Konkurrenz sind die Norweger die wahrscheinlich bescheuerteste Band auf dem Rockharz. Schon die Luftballons, die an ihre Mikroständer gebunden sind, deuten den Abriss gepaart mit Kindergeburtstag an. Als die Band dann auf die Bühne kommt, ist natürlich auch sie reichlich mit Ballons geschmückt.
Zusammen mit den Safari-Outfits zum aktuellen Album „Helluva“ ein wahrhaft herrlicher Anblick. Nach dem Opener „Professor Otto“ gibt es „Brakebein“ zu dem sich die Musiker gegenseitig über die Bühne scheuchen. Etwas verfrüht bildet sich im Publikum dann eine Polonaise. Das ist bei TROLLFEST zwar normal, doch eigentlich erst bei „Solskinnsmedisin“, besser bekannt als der Cabana-Party-Song. Die Rockharz-Besucher legen aber schon beim BRITNEY SPEARS-Cover „Toxic“ los. Die offizielle Polonaise, angeführt von Bassist Lodd Bolt, stellt diese dann aber natürlich in den Schatten.
Sänger Trollmannen beschimpft das Publikum als zu gesittet und ruft zu mehr Chaos auf. Das hat seine Wirkung: Vom wirren Im-Kreis-Laufen bis hin zu einem gigantischen Ruderboot geht ab diesem Moment eigentlich alles. Den Tanz zu „Die Grosse Echsen“ haben nach einer kurzen Einführung auch alle drauf. So kann „Fitness mit TROLLFEST“ als voller Erfolg verbucht werden. Die erwähnte Polonaise schlängelt und verknotet sich dann übrigens derart, dass man am Ende überhaupt nicht mehr durchblickt. Damit könnten TROLLFEST die beste Party des Rockharz veranstaltet haben.
(Angela)
AVATARIUM
Galerie mit 21 Bildern: Avatarium - Rockharz 2018
Kontrastprogramm auf den beiden Bühnen: Gegen den Partyabriss der Gute-Laune-Truppe TROLLFEST haben es AVATARIUM natürlich schwer. Da gibt es keine vermeintlich schwierigen Dancemoves, keine Luftballons und keine Polonaisen. Die fünf Schweden um die charismatische Sängerin Jennie-Ann Smith stehen in erster Linie durch ihre Musik ein. Und mal ganz ehrlich: Der Doom-Hardrock mit Seventies-Schlagseite mag vielleicht nicht den Massengeschmack treffen, aber das Publikum, das für diese Show vor der Bühne steht, wird bestens unterhalten. Der Opener „Into The Fire / Into The Storm“ ist schwer eingängig, und Gitarrero Marcus Jidell ist nicht nur ein brillanter Musiker, sondern hat auch alle Rockstarposen drauf. Im wahrsten Sinne des Wortes zum Niederknien.
Frontlady Jennie-Ann Smith spielt bei jedem zweiten Song zusätzlich auf ihrer akustischen Gitarre: Dadurch wechseln bei den Songs auch die Stimmungen zwischen mitreißend und emotional. Aber egal, ob es jetzt zupackend oder ganz sanft zugeht: Die blonde Sängerin ist wie immer bestens bei Stimme und meistert jede Tonlage spielend. Mehr noch: Während der Staub über das Infield zieht und die Hitze langsam drückend wird, haben AVATARIUM ihr eigenes Mittel gegen den Hitzekoller dabei – mit ihren Songs beim Publikum Gänsehaut zu erzeugen. Nicht nur bei „Deep Well“ stehen die Härchen im Nacken und auf den Armen senkrecht. Somit brandet nicht erst beim abschließenden „Moonhorse“ lauter Jubel auf, den die Band dankbar aufnimmt.
(Eckart Maronde)
GLORYHAMMER
Galerie mit 18 Bildern: Gloryhammer - Rockharz 2018
Zum dritten Mal spielen die spacigen Power Metaller GLORYHAMMER auf dem Rockharz, und seit ihrem letzten Auftritt 2016 gibt es kein neues Album. Das hat den Nachteil, dass es heute natürlich nichts Neues zu hören gibt, gleichzeitig kennt aber nahezu jeder alle Songs, die GLORYHAMMER heute spielen, sodass es im Gegenzug auch keine Textprobleme gibt. Und so singt die Rockharz-Meute schon „Legend Of The Astral Hammer“ lautstark mit und bejubelt nicht weniger laut den Astro-Ork, der mit riesigem Plastik-Hammer auf die Bühne kommt – nur um von Sänger Thomas Winkler besiegt zu werden.
Anschließend bekennt der sympathische Schweizer im schottischen Asyl, er habe eine Quest für das Publikum: „I quest you to crowdsurf!“ Natürlich nicht ohne tieferen Sinn: Die Surfer sollen doch bitte vom Bierstand hinten Alkohol für die Band mitbringen. Die bekannten Showeinlagen sind alle vorhanden (Stichwort: „Drinking Contest“), und auch in Sachen Songauswahl fehlt eigentlich nichts. Das Augenmerk liegt auf Songs des zweiten Albums „Space 1992: Rise Of The Chaos Wizards“, aber auch das Debüt „Tales From The Kingdom Of Fife“ kommt mit „Angus McFife“ und „The Unicorn Invasion Of Dundee“ nicht zu kurz. Insgesamt ein schöner Auftritt der schottisch-schweizerischen Freundschaft – aber das nächste Mal dann vielleicht mit neuen Songs?
(Stephan Möller)
GOITZSCHE FRONT
Galerie mit 16 Bildern: Goitzsche Front - Rockharz 2018
Ein großer Pulk sammelt sich vor der Rock Stage. Und Rock wird es auch ordentlich geben, denn GOITZSCHE FRONT schlagen dort auf. Ein Intro wie für das Stadion gemacht schwört die Gemeinde eben noch ein, dann rockt es auch schon aus allen Rohren. Die GOITZSCHE FRONT kleckert eben nicht, sondern holzt mitten rein. Und entsprechend antwortet das Publikum auch mit enormer Beteiligung und in großer Zahl, fast headlinerverdächtig.
Das ist eben Deutschrock, der eindeutig aus dem Herzen und weniger aus dem Kopf heraus gespielt ist. Da wundert es kaum, dass die Hooks der Bitterfelder so sehr in der Menge resonieren. Ein paar Deutschrock-typische Textaussetzer gibt es natürlich, aber das gehört ja irgendwie dazu. Zeilen wie „Menschen machen Fehler weil sie eben Menschen sind“ muss man an dieser Stelle halt mit etwas Humor nehmen. Aber solange es, wie auch immer, Spaß macht, kann man GOITZSCHE FRONT einen gelungenen Auftritt attestieren.
(Michael Klaas)
EXODUS
Galerie mit 20 Bildern: Exodus - Rockharz 2018
„We are EXODUS from Bay Area, are you ready for violence?“ Wir sind metal.de von überall und, na klar, zertrümmert uns mal amtlich das Fressbrett! EXODUS zur verhältnismäßig frühen Stunde. Mal wieder zeigt sich das Rockharz von seiner qualitativ hochwertigen und abwechslungsreichen Seite, bedenkt man, dass die US-amerikanischen Thrasher auf vielen anderen Festivals locker Headliner wären. Das Jubiläum wird also gebührend gefeiert, auch wenn mal wieder klar wird, dass eine solche Kombo mindestens einen Hauch zu heftig für das hiesige Publikum ist. Alle anderen feiern die erfahrene Band mit gespreizten Fingern und gut geölten Kehlen. Echte Gewalt will selbstverständlich niemand, die Nackenmuskeln von einer musikalischen Säge bearbeitet bekommen, ist hingegen erwünscht. Dahingehend ein Kompliment an die Zuschauer: Auch wenn die Euphorie nicht immer gleich ist, Bock auf Metal ist eine stabile Konstante beim Rockharz.
Die unbarmherzige Punktgenauigkeit, mit der EXODUS diese Lust bedienen, ist schon bemerkenswert. Die Riffs sind appetitlich schnörkellos, der Sound ist satt und die Menge hungrig. Technisch präsentiert sich die Band rundherum versiert und die Vocals sind sehr präsent. Viele Lieder sind bekannt, und so ist es ein Leichtes, den Alltag zu Songs wie „A Lesson In Violence“ und „Bonded By Blood“ einfach mal durch positiv eskalierendes Headbangen wegzuschleudern. Imposant, wie die Menschen ohne Aufforderung in die Refrains einstimmen, das nennen wir feierungswürdiges Gemeinschaftsgefühl und Metal-Party! Denn, Zitat von EXODUS: „We are all bonded by blood forever“.
(André Gabriel)
CANNIBAL CORPSE
Galerie mit 17 Bildern: Cannibal Corpse - Rockharz 2018
Der Extrem-Metal-Anteil auf dem ROCKHARZ wurde in diesem Jahr etwas zurückgefahren, weswegen CANNIBAL CORPSE die brutalste Band im diesjährigen Billing sind. Und die Florida-Deather setzen erst einmal ganz auf die Macht der Songs: Ohne Intro oder Ansage geht es mit dem Titeltrack ihres aktuellen Albums „Red Before Black“ los. Das ist verdammt schnell und hart – und offenbar braucht das Publikum etwas, um sich an diese Extreme zu gewöhnen. Und dann steht da noch die wichtigste Frage im Raum: Ist der Mann mit dem grauen Bart wirklich Alex Webster? Aber keine Frage, denn wer sonst sollte mit seinen Fingern so flink über die Saiten des Basses flitzen?
Dann kommt der Midtempo-Groover „Evisceration Plague“, und spätestens bei diesem Song taut das Publikum auf und übt sich in verschärftem Headbangen. Vergleichsweise verschärft. Aber … da oben auf der Bühne steht der Mann ohne Hals, der Stiernacken des gepflegten Headbangens, der Mann mit dem Patent aufs Rotorbangen. Natürlich kommentiert George „Corpsegrinder“ Fisher die bisherigen Versuche betont selbstsicher: „Ihr glaubt also, dass Ihr wisst, wie man headbangt? Ich werde es euch zeigen … !“ Die anschließend gestoppten 35 Sekunden Dauerbangen (bitte zu Hause nicht nachmachen!) lassen im Publikum alle Dämme brechen, und es bildet sich ohne große Umschweife eine Wall Of Death, die in einen nicht mehr zu zähmenden Moshpit übergeht.
CANNIBAL CORPSE liefern derweil den Soundtrack der Zerstörung: „Kill Or Become“, „I Cum Blood“ (das „Corpsegrinder“ Fisher mit einer unzweideutigen Handbewegung ankündigt), „Make Them Suffer“. In einer seiner Ansagen erinnert der bullige Sänger zudem an den jüngst verstorbenen Brett Hoffmann, lange Jahre Sänger bei MALEVOLENT CREATION. Und auch „Stripped, Raped And Strangled“ weckt mit seinen markannten Gitarrenleads nostalgische Gefühle. Das ist allerdings noch nicht das Ende, denn die Florida-Deather verlassen die Bühne traditionell nicht, ohne diesen Song gespielt zu haben: „Hammer Smashed Face“. Klar dass der Song würdig mit Moshpit und Headbanging zelebriert wird und jedem Death-Metal-Fan ein fettes Grinsen aufs Gesicht zaubert.
(Eckart Maronde)
DIE APOKALYPTISCHEN REITER
Galerie mit 24 Bildern: Die Apokalyptischen Reiter - Rockharz 2018
„Wir sind zurück“, so heißt der erste Song im Set der APOKALYPTISCHEN REITER heute – und wie sie das sind! Der Song vom aktuellen Album „Der rote Reiter“ steht nicht nur für die Rückkehr der Band nach einer kleinen Schaffenspause, sondern heute Abend auch für eine Heimkehr zu ihrem „Stammfestival“. Bereits 2001 waren die REITER zu Gast auf dem ROCKHARZ, damals noch in Osterode bei der ersten Ausgabe mit überwiegender Metal-Ausrichtung. 2018 sind sie nun schon zum sechsten Mal dabei, irgendwie scheint es den Herren wohl im Harz zu gefallen.
Das fette Backdrop macht dann auch gleich schon deutlich, dass wir uns langsam in Richtung der Hauptslots des Abends bewegen. Es wird einiges aufgefahren, von der schicken Bühnendeko über brennende Keyboards bis zu schwarzen Luftballons, die ins Publikum geworfen werden. Naja, zumindest sollten sie das. Der Wind entscheidet sich aber, lieber die Backstagecrew damit zu beglücken und weht sie direkt in Richtung Flugzeughangar. Naja, soll ja vorkommen sowas, nicht wahr, J.B.O.?
Die Reitermaniacs machen trotzdem deutlich, dass sie auch beim sechsten Gastspiel ihrer Lieblinge noch lange nicht genug haben. Zu „Seemann“ gibt es dann passenderweise auch bereits das erste beeindruckende Händemeer, das von der Band in „Reitermania“ auch direkt noch für eine kleine Schlauchboottour genutzt wird. Bei der Mitsinghymne „Herz in Flammen“ fällt Sänger Fuchs dann sogar vor dem Publikum auf die Knie. Aber natürlich haben DIE APOKALYPTISCHEN REITER neben der folkigen noch eine ganz andere Seite: Auch die Death Metal Keule wird das eine oder andere Mal ausgepackt und sorgt sogar für einen amtlichen Pit inklusive Wall of Death. Respekt!
Obwohl der Fokus heute Abend klar auf dem aktuellen Langeisen liegt, bleiben dank eines abwechslungsreichen Sets, das einen guten Querschnitt durch die Bandgeschichte bietet, kaum Wünsche offen. Leider gilt dies nicht uneingeschränkt für den Sound, der häufig in alle Windrichtungen zerstreut wird, was sich auf einem Festival aber kaum vermeiden lässt.
(Mirko Pidde)
PARADISE LOST
Galerie mit 23 Bildern: Paradise Lost - Rockharz 2018
Den späten Nachmittag noch für das Viertelfinale zwischen England und Schweden vor dem Bildschirm verbracht, dürfen PARADISE LOST anschließend am frühen Abend auf die Bühne. Und was gibt es passenderes als teils doomigen Gothic Metal bei herrlichem Sonnenuntergang mit kühlem Bier? Zumindest die Rahmenbedingungen passen, und auch die Band um Gitarrist Greg Mackintosh scheint motiviert. Leider machen kleinere Verfehlungen im Sound und insbesondere die Tagesform von Nick Holmes einen mittelgroßen Strich durch die Rechnung. Natürlich sind Songs wie „Forever Failure“, „As I Die“ oder „Shadowkings“ unsterblich, und neues Material vom aktuellen „Medusa“ (u.a. „Blood And Chaos“, „From The Gallows“, „The Longest Winter“) keinesfalls von geringer Qualität, doch insgesamt hat die Band heute nicht den besten Tag erwischt. Wer PARADISE LOST kennt, weiß allerdings auch, dass die Band nicht immer den sicheren Weg geht und so sind mit „Mouth“ und „Rise Of Denial“ zwei Titel in der Setlist, die sie lange nicht gespielt haben und die somit eventuell nicht mehr hundertprozentig sitzen. So oder so zeigt sich das Publikum gnädig, geht bei sämtlichen Songs mit, spendet wohlwollenden Applaus und lässt PARADISE LOST den über viele Jahre verdienten Respekt zukommen. Als Belohnung gibt’s mit „Embers Fire“ einen weiteren Evergreen aus der umfassenden Klassikersammlung dieser charismatischen Band.
(Richard Mertens)
KNORKATOR
Galerie mit 20 Bildern: Knorkator - Rockharz 2018
Tja, bevor das diesjährige Rockharz Open Air seinen Höhepunkt erreicht, kommen KNORKATOR noch einmal und es scheint, als wollten sie das Festival in die Riege der betagten Herren aufnehmen. Denn kurz nach Betreten der Bühne, bei dem Stumpen noch ein KNORKATOR-typisches Geburstagsständchen zum 25. des Festivals singt, folgt auch schon der Gassenhauer „Alter Mann“ auf dem Fuße, der das Publikum gewohnt im Sturm erobert, aber auch ein bisschen sarkastisch platziert anmutet.
Aber Sensibilität braucht man bei KNORKATOR ja ohnehin nicht zu suchen. Und so hampelt Stumpen gewohnt kompetent über die Bühne, während er und Alf Ator über so wunderbar tiefsinnige Dinge wie die Abendtoilette, Narzismus und die Erfindung des 31. Buchstabens des deutschen Alphabetes singen. Als kleines Schmankerl holen die Herren Alf Ator und Stumpen noch ihre jeweiligen Kinder für ein Duett bei „Weg nach unten“ und „Böse“ vor das Mikrofon. Die Bitten nach Michael von IN EXTREMO, der einen Gastauftritt beim Rausschmeißer MANNTRA hat, bleiben jedoch unbeantwortet. Dank enormer Stimmung im Publikum dürfte das für die Band aber wohl verkraftbar gewesen sein.
(Michael Klaas)
IN FLAMES
Galerie mit 22 Bildern: In Flames - Rockharz 2018
Und dann ist es an der Zeit für den großen Headliner des Rockharz Open Air 2018: Die schwedischen Melodic-Death-Metal-Pioniere, mittlerweile aber eher im Modern Metal beheimateten IN FLAMES machen sich bereit. Vorher jedoch kommt der Veranstalter mit seinem Kernteam sowie einigen langjährigen, verdienten Mitarbeitern und Unterstützern des Festivals auf die Bühne, um ihnen – und vor allem dem Publikum – für 25 Jahre Rockharz zu danken. Die rund 15-minütige Dankesgala wirkt ehrlich und aufrichtig – eine schöne Geste.
Galerie mit 8 Bildern: Thank You 25 Years - Rockharz 2018
Dann aber genug der Worte – Musik soll folgen! Diese Aufgabe haben IN FLAMES, und mit dem neueren „My Sweet Shadow“ starten die Göteborger das Set stilecht, bevor sie mit „Pinball Map“ gleich einen alten Klassiker raushauen. Das ist symbolhaft für das heutige Set, denn obwohl IN FLAMES in erster Linie neuere Songs der letzten drei, vier Alben spielen, gibt es doch zwischendurch immer wieder ältere Knaller: Neben dem genannten „Pinball Map“ sind das zum Beispiel „Cloud Connected“ von „Reroute To Remain“, „Only For The Weak“ oder – mittlerweile wohl ein Klassiker – „Take This Life“. Aber auch die neueren Stücke kommen live ein ganzes Stück wuchtiger und härter, als auf den Alben, und so werden auch „The Truth“, „Alias“ oder das abschließende „The End“ zu echten Highlights.
Das liegt nicht nur an der überwältigenden Lichtshow der Band – Gerüchten zufolge soll hinter der Bühne alleine ein LKW nur fürs Licht stehen -, bei der mächtige Leinwände zum Einsatz kommen. Nein, auch Sänger Anders Fridén ist gut gelaunt und animiert sein Publikum immer wieder zum Mitmachen, zu Laolas, zum Mitsingen. Die Tatsache, dass es im Laufe des kompletten, 90-minüten Auftritts ganze zwei Ansagen gibt, und es sich trotzdem so anfühlt, als sei Anders den Fans über die ganze Show hinweg nahe, spricht schließlich Bände.
Nun fehlen natürlich ein paar ältere und sogar neuere Songs, denn in 90 Minuten lassen sich eben nicht all die Jahre IN FLAMES quetschen. „The Quiet Place“, oder einen der Hits von „Colony“ zum Beispiel hätte es noch sein dürfen. Trotzdem ist dieser Auftritt ein würdiger Abschluss-Headliner für das 25-jährige Jubiläum des Rockharz‘, nach dem viele, viele zufriedene Gesichter zu beobachten sind, die entweder zurück in Richtung Campground, in Richtung Bierbuden oder in Richtung Dark Stage pilgern. Schönes Ding!
(Stephan Möller)
MANNTRA
Galerie mit 17 Bildern: Manntra - Rockharz 2018
Eine Band steht noch aus, dann ist das diesjährige Rockharz leider schon wieder vorbei. MANNTRA bildet einen überaus exotischen Abschluss, was nicht zuletzt an ihrer kroatischen Herkunft liegt. Den Exotenstatus oder gar die gesamte Band aber lediglich auf die Heimat der Band zu reduzieren, wäre fatal, denn auch die stilistische Mischung aus Folk Rock und Industrial Metal mit zahlreichen elektronischen Untermalungen sowie live gespielten Bagpipes lässt aufhorchen. Zwar sind die meisten Songs ähnlich gestrickt, doch das Energielevel passt in jedem Fall. Und auch wenn die größtenteils in kroatischer Sprache gehaltenen Texte den verbliebenden Anwesenden kaum verständlich sein dürften, schwingen diese ein letztes Mal das Tanzbein. Zudem halten MANNTRA beim Titelsong vom letzten Album „Meridian“ eine weitere Überraschung bereit: Mit Michael Rhein von IN EXTREMO konnte ein auf dem Rockharz gern gesehener Gastsänger gewonnen werden, der extra für den Auftritt von MANNTRA angereist ist. Ehrensache also, dass der Musiker die Band auch noch bei einem weiteren Song an der Gitarre begleitet. Tolle Geste und ein würdiger Zieleinlauf des diesjährigen Rockharz‘.
(Richard Mertens)
Galerie mit 89 Bildern: Rockharz 2018 - Autogrammstunden Samstag ab 16 Uhr
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