Rock Of Ages
Der große Festivalbericht 2013

Konzertbericht

Billing: Avantasia, Doro, Krokus, Leningrad Cowboys, Maiden United, Mother's Finest, Pink Cream 69, Razzmattazz, Subsignal, Subway To Sally, Tri State Corner und Victory
Konzert vom 2013-07-26 | Festplatz, Rottenburg-Seebronn

KROKUS (18:15 – 19:30)

Galerie mit 23 Bildern: Krokus - Rock Of Ages 2013

Dass sie noch lange nicht zum alten Eisen gehören, beweisen KROKUS mit einer Bewegungsfreude, die auch deutlich jüngeren Acts gut zu Gesicht stünde. Sänger Marc Storace übertreibt es direkt zu Anfang sogar soweit, dass er sich unversehens auf dem Hosenboden wiederfindet, überspielt diesen Lapsus aber gekonnt und ist schneller wieder auf den Beinen als die meisten Fotografen im Bühnengraben ihn ins Visier nehmen können. Natürlich waren die Eidgenossen schon immer das totale Gegenteil von originell, Spaß macht ihre Interpretation des Aussie-Pubrocks aber dennoch. Die stilistische Lücke zu den bekannten Vorbildern fällt so klein aus, dass sich das AC/DC-Cover „TNT“ so harmonisch in die Setlist einfügt, als wäre es eine Eigenkomposition. Wer sich daran nicht stört und einfach die Show genießt, wird hier bestens unterhalten, zumal die Temperaturen sich langsam auf ein erträgliches Niveau einpendeln, das sogar wieder ein Mindestmaß an Bewegung im Zuschauerraum erlaubt.

 

DORO (19:45 – 21:00)

Galerie mit 19 Bildern: Doro - Rock Of Ages 2013

Überraschungen hat auch die deutsche Metal-Queen Doro Pesch nicht im Gepäck. Die Setlist ist gespickt mit Klassikern („I Rule The Ruins“, „Burning The Witches“, „Night Of The Warlock“), mit „Rock Til Death“, „Hero“ und „Raise Your Fist In The Air“ wird aber auch das aktuelle „Raise Your Fist“-Album ausreichend gewürdigt. Die große Beliebtheit beim Publikum hat sie aber sicherlich auch ihrer authentischen und sympathischen Art zu verdanken. Da mögen die Ansagen noch so unbeholfen formuliert wirken, sie kommen definitiv von Herzen und sind mehr als nur heruntergebetete Floskeln. Man glaubt DORO aufs Wort, dass die Fans ihre Familie und ihr unendlich wichtig sind. Diese haben ihren Spaß und veredeln Stücke wie die obligatorische Ballade „Für Immer“ mit lauten Mitsing-Chören. Am Ende gibt’s dann noch das altbekannte JUDAS-PRIEST-Cover „Breaking The Law“ und den obligatorischen Rausschmeißer „All We Are“. Im Grunde weiß man bei DORO also schon vorher sehr genau, was man geboten bekommt und darf sich doch immer wieder aufs Neue darauf freuen.

 

AVANTASIA (21:20 – 23:50)

Mit der Verpflichtung von AVANTASIA für das diesjährige „Rock Of Ages“ ist Horst Franz ein ganz großer Coup gelungen. Das jüngste Album von Tobias Sammets Metal-Oper-Projekt konnte viel Lob einheimsen und macht die Formation auch live zu einem gefragten Top-Act. Mit zweieinhalb Stunden ist die Spielzeit für einen Festival-Auftritt ungewöhnlich lang und doch merklich kürzer als bei der vergangenen Hallentour. Der Spannungsbogen, den AVANTASIA über den gesamten Auftritt spannen, erweist sich dennoch als erfreulich tragfähig. Ronnie Atkins (PRETTY MAIDS) kann heute leider genauso wenig dabei sein wie Oliver Hartmann, letzterer wird von Arne Wiegand vertreten, der seinen Job sehr ordentlich macht. Die Kern-Mannschaft um Tobi Sammet, dessen EDGUY-Kollegen Felix Bohnke (Drums), Gitarrist und Produzentenlegend Sascha Paeth, Keyboarder Miro, Bassist André Neygenfind ist heute aber natürlich genauso dabei wie die restliche Sängerriege: Amanda Somerville, Michael Kiske (ex-HELLOWEEN, UNISONIC), Bob Catley (MAGNUM), Eric Martin (MR. BIG) und Thomas Rettke (HEAVEN’S GATE). Im Rahmen der veränderten Setlist übernehmen sie alle dieselben Aufgaben wie bei der Hallentour und machen ihren Job dabei ausgesprochen gut. Vor allem aber haben die Musiker sichtlich Spaß miteinander und so findet auch Tobi Sammets gewohnt loses Mundwerk wieder willige Opfer, die den freundlichen Spott ihres Bandleaders grinsend über sich ergehen lassen.

Galerie mit 32 Bildern: Avantasia - Rock Of Ages 2013

Mit einigen Anspielungen auf das gehobene Altersniveau des „Rock Of Ages“ („Ich muss mich korrigieren: Es sind nicht nur alte Herren hier, sondern auch alte Damen…“) schrammt Sammet mehrmals knapp an einem ahndungswürdigen Foul vorbei, seine sympathische Art lässt die Zuschauer die Sticheleien aber genauso verstehen, wie sie gemeint sind: Als harmlose, augenzwinkernde Witzeleien. So herrscht vom Opener „Spectres“ an beste Stimmung und als Bob Catley bei „The Story Ain’t Over“ erstmals die Bühne betritt, wird er schon laut bejubelt, bevor er überhaupt zu seinen exaltiert den eigenen Gesang unterstreichenden Armbewegungen ansetzen kann. Und natürlich ernten auch Tony Martin und Michael Kiske nicht weniger Beifall. Letzterer freut sich diebisch über ein kleines Geschenkpäckchen, das ein Fan auf die Bühne wirft und beginnt sogleich mit dem Auspacken und Verlesen des beiliegenden Briefes. Besondere Freude bereitet der Band offensichtlich ein (hoffentlich noch unbenutztes) Kondom, Tobi Sammet verbreitet später via Twitter hingegen ein Bild seines neuen Bayern-München-Schweißbands.

Die Setlist bietet Material aus allen Band-Phasen, vom Uralt-Power-Metal-Kracher „Reach Out For The Light“ über die poppig-Single „Lost In Space“ bis hin zum aktuellen „Savior In The Clockwork“. Während sich am Horizont hinter der Bühne schwarze Wolken zu türmen beginnen und erste Blitze über den Himmel zucken, beschließt „Dying For An Angel“ den eigentlichen Set, daran schließt sich der Zugabenblock mit „Farewell“, „Avantasia“ und „Sign Of The Cross“ an. Bei letzterem  lässt es sich Tobi auch nicht nehmen, die Band in epischer Breite vorzustellen. Dafür kennen wir ihn, dafür lieben wir ihn, auch wenn manchen das viele Gelaber des Frontkaspers auf die Nerven gehen mag. Doch so ist er eben, der Tobi Sammet, und seien wir mal ehrlich: Wäre er anders, so würden uns AVANTASIA mit Sicherheit nicht halb so viel Freude bereiten.

 

Fazit

Rock Of Ages

Als Familienveranstaltung unterscheidet sich das „Rock Of Ages“ bewusst von typischen Metalfestivals. Die Bandauswahl ließ es zwar in diesem Jahr bereits recht nahe an das Schwesterfestival „Bang Your Head!!!“ heranrücken, für die Zukunft hat Horst Franz aber bereits eine klarere stilistische Trennung angekündigt. Doch gerade weil hier vor softeren Rockklängen nicht zurückgeschreckt wird, kann der aufgeschlossene Metaller hier auch manch interessantes neu entdecken. Die entspannte Atmosphäre lässt das Drumherum eher als gemütliches Beisammensein erscheinen denn als wilde Party. Das dürften sicherlich nicht nur ältere Semester als recht angenehm empfinden und sich hier dementsprechend wohlfühlen. Lediglich das eher hohe Preisniveau und das lästige Bonsystem trüben den rundum positiven Eindruck ein wenig. Aber darüber lässt sich angesichts des großartigen musikalischen Programms hinwegsehen, neben den brillanten Auftritten von AVANTASIA und dem ALAN PARSONS LIVE PROJECT bewiesen auch SUBWAY TO SALLY Headliner-Niveau. Die Party-Wertung gewannen hingegen eindeutig die LENINGRAD COWBOYS vor MAIDEN UNITED, während sich TRI STATE CORNER als hoffnungsvollster Newcomer empfahlen.

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09.08.2013

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