Rock Of Ages
Der große Festivalbericht 2013

Konzertbericht

Billing: Avantasia, Doro, Krokus, Leningrad Cowboys, Maiden United, Mother's Finest, Pink Cream 69, Razzmattazz, Subsignal, Subway To Sally, Tri State Corner und Victory
Konzert vom 2013-07-26 | Festplatz, Rottenburg-Seebronn

 

Freitag, 26.07.2013

 

VICTORY (17:00 – 18:00)

Galerie mit 7 Bildern: Victory - Rock Of Ages 2013

Zwei Wochen zuvor durfte Gitarrist Herman Frank noch mit ACCEPT als Headliner auftrumpfen, heute kommen ihm und seiner Zweit-Band VICTORY der Opener-Slot zu. Das Quintett macht seine Sache gut, und da kurz zuvor ein leichter Regenschauer für Abkühlung gesorgt hat, sind auch die Temperaturen auf ein erträgliches Maß zurückgegangen. So ist es am frühen Freitagabend bereits recht voll auf dem Gelände, in dessen hinterem Bereich sich eine Picknick-Decke an die nächste reiht. Während Herman Frank sich betont lässig im Hintergrund hält, ist es an Sänger Jioti Parcharidis, das Publikum zum Mitmachen zu bewegen. Und obwohl der VICTORY-Sound sicherlich im Jahr 2013 keine Innovationspreise mehr gewinnen wird, erweisen sich die Hanoveraner doch als würdiger Festival-Opener.

 

PINK CREAM 69 (18:10 – 19:10)

Galerie mit 20 Bildern: Pink Cream 69 - Rock Of Ages 2013

Für mich sind PINK CREAM 69 noch immer ein heißer Anwärter auf den „Bescheuertster Bandname Ever“-Award. Doch davon einmal abgesehen wissen sie mit ihrem melodischen Hard-Rock-Sound zu gefallen. Neu-Drummer Chris Schmidt hat inzwischen seinen Platz im Bandgefüge gefunden und legt einen präzisen Takt vor, Zentrum der Aufmerksamkeit ist hingegen eindeutig Frontmann David Readman. Dessen Stimme ist es auch, die den Pinkies am meisten Individualität verleiht. Die ganz großen Höhepunkte fehlen in diesem Set, man fühlt sich rundum gut unterhalten, ohne dass man hinterher genau sagen könnte, warum. So ernten PINK CREAM 69 wohlwollenden Applaus von einem Publikum, das sich rasch der nächsten Band widmet.

 

LENINGRAD COWBOYS (19:25 – 20:40)

Was als Witz des finnischen Regisseurs Aki Kaurismäki auf Kosten der im Untergang begriffenen Sowjetunion seinen Anfang nahm, hat sich zu einem rundum unterhaltsamen live-Erlebnis gemausert. Die LENINGRAD COWBOYS haben seit dem grandiosen Film „Leningrad Cowboys Go America“ ein Eigenleben entwickelt, mit dem ihr Schöpfer niemals gerechnet haben dürfte. Heute dürfen die durchgeknallten Spitzschuh-Träger mit den überdimensionierten Rockabilly-Tollen Seebronn zum Ausrasten bringen und legen mit  dem BEATLES-Cover „Back In The USSR“ gleich amtlich los. Überhaupt wird der Gig erwartungsgemäß von zahlreichen Cover-Versionen dominiert, was den Mitsing- und Party-Faktor exponentiell in die Höhe treibt. Zu sehen gibt es bei dreizehn Bandmitgliedern (inklusive zweier Background-Sänger-/Tänzerinnen) auch immer genug, das kollektive Chaos scheint zu regieren und sorgt für große Unterhaltung.

Galerie mit 33 Bildern: Leningrad Cowboys - Rock Of Ages 2013

Da sieht das Publikum auch gerne darüber hinweg, dass das Zusammenspiel nicht immer ganz so tight zu funktionieren scheint und sich die ein oder andere technische Schludrigkeit nicht verbergen lässt. In dieser Hinsicht sind die LENINGRAD COWBOYS eben Punkrock durch und durch. Und wenn die Menge Evergreens wie „Ring Of Fire“ (Johnny Cash), „Delilah“ (Tom Jones), „Let There Be Rock“ (AC/DC) oder „Gimme All Your Lovin'“ (ZZ TOP) lautstark mitsingt, interessiert sich keiner für irgendwelche rhythmischen Unsauberkeiten oder schrägen Zwischentöne. Natürlich findet der Gig seinen Abschluss im grandiosen „Those Were The Days“, das die Band längst vom Mary-Hopkin-Cover zum eigenen Trademark-Track befördert hat. Dass die Truppe dann aber nach Ablauf der eigentlichen Spielzeit noch einmal zurück auf die Bühne kehren darf und STEPPENWOLFs „Born To Be Wild“, sowie THE OFFSPRINGs „Pretty Fly (For A White Guy)“ zum Besten gibt, überrascht dann doch. Was soll denn nun aus dem Zeitplan werden?

 

SUBWAY TO SALLY (21:15 – 22:20)

Der Zeitplan ist im Arsch und den Grund dafür dürfen SUBWAY TO SALLY der Menge leicht zerknirscht näherbringen: Der LKW mit dem Equipment der Mittelalter-Rocker ist in Slowenien liegengeblieben und Ersatz für Drehleier, Dudelsäcke und Co. auf die Schnelle nicht zu bekommen. Dass der Auftritt mit nur einer halben Stunde Verzögerung über die Bühne gehen kann, grenzt somit an ein Wunder und bringt Band und Crew hinter den Kulissen ordentlich ins Schwitzen. Die Erleichterung ist den Musikern anzumerken und entlädt sich in einer überragenden Live-Performance. So energiegeladen und spielfreudig habe ich die Potsdamer schon lange nicht mehr gesehen. Gleich zu Beginn gibt es „Das Schwarze Meer“ inklusive einer kurzen Crowdsurfing-Einlage von Frontmann Eric Fish. Es folgen nahtlos ineinander übergehend „Henkersbraut“, „Falscher Heiland“ und „Das Rätsel 2“ – alle drei von einer begeisterten Menge lautstark mitgesungen.

Galerie mit 49 Bildern: Subway To Sally - Rock Of Ages 2013

Die Ansagen fallen heute extrakurz aus, vermutlich will die Band versuchen, wenigstens einen Teil der verlorenen Zeit wieder reinzuholen. Doch da sich Alan Parsons bereiterklärt, etwas später anzufangen und Horst Franz persönlich verkündet, etwaige Konsequenzen beim Verstoß gegen den Zapfenstreich um Mitternacht auf sich zu nehmen, kommen die Zuschauer in den vollen Genuss der SUBWAY-TO-SALLY-Show, die durch die zumeist nahtlose Aneinanderreihung von Hit an Hit extrem verdichtet und dadurch umso intensiver wirkt. Natürlich dürfen auch die meterhohen Gasflammen und andere Pyro-Effekte nicht fehlen und natürlich gibt es zum Abschluss das unvermeidliche „Julia und die Räuber“. Doch bevor die „Räuber saufen Blut“-Chöre übers Gelände schallen, kündigt Eric Fish angesichts eines aus Sicherheitsgründen aktuell diskutierten Verbots von Circle-Pits den „möglicherweise letzten seiner Art“ an. Dabei ist ein solches Verbot natürlich vollkommen unnötig, so lange alle Beteiligten sich den wichtigen Unfallvermeidungshinweis zu Herzen nehmen, den der SUBWAY-Frontmann stimmgewaltig in die Menge trägt: „Besser du rennst!“

 

ALAN PARSONS LIVE PROJECT (22:55 – 00:30)

Seine großen Hits kennt wohl nahezu jeder, dennoch dürften viele sie nicht auf Anhieb mit dem in jeglicher Hinsicht großen Alan Parsons in Verbindung bringen. Doch das braucht den Mann, der als Toningenieur in der Londoner „Abbey Road“ an Alben wie PINK FLOYDs „Dark Side Of The Moon“ oder den BEATLES-Klassikern „Let It Be“ und „Abbey Road“ mitwirkte, nicht zu grämen. Seit der Trennung von seinem (2009 leider verstorbenen) kongenialen Songwriting-Partner Eric Woolfson zieht es den Studio-Tüftler auch auf die Bühne, wo er sich dennoch die meiste Zeit über an Rhythmus-Gitarre und Keyboard eher im Hintergrund hält. Trotzdem ist die angenehm dezent gehaltene Show äußerst sehenswert. Eine schicke Lichtshow und sichtlich engagierte Musiker umgeben den Bandleader, der auf seinem Podest wie ein majestätischer und doch unnahbarer Fels in der Brandung das Geschehen überblickt. Sein einmaliger Ausflug auf den ins Publikum ragenden Bühnensteg fällt recht kurz aus, so obliegt die Kommunikation mit der Menge die meiste Zeit über dem charismatischen Sänger Kip Winger.

Galerie mit 27 Bildern: Alan Parsons Live Project - Rock Of Ages 2013

Doch natürlich geht es bei einer Prog-Institution wie dem ALAN PARSONS LIVE PROJECT in erster Linie um die Musik – und die ist einfach fantastisch! Trotz der Open-Air-Situation ist der Sound geradezu brilliant und bringt die unzähligen kleinen Details, mit denen die einzelnen Stücke immer wieder aufgepeppt werden, voll zur Geltung. So macht schon der Einstieg mit „May Be A Price To Pay“, „Don’t Answer Me“ und „Damned If I Do“ mächtig Eindruck. Immer wieder gönnt Alan Parsons seinen Mitstreitern ihre kleinen Solo-Spots, sei es nun Saxophonist Todd Cooper oder Bassist Guy Erez, ohne dessen geschmackssicheres Solo „I Wouldn’t Wanne Be Like You“ nur halb so viel Spaß machen würde. Neben Kip Winger und Parsons selbst erweisen sich auch der erwähnte Todd Cooper und Lead-Gitarrist Alastair Greene als starke Vokalakrobaten, so dass man immer wieder vierstimmige Chöre geboten bekommt, die einem jenes wohlige Kribbeln auf der Haut bescheren, das mit dem Begriff „Gänsehaut“ nur sehr unzureichend beschrieben werden kann.

Die Zeit vergeht wie im Fluge und insbesondere der Megahit „The Raven“ wird beinahe sträflich kurz angerissen. Doch als Entschädigung wartet bereits der fünfteilige Longtrack „The Turn Of A Friendly Card“, der als absoluter Höhepunkt des Abends eine besondere Ankündigung verdient: „Forget the three-minute-download, here is the real thing!“ Und auch wenn es nicht mehr besser werden kann, hat sich der Hit-Vorrat doch noch lange nicht erschöpft. Mit „Lucifer“ kommt jenes Instrumental-Stück zum Zuge, das sich den meisten Leuten hierzulande als Titelmelodie der WDR-Sendung „Monitor“ ins Hirn gebrannt haben dürfte. Das zweite wichtige Instrumental – „Sirius“ – leitet in das große Finale „Eye In The Sky“ über, an das sich ein Zugabenblock mit „(The System Of) Dr. Tarr And Professor Fether“, „Old And Wise“ und „Games People Play“ anschließt. Dann ist leider auch schon Schluss und angesichts des begeisterten Applauses und der verzückten Gesichter allenthalben scheine ich nicht der einzige zu sein, der dem ALAN PARSONS LIVE PROJECT gerne noch eine weitere Stunde gelauscht hätte – und dann noch eine…

 

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09.08.2013

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