Rock'n'Heim
Festivalbericht vom Rock'n'Heim 2014

Konzertbericht

Konzert vom | Hockenheimring, Hockenheim

Dritter Festivaltag, Sonntag 17.08.2014

Heute kündigt sich Sonnenschein an, das ist auch bitter nötig, um die müden Knochen munter zu kriegen. Endspurt ist angesagt und so finden sich schon gegen 14 Uhr sehr viele Besucher auf dem Gelände ein. Es herrscht eine friedliche und sehr angenehme Stimmung. Das war übrigens über die kompletten drei Tage so, keinerlei Aggressionen, keine Wildpinkler und ausschließlich höfliche und feierwütige Menschen.

CAGE THE ELEPHANT 15:20-16:05 Evolution Stage
CAGE THE ELEPHANT sind nicht unbedingt die Band, die in Metalkreisen in aller Munde sind, dabei machen die Amerikaner rund um Sänger Matt Shultz sehr genialen Rock und haben eine beeindruckende Bühnenpräsenz. Dass CAGE THE ELEPHANT auf dem Rock’n’Heim auftreten ist ein angenehme Überraschung und auch die Spielzeit ist ganz ordentlich, der Slot eher weniger. Das Publikum ist nicht besonders zahlreich erschienen, was für den Sänger von CAGE THE ELEPHANT aber kein Hindernis ist, seine Show professionell durchzuziehen. Ambitioniert und energiegeladen wirbelt er über die Bühne und als er seinen ersten Sprung in die Menge wagt, wandelt sich das staunende Publikum zu einem begeisterten. Umgehend hat er die Rock’n’Heimer im Sack, die zu den eingängigen Songs ab da an gut mitgehen. „Spiderhead“ oder „Come A Little Closer“ sind einfach nur perfekt und Matt erinnert an eine Mischung Jagger und Bowie – das ist wahrer Rock, was hier geboten wird. Als CAGE THE ELEPHANT zum Ende ihren Kracher „Shake Me Down“ auspacken, stellen sich nicht nur bei mir die Nackenhaare auf, eine großartige Band. Aber ehrlich gesagt, war das nach dem Motto „Perlen vor die Säue“ geworfen und CAGE THE ELEPHANT hätten besser platziert werden müssen. Ein furioser Auftrakt für den Sonntag!

Galerie mit 12 Bildern: Cage The Elephant - Rock'n'Heim 2014 - The Return To Rock'n'Heim

A DAY TO REMEMBER 16:30-17:15 Evolution Stage
Der Fünfer aus Florida ist garantiert der am heißesten erwartete Act, wenn man nur rein nach den Facebook-Einträgen auf der Rock’n’Heim-Seite geht. Der Mix aus poppigen eingängigen Refrains und harter Schreierei, kommt gut an bei den Fans. Aber was ist bitte heute und hier auf der Evolution Stage los? Die Fans rasten unmenschlich aus, schon bevor A DAY TO REMEMBER ihre bunte Konfettikanone – die es wahrlich nicht benötigt hätte, um gute Stimmung zu haben – knallt. So eine feiernde Menge, habe ich schon lange nicht mehr gesehen und die Fans von A DAY TO REMEMBER stecken die BROILERS-Fans  von gestern doppelt und dreifach in den Sack, noch bevor der letzte Ton von „All I Want“ erklungen ist. Auch die Band selbst scheint angenehm überrascht zu sein und ist scheinbar sogar irritiert, wie gut die Fans vorbereitet sind. „Oh mein Gott, die haben sogar Pyros dabei“ ruft der Gitarrist verblüfft. Die Security ist nicht so ganz schnell am Ort des Geschehen, so dass sich noch eine zeitlang ein buntes, rauchendes Spektakel bietet. Großes Lob an die Fans, die wichtigste Zutat eines Festivals – ihr habt den Ring bei A DAY TO REMEMBER standesgemäß gerockt, so muss das sein bei einem Festival! Die Spielzeit war auf jeden Fall viel zu kurz.

Galerie mit 14 Bildern: A Day To Remember - Rock'n'Heim 2014 - The Return To Rock'n'Heim

EGOTRONIC Revolution Stage
Bei EGOTRONIC nebenan geht es war nicht so rüde ab, aber auch hier herrscht richtig nette Festivalatmosphäre. Der Platz vor der Revolution Stage ist auch irgendwie einladender gestaltet. Hier gibt es auch den Stand mit dem besten Festivalessen – Maultaschenburger und Veggieburger für je fünf Euro. Schön, dass man immer wieder noch vollwertiges und leckeres Essen auf einem Festival findet. EGOTRONIC zeigen uns den bunten Mittelfinger und steigen mit „Die Natur Ist Dein Feind“ ein. Viel mehr Show gibt es nicht, aber damit heben sich die Elektro-Punker schon deutlich ab. Denn über die drei Tage kristallisierte sich heraus, dass relativ wenige Bands richtig Show mit Licht, Knall und Bums machen. Lediglich OUTKAST ließen die Puppen richtig tanzen, so wurde noch tagelang von anderen Journalisten geschwärmt. EGOTRONIC haben also „eine kleine Show“ und vor allem Bass im Gepäck. Schon relativ früh gibt es „Raven Gegen Deutschland“ auf die Ohren und die Menge tanzt sich schon langsam warm. Der Sänger von FRITTENBUDE gesellt sich zu einem Duett dazu, die Band ist ebenfalls im Billing des Rock’n’Heim, sodass die Gelegenheit sofort genutzt wird.

IMAGINE DRAGONS 17:45-18:45 Evolution Stage
In ihrer Heimat schon lange Superstars und in Deutschland Dauergast im Radio – das sind IMAGINE DRAGONS. Letzteres ist für viele ein Grund sich per se nicht mit der Band zu beschäftigen, live konnten mich die Musiker aus Las Vegas schon 2013 bei Rock Am Ring überzeugen. Der Platz ist sehr gut gefüllt und die Fans hoffen sicher, in der folgenden Stunde mit Hits nur so beworfen zu werden. IMAGINE DRAGONS lassen es aber langsam angehen und ziehen erst einige Semi-Kracher wie „Tip Toe“ aus dem Ärmel. Zum Feiern reicht das allemal und im Publikum herrscht gute Bewegung. Leider trommeln sich IMAGINE DRAGONS irgendwie dröge ein und tun genau das, was man in ihrem Stadium besser nicht machen sollte. Wenn man Hits zu bieten hat, dann sollte man sie nämlich auch spielen. Allerdings wirkt es eher, als ob sich IMAGINE DRAGONS genau hier und jetzt als ernstzunehmende Band etablieren wollen. Einige scheint das nicht zu stören und wir beobachten sich seltsam windende Frauenkörper, die zu IMAGINE DRAGONS phantasievolle Figuren tanzen. Noch dazu zeigt sich – denn wer sich eben nicht bewegt, hat Zeit genau hinzuschauen – dass der Sänger wohl eher pseudomäßig auf die Trommeln eindrischt, denn sie trommeln auch weiter, wenn er zehn Meter entfernt steht. Dann spielen IMAGINE DRAGONS doch noch „Radioactive“, wobei der Fangesang nicht halb so euphorisch ist, wie bei Rock Am Ring 2013. Von mehreren Seiten hört man dann, dass sich wohl einige von diesem Auftritt deutlich mehr versprochen haben.

Galerie mit 16 Bildern: Imagine Dragons - Rock'n'Heim 2014 - The Return To Rock'n'Heim

PLACEBO 19:25-20:55 Evolution Stage
Das letzte Album des Trios war eher mäßig und konnte die Qualität von „Battle For The Sun“ leider nicht ansatzweise erreichen, trotzdem scharren viele Fans vor der Evolution Stage mit den Hufen und wollen die Londoner rocken sehen. Brian Molko ist das, was man eine Frontsau nennt und er wird den Abend sicher souverän meistern. Eher verhalten kommt er auf die Bühne und auch wenn die besten Tage des Herrn Molko schon vorbei sind, dann rasten doch in den ersten Reihen zahlreiche Frauen und Mädchen standesgemäß aus und kreischen während „B3“ seinen Namen. Die neuen Stücke zeigen live, dass sie sehr auf das Schlagzeug ausgelegt sind und überzeugen aber tausendfach mehr, als über Konserve. Das Konzert ist aber trotzdem letztendlich eine einzige Berg- und Talfahrt, Lowlights schließen an Highlights an. „Every Me, Every You“ verwandelt den Platz in einen euphorischen Haufen und auffällige viele männliche Besucher heben enorm zum Sound von PLACEBO ab, tanzen mit ausgebreiteten Armen im Kreis und brüllen die Texte mit. „The Bitter End“, „Song To Say Goodbye“ und „Special K“ werden ebenfalls zelebriert und auch Sänger Brian lässt sich zu einigen Bonus-Juchzer und hektischen Bewegungen hinreißen. Der Mann hat wirklich Charisma, das muss man ihm lassen. Weniger überzeugend ist die Keyboarderin bzw. Geigenspielerin. Als ob sie zufällig auf der Bühne gelandet wäre, hängt sie lustlos auf ihrer Position und fummelt ebenso gelangweilt an ihrem jeweiligen Instrument herum. Bemerkenswert ist die Zugabe – Zugaben sind sowas von out – mit dem KATE BUSH Cover „Running Up That Hill“, welches nicht nur mir beinahe die Tränen in die Augen treibt. Es gibt Cover, die sind für den Arsch. Es gibt Cover, die sind unpassend gewählt. Und es gibt Cover, die sind so perfekt, dass sie das Original schon fast überflüssig machen. „Running Up That Hill“ gehört zur letzteren Kategorie. Die arrogante und näselnde, aber kraftvolle Stimme von Brian Molko ist umwerfend in diesem Song. PLACEBO zeigen sich also eher durchwachsen, aber wenn die Engländer Hits spielten, dann war die Stimmung immer sofort da.

Galerie mit 14 Bildern: Placebo - Rock'n'Heim 2014 - The Return To Rock'n'Heim

DIE FANTASTISCHEN VIER Revolution Stage
Die Überschneidungen an diesem Festivaltag sind fies. FRITTENBUDE, PLACEBO, DIE FANTASTISCHEN VIER und THE PRODIGY battlen sich durch überschneidende Auftritte und bringen viele Besucher zum hastigen Hin und Herrennen, Knobeln oder Fluchen. Da DIE FANTASTISCHEN VIER bei Rock Am Ring überzeugt haben und sowieso auf unserem Weg liegen, statten wir den drei Herren – plus Andy Ypsilon – einen kleinen Besuch ab. Das Bild ist einzigartig – ein toller ins Abendrot getauchter Himmel und gut gelaunte Leute, wohin man schaut. „Smudo In Zukunft“ endet mit einem „Out Of Space“-Sample von THE PRODIGY. Lustig, da diese gleich spielen und weniger lustig, dass viele Leute den Platz vor der Revolution Stage nach und nach verlassen, um dorthin zu gehen. „Krieger“ und „Yeah, Yeah, Yeah“ kriegen wir noch mit und selbst auf dem Weg von der Bühne weg und hin zu THE PRODIGY, grölen die Leute noch begeistert die Songs der FANTAS mit.

THE PRODIGY 21:40-23:00 Evolution Stage
THE PRODIGY sind DIE Band, auf die sich fast alle einigen können. Rocker, Elektrofans, junge und alte Musikhörer – zu THE PRODIGY kommen fast alle. Bass, Bass wir wollen Bass und die Wunderkinder aus England haben ihn selbstredend dabei. Der Platz ist übervoll und eigentlich hätte man der Band ohne Probleme das ganze Gelände gönnen können, kaum einer hätte gemeckert. THE PRODIGY haben sich seit den Neunziger praktisch nicht weiterentwickelt und die beiden Keiths, von den sich praktischerweise einer MC Maxim Reality nennt, räumen jedes Mal ab. Es wird wild geschrien, Blitze jagen über das Publikum, Beats verwüsten den Platz und lassen nur verblüffte und begeisterte Menschen zurück. Was THE PRODIGY einfach besser macht, als jede andere Elektroformation, kann man am besten live nachvollziehen. Eventuell werden auch bewusstseinsverändernde Düfte ins Publikum gesprüht, man weiß es nicht. THE PRODIGY sind live schlichtweg unschlagbar! Wir werfen euch mal folgende Brocken hin: „Firestarter“, „Their Law“, „Breathe“, „Poison“ und „Omen“ – noch Fragen?!

Das Rock’n’Heim 2014 war zusammenfassend sehr schön, für das Wetter kann niemand was und trotz häufigen Regens war die Stimmung vor und hinter der Bühne durchweg sehr entspannt. Der Sound war optimal, sodass man ohne klingelnde Ohren auskam. Lediglich am Spielplan hätte man noch etwas drehen können – viele Spielzeiten waren schlichtweg zu kurz und auch die Headliner hätte man besser verteilen müssen. Eine weitere Anregung wäre, im Zelt statt DJs auch einige Rockbands aus der Region – zum Beispiel aus der Mannheimer Popakademie – spielen zu lassen. Die Schlangen an den Essensständen waren diesmal auffallend lang, während es an den Getränkeständen und Dixie-Klos deutlich schneller ging als im letzten Jahr. Die Security war im Vergleich zum Vorjahr und im Vergleich zu anderen Festivals häufig unterschiedlicher Meinung, sodass man mehrmals täglich die aktuellen Anweisungen bzgl. Durchlass, Laufwegen und Einschränkungen erfragen musste. Das nächste Rock’n’Heim ist schon angekündigt und es wird spannend, welche Bands sich 2015 auf dem Hockenheimring die Ehre geben.

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20.08.2014

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2 Kommentare zu Rock'n'Heim - Festivalbericht vom Rock'n'Heim 2014

  1. Guy087 sagt:

    Hallo,

    Schoener Bericht, doch der Fanta4 Song mit dem Prodigy Sample heisst „Smudo in die Zukunft“. http://youtu.be/7mOa4g7ObFo?t=23m7s

    Gruesse

  2. Nadine Schmidt sagt:

    Aargh! Stimmt, der Song heißt „Smudo In Zukunft“! Danke