Rock im Park 2022
Post-Corona-Euphorie trotz Aprilwetters

Konzertbericht

Billing: Volbeat, Green Day, Muse, Black Veil Brides, Airbourne, Shinedown, Bush, Bullet For My Valentine, Royal Republic, Beatsteaks, Billy Talent, Weezer, Måneskin, The Offspring, The Murder Capital, Broilers, Caliban, Stick To Your Guns, Scooter, Danko Jones, Sportfreunde Stiller, Baroness, Mastodon, The Linda Lindas, Ice Nine Kills, Placebo, Die Kassierer und Deftones
Konzert vom 03.06.2022 | Zeppelinfeld, Nürnberg

Nach zwei Jahren Zwangspause aufgrund der Corona-Pandemie ging am Pfingstwochenende (3.-5. Juni 2022) das ROCK IM PARK Open Air in seine 26. Auflage.

Und zwar mit keinerlei Einschränkungen: Rund 75.000 Besucher feierten maskenfrei und dicht gedrängt, mit bisweilen riesigen Moshpits, die insgesamt 69 Acts einer Bandbreite von HipHop über Elektro bis Metal. Die Euphorie, endlich wieder ausgelassen ein großes Festival zelebrieren zu können, war jederzeit spürbar sowohl auf als auch vor den Bühnen, daran änderte auch der ein oder andere heftige Regenschauer nichts.

Hier ist unser großer Rückblick auf ein friedliches, top organisiertes Mega-Event mit spektakulären Konzerten und ebensolcher Stimmung auf dem Nürnberger Zeppelinfeld.

Galerie mit 22 Bildern: Impressionen - Rock im Park 2022

FREITAG, der 3. Juni

Bevor es losging, galt es, sich mit ein paar Neuerungen zu arrangieren: Zum einen war diesmal das Zahlen mit Bargeld passé, stattdessen erhielt man ein Armband mit integriertem Chip, der online, via Handy-App oder an diversen Top-Up-Stationen vor Ort mit einem Geldbetrag aufgeladen werden konnte. Auch wenn hier und da Kritik an dem neuen Bezahlsystem zu vernehmen war, darf diese Maßnahme im Endeffekt positiv bewertet werden, da die Abwicklung an den Ständen deutlich schneller vonstattenging als früher.

Zum anderen gab es eine Reihe von Neuerungen, die das Festival umweltfreundlicher machen, wie das Reinigen der über tausend Mobiltoiletten ohne chemische Lösungen oder die komplette Stromversorgung aus erneuerbaren Energien. Für die Gäste direkt relevant: das Einführen von Mehrwegbechern, ein Verbot von Tetrapacks auf dem Gelände und der Ausbau des „Green Camping“ Areals.

Des Weiteren mussten ein paar ursprünglich angekündigte Acts wie etwa August Burns Red oder Code Orange kurzfristig absagen und wurden durch Bands wie unter anderem Caliban oder The Linda Lindas ersetzt. Und schließlich erhielten auch die drei Bühnen mal wieder neue Namen: die Indoor-Bühne in der Eissporthalle wurde von der „Alternarena“ zur „Orbit Stage“, die kleinere der beiden Open-Air-Bühnen wandelte sich von der „Park Stage“ zur „Mandora Stage“. Die riesige Hauptbühne, ehemals als „Zeppelin Stage“ bekannt, firmierte nun unter dem neuen Namen „Utopia Stage“ und hatte einen langen „Catwalk“ integriert, über den die Bands von der Bühne aus inmitten der ersten Besucherreihen gelangen und so eine größere Nähe zu den Fans schaffen konnten.

Upon the catwalk – Rock im Park 2022

BLACK VEIL BRIDES

Auf Letztgenannter fiel um die Mittagszeit der Startschuss in Form der BLACK VEIL BRIDES aus Cincinnati, die den undankbaren Slot als Opener zur frühen Stunde souverän meisterten. Mit ihrem düster angehauchten, melodischen Goth-Metal, einer charismatischen Show und der gut austarierten Setlist, die sich aus bekannten Stücken wie „In The End“ oder „Fallen Angel“ sowie neuem Material à la „Crimson Skies“ zusammensetzte, brachte das Quintett die bereits zahlreich erschienenen Feierlustigen auf Festivaltemperatur. Als hervorstechende Akteure erwiesen sich dabei Gitarrenvirtuose „Jinxx“ Ferguson, der nebenbei auch noch Geige und Klavier spielte, sowie das einzig verbliebene Gründungsmitglied seit 2006, Sänger Andrew Dennis Biersack, der stetig die Bretter hin- und herflitzte und die Meute anstachelte.

AIRBOURNE

Bei ihren Nachfolgern AIRBOURNE schlug die Stimmungskurve auf dem mittlerweile mit mehreren tausend Menschen besetzten Areal nochmal steil nach oben aus. Die australischen Hardrocker, die bisweilen in puncto Sound und Energie an ihre Landsleute AC/DC erinnern, hatten mächtig Bock auf das Konzert, und die Crowd nicht minder auf den Vierer aus der Hafenstadt Warrnambool, die mit ihrem letzten Release „Boneshaker“ mal eben Platz Sieben der hiesigen Albumcharts stürmen konnten. Zu Songs wie „Runnin‘ Wild“ oder „Back In The Game“ waren zahlreiche Crowdsurfer unterwegs, und kurzzeitig war Sänger und Leadgitarrist Joel O’Keeffe mitten unter ihnen und rockte einen Teil des Sets auf den Händen der Fans.

SHINEDOWN

Der dritte Act auf der „Utopia Stage“ waren SHINEDOWN aus Florida, deren Mix aus Metal, Hardrock und Grunge, balladesken Strukturen und heftigen Ausbrüchen sowie mehrstimmigem Gesang samt hymnischen Refrains überwiegend zündete, phasenweise aber auch mal Zeit zum Durchatmen ließ. Einige der Highlights ihres knapp einstündigen Gigs mit einem Querschnitt aus sechs Alben waren „Bully“, „Sound Of Madness“, „Second Chance“ oder das poppige „Get Up“. Dazu gab es mit einigen neuen Tracks wie etwa “The Saints Of Violence And Innuendo” noch einen vielversprechenden Ausblick auf das kommende Album „Planet Zero“.

Zündeten überwiegend: SHINEDOWN

BUSH

Nun folgte ein erster Wechsel zur kleineren „Mandora Stage“, wobei „kleiner“ auf einem Festival dieser Größenordnung natürlich relativ ist, denn auch vor dieser tummelten sich am Nachmittag bereits fünfstellige Besucherzahlen. Dort lieferten die britischen Alternative-Rocker BUSH eine leidenschaftliche Performance ab, was vor allem Frontmann Gavin Rossdale zu verdanken war. Insbesondere bei Stücken, wo er die Gitarre mal beiseitelegen und sich freier bewegen konnte, wirbelte er über die ganze Bandbreite der Bühne und einmal gar mitten hinein in die jubelnde Menge, um sich mit einigen Fans abzuklatschen. „We love you, we need you, we missed you” brüllte er ihnen entgegen. Und um den Gig rund zu machen, durfte in der ausgewogenen Setlist zwischen Highlights wie „Machinehead“ oder „Quicksand“ natürlich auch ihr bekanntester Klassiker „The Chemicals Between Us“ aus dem Jahr 1999 nicht fehlen.

Leidenschaftliche Performance: BUSH

BULLET FOR MY VALENTINE

Zurück zur „Utopia Stage“ bei einsetzendem Regen, wo die walisischen Metaller BULLET FOR MY VALENTINE für große Circle Pits und reichlich Arbeit für die „Auffänger“ im Fotograben durch Scharen von Crowdsurfern sorgten. Das gelang dem Vierer um Frontmann Matthew Tuck mit frühen Songs aus der Anfangszeit wie „All These Things I Hate (Revolve Around Me)“ oder „4 Words (To Choke Upon)“ über spätere Hits wie „Tears Don’t Fall“ oder „Your Betrayal“ bis hin zu ganz neuem Material wie „Omen“ – einem von fünf zusätzlichen Stücken, die auf der kommenden Deluxe Edition ihres aktuellen siebten Albums enthalten sein werden. Und nach der finalen Granate „Scream Aim Fire“ gab es von Tuck an die Crowd noch die hochgereckte Faust und ein „You guys have been nothing but amazing to us“ mit auf den Weg.

Scream Aim Fire – BULLET FOR MY VALENTINE

ROYAL REPUBLIC

Derweil wurden auf der „Mandora Stage“ ROYAL REPUBLIC aus Schweden ihrem Ruf als launige Partygranaten vollauf gerecht. Sie haben nicht nur druckvolle, überaus tanzkompatible Rocksongs samt Mitsing-Refrains im Portfolio, sondern verfügen darüber hinaus auch noch über besondere Qualitäten als Entertainer und Animateure. Von der ersten bis zur letzten Minute ihres Auftritts ging es ordentlich zur Sache im Menschenknäuel vor der Bühne, stetig angestachelt, noch einen draufzusetzen. Und auch die Metalheads unter ihnen bekamen noch ein Highlight serviert, denn neben eigenen Songs wie „Tommy-Gun“, „Rata-Tata“, „Boomerang“ oder „Back From The Dead“ gab es ein eingestreutes Cover von METALLICAs „Battery“ auf die Ohren.

KORN

Die Crowd ordentlich wegblasen: KORN

Nach ihrem Auftritt fieberten vor der „Utopia Stage“ bereits Zehntausende dem Konzert der Nu-Metaller KORN entgegen. Auch der Fünfer aus dem kalifornischen Bakersfield ist dafür bekannt, auf seinen Gigs alles zu geben und die Crowd ordentlich wegzublasen. Und das war auch diesmal so mit den üblichen Ingredienzen: tiefgestimmte Saiteninstrumente, druckvolles Drumming, Jonathan Davis mit seiner facettenreichen Stimme zwischen sinister klagend und brutalen Screams am von H.R. Giger entworfenen Mikro, Dudelsack-Passagen, dazu Dauer-Headbanging auf und ein tobender Moshpit vor der Bühne. Besonders gefeiert wurden die alten Klassiker der Marke „Falling Away From Me“, „Blind“, „Freak On A Leash“, „Twist“ oder „A.D.I.D.A.S“, wobei die Textzeilen aus tausenden Kehlen mitgeschmettert wurden und die Crowdsurfer im Sekundentakt vorne am Fotograben eintrudelten.

Finale Furioso

Dazu gab es mit „Worst Is On Its Way“ ein neues Stück vom erst kürzlich veröffentlichten Album „Requiem“ zu hören, sowie mehrere eingestreute Cover-Sequenzen, etwa von METALLICAs „One“ während des Songs „Shoots And Ladders“ oder „We Will Rock You“ von QUEEN inmitten von „Coming Undone“. All das untermalt von einer gigantischen Lightshow und, zum Finale Furioso, aus Kanonen gefeuerten Konfetti-Salven. Verdammt mächtig, verdammt gut!

VOLBEAT

Zeit zum Runterkommen blieb nicht viel, denn nach der Umbaupause sollten um 21.30 Uhr die Headliner des ersten Festivaltages in Gestalt der „Elvis Metaller“ VOLBEAT die Massen vor der „Utopia Stage“ elektrisieren. Sollten? Elektrisierend war nämlich zunächst mal das Wetter, und das sorgte für eine kleine Verzögerung: Per Ansage wurde mitgeteilt, dass sich ein Sturm ankündige und Blitze zu erwarten seien, die Leute wurden aufgefordert, sich von Metall (etwa den Wellenbrechern) fernzuhalten, der Spuk sei aber voraussichtlich auch schnell wieder vorbei. Glücklicherweise wurde das Gewitter dann aber doch nur halb so wild und begnügte sich mit stärkerem Regen, und so konnten die Dänen etwas später als geplant ihr Set mit „The Devil’s Bleeding Crown“ beginnen.

Vor einer riesigen Videowand, die mit den Screens auf beiden Seiten der Bühne ein Triptychon bildete, erweitert durch ein zuckendes Lichtermeer und Nebelkaskaden, lieferten die Dänen ihren druckvoll-melodiösen Mix aus Metal, Blues, Rock’n Roll und Country. Unter dem Potpourri aus Songs der vergangenen mehr als zwanzig Jahre Bandgeschichte befanden sich natürlich die wichtigsten Klassiker wie der Radiohit „Lola Montez“, „Pelvis On Fire“, „Sad Man’s Tongue“ oder „Shotgun Blues“, dazu gesellte sich das JOHNNY CASH Cover „Rings Of Fire“.

Galerie mit 7 Bildern: Volbeat - Rock im Park 2022

Wie immer kam das Quartett aus Kopenhagen dabei nahbar, geerdet und authentisch rüber und lieferte eine energiegeladene Performance; Sänger und Gitarrist Michael Poulsen nutzte häufig den Steg von der Bühne in die Menge und kommunizierte mit der Crowd, die wiederum fast jeden Refrain mitsang und das riesige Areal in eine Tanzfläche verwandelte. Mit „Still Counting“ erklang schließlich nach anderthalb Stunden der Schlussakkord.

BEATSTEAKS

Derweil feierten exakt parallel dazu zigtausende vor der „Mandora Stage“ mit den BEATSTEAKS, deren Auftritt sich wegen des angekündigten Gewitters ebenfalls zunächst verzögerte, dann aber sehr passend mit den einleitenden Klängen von „Singing In The Rain“ startete. Auch sie boten den festivaltypischen Querschnitt ihrer bekanntesten Songs, darunter Punkrock-/Ska-Perlen wie „Hello Joe“, „Let Me In“ oder „I Don’t Care As Long As You Sing“, und lieferten on top einige Covers wie „Monotonie“ von IDEAL oder „Hey Du“ von Ilona Schulz. Ebenso wie VOLBEAT punkteten die Berliner um Sänger Arnim Teutoburg-Weiß nicht nur musikalisch, sondern auch durch ihre sympathische Interaktion mit den Fans, und steigerten mit stetigen Einpeitschern à la „Jetzt alle hinsetzen und auf Kommando aufspringen“ die ohnehin großartige Stimmung.

„Jetzt alle hinsetzen und auf Kommando aufspringen!“

BILLY TALENT

Nach ihrem Gig platzte die Fläche vor der „Mandora Stage“ schier aus allen Nähten, da nun auch noch ein Großteil der VOLBEAT-Crowd (zum Teil vergeblich, da irgendwann dichtgemacht werden musste) herbeiströmte, um dort das letzte Konzert des Tages von BILLY TALENT mitzuerleben. Die Kanadier erwiesen sich als die perfekte Abrissbirne zum Abschluss und lieferten von der ersten bis zur letzten Minute eine vor Energie strotzende Show, zu der die Fans die letzten Reserven in die Waagschale warfen. Neben eigenen Krachern wie „Rusted For The Rain“, „Devil On My Shoulder“ oder „This Is How It Goes“ servierten sie noch ein besonderes musikalisches Leckerlie: Nachdem Sänger Benjamin Kowalewicz auf die langjährige Freundschaft zu und die Inspiration durch die FOO FIGHTERS verwies und den kürzlichen Tod deren Drummers Taylor Hawkins bedauerte, feuerten sie ihm zu Ehren ein grandioses Cover von „Everlong“ in die Menge.

Besonderes musikalisches Leckerlie: BILLY TALENT

Mit „Fallen Leaves“ und „Red Flag“ endete nicht nur ihr spektakuläres Konzert, sondern für die meisten auch der erste Festivaltag. Für alle anderen ging es noch bis tief in die Nacht weiter, sei es in der Halle a.k.a. „Orbit Stage“ mit einem Techno-Set von BOYS NOIZE, in den diversen Biergärten, vor der DJ Area oder auf den Campingplätzen.

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14.06.2022

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