Rock im Park 2018
Das Zwillingsfestival öffnet die Pforten
Konzertbericht
Freitag, 1. Juni – Rock im Park 2018
Für uns erfolgt der Startschuss am frühen Nachmittag in Form von THE BLOODY BEETROOTS auf der Park Stage, einem Projekt des italienischen Electro-Produzenten Sir Bob Cornelius Rifo. Ihr Markenzeichen: Venom-Masken (für alle Nicht-Comic-Nerds: Das ist der Erzfeind von Spiderman beziehungsweise dessen Alter Ego) sowie eine krude Mischung aus brachialen elektronischen Techno-Rave-Beats, einer Prise Hip-Hop und rotzigen Metal-Riffs. Gepaart mit einer überaus agilen Performance ergibt das Ganze ein mitreißendes Set, zu dem mächtig abgegangen wird vor der Bühne. Ein vielversprechender Auftakt!
In puncto Bühnenacting deutlich statischer agieren die alten Punk-Heroen BAD RELIGION auf der großen Zeppelin Stage, aber auch sie bringen die Crowd zum Toben – mit einem Best-Of der über dreißigjährigen Bandhistorie, inklusive zahlreicher zeitloser Klassiker wie „American Jesus“, „I Want To Conquer The World“, „21st Century Digital Boy“ oder „Generator“. Punktgenau gespielt und mit einem Sänger Greg Graffin, der nicht nur stimmlich auf der Höhe ist, sondern auch mit klugen Ansagen punktet. Und das alles natürlich, wie immer, vor dem altbekannten Logo (durchgestrichenes Kreuz) als Backdrop, das ja gerade in Bayern dank Ministerpräsident Söder eine neue Aktualität erfährt.
Auf der Indoor-Bühne alias Alternastage wissen im Anschluss die ASTROID BOYS zu überzeugen. Die Waliser Skater mixen munter sägende Gitarrenriffs, fette elektronische Bassbeats und Rap-Gesang zu einem schweißtreibenden Party-Cocktail. Highlight: Der Track „Foreigners“ mit seinen politischen Lyrics, zu denen der springende Pulk in der sauna-esken Halle durchweg den lautstarken Chorus liefert. Mit tieffrequenten Basslinien und tanzbaren Grooves kennt sich auch das Londoner Duo CHASE & STATUS bestens aus, die danach Temperatur und Luftfeuchtigkeit in der Alternastage weiter anschwellen lassen. Allerdings liefern sie diese in Form von Dubstep meets Drum’n Bass. Wir erhaschen nur einen kurzen Eindruck davon und trollen uns zurück zur Zeppelin Stage, vor der sich mittlerweile Zehntausende versammelt haben.
Dort liefert der tätowierte Fünfer GOOD CHARLOTTE aus Waldorf (Maryland, USA) eingängigen Pop-Punk mit prägnanten Singalong-Refrains. Die Jungs sind mittlerweile auch schon seit über zwanzig Jahren am Start (wenn man sich auch ein paar Jahre Schaffenspause zwischendrin gegönnt hat) und können aus einem breiten Reservoir an Songs schöpfen. Und dies reicht an heutigen Tag von Hits der Marke „I Just Wanna Life“, „Keep Your Hands Off My Girl“ oder „The Anthem“ bis hin zu einem brandneuen Stück vom kommenden Album. Ein solides, knackiges Set ohne große Überraschungen, das mit „Lifestyles Of The Rich And Famous“ endet.
TRAILERPARK ist ein deutsches Hip-Hop-Label aus Bielefeld, dessen dort unter Vertrag stehende Rapper auch unter dem Labelnamen als Band fungieren. Sie ziehen ein vorwiegend junges Publikum vor die Park Stage, das schier ausflippt während der Songs und diese danach mit ohrenbetäubenden Kreischattacken bejubelt. Auch als neutraler Beobachter, der mit der basslastigen Musik und den sich duellierenden Raps nicht allzuviel anfangen kann, darf man konstatieren, dass die sechs eine gute Show liefern – untermalt von zuckenden Lichtkaskaden, Feuerfontänen und einem riesigen, aufgeblasenen Tittenmonster im Hintergrund.
Die Vielzahl der Besucher tummelt sich alsbald vor der Zeppelin Stage, auf der RISE AGAINST aus Chicago ein Feuerwerk aus melodischem Punk und Hardcore zünden, mit dem häufig engagierte politische Lyrics, etwa zum Thema Tierrechte oder Rassismus, transportiert werden. Auch sie liefern das zu erwartende Best-Of, eine Mischung aus schnelleren Knüppelsongs, eingestreuten Balladen der Marke „Make It Stop“ und dem MINOR THREAT-Cover „In My Eyes“; vom aktuellen Album „Wolves“ finden sich nur „The Violence“ und „House On Fire“ auf der Setlist. Drei Zugaben werden kredenzt mit dem Kracher „Prayer Of The Refugee“ als Abschluss. Die erhaschten Reaktionen seitens einzelner Besucher fallen sehr unterschiedlich aus – für die einen eins der Highlights des bisherigen Festivals, andere zeigen sich ernüchtert. Unsere Meinung liegt irgendwo dazwischen: Die Band um Sänger Tim McIlrath hat durchaus abgeliefert und die Stimmung war entsprechend (Crowdsurfer wohin das Auge blickte), aber Luft nach oben – gerade im Vergleich zu früheren gesehenen Konzerten des Quartetts – bestand definitiv.
Auf der Alternastage bahnt sich derweil ein erstes echtes Schmankerl für alle Metalheads an: THY ART IS MURDER aus Sydney schicken sich an, ihre „Classic Lovesongs“ (O-Ton von Shouter Chris McMahon) zu kredenzen. Aber was heißt kredenzen – vom Opener „Dear Desolation“ bis hin zum letzten Song „Reign Of Darkness“ zerlegen sie mal eben die Halle mit ihrem extremen Deathcore samt gutturalen Growls. Heftig, finster und verdammt gut! Unter den zehn Songs sind vier vom 2017-er Album „Dear Desolation“ (neben dem Titeltrack auch „Slaves Beyond Death“, „The Son Of Misery“ und „Puppet Master“), dazu liefern sie „Holy War“, „Coffin Dragger“, „The Purest Strain Of Hate“, „No Absolution“, das schon erwähnte „Reign Of Darkness“ und das RAMMSTEIN-Cover „Du Hast“. Begleitet von einem monströsen Moshpit, Dauer-Crowdsurfing und Spielchen a la „Jetzt alle mal hinsetzen, eine Runde Luftrudern und beim nächsten Akkord aufspringen und abgehen“. Ein paar deutsche Wörter hat McMahon ebenfalls gelernt, die er gerne und oft ins Publikum schleudert. Beispiel: „Raise your fists in the motherfuckin‘ air, you Schmetterlingsfotzen“.
Es ist mittlerweile halb neun, die Temperatur ist nicht mehr ganz so drückend, als der Auftritt der großen Headliner des ersten Abends beginnt: Die FOO FIGHTERS um Ex-NIRVANA-Drummer Dave Grohl liefern ein zweieinhalbstündiges Set, bei dem sich Musiker und Zehntausende Fans gleichermaßen bis zum letzten Schweißtropfen verausgaben. Im Großen und Ganzen orientiert sich ihr Gig songtechnisch an dem aus dem Jahr 2015 an selber Stelle, mit allen bekannten Hits wie „The Pretender“, „Best Of You“, „Walk“ oder „Learn To Fly“, wird aber erweitert durch zwischenzeitlich erschienene neue Songs wie „Run“, „The Sky Is A Neighborhood“ oder „La Dee Da“ vom „Concrete And Gold“-Album. Dazwischen lassen sie ein cooles Medley einfließen, bestehend aus „Another One Bites The Dust“ (QUEEN), „Imagine“ (JOHN LENNON), „Jump“ (VAN HALEN) und „Blitzkrieg Bop“ (RAMONES), ferner kredenzen sie ein Cover von ALICE COOPER („Under My Wheels“) und Drummer Taylor Hawkins prügelt ein spektakuläres Solo auf den Fellen.
Nebenbei verrät Dave Grohl der Crowd auch noch seine deutsche Lieblingsband: Es sind die Frankfurter Thrashmetal-Saufnasen von TANKARD – wer hätte das gedacht?! Klar, dass der Auftritt, was Sound und Lichteffekte angeht, auf bombastischem Niveau abläuft, inklusive eines riesigen, auf der Ecke stehenden Videoschirms, auf dem hochauflösend das Geschehen auf der Bühne auch für jene sichtbar wird, die es nur hinter den letzten Wellenbrecher geschafft haben. Mit einem letzten Hit in Form von „Everlong“ fällt schließlich der imaginäre Vorhang.
Parallel dazu beenden auch BARONESS auf der Alternastage ihr Set, das mächtig gerockt hat: Sludge Metal meets Progressive at its best! Der Vierer aus Savannah (Georgia, USA) um Sänger und Gitarrero John Baizley und seinen noch relativ frisch hinzugestoßenen Konterpart Gina Gleason liefert einen gelungenen Querschnitt aus einerseits sich langsam und dynamisch auftürmenden, andererseits mächtig abgehenden Songs mit brutalen Gitarrenbrettern. Darunter sind unter anderem alle drei Singles, die noch vor ihrem verheerenden Busunfall entstanden: „A Horse Called Golgatha“, „March To The Sea“ und „Take My Bones Away“. Sie verabschieden sich mit einer Version von „Isak“, die sich etwas länger zieht als auf dem Album und live noch einen Schuss mehr Intensität verströmt.
Nun wuseln alle gleichzeitig aus jeglichen Richtungen zur Park Stage, wo es entsprechend proppenvoll wird: Die GORILLAZ, ursprünglich eine fiktive britische Band aus vier Comicfiguren, stehen leibhaftig samt Sänger und Mastermind Damon Albarn (alias Stuart „2D“ Pot) auf der Bühne und starten den Auftritt mit „M1 A1“. Untermalt wird der Gig durch Videosequenzen, welche die Comic-Charaktere in Aktion zeigen, kreisenden Lichtspiralen im Hintergrund, Nebelschwaden und allerlei weiteren Effekten. Eine Weltpremiere gibt es auch zu erleben, denn erstmals spielen sie „Tranz“ live, ein Stück, das sich auf dem Ende Juni erscheinenden neuen Album finden wird. Natürlich dürfen auch die Hits nicht fehlen in Form von „Clint Eastwood“, „Dirty Harry“ & Co., und immer wieder stoßen zur Band samt Background-Sängerinnen diverse Rapper hinzu wie etwa DE LA SOUL zu „Superfast Jellyfish“. Die Musik ist, bis auf die vereinzelten Einsätze der Rap-Animateure, eher ruhig, soulig und tanzbar ausgelegt – und dementsprechend wird hier seitens des Publikums eher gemächlich mitgegroovt und laut gejubelt anstatt aus sich herauszugehen.
Für alle, die musikalisch deutlich heftigere Kost bevorzugen und nochmal völlig ausrasten möchten, bietet der erste ROCK IM PARK-Abend schließlich aber auch noch einen passenden Slot: Die glorreichen MESHUGGAH aus Schweden liefern in der Alternarena einen grandiosen Gig ab, der allen Augen- und Ohrenzeugen in Erinnerung bleiben dürfte. Beginnend mit „Clockworks“ und „Born in Dissonance“ knüppeln sie ihren eigenständigen Mix aus diversen Metal-Stilen von Death bis Thrash, würzen das Ganze mit einer Prise Progressive und Postrock, vertrackten Rhythmen, vielen Tempowechsel und brutalem Pressgesang. Alle Songs werden nahezu mathematisch-maschinell clean und exakt gespielt, und mit einer ebenso exakt auf jedes Riff und jeden Trommelschlag abgestimmten Lasershow der Superlative in Szene gesetzt. Ein wahres Inferno, das in der Folge noch die Songs „Do Not Look Down“, „The Hurt That Finds You First“, „Rational Gaze“, „Pravus“, „Lethargica“, „Violent Sleep Of Reason“, „Bleed“, „Straws Pulled At Random“ und zum Abschluss „Demiurge“ beinhaltet. Was für ein Brett zum Abschluss!
Interessante Alben finden
Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 37294 Reviews und lass Dich inspirieren!
Marilyn Manson, Avenged Sevenfold, Parkway Drive, Bullet For My Valentine, Meshuggah und Kreator auf Tour
03.02.25 | Bullet For My Valentine & Trivium - The Poisoned Ascendancy EU Tour 2025Bullet For My Valentine, Trivium und Orbit CultureMitsubishi Electric Halle, Düsseldorf |
04.02.25 | Bullet For My Valentine & Trivium - The Poisoned Ascendancy EU Tour 2025Bullet For My Valentine, Trivium und Orbit CultureHanns-Martin-Schleyerhalle, Stuttgart |
10.02.25 | Marilyn Manson - European Tour 2025Marilyn MansonHalle 622, Zürich |
Alle Konzerte von Marilyn Manson, Avenged Sevenfold, Parkway Drive, Bullet For My Valentine, Meshuggah und Kreator anzeigen » |
Kommentare
Sag Deine Meinung!