Rock im Betonwerk
Bericht 2013

Konzertbericht

Billing: Belphegor, Equilibrium, Graveworm, Megaherz, Obscura, Pain, Powerwolf, Sodom, Suicidal Tendencies, Turisas und Wintersun
Konzert vom 2013-07-25 | Betonwerk, Mittelbach bei Chemnitz

SAMSTAG
Der Samstag beginnt nicht nur mit einer beachtlichen Schlange vor dem Frühstückswagen (der übrigens ein echt leckeres Angebot zu verdammt günstigen Preisen hat!), sondern auch mit brütender Hitze schon vor 9:00 Uhr. Bevor um 12:30 ARTLESS den Tag einleiten, haben unsere Nachbarn uns nicht nur mit der 10-stündigen des „Cantina-Songs“ geweckt (na gut, in der gekürzten Version…), sondern gleich die Ausrichtung eines „Catina-Festivals“ ausgerufen. Flüchten wir uns also zur Black Stage, wo gerade PATH OF DESTINY eine gute Figur mit nicht unbedingt revolutionärem, aber gutklassigem melodischen Black/Death Metal machen. Wer danach noch nicht wach ist, bekommt den Konterwhiskey von den NITROGODS direkt intravenös. Das erst 2011 gegründete Trio um ex-PRIMAL FEAR-Gitarrero Henny Wolter ist sicher nicht die lauteste, beste oder schnellste Band der Welt, dafür aber eine sympathische Bikertruppe, die handgemachten Rock ’n Roll bringt („für euch an der Bierflasche: Klaus Sperling!“). Darüber hinaus haben sie nicht das riesige Problem, das ein alter Bekannter von mir immer wieder bei tausenden von Bands diagnostiziert: Sie klingen nicht nicht nach MOTÖRHEAD.

Rock im Betonwerk

Das geht den holländischen Tech-Grindern von INHUME leider nicht so. Die klingen wohl mal so gar nicht nach MOTÖRHEAD, sondern eher wie zwei Bands gleichzeitig, zumindest gemessen an der Krassheit ihres Geballers. Haben wir leider nicht gesehen, aber muss eine ziemlich heftige Sache gewesen sein. Gar nicht krass, zumindest musikalisch, sind LORD OF THE LOST, eine Gothic-/Elektrotruppe mit Gruppenrabatt im Fitnessstudio. Dafür habe ich selten eine Band gesehen, die durchgehend Figürchen hat, um reihenweise Mädels ohnmächtig werden zu lassen. Auch musikalisch schreit die Truppe aus jeder Pore, dass sie gerne richtig großen kommerziellen Erfolg haben möchte – und mit Songs im Dunstkreis von TYPE O oder HIM wäre es seltsam, wenn das nicht auch irgendwann klappen würde. Immerhin, meint unsere Chefredakteurin, hätten die DEATHSTARS damit würdige Nachfolger gefunden.

Rock im Betonwerk

Unter keinem besonders guten Stern steht dann der Auftritt von AGRYPNIE, die heute nicht nur ohne Bassisten, sondern auch mit mächtig Wut im Bauch und aus allen Ecken Deutschlands und sogar aus Bayern einzeln anreisen müssen. Deshalb ist die Show zwar gewohnt energetisch, der Mix aus Stakkato-Riffs und Black Metal kann aber seine ganze Wirkung so nicht entfalten. Der fehlende Bass fällt übrigens inmitten des Frequenzbreis der Black Stage gar nicht auf, was im Grunde traurig, aber zum Vorteil des Sextetts ist. Lustige Anekdote am Rande: In der ersten Reihe steht tatsächlich ein begeisterter Fan im NARGAROTH-Shirt. Na, wenn das mal nicht an Realsatire grenzt.

Rock im Betonwerk

Während die GRAILKNIGHTS schon in ihre Superheldenkostüme schlüpfen, neuedeutschhärten sich MEGAHERZ derweil auf der Main Stage durch ihr Set, das das vermutlich poppigste des ganzen Festivals ist. Der ganz große Erfolg ist der Band, die schon seit zwanzig Jahren unterwegs ist, bisher verwehrt geblieben – komisch, UNHEILIG sind definitiv auch nicht besser. So richtig gut kommen Sänger Alexander Wohnhaas und seine Backingtruppe an diesem Abend bei den nicht unbedingt massenhaft Anwesenden auch nicht an, was vermutlich daran liegt, dass hier Zielgruppe und Kunst nicht so recht zusammenpassen. Oder daran, dass ein beachtlicher Teil der Besucher sich in die proppevolle Halle stopft, wo die GRAILKNIGHTS ihre bekannt unterhaltsame Superheldenshow mit Tod-Maske und Pferdekostüm abziehen. Die Wunstorfer R.I.B.-Dauergäste sind eine auflockernde Bereicherung für jedes Festival, und zudem musikalisch mit einem Mix aus Power Metal und diversen Subspielarten eine echte Konsensband. Ob man sich das dann auch zu Hause geben kann, ist wieder eine andere Frage, live und mit genug kühlem Bier in der Hand (mit 2,50 Euro für 0,4 Liter übrigens sensationell fair!) geht das echt gut.

Rock im Betonwerk

Zu den Bands, die ich mir nicht einmal live anhören kann, gehören leider EQUILIBRIUM. Da muss es gar nicht mal der schreckliche Gassenhauer „Met“ sein, jeder der schablonenartigen Pagan-Songs reicht aus, um mich zu vergraulen. Wir legen also parallel zu GRAVEWORMs Auftritt ein Abendessen ein und pilgern dann zu SODOM, die trotz jahrzehntelanger Routine noch immer eine Band sind, die live überzeugen kann. Das ist bei der gelungenen Songauswahl (von „Outbreak Of Evil“ über „Agent Orange“ bis „Stigmatized“ oder „We Should’ve Known“ ein geschmackssicherer Querschnitt aus allen Alben) auch kein Wunder. Auch die ungezwungene, unaufdringlich fanfreundliche Art Tom Angelrippers sorgt dafür, dass Massen von Menschen eine riesige Party vor der Bühne veranstalten. Alle Dämme brechen dann, als Tom Gott, der Probleme mit seinem Herzen hat, gute Besserung wünscht. Gemeint ist natürlich Lemmy. Gewohnt cooler Auftritt, an dem sich einige Jungspunde noch ein Beispiel nehmen können.

Rock im Betonwerk

Um nach drei Festivaltagen voller Schweiß und Staub nicht auch noch mit Lebenssaftspritzern auf dem Körper herumlaufen zu müssen, schenken wir uns das Echtblutmassaker bei DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT und bleiben direkt zu POWERWOLF, die sich mit ihrem neuen Album „Preachers Of The Night“ anschicken, in die Power Metal-Champions League aufzusteigen. Das macht alleine das imposante Bühnenbild deutlich, das die pseudosakrale Ästhetik der Band gelungen umsetzt. Dazu ist der Sound fantastisch, die Pyroshow stilecht und die Band glänzend aufgelegt. Sänger Attila Dorn zeigt nicht nur eine hervorragende gesangliche Leistung, sondern ist auch ein schauspielerisches Talent. Damit hat er die wahrscheinliche größte Publikumsansammlung des Festivals auf seiner Seite, die er souverän mit geschlechtergetrennten Mitsingspielchen und plakativen Ansagen („meine Liebe, als du cheute morrgen aufgäwaacht biest, chatte deine Mann eine anständige Rohr? Niächt? Dann ist der nächste Songch niechts für diech!“) dirigiert. Und was er nicht schafft, erledigt Keyboarder Falk Maria Schlegel, der wie ein zugekokstes Eichhörnchen über die Bühne springt. Das nutzt sich innerhalb von eineinhalb Stunden natürlich genauso deutlich ab wie die MANOWAR-haft inflationäre Verwendung der Wörter „Blood“, „Amen“, „Halleluja“ und „Sanctus“, ist aber zumindest ein halbes Dutzend Songs lang (darunter Killer wie „Sanctified With Dynamite“, „We Drink Your Blood“ oder das ganz frische „Amen & Attack“) überaus unterhaltsam. Fazit: Ein würdiger Headliner und eine Band, die sich ihren Status hart erarbeitet hat.
Danach ist nach Dutzenden Stunden voller Musik Schluss für uns, und der Abend klingt entspannt und mit dem einen oder anderen Gespräch und einem letzten Bier, aber nicht mit EWIGHEIM, MYRA oder den stilecht das Festival beschließenden LAST CHAPTER aus.

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31.07.2013

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