Rock Hard Festival 2024
Eine unvergessliche Zeit
Konzertbericht
Sonntag, 19.05.2024
Warum gehen genau die Tage, auf die wir uns ein halbes Jahr freuen, eigentlich immer so schnell vorbei? Heute ist schon wieder Endspurt angesagt und so erscheinen wir mit einer Träne im Auge und einer guten Portion Hangover pünktlich auf den Stufen des Amphitheaters um den Opener WINGS OF STEEL zu erleben. Die Band stammt aus Los Angeles und fährt zumindest optisch alle Glam-Klischees auf. Gitarrist Parker flaniert mit schwarzer Lockenpracht und entblößtem Oberkörper über die Bühne, während Sänger Leo mit Bandana, Mantel und barockem Spitzenhemd bekleidet, neben ihm tänzelt. Musikalisch überraschen die Jungs allerdings mit astreinem Können und wer schon einmal etwas von einem gewissen Geoff Tate gehört hat, sollte sich WINGS OF STEEL bei der nächsten Gelegenheit nicht entgehen lassen.
Alle Gatekeeper und diejenigen, die abfällig über Quotenbands im Metal zetern, müssen im Anschluss stark sein. MAGGOT HEART sind ein gemischtes Trio, das musikalisch kaum in die Heavy-Metal-Ecke gedrängt werden kann. Wir hören dagegen Noise, Punk und Grunge, was sich aber leider auch auf den Gesamtsound projizieren lässt. Gerade das Attribut Noise lässt sich nicht schönreden. Entsprechend schwach kommt die Performance bei einem Großteil des Publikums an.
So mancher Online-Kommentar ließ im Vorfeld vermuten, JOHN DIVA AND THE ROCKETS OF LOVE seien keine gute Wahl für das Rock Hard Festival. Das Publikumsaufkommen am heutigen Nachmittag spricht eine andere Sprache. Mit großer Spielfreude bietet die Band ihre arg glatt gebügelte Glam-Metal-Interpretation dar. Den Fans gefällts trotz hohem Schunkelfaktor. Spektakulär geht aber anders.
Galerie mit 24 Bildern: Wings of Steel – Rock Hard Festival 2024
Ist das noch Death Metal oder ist das schon Kunst?
So ziemlich alle Musiker auf diesem Planeten haben einen großen Traum: Sie wollen mit ihrer Kunst einen Fingerabdruck, eine eigene DNA hinterlassen. Den wenigsten gelingt dieser Geniestreich allerdings. Laurent Teubl, seines Zeichens Mastermind von CHAPEL OF DISEASE hat dieses kleine Wunder vor zwei Alben aber vollbracht. Seitdem haben die Kölner alle bewährten Death-Metal-Muster zugunsten Prog-, Jam- und gar Arenarock-Attitüde abgelegt. Freilich leugnet die Band ihre Wurzeln nicht, aber die Mixtur aus den genannten Genres lässt CHAPEL OF DISEASE zu Platzhirschen auf jedem Event werden. So ist es kein Zufall, dass wir alleine im aktuellen Jahr schon mehrfach über die Livequalitäten der Kölner berichtet haben. Der Auftritt auf dem diesjährigen RHF gehört allerdings nicht zu den Höhepunkten, was hauptsächlich am geradezu desaströsen Sound liegt. Immerhin benötigt diese Band einen ausgewogenen Klang, stattdessen können wir das Vorhandensein einer Bassdrum und Rhythmusgitarre meistens nur erahnen. Schade.
Mit dem größten Hit der Bandgeschichte ins Set zu starten, ist mutig. Schließlich birgt das die Gefahr, die Stimmung im Anschluss nicht halten zu können. DEMON ist das egal. Die New-Wave-of-British-Heavy-Metal-Veteranen eröffnen heute mit „Night Of The Demon“ und gewinnen das Rock Hard Festival damit schnell für sich. Diese Euphorie hält sich bis zum Schluss. Mit ihrer Entscheidung, den größten Hit an den Anfang zu stellen, machen DEMON also alles richtig.
Galerie mit 18 Bildern: Chapel of Disease – Rock Hard Festival 2024
Galerie mit 20 Bildern: Demon – Rock Hard Festival 2024
Zuverlässigkeit ist Trumph
Auf EXHORDER ist Verlass. So auch beim Rock Hard Festival. Überraschungen liefert die Band keine, dafür gibt es eine knappe Stunde lang volles Brett auf die Kauleiste. Wie schon bei ihren Europaabstechern im vergangenen Jahr zeigt die Band keinerlei Erscheinungen von Altersmüdigkeit. Die Pausen zwischen den Songs sind kurz, die musikalische Gewalt absolut ungebändigt. Dreh- und Angelpunkt der Show ist der wie immer charismatische Frontmann Kyle Thomas, der das Publikum durch seine sympathische Art schnell für sich gewinnt. Der tosende Applaus zum Abschluss spricht für die Livequalitäten der Band.
Jazzige ertönen vor dem von RIOT V. Doch mit den lieblichen Klängen ist es schnell vorbei, als die US-Amerikaner in ihr Set starten. Ab jetzt ist volle Power das Motto. Sänger Todd Michael Hall begeistert mit seiner kraftvollen Stimme. Der Rest der Band mit einer tighten Performance, die keinen Platz für Fehler lässt. Neben zahlreichen Klassikern aus dem Backkatalog präsentiert die auch Songs ihrer brandneuen Platte „Mean Streets“, die die Fans ebenso danken annehmen wie älteres Material. Ein waschechter Triumphzug, der auch dank des top Sounds keine Wünsche offenlässt.
Galerie mit 9 Bildern: Exhorder – Rock Hard Festival 2024
Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Partys
Davon wird es auch nach dem Headliner des Sonntags keine gegeben haben. „Disneyland After Dark“ oder im Volksmund bekannt als D-A-D bilden einen krönenden Abschluss des Festivals. Man könnte behaupten, dass der Tag so endet, wie er begonnen hat, allerdings ließe man die Bandbreite der Gruppe dann außen vor und würde sich nur auf die populären Hardrock-Produktionen konzentrieren. Freilich sind es Stücke wie „Jihad“ und „Sleeping My Day Away“, die am besten ankommen. Das Bühnenbild ist in Sachen Komik kaum zu überbieten und so thront das Drumset auf einer riesigen Geburtstagstorte. Wer sich hier mehr Ernsthaftigkeit wünscht, ist eindeutig auf der falschen Veranstaltung. Die Musik von D-A-D ist bestimmt nicht jedermanns Sache, die Show sorgt aber bei allen gebliebenen für allerbeste Laune.
Damit endet ein, nicht zu jedem Zeitpunkt spektakuläres Rock Hard Festival. Von wirklich schlechtem Wetter sind wir genauso verschont gebliebenen, wie von musikalischen Komplettausfällen. Stattdessen haben wir wieder eine unvergessliche Zeit mit Freunden und Bekannten in einer der wichtigsten Regionen für Heavy Metal in Deutschland verbracht. Hoffentlich auf ein Neues im nächsten Jahr!
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