Rock Hard Festival 2024
Eine unvergessliche Zeit
Konzertbericht
Samstag, 18.05.2024
Der erste echte Festivaltag ist ja immer so eine Sache: Man ist enthusiastisch, verliert sich in dutzenden tiefgründiger Gespräche mit Freunden, die man viel zu selten sieht und hält entschlossen am Cocktailglas (in diesem Fall der weniger stilvolle Plastikbecher) fest, bis man aus dem Partyzelt geworfen wird. Insofern ist heute erstmal Wundenlecken angesagt, was uns nicht davon abhält, den Melancholie-Metal von WHEEL zum zweiten Frühstück zu genießen. Ein Genuss ist der Gig tatsächlich. Die Dortmunder werden wohlgesonnen aufgenommen und bleiben bodenständig und sympathisch.
Schweden bringt seit der Jahrtausendwende wie kaum ein anderes Land Metal-Bands hervor, die dem traditionellen Stahl auf höchstem Niveau frönen. AIR RAID sind eine dieser Bands. Beim Rock Hard Festival beweisen sie ein weiteres Mal, dass sie neben den Landeskollegen ENFORCER oder den Kanadiern SKULL FIST zur Speerspitze ihrer Generation von Heavy-Metal-Bands gehören. Als einer der wenigen Acts des Festivals verticken sie am Merchstand nicht nur Shirts, sondern auch ihre aktuelle Platte, „Fatal Encounter“. Angesichts des enorm energiegeladenen Auftritts bleibt nur zu hoffen, dass viele Fans im Anschluss zugreifen.
Galerie mit 22 Bildern: Wheel – Rock Hard Festival 2024
Galerie mit 17 Bildern: Air Raid – Rock Hard Festival 2024
Death Metal im Thrash-Gewand?
Weil Death Metal traditionell nicht den Großteil des RHF-Billings ausmacht, gilt es jetzt noch einmal. BAEST nehmen einfach mal die sonnigen Vibrations auf und kündigen sich passender weise mit „we are BAEST from Denmark and we are here for playing Death Metal and drinking beer“ an. Die Stimmung auf und vor der Bühne brodelt und es könnte sich genauso gut um eine Party-Thrash-Metal-Show im Stile von MUNICIPAL WASTE handeln. Wundervoll.
WALTARI gehören eindeutig zu den Bands, die man entweder liebt oder eben nicht liebt. Dazwischen ist kaum Platz. Das RHF präsentiert mit mittlerweile rührendem Durchhaltevermögen solche Acts, wohlwissend, dass das Publikum nicht ausnahmslos mit begeisterten Emotionen darauf reagiert. Die Finnen sind zwar mit allen Wassern gewaschen, leiden allerdings am nicht immer optimalen Sound, während doch die Zeit für viele gekommen ist, für Nachschub bei der Bierversorgung zu sorgen.
Gitarrist Adrian Vandenberg ist bis heute am bekanntesten für seine Zeit bei WHITESNAKE. Dementsprechend gestaltet sich die Setlist auf dem Rock Hard Festival. Sechs der zehn Tracks, die VANDENBERG heute auf die Bühne bringen, stammen von David Coverdales Hardrock-Combo. Gemessen an den Reaktionen wollen die meisten Fans genau das hören. Songs wie „Fool For Your Loving“ oder „Judgement Day“ sind eben bis heute unsterblich. Ihren absoluten Siedepunkt erreicht die Stimmung beim abschließenden Doppelschlag aus „Crying In The Rain“ und dem unvermeidlichen „Here I Go Again“, das auch die letzte anwesende Person lauthals mitgrölt.
Galerie mit 22 Bildern: Baest – Rock Hard Festival 2024
Galerie mit 25 Bildern: Waltari – Rock Hard Festival 2024
Von irischem Corpsepaint und verbotenem Thrash
Später wirken PRIMORDIAL ein wenig deplatziert auf der Bühne des Amphitheaters. Immerhin steht die Band für pathetische Inszenierungen, die vielleicht mehr in die Black-Metal-Schublade passen würden. Diejenigen, die mit der Band noch keine Berührungspunkte hatten, sind aber offensichtlich gefesselt von der, gelinde gesagt, mitreißenden Show der Iren. „To Hell Or The Hangman“ ist die Gallionsfigur der Setlist, aber PRIMORDIAL müssen aber zu einer späteren Stunde spielen um ihre volle Wirkung zu entfalten.
Die erste KK’S PRIEST-Festivalshow auf deutschem Boden wird im Vorfeld des Rock Hard Festivals 2024 heiß erwartet. Das zeigt sich am enormen Fanaufkommen. Die Erfahrungen vorheriger Shows lässt auf eine gute Mischung aus JUDAS PRIEST-Klassikern und Songs der bisherigen Platten der Band vermuten. Genau das liefern KK Downing, Tim Owens und ihre Mitmusiker auf einem Level ab, dass JUDAS PRIEST heutzutage kaum noch erreichen.
Galerie mit 14 Bildern: Primordial – Rock Hard Festival 2024
Galerie mit 14 Bildern: Forbidden – Rock Hard Festival 2024
KK’S PRIEST sind das Highlight des Rock Hard Festivals
Schon das eröffnende „Hellfire Thunderbolt“ reißt die Meute mit. Spätestens bei „One More Shot At Glory” erklingen im gesamten Amphitheater lauthalse Fanchöre. Als anschließend mit „The Ripper“ der erste JUDAS PRIEST-Klassiker folgt, steigt die Stimmung ins Unermessliche. Danach gibt es kein halten mehr. Spätestens bei „Nightcrawler“ drehen alle Anwesenden vollkommen durch. Da hier, anders als bei Downings und Owens‘ ehemaligem Brötchengeber, niemand mit seiner Vergangenheit ein Problem hat, führt dazu, dass mit dem grandiosen „Burn In Hell“ zumindest ein Song von „Jugulator“ seinen Weg ins Set findet.
Owens‘ ständiges Grinsen zeigt deutlich, wie sehr es ihn freut, dass seine Beiträge zum JUDAS PRIEST-Backkatalog heute die Würdigen erfahren, die sie schon immer verdient hatten. Ohnehin ist seine gottgleiche Gesangsperformance das absolute Highlight eines nahezu makellosen Gigs. Einzig ein paar Verspieler seitens Downings sowie die kurze Spielzeit trüben den Gesamteindruck ein wenig. 90 Minuten standen auf dem Plan, 75 liefert die Band. Aber ganz ehrlich: Wenn das größte „Problem“ eines Gigs die Tatsache ist, dass man mehr will, haben KK’S PRIEST alles richtig gemacht. Die Gesichter des Publikums bestätigten den Eindruck. Anschließende Gespräche auf dem Campingplatz zeigen deutlich, dass KK’S PRIEST für viele Fans das absolute Festivalhighlight darstellen.
Galerie mit 22 Bildern: KK's Priest – Rock Hard Festival 2024
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