Rock Hard Festival 2019
Die etwas anderen Pfingstferien

Konzertbericht

Billing: Watain, Lizzy Borden, Tygers Of Pan Tang, The Idiots, Chapel Of Disease, Vulture, Gamma Ray, Cannibal Corpse, Skid Row, Symphony X, Heir Apparent, Carnivore A.D., The Vintage Caravan, Tyler Leads, Anthrax, Possessed, Magnum, Fifth Angel, Long Distance Calling, Visigoth, Zodiac (GER) und The Spirit
Konzert vom 07.06.2019 | Amphitheater, Gelsenkirchen

Rock Hard Festival Samstag – 08.06.

12.30 TYLER LEADS

TYLER LEADS eröffnen bei ziemlich windigem Wetter den zweiten Festivaltag. Durch Auftritte auf kleineren Veranstaltungen wie dem Dong Open Air haben sich nicht nur die notorisch Neugierigen eingefunden, sondern auch deren nicht ganz so kleine Fanbase. Das ist überaus verständlich, weil ihr lässig groovender Hard Rock sau ansteckend ist. Dazu flitzt die Band energiegeladen über die Bühne und verzichtet auf allzu viele Worte, um lieber die Musik sprechen zu lassen.

Deshalb und auch dank des druckvollen Sounds kommen die Leute in Wallung. Der Himmel klart sich als Zeichen des Wohlgefallens auf. Allerdings gibt es einige einsekündige Aussetzer, was den guten Gesamtdruck jedoch nicht trübt. Schon nach dieser Band gab es Chöre, die den Bandnamen skandieren und Zugaben fordern. (PG)

Galerie mit 16 Bildern: Tyler Leads - Rock Hard Festival 2019

13.30 THE VINTAGE CARAVAN

Nach dem High Energy Rock von TYLER LEADS geht es ebenso rockig, aber etwas melancholischer weiter. Die Isländer THE VINTAGE CARAVAN haben sich in den vergangenen 13 Jahren zu einer festen Größe im Retrorock entwickelt. Spätestens mit der aktuellen Platte „Gateways“ hat sich das Trio zudem zu einem Act mit eigenständigem Sound entwickelt.

In der Live-Situation verzichtet die Band ebenso darauf, sich allzu sehr auf Genreklischees zu verlassen. Das Posing ist da, aber nie übertrieben. Psychedelische Songs lösen die knackigen Hardrock-Stücke immer wieder ab. Das sorgt für eine gelungene Spannungskurve.

Auf große Showeinlagen verzichten THE VINTAGE CARAVAN nach wie vor. Hier spricht die Musik für sich selbst. Dass die Band auf Festivalbühnen trotzdem ebenso gut funktioniert wie in kleinen Clubs, liegt an ihrem durchweg starken Songmaterial. „Das hier ist eine wahr gewordener Traum“, resümiert Frontmann Óskar Logi Ágústsson. Sympathisch sind die Jungs also auch noch. (DR)

Galerie mit 17 Bildern: The Vintage Caravan - Rock Hard Festival 2019

14.30 CARNIVORE A.D.

CARNIVORE A.D. müssen erklärlicherweise ohne Pete Steele auskommen und das ist hier auch kein New Yorker Kellerclub der Mittachtziger mit Gewalt in der Luft und seltsamen Gestalten vor der Bühne. Sondern ein Gelsenkirchener Amphitheater mit einem Hauch von Sommer in der Luft und seltsamen Gestalten vor der Bühne.

Aber das Ganze funktioniert doch. Denn Baron Misuraca sieht immerhin aus wie Pete Steeles kleiner Bruder und musikalisch holzen sich die drei Nachlassverwalter des schwarz-grünen Riesen ganz amtlich durch ausgewählte akustische Klumpen gleichzeitig prähistorischen wie post-apokalyptischen Wahnsinns.

Man muss den tendenziell eher provozierenden Ansatz CARNIVOREs nicht durchwinken, sicher nicht. Aber es funktioniert durchaus, sich „Sex And Violence“ zu geben, während man seiner einen Kopf größeren Freundin schüchtern durchs Haar streicht. Zu „Jesus Hitler“ die Mundwinkel nach unten zu ziehen, während man den Antifa-Pin an der Kutte poliert. Und genüsslich in den veganen Falafel zu beißen, während … naja. Alles (fast) erwachsene Menschen. (MP)

Galerie mit 15 Bildern: Carnivore A.D. - Rock Hard Festival 2019

15.40 HEIR APPARENT

Bei den Power-Metallern HEIR APPARENT zeigt sich das gleiche Phänomen wie bei CHAPEL OF DISEASE am Vortag. Trotz hochgelobtem Album will keine Stimmung aufkommen, weil das Material nicht so leicht zugänglich ist. Das Quintett versteht sich nämlich auf lange US-Metal-Tracks, inklusive hohen, teils schiefen Gesangs, was oft ziemlich zäh klingt. So teilt sich auch hier das Publikum in begeisterte und gelangweilte Zuschauer. (PG)

Galerie mit 6 Bildern: Heir Apparent - Rock Hard Festival 2019

16.55 SYMPHONY X

Mit SYMPHONY X zeigt sich direkt darauf eine andere Facette des Progressive Metals: weniger verträumt, dafür straighter. Hier werden die Songs nicht von verschachtelten Rhythmen dominiert, sondern bieten auch Gelegenheit zum Headbangen. Dazu kommt, dass das Quintett, insbesondere Sänger Russel Allen, Bock auf diesen Auftritt hat, der übrigens das Ende der Europa-Tour darstellt, und sich das auch auf das Publikum überträgt. Somit verläuft der Auftakt zum Party-Teil des Tages zufriedenstellend. Etwas komisch, gerade im Metal-Kontext, sind lediglich die lebensbejahenden Ansagen. (PG)

Galerie mit 17 Bildern: Symphony X - Rock Hard Festival 2019

18.15 SKID ROW

Als „eine der geilsten Bands überhaupt“ kündigt Rock-Hard-Redakteur Jens Peters SKID ROW an. Dass diese Vorschusslorbeeren absolut verdient sind, beweist die Band im Handumdrehen. Mitbegründer und Gitarrist Dave „The Snake“ Sabo ist leider verhindert. Für ihn springt Ryan Cook ein, der sonst bei der GENE SIMMONS BAND tätigt ist.

Trotz Aushilfsmusiker präsentieren sich SKID ROW von der ersten Sekunde an als geschlossene Einheit. Beim Intro von „Monkey Business“ verpasst Sänger ZP Threat zwar seinen Einsatz. Davon abgesehen ist seine Leistung ebenso tadellos wie die vom Rest der Band.

Was sich bereits auf der Club-Tour im vergangenen Jahr abzeichnete, wird auch heute deutlich. SKID ROW sind längst zum Nostalgie-Act geworden. Bis auf das obligatorische THE RAMONES-Cover „Psycho Therapy“ und „We Are The Damned“ von der aktuellen EP, stammen alle Tracks der Setlist von den ersten beiden Alben.

Dadurch kommt es aber eben auch zu keinerlei Stimmungsdurchhängern. Das Publikum ist durchweg textsicher und feiert Hits wie „Slave To The Grind“, „18 And Life“ und natürlich das abschließende „Youth Gone Wild“ gnadenlos ab. Zu letzterem springt überraschend DOUBLE CRUSH SYNDROME-Fronter Andy Brings als Gastsänger auf die Bühne. Geile Sache! (DR)

Galerie mit 8 Bildern: Skid Row - Rock Hard Festival 2019

19.45 CANNIBAL CORPSE

Anschließend sorgen CANNIBAL CORPSE für einen starken Kontrast zum heute eher melodischen Line-up. Wer die Death Metaller kennt, weiß um ihre mächtige Bühnenpräsenz. Auch heute ballern die Amis mit ordentlich Schmackes voran. An ihren hervorragenden Auftritt von 2016 reicht die Band heute aber nicht heran.

Spielerisch ist zwar alles Butter. Der Sound überzeugt ebenfalls. Doch wirkt das Quintett ungewohnt unfokussiert. Zwischen den Songs kommt es oft zu langen Pausen. Durch diese ständigen Unterbrechungen stellt sich die Band selbst ein Bein. Ein echter Spielfluss kann so nicht entstehen.

Wenn die Kannibalen dann aber zulangen, macht das selbstverständlich Laune. Und der Propeller ihres bulligen Frontmannes ist so beeindruckend wie immer. Schade ist allerdings, dass CANNIBAL CORPSE „Hammer Smashed Face“ zum Abschluss nur in einer instrumentalen Version durchknüppeln. Ohne die unfassbar derben Vocals des Corpsegrinders fehlt einfach etwas.

Der Applaus des Publikums spricht trotzdem für sich. Einen richtig schlechten Gig können CANNIBAL CORPSE aber auch einfach nicht spielen. Beim nächsten Mal darf es trotzdem gerne ein wenig zielgerichteter sein. (DR)

Galerie mit 19 Bildern: Cannibal Corpse - Rock Hard Festival 2019

21.30 GAMMA RAY

GAMMA RAY sind Headliner des zweiten Tages. Die Hamburger waren einige Jahre abgetaucht, da Kai Hansen und HELLOWEEN um die Welt tourten. Doch GAMMA RAY haben Gelsenkirchen souverän im Griff. Hansen und der irgendwie immer noch neue Sänger Frank Beck geraten bei der Abstimmung ihrer Gesangspassagen das eine oder andere Mal leicht durcheinander – aber das führt nur zu Lachern und steht dem zentralen Anliegen GAMMA RAYs nicht entgegen: der Unterhaltung.

Philosophisches zum Anschreien des Publikums oder der revolutionären Neuartigkeit von Mitsing-Spielchen rahmt diverse Power Metal-Hymnen ein und bringt die Mehrheit der zahlreich Anwesenden in Fahrt. „Rebellion In Dreamland“ fehlt natürlich nicht und zum Glück auch nicht die perfekt gealterte Hymne an das positive Denken „Heaven Can Wait“.

Mit UNISONIC, Michael Kiske und einigen alten HELLOWEEN-Krachern mag der unverwüstliche Kai an selber Stelle vor einigen Jahren noch mehr abgeräumt haben. Aber eigentlich ist der Vergleich lahm. Und der Auftritt von GAMMA RAY eines Headliners würdig. (MP)

Galerie mit 15 Bildern: Gamma Ray - Rock Hard Festival 2019

Seiten in diesem Artikel

123

15.06.2019

Interessante Alben finden

Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 37300 Reviews und lass Dich inspirieren!

Nach Wertung filtern ▼︎
Punkten
Nach Genres filtern ►︎
  • Black Metal
  • Death Metal
  • Doom Metal
  • Gothic / Darkwave
  • Gothic Metal / Mittelalter
  • Hardcore / Grindcore
  • Heavy Metal
  • Industrial / Electronic
  • Modern Metal
  • Off Topic
  • Pagan / Viking Metal
  • Post-Rock/Metal
  • Progressive Rock/Metal
  • Punk
  • Rock
  • Sonstige
  • Thrash Metal

Watain, The Idiots, Vulture, Cannibal Corpse, Skid Row, Symphony X, Heir Apparent, Carnivore A.D., The Vintage Caravan, Anthrax, Magnum, Fifth Angel, Long Distance Calling, Visigoth und The Spirit auf Tour

24.04. - 26.04.25Keep It True XXV Anniversary (Festival)Riot V, Vio-lence, Heir Apparent, Sortilège, Medieval Steel, Purgatory, Sacred Steel, Domine, Paradoxx, Alien Force, Freeways, Drifter, Brocas Helm, Iron Griffin, Receiver, Mustang, Sabbrabells, Doomsword, Amethyst (CH), Sacred Blade, Hyena, Solitude Aeturnus, S.A. Slayer und Slauter XstroyesTauberfrankenhalle, Königshofen
07.08. - 09.08.25metal.de präsentiertParty.San Metal Open Air 2025 (Festival)...And Oceans, Blockheads, Defleshed, DOOL, Dödsrit, Drudensang, Extermination Dismemberment, Friisk, Gorgoroth, Grave, Gutslit, Hellbutcher, I Am Morbid, Imperial Triumphant, Kvaen, Mass Worship, Napalm Death, Naxen, Nightbearer, Party Cannon, Skeletal Remains, Tiamat, The Spirit, The Vision Bleak und WayfarerParty.San Open Air, Obermehler

1 Kommentar zu Rock Hard Festival 2019 - Die etwas anderen Pfingstferien

  1. Nether sagt:

    Den Bericht kann ich weitgehend bestätigen.
    Ein paar Dinge hab ich allerdings anders wahrgenommen und wurden zum Teil auch anders nach den Konzerten vom Publikum kommuniziert.
    Da wären zum einen Chapel Of Disease, über die man in den folgenden Tagen verdammt viele Huldigungen vernehmen konnte.
    Watain fand ich großartig. Was mich allerdings mächtig angekotzt hat ist, dass sie aus Bockigkeit keinen vollen Set gespielt haben. Das ging ja schon los, dass der WDR nicht übertragen durfte, weil die Ausleuchtung der Bühne nicht stimmte. Danielsson halt …
    Bei Symphony X war der Sound besch…eiden, was sicherlich auch an den Windböen lag, die jedem Soundmann die Haare ergrauen lassen.
    Tja, Cannibal Corpse…
    Die mussten mal eben vorher 2/3 ihrer Setlist umstellen, weil ein Mitarbeiter der Stadt ganz im Stile der ollen Jenal eine Liste mit verbotenen Songs zugestellt hat, die blöderweise einen Großteil des aktuellen Toursets ausmacht. Daher auch „Hammer Smashed Face“ nur instrumental. Denk mal daran lag es, dass kein richtiger Fluss aufkam.
    Dann kam Gamma Ray und das war eine Frechheit.
    Unpassende Setlist und überhaupt nicht eingespielt.
    Ich bin keiner, der auf einem Open Air nur korrekte Töne erwartet, aber die Herren hätten sich vielleicht vorher doch mal zu einer Probe mehr treffen sollen. Chaos bei der Abstimmung und oftmals echt neben der Spur führten dann ab ca. der Hälfte zu Publikumsschwund. Headlinerposition? Unwürdig! Und ich hatte mich echt drauf gefreut…
    Fifth Angel waren … ok. Auch sie hatten mit dem Sound zu kämpfen. Das Schlagzeug übersteuerte und öfter drohte alles im Soundmatsch zu versinken.
    Anthrax haben geliefert. Wenn man sich nach dem Auftritt im proppevollen Rund umgehört hat, bekam man 95% begeisterte Aussagen. Die 5% waren Berufsnörgler und Leute, die Anthrax eh komplett scheisse finden.
    Die Gewinner an diesem Wochenende waren:
    Chapel Of Disease
    Lizzy Borden
    Tyler Leads
    Carnivore AD
    Skid Row (mächtige Party und voller als bei Gamma Ray)
    The Spirit
    Zodiac (obwohl ich gerne den ollen Wino gesehen hätte)
    Possessed (Alter Verwalter, was ein Abriss)
    Anthrax