Rock am Ring
Der große Festivalbericht - Rock am Ring 2008

Konzertbericht

Billing: Babyshambles, Cavalera Conspiracy, Disturbed, Eagles Of Death Metal, In Flames, Incubus, Metallica, Nightwish, Opeth, Rage Against The Machine, Sonic Syndicate und The Offspring
Konzert vom 2008-06-05 | Nürburgring, Nürburg

Rock am Ring
Disturbed: Immer schön bescheiden auftreten

Samstag, 7. Juni 2008

U-a-a-a-a-auuu. 16:20 Uhr. Die Sonne scheint. In ganz Deutschland. Außer bei Rock am Ring. Voll war es vor der Centerstage, als DISTURBED zu früher Stunde auf die Bühne gingen. Die Vorhut für METALLICA? Irgendwie schon, aber nicht ganz. Denn die große Masse ging auch hier schon überraschend steil, sicherlich mehr als „Ten Thousand Fists“ wurden in die Luft gestreckt. Schließlich sind die Chicagoer nicht irgendwer. Ihr New Metal begeistert vor allem in den USA, wo sich das neue Album „Indestructible“ in der ersten Releasewoche unglaubliche 250 000 Mal verkaufte und bereits das dritte Nummer-Eins-Album in Folge ist. Doch wirkliche Überraschungen gab es diesmal nicht. Nachdem Sänger David Draiman zur Belustigung aller als eine Art disturbeter Hannibal Lecter gefesselt auf die große Bühne gefahren wurde, pendelte sich eine routinierte Vorstellung ein, die das neue Album genauso bediente wie ältere Stücke. Unerhörte Zugaberufe bestätigten die Amerikaner dennoch. We all are disturbed!

Und genau deshalb haben wir extra für Euch drei Livemitschnitte im Angebot:
Inside The Fire – LIVE at Rock am Ring 2008
Down With The Sickness – LIVE at Rock am Ring 2008
10.000 Fists – LIVE at Rock am Ring 2008

Rock am Ring
In Flames: Haben nicht mit Sonnenstrahlen gerechnet

IN FLAMES. Was zunächst nach einer Instrumentalinterpretation der Songs gedeutet werden konnte, schwenke schnell in die Erkenntnis um, dass jemand am Mischpult vergessen hatte, Sänger Anders Friden Saft aufs Mikro zu geben. Bei Live-Konzerten ist dies zu Beginn durchaus verzeihlich, nicht aber wenn der Zustand bis zum Ende anhält! Refrains gingen dadurch häufig unter, das Gefauche klang gepresst. Ohnehin wirkte die zu den stilprägenden Bands der Göteborger Schule gehörende Truppe ein wenig verloren auf der großen Centerstage – obwohl die Hälfte der Fläche für die spätere METALLICA-Show unbenutzt bleiben musste. Einzig Friden wirkte agil, suchte Kontakt zum Publikum und schwang sein zerfilztes Haar gewohnt umher. Weniger agil als bei DISTURBED zeigte sich das dichtgedrängte Publikum, dass ausgerechnet bei IN FLAMES einige wenige Sonnenstrahlen erhaschen konnte – ganz zum Leidwesen der kaum umsetzbaren Lichtshow.

Rock am Ring
Nightwish: Deplaziert

Als bis jetzt stets und in allen Formen NIGHTWISH-resistent kann ich vorurteilsfrei an eine Einschätzung des Auftritts herangehen. Eine ganze Stunde auf der Hauptbühne lassen sich kurz und schmerzvoll zusammenfassen: Die Finnen boten eine grausige Vorstellung. Nach flottem Beginn („Bye Bye Beautiful“) und einer Menge Pyrotechnik erhaschten sie dadurch die besondere Aufmerksamkeit der Zuschauer, dass bereits beim zweiten Song der Sound zweimal komplett (unverschuldet) abschmierte. Statt nach dem Abbruch und Neubeginn Gas zu geben, baten sie bald einen Blasinstrumentenkönner auf die Bühne. Zusammen mit der Band führte er gefühlte 40 Minuten Gedudel par excellence vor. Die Stimmung sank steiler als die Apollo 13 beim Sinkflug. Den verhaltenen Applaus zwischen den Songs konnte man an einer Hand abzählen. Es machte sich eine peinliche Stille im Zuschauerraum breit.

Rock am Ring
Nightwish: Viel Rauch, wenig Schall

Ob Neumitglied Anette Olzon mit dem alten Songmaterial überfordert ist, sei dahingestellt. Wirklich raumfüllend klang sie nicht. Dafür strahlte sie eine fast kindliche Freude auf der Bühne aus. Ist ja auch schon etwas.

Rock am Ring
Metallica: Die Paparazzi lauern überall – auch Backstage

Die Rock-am-Ring-Haus-und-Hof-Band war zurück. Mussten sich alle Bands zuvor mit der halben Bühne zufrieden geben, konnten METALLICA die gesamte Tiefe und Breite nutzen. Ihr Konterfei strahlte dabei auf einer überdimensionierten Leinwand über ihren Köpfen und zwang die unglaublichen Massen ehrfürchtig in die Knie. Unglaublich auch die Freude und Motivation, mit der METALLICA nach so vielen Jahren noch immer ans Werk gehen. James Hetfield hatte durch seine beeindruckende Bühnenpräsenz und den prägnanten Ansagen die Massen wie gewohnt im Griff – nein sie fraßen ihm vielmehr aus der Hand. Spötter mögen anmerken, dass die gekonnten Liveauftritte die letzte Daseinsberechtigung der heutigen METALLICA sein.

Die Links-Rechts-Kombination mit „Creeping Death“ und „For Whom The Bell Tolls“ zu Beginn saß entsprechend tief und war eine Einführung in vergangene Tage, die sich mit einigen selten gespielten Klassikern fortsetzen sollte. Die Alben „Ride the Lightning“ und „Kill ‘em all“ wurden gleich mehrfach berücksichtigt. Umso ernüchternder war es, dass im vorderen Zuschauerraum kaum Bewegung zu verzeichnen war. Entweder das Publikum war platt vom stundenlangen Warten auf seine Helden oder es verharrte in ohnmächtiger Bewunderung. Oder die meist sehr jungen Zuschauer dachten, „Master of Puppets“ sei METALLICAs Debütalbum.

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Quelle: Rock am Ring

Die Setlist offenbarte weitere Überraschung – und leichte dramaturgische Schwächen. Besonders die beiden Stücke aus der musikalisch weniger rühmlichen „Load-/ReLoad“-Phase und die angrenzenden Tracks boten leichte Hänger. Warum „St. Anger“ gar nicht berücksichtigt wurde, lässt Spielraum für Spekulationen.

Auch wenn es sich im Großen und Ganzen eher um einen Routineauftritt auf METALLICA-Niveau handelte, ohne größere Überraschungen und vor allem ohne Songs aus dem anstehenden Album, zeigten sich die Altmeister mit diesmal stärkerer stimmlicher Leistung fit und spielgeil wie selten zuvor in den letzten Jahren. Mit einem kleinen SAXON-Cover zu Beginn des Zugabeblocks huldigten sie einer ihrer ersten Headliner-Bands, die sie supporten durften, und siedelten nach eigener Aussage ihre Zukunft irgendwo zwischen „Master of Puppets“ und „…and Justice for all“ an. Oder wie James Hetfield es scherzhaft nannte: „…and Justice for Puppets“.

Setlist:

1. Intro: The Ecstasy of Gold
2. Creeping Death
3. For Whom The Bell Tolls
4. Ride the Lightning
5. Harvester of Sorrow
6. Bleeding Me
7. No Remorse
8. Devil’s Dance
9. …and Justice for all
10. Fade to Black
11. Master of Puppets
12. Whiplash
13. Nothing Else Matters
14. Sad But True
15. One
16. Enter Sandman
17. Die, die my Darling
18. Motorbreath
19. Seek and Destroy

Rock am Ring
Babyshambles: Wenn der Koksmann zweimal klingelt

Den „unterhaltsamen“ Abschluss des Tages bot die Band um Drogenvorzeigemodelverführer Peter Doherty, die BABYSHAMBLES. Geschlagene viereinhalb Stunden später als geplant enterten die Briten die Bühne. Die offizielle Begründung „Anreisestau“ mochte keiner so recht glauben. Umso mehr Raum war offen für Spekulationen. Entsprechend Stramm betrat der Liebling der Paparazzi die Bühne. Dabei konnte er von Glück reden, dass er die Gitarre als Gegengewicht um hatte, er hätte sonst sicherlich das ein oder andere Mal die Bodenhaftung verloren. Überraschend stilsicher fand er hingegen während der Songs glühende Zigarettenstummel auf dem Bühnenboden, um an ihnen zu ziehen – aber nur so lange, bis er seinen Gesangseinsatz in unmittelbarer Nähe wähnte. Der geht bekanntlich ohne Kippe im Mund besser. Immerhin.

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27.06.2008

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